James Comey, konservativer Jurist, Republikaner, wurde unter George W. Bush stellvertretender Justizminister, ging anschließend als Senior Vice President zum Rüstungskonzern Lockheed Martin, wurde 2013 Chef des FBI und kam in die Schlagzeilen, als er mitten in der heißen Wahlkampfphase 2016 wegen der mutmaßlich dienstlichen Emails Hillary Clintons auf ihrem privaten Server, gegen die damals stark favorisierte Präsidentschaftskandidatin ermitteln ließ.
Er schuf damit einen der meistverwendeten GOP-Talkingpoints gegen die Demokraten und war womöglich der letztendlich ausschlaggebende Grund für Trumps Sieg (mit drei Millionen Stimmen weniger) im November 2016.
Immer wieder höhnten FOXler und Republikaner, eine FBI-Ermittlung schließe die Eignung zur Präsidentschaftskandidatin aus und erklärten das FBI für sakrosankt.
Natürlich feierten die Republikaner aber auch ihren Mann Comey.
Bis er 2017 wegen der Russland-Kontakte in Trumps Wahlkampfteam untersuchen ließ, ob Moskau Einfluss auf die Präsidentschaftswahl genommen hatte.
Präsident Trump flippte aus und feuerte ihn im Mai 2017. FBI-Chef amtieren üblicherweise sehr Partei-unabhängig für eine volle zehnjährige Amtszeit. Trump war noch frisch im Amt; eine Republikaner glaubten noch, er würde mit der Zeit seriöser, als der schrille-Wahlkampf-Trump werden und erklärten sogleich, die Entlassung des hochangesehenen Comeys hätte rein gar nichts mit persönlichen oder parteilichen Gründen zu tun.
[….] Trump schrieb, er entlasse ihn auf Rat des Justizministers Jeff Sessions und dessen Stellvertreters Rod Rosenstein. Am nächsten Tag empfing Trump den russischen Außenminister Lawrow und Botschafter Kisljak im Oval Office und sagte zu ihnen, dass er wegen der Russland-Untersuchung des FBI unter Druck gestanden habe und die Entlassung des „Spinners“ Comey ihn von diesem Druck befreit habe. Am darauffolgenden Tag während eines Interviews mit NBC Nightly News widersprach Trump der offiziellen Begründung für die Entlassung Comeys. Trump sagte, er habe den FBI-Direktor schon lange und unabhängig von der Empfehlung Rosensteins entlassen wollen. Ausschlaggebend für die Entscheidung war sein Ärger über Comeys Ermittlungen wegen möglichen Absprachen zwischen Mitgliedern von Trumps Wahlkampfteam und Vertretern Russlands. „Als ich mich entschied, sagte ich mir, dieses Russland-Ding mit Trump und Russland ist doch eine erfundene Geschichte“, äußerte Trump. In dem Interview bezeichnete Trump Comey zudem als „Blender“ und „Angeber“ und behauptete, das FBI sei unter Comey in Aufruhr gewesen. Der damalige kommissarische FBI-Direktor Andrew McCabe widersprach Trumps Darstellung. Comey genieße weiterhin Unterstützung und Hochachtung innerhalb des FBI. […]
(Wiki)
Allerspätestens jetzt, Anfang Mai 2017, musste Trumps krimineller Charakter für jeden offensichtlich sein.
Comey wurde durch einen von Trump handverlesenen erzkonservativen Republikaner und Multimillionär ersetzt: Christopher Wray aus dem erzkonservativen Georgia. Er ist Mitglied der “Federalist Society for Law and Public Policy Studies”, jener ultraorthodoxen Juristenschule, die wie Amy Cohen Barrett die 250 Jahre alte Verfassung wörtlich auslegen –„textualist and originalist interpretation of the United States Constitution.“
Rechter geht es nicht mehr und nun ist es Wray, der die Durchsuchung von Mar A Lago veranlasste. Die gesamte Republikanische Sphäre rastete komplett aus und behauptet nun ungeniert lügend genau das Gegenteil dessen, das sie bis gestern noch vertraten. Wray sei ein von dem Demokraten gesteuerter Linksextremist.
[….] Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene aus Georgia äußert verlässlich die wildesten Thesen auf dem Kapitolshügel in Washington. Auch am Tag nach der Durchsuchung von Donald Trumps Anwesen in Florida durch das FBI machte sie diesbezüglich keine Ausnahme. Man müsse dem FBI die Mittel streichen, forderte sie. Der zentralen Sicherheitsbehörde der USA, wohlgemerkt. Spätestens im Januar werde man sich des Feindes im Inneren annehmen, sagte sie. Und dann äußerte sie einen Satz, in dem abseits aller Zuspitzung, abseits der Provokation eine für die Demokraten unangenehme Wahrheit stecken könnte. Die "tyrannische Hausdurchsuchung", sagte sie, vereine die Republikaner in einer Weise, "wie ich es noch nie gesehen habe".
