Es ist faszinierend, wie auch bei Boris Johnson, die schiere Anzahl der Skandale, Lügen und moralischen Ungeheuerlichkeiten, nicht etwa das Fass zum Überlaufen bringt, sondern im Gegenteil, eine gewisse Immunität generiert.
Der (sehr falsche) Begriff „Kinderschänder“ bezeichnet eigentlich eine so abscheuliche Tat, daß sie selbst unter Verbrechern verachtet wird.
Werden mehrere Kinder sexuell missbraucht, wie im Fall Marc Dutroux, ist der Skandal so groß, daß wie nach dem „Weißen Marsch“ von 1996, als 300.000 Belgier in Brüssel gegen das Vorgehen der Behörden demonstrierten, eine Regierung ins Wanken gebracht werden kann.
Reden wir aber nicht mehr von acht oder einem Dutzend Opfer, sondern gleich von 10.000en, die teilweise zu Hunderten in Kanadischen Massengräbern gleich hinter dem Haus der Täter verscharrt wurden, ist eine nicht mehr vorstellbare Dimension erreicht. Die Täterin, die Römisch-katholische Kirche, bleibt daher ungeschoren, sitzt in den Ethikräten der Regierungen und verliert noch nicht einmal ihre Gemeinnützigkeit.
Hätten die Herren Ratzinger, Müller, Woytila, Woelki, Wetter, Marx, Lehmann und Co stattdessen nur ein Prozent oder ein Promille der Sextäter immer wieder auf Kinder losgelassen, säßen sie vielleicht alle da, wo sie hingehören: Lebenslang im Gefängnis.
Aber bei Myriaden Opfern weltweit? Wo sollte man da anfangen? In Deutschland werden diese systematischen Verbrechen noch nicht einmal staatlich untersucht.
Als Donald Trump bei seinen ersten Wahlkampfinterviews 2015 log, daß sich die Balken bogen, merkte man sich die einzelnen Lügen noch, weil sie so drastisch waren, daß man sicher war, er müsse dafür büßen. Als das nicht geschah, begannen Journalisten von der Washington Post systematisch alle Trump-Lügen zu dokumentieren und richtig zu stellen. Allerdings hatten da schon über 60 Millionen Amerikaner den lügenden Rassisten und Sexisten zum Präsidenten gewählt, weil sie ihn für „so ehrlich“ hielten. Meine letzte Schock-Erinnerung war, als Jimmy Kimmel seinen Eingangsmonolog mit „Today is HAPPY LIE 2K!“ eröffnete. 2.000 nachgewiesene Lügen des US-Präsidenten.
Das war noch in Trumps erstem Amtsjahr.
Nach 30.000 Lügen, zwei Impeachments und einem angezettelten blutigen Coup, sind wir selbstverständlich alle derartig abgestumpft, daß der Mann, der sich diese Woche als „den ehrlichsten Mann, den Gott je schuf“ bezeichnet, uns nicht mehr mit Lügen verblüffen kann.
Boris Johnson vermochte es ebenfalls in die RKK/Trump-Klasse aufzusteigen.
(….) Die vielen Lügen, der ungenierte Populismus, die Frisur, das Drangsalieren der seriösen Medien, der enorme Schaden, den sie für ihr Land anrichten – Boris Johnson und Donald Trump zu vergleichen ist mehr als naheliegend. Beide Orange-Haarigen wurden an einem Juni-Morgen in New York City geboren, entstammen der Oberschicht und sind bekannt für ihren Frauenverschleiß. (….)
(Der Donald der Themse, 11.02.22)
Der Mann ist moralisch so verkommen und lügt so selbstverständlich, daß es ihm gar nicht mehr schadet beim Lügen ertappt zu werden.
Es bleibt wenigen Intellektuellen überlassen, immer noch Worte für den britischen Regierungschef zu finden.
Der großartige schottische Schriftstellerin Alison Louise Kennedy, 56, beschreibt ihren Regierungschef ebenfalls kühl und euphemistisch.
[….] Ich weiß, es ist ein Rätsel: Boris Johnson, unser Killerclown, der Hundehaufen auf dem Kaminsims unserer Nation - ist immer noch Premierminister. Warum? Je klarer die Antworten auf diese Frage werden, desto klarer wird auch, dass wir uns in unaufhaltsamer Fahrt auf einer Rodelbahn aus gefrorenem Erbrochenen befinden, hinunter in den Abgrund des Faschismus, der die Form einer Farce angenommen hat - Farceismus? Während Boris sich mit käuflichen Freaks umgeben hat, die er erpressen, einschüchtern und bestechen kann, zerstören Korruption und ideologischer Vandalismus unsere Infrastruktur und unseren Sozialstaat. Unserer Regierung geht rapide das Geld aus, und die wirtschaftlich verheerenden Folgen des Brexit zeigen sich ja erst schemenhaft. Unser nächster Premierminister wird eine Landschaft der Schmerzen regieren. Nur ein unrettbar verdorbener, unendlich dummer Sadist würde diesen Job wollen. [….] Wahrheit ist hier in Großbritannien Fiktion, weil Pressebarone und Redaktionen, die dem Clickbait verfallen sind, unseren öffentlichen Diskurs verzerren. [….] Und natürlich ist ein Hundehaufen kein Hundehaufen. Also bleibt er auf dem Kaminsims und stinkt weiter vor sich hin. [….]
