Dienstag, 16. November 2021

Typisch Deutschland

Selbst der fromme Frank-Walter Steinmeier, der sich eigentlich immer zurückhält, ist offenkundig entnervt.

[….] Die vierte Welle trifft unser Land härter, als sie uns treffen müsste. Denn wir wissen doch, was zu tun ist, um diese Pandemie endlich hinter uns zu lassen. Wir können es alle wissen. Die allermeisten Menschen in unserem Land lassen sich impfen, um sich und andere zu schützen. Diejenigen, die sich nicht impfen lassen, setzen ihre eigene Gesundheit aufs Spiel, und sie gefährden andere. Es sind vor allem Ungeimpfte, die sich in diesem Herbst mit dem Virus infizieren. Es sind vor allem Ungeimpfte, die auf den Intensivstationen um ihr Leben kämpfen.  Wenn ich höre, dass Menschen, die im Krankenhaus mit dem Virus ringen, noch immer bestreiten, dass es dieses Virus gibt, dann erschüttert mich das zutiefst. Es ist tragisch und besorgt mich zutiefst! Wer jetzt immer noch zögert, sich impfen zu lassen, den will ich heute ganz direkt fragen: Was muss eigentlich noch geschehen, um Sie zu überzeugen? Ich bitte Sie noch einmal: Lassen Sie sich impfen! Es geht um Ihre Gesundheit, und es geht um die Zukunft unseres Landes! [….]

(Bundespräsident Steinmeier, 15.11.2021)

Jeder muss sich impfen lassen, jeder muss sich auch boostern lassen; klar.

Da aber die Impfquote so grottenschlecht ist, könnten wir selbst dann nicht die vierte Welle mit Triage-Teams auf dem Intensivstationen aufhalten, wenn jetzt auf wundersame Weise plötzlich alle Ungeimpften zur Einsicht kämen, sich das Vakzin zu spritzen. Es dauert einfach zu lange, weil die Abstände zwischen den Impfungen eingehalten werden müssen und der volle Impfschutz auch erst zwei Wochen nach der zweiten Impfung gewährleistet ist.

Aber, wie sollte es auch anders sein; es ist schließlich „Deutschland hier“ (Guido W.); da funktioniert noch nicht mal diese elementare Maßnahme.

[…] Deutlich zu wenige Booster Impfungen in Norddeutschland

Bei den Booster-Impfungen im Norden hakt es gerade generell. Stand 15. November hätten in Norddeutschland 2,3 Millionen Menschen Anspruch auf einen Booster gehabt. Tatsächlich bekommen hatten sie bis zu diesem Datum jedoch erst rund 760.000 Menschen - also lediglich jeder Dritte, der Anspruch auf eine Auffrischungsimpfung hätte. [….]

(NDR, 16.11.2021)

Außer einer funktionierenden Impfkampagne, brauchen wir auch noch folgende Sofortmaßnahmen:

1.) Bundesweit 2G, vermutlich sogar 2G+, also einen zusätzlichen Antigentest.

2.) Lockdown für Ungeimpfte.

3.) Mindestens Masken- und Testpflicht in den Schulen; vermutlich auch Abkehr vom Präsenzunterricht.

4.) Impfpflicht für alle Berufsangehörigen, die es mit vulnerablen Menschen zu tun haben.

5.) Restaurants, Kulturveranstalter, Lebensmittelläden, die 2G nicht leisten können, weil sie immer noch so viele ungeimpfte Mitarbeiter haben, auf die sie in Zeiten der Personalknappheit nicht verzichten können, müssen schließen. Wer elf Monate nach der Verfügbarkeit von BioNTech immer noch auf Ungeimpfte setzt, hat keine Rücksicht mehr verdient.

All das kann ich schon singen, weil ich das in den letzten Wochen so oft geschrieben habe. Allein; im gegenwärtigen Politvakuum mit einer wissenschaftsfeindlichen Querdenker-affinen FDP wird eben leider nicht das getan, was a) sein werden muss und das b) auch von einer deutlichen Mehrheit der Bürger so gefordert wird.

