Sonntag, 25. September 2022

Wo sind die Demokraten?

Die Schweizer halten bekanntlich viel von direkter Demokratie. Nach wie vor scheint das ein sympathischer Ansatz zu sein; im Gegensatz zu Autokratien, in denen nur der Wille des Führers zählt, die Mehrheit entscheiden zu lassen.

Dahinter steckt die romantisierte Vorstellung der sogenannten Schwarmintelligenz und der Nivellierung extremistischer Partikularinteressen.

Unglücklicherweise stellten sich diese Annahmen als weitgehend blödsinnig heraus. Direkte Demokratie zeichnet sich eher durch die Diktatur der Inkompetenz aus, da man die Entscheidung von der Fachebene, nämlich der qualifizierteren Volksvertreter, hinab auf die Doofen delegiert.

Dieses Vorgehen ist zum Scheitern verurteilt (Trump! Brexit! Johnson! Berlusconi!), weil die einfachen Antworten meistens die Falschen sind.

(….) Homo Sapiens ist eine ethisch eher verkommene Art, die sich für ausgrenzende, aggressive Ansichten begeistert. Es erfordert eine hohe zivilisatorische Anstrengung, sich aus dem primitiv-menschlichen „wir gegen die“-Denken zu lösen. Solidarität, Internationalismus, Klimaschutz, ökologisches Handeln, Tierschutz und Nachhaltigkeit sind die richtigen, aber auch die schwierigeren Antworten. Dafür ist die Mehrheit der Menschheit nicht klug genug.

Moral ist anstrengend. Amoral und Pauschalisierungen sind einfach. Nicht nur der deutsche Michl, sondern vermutlich die meisten durchschnittlichen Bürger dieses Planeten, erwärmen sich eher für die einfachen Lösungen – auch wenn sie offensichtlich falsch sind. Links zu sein, fordert dem Menschen etwas ab, Toleranz muss erlernt werden. Rechts zu sein, geht anstrengungslos, dafür reicht auch der halbe IQ.  (….)

(CDUCSU auf Abwegen, 24.09.2022)

Heute hatten die Schweizer über eine gleichsam ethische, wie Klima-relevante Frage abzustimmen. Natürlich versagten sie.

[….] Zur Abstimmung standen auf Bundesebene insgesamt vier Vorlagen. Erstens die Massentierhaltungsinitiative, die Bio-Standards für die gesamte Schweizer Landwirtschaft einführen wollte. Diese von Tierschützern eingebrachte Volksinitiative, für die es in Umfragen im August gar nicht einmal schlecht aussah, scheiterte am Sonntag überraschend deutlich: 62,86 Prozent der Bevölkerung lehnt es ab, die Würde von Nutztieren in der Verfassung zu verankern und entsprechend den Tierschutz zu verschärfen. Damit ist ein weiterer Versuch gescheitert, die hoch subventionierte Schweizer Landwirtschaft ökologischer zu gestalten. Schon im vergangenen Sommer sagte das Volk nein zu zwei Initiativen, die den Pestizideinsatz im Land verbieten beziehungsweise reduzieren wollten. [….]

(Sueddeutsche.de, 25.09.2022)

An die Ergebnisse der Italienischen Parlamentswahlen – in diesen Minuten schließend die Wahllokale – mag ich gar nicht denken. Alles andere als ein Nazi-Vollkatastrophe wäre eine faustdicke Überraschung.

Wenn heute die Neofaschistin in Italien gewinnt, wird das auch Auswirkungen auf Seenotrettungsmissionen haben. Warte nur darauf, dass die nächste Kapitänin eines NGO-Schiffes verhaftet wird.

(Tobias Schlegl, 25.09.2022)

Kämen die Christen an die Macht, so wie sich das der bayerische Chef der europäischen Christdemokraten und Berlusconi-Wahlkämpfer Manfred Weber wünscht, wäre es also vorbei mit Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl. Dann werden wieder Familienwerte mit den Füßen getreten und Kinder zum Verrecken ins Meer getrieben.

Werden Christdemokraten Partner von Postfaschisten? Ob in Italien oder Schweden: Es würde helfen, wenn EVP-Chef Weber sich von #Berlusconi & anderen konservativen Paktierern mit Rechtsaußen distanziert. Stattdessen wirbt der CSU-Mann für verurteilten Steuerbetrüger.