Tatsächlich äußerten sich unzählige Republikaner in heller Empörung, nachdem der ehemalige Präsident Donald Trump am späteren Montag bekannt gegeben hatte, dass das FBI seinen Golfklub Mar-a-Lago in Palm Springs, Florida, durchsucht habe. Trump selbst hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Manhattan auf, er erfuhr von der Durchsuchung durch seinen Sohn Eric. Es handele sich um den verzweifelten Versuch der Demokraten, seine erneute Kandidatur für die Präsidentschaft im Jahr 2024 zu verhindern, teilte Trump mit. Das Vorgehen des FBI sei politisch motiviert.
In diesem Sinne äußerten sich viele Republikaner, manche in mehr, manche in weniger radikalem Ton, aber alle mit Verve. Es wirkte, als hätten sie ihr gemeinsames Thema für die Kongresswahlen im November gefunden. [….] Der Senator Josh Hawley aus Missouri forderte, Justizminister Merrick Garland solle sofort zurücktreten. Mindestens aber müsse umgehend ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden. Es handele sich bei der Durchsuchung von Mar-a-Lago um einen "beispiellosen Angriff auf demokratische Normen und den Rechtsstaat".[….]
(Christian Zaschke, 10.08.2022)
Unterdessen musste Trump in New York zu seinen kriminellen Geschäftsgebaren vor 2016 aussagen, berief sich aber auf sein Aussageverweigerungsrecht, „the fifth“ (Fünfter Verfassungszusatz, mit dem man sich um Aussagen drücken kann, wenn diese einen selbst schaden) und tat damit genau das, was er immer wutentbrannt verdammt hatte, wenn es jemand anders tat.
“The mob takes the Fifth.”
“If you’re innocent, why are you taking the Fifth Amendment.”
“Taking the Fifth, I think it’s disgraceful.”
(Donald Trump on the Fifth Amendment)
Die New Yorker Staatsanwältin, die seinen Fall untersucht, ist eine junge, schwarze Frau, so daß der misogyne Rassist Trump, der wie sein Vater über Jahrzehnte keine Schwarzen in seinen Häusern als Mieter akzeptierte, maximal getriggert wird.
[….] New York - Unmittelbar vor seiner geplanten Aussage unter Eid hat der frühere US-Präsident Donald Trump das gegen seine Familienholding Trump Organization laufende Betrugsverfahren als „größte Hexenjagd in der Geschichte der USA“ bezeichnet. Er werde „von allen Seiten attackiert - Bananenrepublik“, schrieb Trump am Mittwoch in seinem Online-Netzwerk. Der frühere US-Präsident verweigerte eine Aussage unter Eid. „Ich habe die Beantwortung der Fragen entsprechend der aus der Verfassung der Vereinigten Staaten hervorgehenden Rechte jedes Bürgers verweigert“, erklärte Trump am Mittwoch nach seinem Termin in New York. Zugleich bezeichnete er sich erneut als Opfer einer „Hexenjagd“, welche von „Anwälten, Anklägern und den Fake-News-Medien unterstützt“ werde.
Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James geht im Zuge zivilrechtlicher Ermittlungen dem Verdacht nach, dass die Trump Organization den Wert von Immobilien künstlich aufgeblasen hatte, wenn sie Kredite von Banken erhalten wollte. In anderen Fällen sollen die Immobilienwerte kleingerechnet worden sein, um weniger Steuern oder Versicherungsbeiträge zahlen zu müssen. [….]
Der zweite große Bürgerkrieg rückt nun in greifbare Nähe, da die eine politische Seite keinerlei gemeinsame Institutionen mehr anerkennt. Weder Medien, noch, Regierung, noch Parlament, noch Justiz, noch Presse.
Allerdings sind die autoritären Rassisten des Jahres 2022 wesentlich mehr und unvergleichlich stärker bewaffnet als 1861. Im Sezessionskrieg starben in vier Jahren rund 600.000 US-Amerikaner. Das dürfte diesmal leicht zu übertreffen sein.
[….] Schon jetzt sind das Internet und rechte Fernsehkanäle voll mit einer schrillen Bürgerkriegsrhetorik, die noch lauter werden dürfte, sollte Trump wirklich angeklagt werden. Paul Gosar, republikanischer Abgeordneter aus Arizona, verglich das FBI mit den Schlägertruppen der SA ; der rechte Aktivist Charlie Kirk, auf dessen Veranstaltung in Washington Trump erst vor zwei Wochen gesprochen hatte, schrieb, Biden habe Amerika in eine »stalinistische politische Dystopie« verwandelt. Es ist eine Sprache, die sich kaum noch steigern und viele fürchten lässt, dass sie in echte Gewalt umschlägt. Laut einer Umfrage der University of Chicago sind mehr als ein Viertel der Amerikaner davon überzeugt, dass es in naher Zukunft nötig sein werde, zu den Waffen zu greifen, um sich gegen eine übergriffige Regierung zu wehren. Die Republikaner tun im Moment alles dafür, um ihre Mitbürger in dieser furchtbaren Meinung zu bestärken. […]
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