Samstag, 11. Dezember 2021

Kampf den Spinnern.

Es verblüfft mich immer wieder, wenn Covidioten Viren für abstrakt halten und nicht an Corona glauben, weil sie es „nicht sehen“ können.

Dabei ist das durch Sars-Cov-2 verursachte Massensterben außerordentlich konkret und damit das Gegenteil von „abstrakt“.  Jeden Tag kann man in Zeitungen, im Internet, im TV, Berichte und Reportagen von vollkommen überarbeiteten, überlasteten Krankenhaus-Mitarbeitern sehen, die das Sterben bunt und drastisch und deutlich zeigen.

Nach anderthalb Jahren Pandemie sind die Menschen so extrem erschöpft, daß viele von ihnen kündigen oder gar berufsunfähig werden. Auch das wird tagein, tagaus dokumentiert.

[….] Pflegeausstieg: Ohne uns!

Betten gibt es genug in deutschen Krankenhäusern. Aber was hilft das, wenn niemand die Patienten darin betreut? Pflegekräfte erzählen, warum sie im Laufe der Pandemie ausgestiegen sind.  [….] Es gab dieses eine Erlebnis, das ich nicht vergessen kann. Da hat es Klick gemacht. Ich hatte Nachtdienst. Da war diese Frau, sie hing an der Dialyse, es war klar, dass sie es nicht schafft. Sie hat gestöhnt. Ich habe den Arzt am Ende angefleht, ihr wenigstens noch stärkere Schmerzmittel zu geben. Ich hatte keine Zeit, ihr beizustehen. Da war mir klar: Auch ohne Corona wird sich das nicht ändern. Das ist ein großes Staatsversagen, ich fühle mich persönlich im Stich gelassen. Dann höre ich Jens Spahn sagen: Es ist zehn nach zwölf. Da denk ich mir: Ja, hättest du vielleicht vorher mal auf die Uhr geschaut! [….]

(Süddeutsche Zeitung, 11.12.2021)

Was könnte konkreter sein als der Tod? In den letzten Tagen starben jeweils über 500 Menschen in Deutschland innerhalb von 24 Stunden an Covid19. Gestern, am 10.11., wurden 510 Menschenleben ausgelöscht. Das sind mehr als 21 Menschen pro Stunde. Alle drei Minuten ein Corona-Toter.

Wie konkret möchten es die Schwurbler auf Sachsens Straßen denn noch haben?

Was für ein Menschenbild steht eigentlich dahinter, wenn jemand sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, etwas gegen das sinnlose Sterben eines Landsmannes, einer Landsfrau alle drei Minuten zu unternehmen.

Nun, da gibt es drei Gruppen.

Einerseits die extrem konservativen Christen, insbesondere Katholiken, auf die zum Beispiel David Berger setzt.

[….] Katholiken in ganz Europa bemerken derzeit zunehmen, dass die Menschenrechte, die Demokratie und der gesellschaftliche Friede durch die Coronamaßnahmen in höchster Gefahr sind. Jeden Tag werden es daher mehr Menschen, die mit dem Rosenkranz in den Händen betend auf die Straßen gehen und so gegen die „neue Normalität“ Widerstand leisten. [….] Alleine gestern Abend gingen zehntausende an Menschen in Österreich, Italien, der Schweiz und selbst in Deutschland auf die Straßen, um dort den Rosenkranz zu beten. [….] Besonders Österreich ragt hier derzeit hervor. „Unser Mitteleuropa“ schreibt: „Während sich die Kirchenfürsten – von Papst Franziskus abwärts – unterwürfig und in vorauseilendem Gehorsam den Corona-Regimen anbiedern und massive Impf-Propaganda sowie Hetze gegen Ungeimpfte betreiben, regt sich im Volk der wahre katholische Widerstand. [….].“ [….] Vor der letzten Corona-Groß-Demonstration in Wien am vergangenen Samstag gab es zudem ein Rosenkranzgebet in der berühmten Karlskirche, dem über 500 Freiheitskämpfer beiwohnten. Am 11. Dezember wollen sich die kämpferischen Katholiken erneut vor der Wiener Großdemo pünktlich um 11:15 in der Karlskirche treffen, um gemeinsam den Rosenkranz für Österreich zu beten: „Danach gehen wir gemeinsam zur Demonstration am Heldenplatz!“ [….].

 (Philosophie Phimosis, 09.12.2021)

Gegen den jenseitigen Todeskult helfen nur Aufklärung, Bildung und Säkularisierung. Ein Menschenleben zählt für Gläubige wenig bis nichts; das haben 2.000 Jahre Verbrechen des Christentums eindrucksvoll bewiesen. Wenig verwunderlich also, daß die Katholiban angesichts des Massensterbens kein Mitgefühl entwickeln.

Die zweite, insbesondere in Ostdeutschland relevante Gruppe der Aluhüte, speist sich vor allem aus dem rechtsradikalen, bildungsfernen Milieu.

Man findet sie ausgeprägt in Sachsen und Umgebung.

Bei diesen mit Forken und Fackeln bewaffneten Ost-Gnomen mangelt es an Allem: Bildung, Anstand, Moral und Hygiene.

Den dritten Zweig der Covidioten findet man hauptsächlich in Baden Württemberg, aber auch in weiten Teilen Bayerns. Hier zeigt sich besonders gut die sogenannte „Querfront“, weil aus einem einstmals oft links-alternativen Esoterik-Homöopathie-Anthroposophie-Rudolf Steiner-Heilpraktiker-Waldorfschule-Milieu heraus ein zunehmend völkisch-rechtes Impfgegner-Staatsverächter-Amalgam entstand.

[….] SZ: Die Corona-Proteste sind untrennbar mit Verschwörungsmythen verbunden. [….]

