Aber Reformen und Zukunftsorientierung mag der Urnenpöbel nicht. Also holte er sich 2005 lieber Schlafmütze Merkel als Regierungschefin, die alle Gedanken an Zukunft abblies, das Wahlvolk nicht mehr mit Veränderungen belästigte.
Ab 2009, sobald die Sozis in der Opposition und die gelbe Millionärs-Lobbygurkentruppler am Kabinettstisch saßen, wurden erneuerbare Energien abgesagt, das Knowhow nach China verkauft und im Nach-mir-die-Sintflut-Modus auf billiges Putin-Erdgas umgestellt.
So gefiel es dem Urnenpöbel; im eigenen Saft schmoren, nicht mit der realen Welt belästigt werden, Probleme aufschieben und achselzuckend dahindämmern, während Deutschland in nahezu jeder Hinsicht den Anschluß verlor.
Infrastruktur, Schulen, Digitalisierung, IT-Branche, die Bundeswehr, Migrationsgesetze, Föderalismus, Elektromobilität – wohin man auch blickt: Nach 16 Jahren CDU-Kanzlerschaft ist Deutschland international abgehängt. Wir können nichts mehr. Kein Handy bauen, keine Solarmodule herstellen. Noch nicht mal Atemschutzmasken oder Fiebersaft für Kleinkinder werden ausreichend produziert. Besser wird es nicht, weil inzwischen nahezu alle Branchen vom Fachkräftemangel gelähmt sind und der wird sich zwangsläufig weiter verschlimmern, weil die große Mehrheit des Urnenpöbels der Irrsinnsidee anhängt, wir sollten alle Migranten abschrecken.
In dieser verzweifelten Lage wurde allerdings auch Klarheit geschafft. Trickle-Down funktioniert nicht. Dadurch werden nur die Superreichen superreicher und die untere Einkommenshälfte in Agonie und Verarmung geschickt.
Nein, der Markt regelt es eben nicht selbst. Gierige Konzerne denken an kurzfristige Sharholder-Value-Interessen und sägen sich dabei den Ast ab, auf dem sie sitzen, indem sie nicht ausbilden und kein Geld in Zukunftstechnologien wie E-Autos, KI, Grüne Energien oder Klugtelefone stecken.
Die konservative Politik sägt Deutschlands Ast weiter ab, indem sie Gaga-Ideen von der schwäbischen Hausfrau und Investitionskürzungen verbreitet.
[…] Wunden, die man sich selbst zugefügt hat, sind für Außenstehende besonders schwer nachzuvollziehen. Wie auch andere Ökonomen habe ich seit Jahren davor gewarnt, dass die deutsche Schuldenbremse den Test der Zeit nicht bestehen würde. Jetzt haben wir’s. […] Wenn man die Schuldenbremse nicht lockert oder frivol einen weiteren Notstand erklärt, würde Deutschland schon bald in eine tiefe Rezession schlittern. Das ist einfache Mathematik. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber eine Regierungspolitik, die willentlich eine Rezession riskiert, fände ich reichlich seltsam, wenn nicht gar verrückt. Von der Signalwirkung für Europa ganz zu schweigen. […] […]
Diese ordoliberalen Dogmen wurden den Leuten nun mal eingebläut, das steckt tief in der DNA der Bundesrepublik. Dabei wäre es die Aufgabe von Politikern, die richtigen Fragen zu stellen. Was sagen die Menschen, wenn man von ihnen wissen möchte, ob sie die Klimaziele unterstützen? Oder ob sie eine wehrhafte Bundeswehr oder eine funktionierende digitale Verwaltung haben möchten? […] Es gibt viele Gründe, warum Deutschland jetzt mehr Geld in die Hand nehmen muss. Stattdessen steckt das Land in der Klemme. Mehr noch: Mit seiner verfehlten Fiskalpolitik nimmt Deutschland die gesamte EU als Geisel. […] Der Hausfrauenvergleich zeugt von ökonomischem Analphabetismus.
[…] Es bringt nichts, wenn Sie den nachfolgenden Generationen einen Staat mit einem Verschuldungsgrad von 60 Prozent überlassen, wie es die Maastricht-Kriterien fordern. Den kann man nicht essen. Wenn Deutschland seine Wirtschaft heute fit für das 21. Jahrhundert macht, profitieren davon alle. Die Schuldenbremse hilft nicht dabei, dieses Ziel zu erreichen. Sie hält Deutschland sogar davon ab, weil sie Wirtschaftskrisen verschärft. Sogar der Internationale Währungsfonds warnt davor, dass diese Form von Austerität zu einer Erhöhung des Schuldenstandes führt. Die Schuldenbremse ist eine makroökonomische Verrücktheit. […]
(Jacob Funk Kirkegaard, dänischer Ökonom, 28.11.2023)
Nach der heutigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz verbreitete Deutschlandfeind Friedrich Merz unter dem Gejohle seiner rechten Partei aber unvermindert die toxische Ideologie der Schuldenbremse, des eisernen Sparens und der damit verbundenen Investitionsbremse.