(Europa-SPD @SPDEuropa, 25.09.2022)

Wer auf Twitter die Hashtags #Italien #Italienwahl eingibt, erlebt heute eine Welle des braunen Mobs. Meloni und Berlusconi werden gefeiert.

Der alte vorbestrafte Fascho-Sexist demonstrierte vorgestern noch einmal, wo er steht.

[….]  Italien wählt an diesem Sonntag ein neues Parlament. Kurz vorher sorgt Forza Italia-Parteichef Berlusconi mit einer Behauptung für Aufregung: Kremlchef Putin sei zum Einmarsch in die Ukraine "gedrängt" worden.

Italiens früherer Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat kurz vor der Parlamentswahl mit einer Aussage über Wladimir Putin für Aufsehen gesorgt. Der 85-Jährige behauptete in einem TV-Interview, der Kremlchef sei zum Einmarsch in die Ukraine gedrängt worden. "Putin wurde von der russischen Bevölkerung, von einer Partei, von seinen Ministern gedrängt, sich diese Spezialoperation auszudenken", sagte Berlusconi im Sender Rai.  "Spezialoperation" ist die vom Kreml verwendete Formulierung für den Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Verwendung des Begriffs Krieg steht in Russland unter Strafe.  Berlusconi ist ein Freund des russischen Präsidenten und zögerte nach Kriegsausbruch lange, die Invasion zu verurteilen. Nun sagte er: "Putin ist in eine wirklich schwierige und dramatische Situation gerutscht."  [….]

(Tagesschau, 23.09.2022)

Diesen Mann wollen die Italiener also. Dieser Mann wird von der deutschen Christen-Union unterstützt.

Der oberste Vertreter der Union in Brüssel kennt nicht nur keine Angst vor Berührungspunkten mit den Faschisten – eine de facto faschistische Partei, die Fidesz, ist schließlich Teil der EVP – sondern brüstet sich sogar mit Nazi-Bündnissen.

Manfred #Weber #CSU-Mitglied und Fraktionsvorsitzender der EVP um EU-Parlament stimmt die #CSU auf eine Koalition mit der #AfD ein.  Was in #Schweden ausprobiert wird, soll ein Vorbild für Deutschland sein. Die #Brandmauer war ist eine Lüge.

(Unionwatch, 25.09.2022)

Die CSU um Manfred Weber preist in #Augsburg das "Rechts-Mitte" Bündnis in Schweden.  Freut euch schon mal auf eine Koalition mit der #AFD demnächst wenn ihr eure Stimme der CSU oder CDU gibt.  VIDEO

(Michael Mayr, 25.09.2022)

Wieso sollte sich Merz auch über Webers Faschisten-Flirts ärgern, wenn er auch in Deutschland seine Hand über Nazis in der CDU hält?

Merz und Söder haben längst jeden Anstand fahren lassen, geben sich voll rechtspopulistisch und der Urnenpöbel findet es toll. Der CumEx-Multimillionär, der nicht einen einzigen konstruktiven Vorschlag zur gegenwärtigen Multikrise macht, dessen Prognosen sich grundsätzlich als diametral falsch erweisen, der in ökonomischen Dingen nahezu ahnungslos ist und dessen Partei 16 Jahre lang Photovoltaik und Windkraft blockierte, um sich voll in Gas-Abhängigkeit zu Putin zu begeben, dafür aber gegen Gendersternchen wettert, ist mit Abstand des Urnenpöbels Wunschkanzler.

Demokratie ist eine feine Sache.

Sofern die Wähler a) Demokraten und b) keine apathischen Idioten sind.

An Demokraten und klugen Wählern mangelt es allerdings erheblich.

[….] Radikale Rechte gewinnt Wahlen in Italien

Ersten Befragungen zufolge hat die Allianz rechtspopulistischer und konservativer Parteien die Wahlen in Italien gewonnen. Nach übereinstimmenden Medienberichten erringen sie mehr als die Hälfte der Sitze im Parlament. […]

(SPIEGEL, 23.13 Uhr, 25.09.2022)

Herzlichen Glückwunsch, Wladimir Putin.

Und Gute Nacht, Europa!

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