Hunderttauende Kinder wurden in der Bundesrepublik Deutschland ihren Eltern weggenommen. Als Grund reichte schon eine uneheliche Geburt. Sie landeten in kirchlichen Heimen, wurden seelisch missbraucht und finanziell ausgebeutet.
Ein bekannter Fall ist Peter-Jürgen Boock, der 16-jährig von seinem gewalttätigen Vater floh, einen Suizidversuch unternahm und daraufhin 1968 in das Landesfürsorgeheim Glückstadt eingewiesen wurde. Die Zustände waren so menschenunwürdig, daß es zu Aufständen kam.
[….] Es war eines der berüchtigsten Jugendheime der Nachkriegszeit. Anhand neuer Akten wird nun der Skandal um das Heim Glückstadt in Schleswig-Holstein neu aufgerollt.
Otto Behnck schüttelt immer wieder seinen Kopf mit dem kurzen grauen Haar. "Falscher Film", "Das ist irre", "Kann sich heute keiner mehr vorstellen" - so lauten Satzfetzen, die aus ihm raussprudeln. Der heute 56-Jährige war 1970 als Jugendlicher Insasse der Landesfürsorgeanstalt in Glückstadt an der Elbe, einem der berüchtigtsten westdeutschen Jugendheime der Nachkriegszeit. Verbrochen hatte Behnck nichts, er trug nur das Haar etwas zu lang und hatte Stress mit seinen Eltern. "Ich war Hippie, damit kamen sie nicht klar." Drei Monate lang knüpfte er im Heim in Glückstadt Fischernetze. Für 1000 Maschen gab es eine "Aktive", eine Zigarette. Ein anderer erhielt nach vier Jahren Arbeit in der Ziegelei 164 Mark. "Das war Zwangsarbeit", sagt Behnck. "Und die muss noch bezahlt werden." Bis 1945 war das Gebäude Konzentrationslager für Arbeitshäftlinge. Fünf Jahre später wurden hier aufmüpfige Jugendliche und Straftäter staatlicher Obhut anvertraut - bis 1974. Später wurde der historisch belastete Komplex abgerissen. Schläge, unbezahlte Zwangsarbeit und Drillich-Anzüge im Stil von KZ-Uniformen - Glückstadt war nach den Berichten früherer Insassen kein Hort der Nächstenliebe. [….]
Boock wurde in andere Heime gesteckt und landete schließlich mit 17 Jahren im Diakonie-Jugendheim Beiserhaus in Rengshausen, wo er Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Astrid Proll kennenlernte, die sich als einzige mit dem Projekt „Heimkampagne“ für Heimkinder engagierten. Die weit überwiegende Majorität der KZ-affinen Deutschen störte sich nicht an der massenhaften Kinderfolter. Die deutsche Justiz beschäftigte sich nicht mit den 7.000 in Glückstadt gefolterten Jugendlichen, von denen mindestens drei in die Suizid getrieben wurden.
Die Gründe sind offensichtlich. Während Staatsanwälte einzelne Sexualstraftäter, die fremde Kinder molestierten, durchaus verfolgten, hatten die meisten Opfer keine Chance auf Gerechtigkeit. Die Mehrheit der Täter stammt nämlich entweder aus der Familie, die bekanntlich grundgesetzlich geschützt ist. Darunter verstand man viele Jahrzehnte auch wohlwollend gewalttätige Väter, die ihre Frauen vergewaltigten und die Kinder verprügelten.
Oder die Täter stammten aus mächtigen institutionellen Gruppen, mit denen sich die Staatsanwaltschaft nicht anlegen wollte: Diakonie, Caritas, Ettal, staatliche Heime, Regensburger Domspatzen, katholische Jugendgruppen, Geistliche.
Der massenhafte sexuelle Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche ist seit 20 Jahren allgemein bekannt. Die Fälle in Deutschland werden seit 2010 breit diskutiert.
