Trump macht es vor. Die absurdesten Widersprüche und Peinlichkeiten lassen sich damit übertünchen, dieselben Leute zu hassen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Basis der Politik.
[….] "Es gibt zu viele Ausländer in Deutschland" - auch im Erhebungsjahr 2014 sind noch rund 37 Prozent der Deutschen dieser Ansicht. Solche und ähnliche Aussagen, die Ablehnung, Abwertung und Ausgrenzung ausdrücken, lassen sich mit dem Sammelbegriff der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit beschreiben. Wenn Menschen aufgrund ihrer zugewiesenen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe als irgendwie ‘anders’, ‘fremd’ oder ‘unnormal’ markiert werden, dann wird aus ‘ungleich’ sehr leicht auch ein ‚ungleichwertig‘. Damit ist die Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auch ein Kernelement rechtsextremer Einstellungen, die sich dort u.a. in Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus, aber auch in Sexismus und Homophobie ausdrücken. […] Als Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bezeichnen wir abwertende und ausgrenzende Einstellungen gegenüber Menschen aufgrund ihrer zugewiesenen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Eine in diesem Sinne menschenfeindliche Haltung kann sich auch in ausgrenzender oder sogar gewalttätiger Handlung zeigen oder Einfluss auf die Gestaltung von diskriminierenden Regeln und Prozessen in Institutionen und den Aufbau von diskriminierenden Strukturen haben.
Nicht alle Formen von Ausgrenzung einzelner Personen müssen ein Ausdruck von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sein, zum Beispiel Mobbing aufgrund von Armut und nicht jede Form von Ungleichheit – so schlimm dies für die Betroffenen auch ist. Sie sind es aber dann, wenn sie von einer Ideologie der Ungleichwertigkeit unterfüttert und angetrieben sind und die Abwertung und Ausgrenzung sich nicht individuell begründen, sondern sich gegen Menschen aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Zugehörigkeit zu einer Gruppe richten. Umgekehrt kann hinter abwertenden, ausgrenzenden oder gewalttätigen Phänomenen, die sich auf den ersten Blick gegen einzelne Individuen richten, auch Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbergen. Das kann zum Beispiel der Fall bei häuslicher Gewalt gegen Frauen sein, bei der sexistische Rollenvorstellungen eine Rolle spielen können, oder bei der Entscheidung im Stadtrat, gegen eine Strukturfördermaßnahme für einen armen Stadtteil mit überwiegend migrantischer Bevölkerung zu stimmen, bei der ggf. auch Rassismus handlungsleitend ist. [….]
Indem andere erniedrigt werden, fühlen sich die Rechten um so größer.
[….] Es gibt in der Union in dieser Hinsicht eine düstere Tradition (»Kinder statt Inder«, Roland Kochs Kampagnen gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund). Und heute? Man denke an Friedrich Merz’ Gerede von den »kleinen Paschas«; von Flüchtlingen, die Deutschen angeblich die Zahnarzttermine wegnehmen; an Markus Söders Gerede vom »Asyltourismus«. Es war in dieser Kolumne schon mehrere Male zu lesen, aber es ist zu wichtig, um es hier wegzulassen: Es ist empirisch vielfach nachgewiesen , dass die Übernahme populistischer Positionen nur den Populisten nützt: Anpassungsstrategien verringern die Unterstützung für Rechtsradikale nicht […..]
(Prof Christian Stöcker, 21.01.2024)
Komplexe Antworten auf komplexe Fragen sind im sind im Zeitalter der homogenen Socialmedia-Meinungsblasen nicht mehr erwünscht.
Umso wichtiger wird für rechte und unseriöse Parteien daher, das Pseudo-Problem-Handling, indem auf Schwächere eingedroschen wird, die man gemeinsam ausgrenzt und hasst. Das wiederum erzeugt bei dem gemeinen Trump/AfD/FPÖ/CSU/FW-Anhänger ein wohliges Gefühl.
Da säuft es sich im Bierzelt gleich viel fröhlicher, wenn man den Banknachbarn an seiner Seite weiß: Der kann Schwule, Schwarze und Emanzen auch nicht leiden; Prost und hoch die Tassen!