Pro. Zander: Verschwörungstheorien gehören salopp gesagt zur DNA der Schriften Steiners. Das liegt daran, dass er fest davon überzeugt war, dass es wirkmächtige Geheimgesellschaften gebe, im Guten wie im Schlechten, von den Mysterienkulten der Antike bis zu den Freimaurern, die er für eine sehr mächtige Geheimgesellschaft hielt, ein internationales Netzwerk, das sich vor dem Ersten Weltkrieg gegen Deutschland positioniert habe. Solche Thesen kommen jetzt mit Macht wieder hoch. Viele konservative Anthroposophen, die lange dachten, sie könnten mit solchen Positionen nicht mehr hausieren gehen, fühlen sich im AfD- und Pegida-Umfeld berechtigt, endlich wieder sagen zu dürfen, was Steiner immer schon gesagt habe.

SZ: Nachtwey und Frei schreiben, im Osten gebe es hauptsächlich Überschneidungen zwischen Corona-Leugnern und AfD, in Baden-Württemberg hingegen zwischen Querdenkern und ehemaligen Grünen-Wählern. Bei Ihnen klingt es eher nach einer grün-reaktionären Gemengelage.

Pro. Zander: In der Frühgeschichte der baden-württembergischen Grünen spielen der Achberger Kreis. [….] Ein eher konservativer Diskussionskreis mit der Idee eines dritten Weges zwischen Kapitalismus und Sozialismus, in dem sich Anthroposophen, Kommunisten, Grüne und ehemalige Nazis gefunden haben. Die Grünen haben sich gründlich gehäutet und sich von diesen konservativen, in einzelnen Personen NS-nahen Kreisen verabschiedet. Die anthroposophische Ökologie ist diesen konservativen Traditionen aber weiterhin teilweise verbunden, Naturschutz als Heimatschutz, in den auch ethnisch-völkische Ideen hineinspielen.

SZ: [….]  Gibt es unter Anthroposophen auch eine größere Skepsis gegenüber staatlichen Institutionen?

Pro. Zander: Ja, ganz deutlich. [….]  Es fällt im anthroposophischen Milieu wahnsinnig schwer, sich von problematischen Positionen Steiners grundsätzlich zu verabschieden. Insofern ist es für mich nicht wirklich überraschend, dass das Milieu für Impfkritiker, die sich auf Steiner berufen, immer wieder einen großen Echoraum bildet.  […..]

(Religionshistoriker Helmut Zander im SZ-Interview, 23.11.2021)

Auch der Eso-Abteilung ist kaum mit Fakten und Aufklärung beizukommen.

Es ist aber hohe Zeit, Homöopathie, Heilpraktiker und Esoteriker nicht mehr als freundliche, harmlose Naturfans zu verstehen, deren Milliardenindustrie aus Fake-Mittelchen auch noch die Krankenkassen, also die Allgemeinheit bezahlt.

Wer absurd teure Milchzucker-Kügelchen ohne Wirkstoff frisst, wer glaubt, daß ein Kakerlaken und Arsen-Sud durch aberwitzige Verdünnung immer wirksamer wird und schließlich Tropfen ohne ein einziges „Wirkstoff“-Molekül schlürft, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch doof genug, sich nicht gegen einen tödlichen Krankheitserreger impfen zu lassen und Gesichtsmasken zu verweigern.

Auch in dieser Hinsicht hoffe ich auf Gesundheitsminister Lauterbach. Möge er im Gegensatz zu seinem Vorgänger, die Homöopathie wenigstens aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen streichen lassen. In diesem Fall ziehen kurioserweise SPD und FDP an einem Strang, während die Grünen sich nicht gegen diese hochgefährlichen, antiwissenschaftlichen Eso-Schwurbler stellen wollen. Sie wissen, daß sie im schwäbisch-konservativen Impfgegnermilieu nach wie vor viele Wähler haben.

[….]  Homöopathie ist in Deutschland beliebt. Experten sehen darin einen Grund für niedrige Impfquoten. Trotzdem wollen die meisten Krankenkassen weiter für die Alternativmedizin zahlen.  Die Impfquote gegen das Coronavirus in Deutschland, Österreich und der Schweiz ist niedriger als in vergleichbaren Industrieländern. Eine Gemeinsamkeit aller drei Staaten ist eine relativ große Verbreitung alternativer Heilmethoden, insbesondere der Homöopathie. [….] Experten sehen einen Zusammenhang zwischen Homöopathie-Glauben und Impfskepsis. In einer Studie des Regensburg Center of Health Science and Technology sprachen sich 62,4 Prozent der befragten Homöopathie-Anhänger gegen eine Covid-19-Schutzimpfung aus. Unter Befragten, die Homöopathie ablehnten, waren 64 Prozent für die Impfung. [….] Die Ärztin und Homöopathie-Gegnerin Natalie Grams-Nobmann kritisiert die Zusammenarbeit seit Jahren. "Nicht die finanzielle Unterstützung der Krankenkasse ist das Problem, sondern die Signalwirkung", sagt sie ZDF heute. Menschen könnten dem Trugschluss verfallen, dass, wenn die Kasse etwas bezahle, es auch wirken müsse, so Grams-Nobmann. "Es geht nicht um die Kosten, es geht um die Wissenschaftsleugnung oder -ablehnung."   Die Kassen haben der Homöopathie zu Glaubwürdigkeit verholfen. Zwar in einem gesetzlich legalen Rahmen, moralisch und auch wissenschaftlich gesehen jedoch äußerst fragwürdig. Insofern tragen die Kassen aus meiner Sicht eine Mitverantwortung an der aktuellen Situation. [….]

(ZDF, 09.12.2021)

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