(…..) Der erste große weltöffentliche Megasexskandal waberte rund um den Bostoner Priester John Geoghan (* 4. Juni 1935; † 23. August 2003), der 2001 als Massenkinder**cker aufflog. Der Boston Globe berichtete im Januar 2002 ausführlich über seinen obersten Chef Bernard Francis Kardinal Law, der voll im Bild über seine Kinderfic**nden Priester war, sie aber vor der Justiz schützte und ihnen neue Opfer zuführte. Im Dezember 2002 war der Druck so gewaltig geworden, daß der mächtige US-amerikanische Kardinal zurücktreten musste. Inzwischen bohrte aber die US-Presse in allen anderen Diözesen und fand überall von Priestern sexuell missbrauchte Kinder.
Auch in Deutschland gibt es guten Journalismus. Es wurde über den die Weltkirche erschütternden Megaskandal gesprochen. Der Präfekt der Glaubenskongregation Joseph Ratzinger wurde, lange bevor er 2005 selbst Papst wurde, öffentlich für die Machenschaften angegriffen. Sehr bekannt wurde beispielsweise ein Video, in dem der Panzerkardinal einen Reporter wütend auf die Finger schlug. This is unerhört, meckerte der Chef der Inquisition als er auf den Megakinderf**ker Pater Marcial Maciel angesprochen wurde.
Acht Jahre später, 2010, nachdem längst der SPIEGEL, die Süddeutsche Zeitung, Monitor und Panorama über die pädosexuellen Monster in Soutane berichtet hatten…
Bischof Kurt Krenns Augiasstall St Pölten war schon Ende der 1980er ein Thema.
Hans Hermann Kardinal Groër griff so selbstverständlich kleinen Jungs zwischen die Beine, daß er bereits 1995 abberufen wurde.
Die Kindersex-Abscheulichkeiten in Bischof Müllers Regensburg wurden spätestens 2008 in breiter Öffentlichkeit diskutiert.
…erdreistete sich beispielsweise Weihbischof Andreas Laun bei Sandra Maischberger zu erklären, man habe als RKK nichts gegen den sexuellen Missbrauch tun können, weil man vor 2010 nichts davon wußte. Und außerdem solle man mal „genauer bei den Evangelen hinsehen“.
[…] "Wir haben das Problem nicht in diesem Ausmaß", sagte im Jahr 2002 der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann, in einem Interview mit dem Spiegel. Kurz zuvor hatte der Boston Globe die Vertuschungsstrategie der Erzdiözese Boston beim Umgang mit Missbrauchstätern aufgedeckt, Hunderte weitere Fälle von sexuellem Missbrauch durch US-amerikanische Priester kamen ans Licht. "Warum soll ich mir den Schuh der Amerikaner anziehen, wenn er mir nicht passt?", sagte Lehmann damals. Man dürfe nicht so tun, als kämen diese Delikte en masse vor: "Gegen diesen Verdacht wehre ich mich ganz entschieden, auch im Namen und zum Schutz vieler untadeliger Priester." […]
(Annette Zoch, 04.03.2023) (….)
(Was einen Atheisten richtig aufregt, 04.03.2023)
Katholische Ministerinnen wie Nahles und Schavan, oder die sehr fromme Evangelin Kristina Schröder (Familienministerin 2009-2013) hielten staatliche Ermittlungen für unnötig und sorgten dafür, daß die Täter nicht nur selbst ihre Taten aufklären sollten, sondern auch selbst entscheiden durften, ob und wie viel Entschädigung sie zahlen möchten. So kam es zu der glorreichen Idee der deutschen Bischöfe, für ein jahrelang vergewaltigtes Kind, dessen gesamtes Leben zerstört wurde, wären ein halbes Bischofsmonatsgehalt, also 5.000 Euro, angemessen. Kirchenrechtlich sanktioniert wurden die Täter meist gar nicht, weil die Vorgesetzten wie zB Kardinal Wetter, die Fälle mit dem Codewort „Schwierige Situation“ versahen.