Nicht jeder Schwule ist geoutet, aber sie sind inzwischen gesellschaftlich so sichtbar, daß die allermeisten Menschen Nicht-Heteros kennen, die sie mögen. Da kann man mit Schwulenhass auch schon mal unangenehm auffallen. Friedrich Merz mit seiner Sozialisierung im letzten Jahrtausend lehnt die „Ehe für alle“ ab, stimmte gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe. Schwule kann er immer noch nicht ausstehen, stößt aber im dritten Jahrzehnt des neuen Millenniums an Grenzen, wenn er seine Homophobie durch Verquickung mit Pädophilie ausdrückt.
In Russland und Osteuropa reicht Schwulenhass, um Wähler zu begeistern. Zunehmend schwenken aber die ganz Rechten des Westens – AfD, GOP, CSU auf Transhass um, da transidentische Menschen seltener und daher für den deutschen Michl auf der Straße noch ungewöhnlicher sind.
Die Vorstellung von einer bösartigen Dragqueen, die eine 10. Klasse einer Realschule besucht, woraufhin sich scharenweise die Söhne der frommen konservativen Eltern ihren Penis abschneiden und fortan als Mädchen leben wollen, gruselt so schön. Das hat zwar mit der Realität rein gar nichts zu tun, generiert aber so viel Aufwallung, daß Ron DeSantis damit einen US-Präsidentschaftsbewerbung befüllen kann.
[….] In mehreren EU-Staaten wie Tschechien müssen sich trans Personen noch immer sterilisieren lassen, bevor sie ihr Geschlecht ändern können. [….] Die Probleme, sagt Alexandra Tomanová, fingen drei Tage nach der Operation an. Natürlich, gewisse Schmerzen sind normal, wenn einem die Hoden entfernt werden. Aber diese? "Wie der stärkste Tritt zwischen die Beine, den man sich vorstellen kann. Und das für Stunden", sagt die 23-Jährige. Zugleich habe sie, trotz all der Schmerzen, Erleichterung gespürt. "Jetzt ist es geschafft, meine legale Transition ist beendet. Ein unglaubliches Gefühl."
Wenn man Tomanová in ihrer Heimatstadt Pilsen im Westen Tschechiens trifft, schwarzes Kleid, lange rotblonde Haare, lackierte Fingernägel, würde man nicht denken, dass sie vor nicht allzu langer Zeit noch einen männlichen Vornamen trug. Die Übersetzerin ist transgender und lebt mittlerweile als Frau. In Tschechien müssen trans Personen dafür eine besonders hohe Hürde überwinden. Um auf Ausweisdokumenten sein Geschlecht ändern zu können, ist es nötig, sich zuvor einer Sterilisierung zu unterziehen, also unfruchtbar zu werden.
Für die Betroffenen ist das ein völlig unnötiger Eingriff, dennoch hält sich diese Praxis laut der Organisation "Transgender Europe" neben Tschechien noch in drei weiteren EU-Staaten: in der benachbarten Slowakei, in Rumänien und Lettland. Auch die meisten anderen europäischen Länder schrieben trans Personen lange eine Sterilisierung vor, um das Geschlecht ändern zu können. Erst 2011 kippte das Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Regel in Deutschland. 2017 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass eine solche Behandlung das Recht auf Privatsphäre von Betroffenen verletze - in der Folge schafften beispielsweise Frankreich und im vergangenen Jahr Finnland die Zwangsbehandlung ab. Ein Bericht der Vereinten Nationen hatte vorgeschriebene Sterilisationen bereits vor zehn Jahren als eine Form von Folter eingestuft. [….] 2018 hatte die damalige tschechische Regierung einen Anlauf unternommen, den Zwang zur Sterilisierung abzuschaffen, doch das Innenministerium stoppte die Reform. 2022 hatte das Verfassungsgericht den Operationszwang wieder bestätigt. [….] In der benachbarten Slowakei wurden Zwangssterilisierungen bei trans Personen im vergangenen Jahr abgeschafft - bis die neue Regierung des Linkspopulisten Robert Fico die Reform im Dezember wieder kippte. Und in Russland erklärte das oberste Gericht die "internationale LGBTQ+-Bewegung" zu einer "extremistischen Organisation", was schwule, lesbische und trans Personen neuer Diskriminierung aussetzen könnte. [….]
Die konservativ-politische Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit geht also einher mit einer gehörigen Portion Sadismus.
Eine Schwangerschaftsunterbrechung soll in diesem Sinne auch lieber durch eine blutige und schmerzhafte Ausschabung, als vergleichsweise schonend mit RU486 durchgeführt werden. Trans-Menschen sollen leiden, Migranten besonders kärglich untergebracht werden. Das erfreut das Herz eines konservativen Christen.
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