Auch nachgewiesenermaßen Gesetze zu brechen, stört den amoralischen Proleten nicht.
[…..] Nach der "Partygate"-Affäre hat Großbritanniens Premier Johnson eine Strafe bezahlt, sich entschuldigt - und will weitermachen. Doch die Opposition fordert seinen Rücktritt. Und auch die Bevölkerung ist empört. Boris Johnson ist der erste Premierminister des Vereinigten Königreichs, der offiziell gegen das Gesetz verstoßen hat. Am Abend entschuldigte er sich in einer Erklärung, die er auf seinem Landsitz Checkers abgab, wo er die Osterferien verbringt: "Die Polizei hat mir einen Bußgeldbescheid im Zusammenhang mit einem Ereignis zugestellt, das am 19. Juni 2020 in Downing Street 10 stattfand. Ich habe die Strafe sofort bezahlt und entschuldige mich noch einmal umfassend." Johnson sagte, er werde die Probleme angehen, die Großbritannien gerade treffen würden und für sein Land abliefern. [….]
(Gabi Biesinger, ARD, 13.04.22)
Eine der besonders abscheulichen amoralischen Taten der Johnson-Regierung findet gerade abseits der großen Medienaufmerksamkeit statt.
Obwohl England schwere ökonomische Probleme durch die xenophobe Politik erleidet, weil überall die nach dem Brexit ausgereisten Arbeiter fehlen, betreibt Johnson weiterhin eine ausländerfeindliche Politik, versucht mit allen Mitteln jeden Humanismus abzuwürgen und Flüchtlinge von der Insel zu jagen.
In der großen Tradition des Sklavenhandels im britischen Empire, verkauft Johnson Kriegsflüchtlinge nach Ruanda. Wer vor Bombenterror, Unterdrückung, Krieg oder homophober Verfolgung fliehen muss, wird zukünftig von London direkt in das „Shithole Country“ (Trump) in Zentralafrika weitergeleitet.
[…..] Menschenrechtler und Opposition zeigten sich empört über das "grausame und gemeine" Vorhaben. Kritiker werfen Johnson zudem vor, er wolle vor wichtigen Kommunalwahlen in England von der "Partygate"-Affäre in der Downing Street ablenken. Migranten rund 6500 Kilometer weit weg nach Ostafrika zu schicken, "wird sie kaum davon abhalten, ins Land zu kommen, sondern nur zu mehr menschlichem Leid und Chaos führen", sagte Enver Solomon vom Flüchtlingsrat Refugee Council. Er schätzt die Kosten für die Steuerzahler auf 1,4 Milliarden Pfund (1,7 Milliarden Euro) pro Jahr. Auch das britische Rote Kreuz zeigte sich besorgt über die Pläne, "traumatisierte Menschen um die halbe Welt zu schicken". [….]
Höcke, Weidel und Storch sind sicher von so einer Politik begeistert. Aber jeder Mensch mit Anstand, wird sich angewidert von London abwenden.
[…] Die BBC nannte das Vorhaben ein "One-Way-Ticket" für einige Flüchtlinge. Medien zufolge sollen nur Männer nach Ruanda geschickt werden. Kritiker betonen die schlechte Menschenrechtslage in dem Land, das seit 2000 von Präsident Paul Kagame autoritär regiert wird. Vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Infrastruktur wurden zwar große Fortschritte gemacht. Allerdings wird Kagame vorgeworfen, Dissidenten zu verfolgen und die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. […]
Menschenrechte haben in der britischen Regierung ausgedient.
[…] Man versetze sich kurz in die Rolle eines Asylbewerbers aus, sagen wir, Somalia: Erst quer durch die Sahara, von dort weiter Richtung Europa, dann über den Kanal nach England. In Dover warten dann plötzlich Grenzbeamte, die einen in den nächsten Flieger nach Ruanda setzen – ein zentralafrikanisches Land, dass die wenigsten Geflüchteten je vorher zu Gesicht bekommen haben dürften. Dort ist dann im Hostel »Hoffnung« Endstation. […] Diesen neuen Deal haben am Donnerstag vor Ostern die britische Innenministerin Priti Patel und der ruandische Außenminister Vincent Biruta vorgestellt. […] Mehr als 160 Nichtregierungsorganisationen bezeichneten den Deal in einem gemeinsamen offenen Brief als »beschämend grausam«, Amnesty International nennt ihn »den Höhepunkt der Verantwortungslosigkeit«. Experten und die Opposition bezweifeln zudem, dass ein solches Vorgehen juristisch Bestand haben wird, geschweige denn praktisch umzusetzen ist. […] Das nun unterzeichnete Abkommen lädt mal wieder die Hauptlast der Migrationsbewegungen im globalen Süden ab. Schon jetzt bleiben die meisten Geflüchteten aus Afrika auf dem Kontinent, fliehen innerhalb des eigenen Landes oder in Nachbarländer. In Europa kommt nur ein kleiner Bruchteil an. Gleichzeitig zahlen europäische Länder immer weniger Geld, um die Menschen in den Flüchtlingslagern in Afrika versorgen zu können, in vielen Camps mussten bereits Essensrationen gekürzt werden. So sieht die Solidarität bisher aus, und nun will Großbritannien noch mehr Migranten in den Süden schicken. […]
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