[….] Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge (Bündnis 90/Die Grünen) [….] hob zudem die Notwendigkeit staatlicher Investitionen hervor. Dröge verwies unter anderem auf 738 Milliarden US-Dollar, die in den USA in Klimaschutztechnologien und Co. investiert würden. Wer nicht bereit sei, in „relevanter Größenordnung einzusteigen“, der werde im Wettbewerb „gnadenlos verlieren“, warnte Dröge.
Sie sprach sich zudem dafür aus, über eine Modifizierung der Schuldenregel nachzudenken – und verwies in diesem Zusammenhang auf ähnliche Äußerungen von Ministerpräsidenten der Union. Die Schuldenbremse führe nicht dazu, dass man weniger Schulden mache, sondern dazu, dass man Schulden „in der sinnlosesten aller Formen“ mache, etwa durch kaputte Infrastruktur, die dann spätere Generationen bezahlen müssten, so die Grünen-Abgeordnete. [….]
(Deutsche Bundestag, 28.11.2023)
Wie alle Umfragen zeigen, sind die Dröge-Ansichten extrem unpopulär. Deutsche lieben die Schuldenbremse und wollen eher jedes noch so zarte Wachstums- und Innovationspflänzchen zertrampeln.
Die alte Helmut Schmidtsche Erkenntnis, nach der es einen signifikanten Unterschied macht, ob ein Land wie die USA, bei einer Sparquote nahe Null, Billionen Dollar von der Diktatur China leiht, oder ob der deutsche Staat seine eigenen Bürger anpumpt, so daß über die von Mittelschichtlern gehaltenen Papiere, die zu zahlenden Zinsen an das eigene Volk und in den deutschen Konsum fließt, scheint ohnehin völlig vergessen zu sein. Der Fetisch der deutschen Wachstumsbremse ist Dank CDUCSUFDP fest im kollektiven Deutschtum eingebrannt.
[….] Die Schuldenbremse in ihrer heutigen Form verhindert gerade nicht, dass die Regierung Finanzlasten in die Zukunft verschiebt. Sie sorgt auch nicht dafür, die Kosten staatlicher Leistungen jenen Altersjahrgängen zuzurechnen, die von ihnen profitieren. [….] Richtig besehen, trägt sie sogar dazu bei, Innovation und Beschäftigung zu schwächen. Die Schuldenbremse ist in Wahrheit eine Wachstumsbremse. [….] [Beim] Kernbudget der öffentlichen Hand [….] gilt das Prinzip des Haushaltsausgleichs auch für Investitionen in Brücken, Schienenwege oder Kommunikationsnetze. Für Ausgaben also, von denen auch jene profitieren werden, die heute noch zur Schule gehen. In diesen Fällen ist es nach herrschender ökonomischer Lehre nicht nur ineffizient, sondern auch ungerecht, die Kosten allein den heutigen Steuerzahlern aufzubürden. Im Gegenteil würden solche Ausgaben besser per Kredit finanziert. Und die Zinskosten anschließend aus den Erträgen einer wachsenden Wirtschaft beglichen. [….] Heute mutet es angesichts des traurigen Zustandes der Infrastruktur sowie des Ausgabenbedarfs für die Klimatransformation eher bizarr an. Dass neue Schienenstrecken oder zusätzliche Stromleitungen als produktivitätssteigernde Investitionen einzustufen sind, würden wohl selbst die größten Kritiker staatlichen Wirtschaftens kaum bestreiten. [….] Will eine Regierung die Investitionen erhöhen, muss sie nach der Grundgesetzregel entweder die Ausgaben kürzen oder die Steuern erhöhen. Keine schönen Optionen, weshalb die Verantwortlichen in der politischen Praxis häufig einen anderen Ausweg wählen. Sie verzichten einfach darauf, Geld in den Ausbau oder die Sanierung der Infrastruktur zu stecken. So lief es zum Beispiel, nachdem die Regel vor zwölf Jahren eingeführt worden war. Obwohl die Konjunktur damals bestens lief, wurde die öffentliche Infrastruktur in kaum einem anderen westlichen Industrieland derart vernachlässigt wie in der Bundesrepublik. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt, dass Deutschland in jenen Jahren weniger Mittel für den öffentlichen Kapitalstock bereitgestellt hat als Staaten wie Großbritannien, Italien oder Belgien. Von Ländern wie Dänemark oder Schweden ganz zu schweigen. Von »Erosion« und »Substanzverzehr« ist in der Analyse die Rede. [….] Die Wahrheit ist, dass die Republik seit Einführung der Schuldenbremse nicht in geringerem, sondern in größerem Umfang auf Kosten der Zukunft lebt. [….]
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