[…..] Der Kleriker sei Anfang der 60er-Jahre laut WSW zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Er war schuldig des mehrfachen Missbrauchs, die Opfer waren Jungen im Alter von zehn bis 13 Jahren. Im Urteil stehe, dass die Vorfälle "so häufig" gewesen seien, dass "sich nicht mehr klären ließ, an welchem Tag und in welchem Monat sie sich ereignet haben". Ein Junge sei Opfer von 50 Übergriffen geworden. Mitunter habe der Priester seine Taten in der Sakristei verübt, gekleidet ins Messgewand. Während der Haft habe der Priester geplant, seinen Beruf aufzugeben. Ein Kirchenoberer habe ihn aber überredet, in die Seelsorge zurückzukehren. Eingesetzt worden sei er dann in einem Krankenhaus. So habe das Erzbistum vermeiden wollen, dass nicht "die blödsinnigsten und simpelsten Indiskretionen ihm die Wirkungsmöglichkeiten am neuen Einsatzort von vornherein nehmen". Diese Notiz fanden die Gutachter in den Kirchenakten. Laut WSW soll er Anfang der 2000er-Jahre im Krankenhaus "eine zu intensive Nähebeziehung" zu Ministranten gepflegt haben. Er habe ihnen Zugang zu seiner Privatsauna gewährt und sei mit ihnen in den Urlaub gefahren; dies habe er selbst eingeräumt. […..] Auch im Ruhestand sei der Priester im Ort, wo sich die Klinik befindet, belassen worden - gegen den ausdrücklichen Wunsch des dortigen Pfarrers. Dieser habe die Kirchenzentrale gewarnt, dass der Priester eine Gefahr sein könnte - in doppeltem Sinne: "Machen wir uns nicht schuldig an den Jugendlichen und welchen Skandal wird es geben, wenn das an die Presse gelangt?" Ende der 2000er-Jahre habe der Priester die Ordinariatsspitze gebeten, ihm das Zelebrieren der Messe wieder zu gestatten. Die Antwort: Die Zelebration sei ihm nie verboten worden. Es sei aber "empfehlenswert", dass der Priester "auf Grund der Probleme in der Vergangenheit" nicht in der Krankenhauskapelle zelebriere. "Dies ist kein Verbot, aber eine Frage der Klugheit." […..]
Erst 13 Jahre nach dem Canisius-Knall von 2010 und 15 Jahre nach seinem Abschied als Erzbischof von München und Freising, kommt die bayerische Justiz auf die Idee, den mittlerweile 95-Jährigen Friedrich Kardinal Wetter ins Visier zu nehmen.
[….] Die Staatsanwaltschaft hat den früheren Münchner Erzbischof Friedrich Wetter vernommen. Ein Ermittlungsverfahren zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche richtet sich nach SZ-Informationen gegen Wetter als Beschuldigten. Dabei geht es um "Fall 26" aus dem Münchner Missbrauchsgutachten und einen 1962 verurteilten Kleriker. Die Staatsanwaltschaft geht "dem Verdacht nach, frühere kirchliche Verantwortungsträger des Erzbistums München und Freising könnten einen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestraften Priester wieder als Seelsorger eingesetzt und nicht unterbunden haben, dass er erneut mit Kindern in Kontakt tritt".
Diese Stellungnahme der Staatsanwaltschaft leitete das Justizministerium am 7. März an den FDP-Abgeordneten Matthias Fischbach weiter. Ob die Ermittlungen gegen den 95-jährigen Wetter noch laufen oder bereits beendet sind, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich auf SZ-Anfrage nicht dazu.
Ein solches Verfahren gegen einen ehemaligen Erzbischof dürfte ein Novum sein. […..]
(Hinter Fall26 verbirgt sich der Extrem-Kinderfick*r Pfarrer G., der 2018, im Alter von 88 Jahren, starb.)
Ein anderer, noch bekannterer bayerische Kinderfi**erförderer, Joseph Ratzinger, wurde ebenfalls von der Justiz geschont, bis er 95 Jahre alt wurde und schließlich als Trockenmumie in einer zugelöteten Bleikiste in den Vatikanboden eingelassen wurde. Damit ist die Causa offenbar strafrechtlich erledigt, da die bajuwarischen Juristen nicht herausfinden konnten, ob es irgendjemanden gibt, der nun für die RKK verantwortlich ist.
[….] Das Landgericht Traunstein hat die für kommende Woche angekündigte und mit Spannung erwartete mündliche Verhandlung in der Zivilklage eines Missbrauchsopfers gegen den verstorbenen Papst Benedikt XVI. verschoben. Als Grund nannte das Gericht in einer Mitteilung vom Montag, dass "die Rechtsnachfolger des verstorbenen emeritierten Papstes noch nicht ermittelt werden" konnten. [….]
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