[….] Der Ampel-Koalition droht ein kolossaler Fehlstart. Und das liegt vor allem an der FDP. Denn die Partei wandelt in der Corona-Bekämpfung auf Pfaden, die fast zwangsläufig in eine Katastrophe führen müssen. Nun hat FDP-Chef Christian Lindner in Zweifel gezogen, dass Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren überhaupt einen Effekt auf die Ansteckungszahlen haben. So begründet er die Tatsache, dass die Ampel-Parteien – getrieben von der FDP – den Einsatz dieser Werkzeuge deutlich erschweren werden. [….] Für die jetzige angespannte Corona-Situation sind vor allem die Versäumnisse der scheidenden GroKo verantwortlich. Die FDP tut aber gerade alles dafür, dass man am Ende eines möglicherweise tragischen Corona-Winters vor allem ihr die Verantwortung dafür zuschieben wird. In Sachen Corona wirkt die Partei momentan nur bedingt regierungsfähig. [….]

(Christian Burmeister, Mopo, 15.11.2021)

Das Vertrauen in Olaf Scholz habe ich nicht verloren. Er hat als Hamburger Regierungschef immer wieder gezeigt, wie effektiv er sich durchsetzt und Dinge antreiben kann, die jahrelang stockten.

Ich denke, es ist sein juristischer Respekt vor der Verfassung, daß er sich vor einer Koalitionsvereinbarung – es könnte schließlich rechnerisch immer noch Armin Laschet Bundeskanzler werden – nicht in ein grundgesetzliches Vakuum begeben will. Daher passiert in Deutschland nichts.

Wir haben allerdings eine amtierende Kanzlerin, die angesichts der in südlichen und östlichen Landkreisen grotesk explodierenden Inzidenzen, aktiv werden sollte und all die oben genannten Maßnahmen per order die mufti durchdrücken sollte. Es wird sie kaum einer aufhalten – die meisten Parlamentarier wissen schließlich, daß es gar nicht anders geht.

Warum versündigt sich Angela Merkel also so sehr an Deutschlands Zukunft, nachdem sie schon ihre Entlassungsurkunde erhalten hat?

    Es ist nun einmal ihre Art. Die Frau ist viel leichter zu durchschauen, als es ihr Sphinx-artiges Image suggeriert. Sie mag einfach gern Kanzlerin sein und bombige Beliebtheitswerte genießen.

Daher läßt sie wie keine andere Politikerin manisch Umfragen erstellen, versucht nicht anzuecken und richtet sich letztlich nur danach, was ihr am meisten demoskopische Punkte bringt.

Merkel ist moralisch und charakterlich nicht zu einer Führungsrolle geeignet.  Sie ist zwar intelligent genug, um zu begreifen, welche Dinge anstehen, aber wenn das nicht ganz leicht funktioniert, verliert sie schnell das Interesse und verschwendet keine Energie mehr drauf.

Bildungsgipfel, Afghanistan, europäische Flüchtlingspolitik, Klimawandel, Beziehungen zu Russland, Dialog mit China, Steuerreform, Energiewende,  – alles tickte sie in den letzten 16 Jahren irgendwann mal an, gab aber gleich wieder auf, als sie auf Schwierigkeiten stieß. Dem Urnenpöbel spielte dieses Verhalten in die Hände, denn er mag keine Veränderungen. Das belegt die Unzufriedenheit all der Konservativen mit dem Flüchtlingsjahr 2015.

Wohlmeinende Merkelianer interpretieren die damals offen gehaltenen Grenzen als Merkels christlichen Moment, als den einen Beleg dafür, daß sie auch für ihre Überzeugungen eintrete, wenn es sein müsse.

Aber das ist natürlich kompletter Unsinn. Die Grenzen waren nie zu, also konnte Merkel sie nicht aufmachen. Sie konnte sie gar nicht schließen, wie Stefan Kornelius in wenigen klaren Sätzen darlegt.

[….] AMANPOUR: [….] Because clearly, you remember way back in 2000, you quoted it, she quoted it, she talked about her vision as being the market plus humanity. So, she's obviously a conservative economist, if I could put it that way, but she has tried to have a compassionate, Christian, humane government and policy.  And of course, we saw that when she allowed these immigrants fleeing war and devastation in their own country in 2015 to come in. That seems to have backfired on her. How does she go forward with that very issue now?

KORNELIUS: Well, on immigration issue, you are right. It totally backfired and she not only was liberal or welcoming to those migrants because she was liberal mind or had an open heart, but because she's a very pragmatic and clear-thinking woman. Not the German chancellor, not a single politician in Europe would have been able to stop 15,000 migrants a day crossing the German border.
So, I guess she didn't close the borders or didn't send them back for several reasons. She would have destabilized vast parts of east and southeast Europe, she would have sent an extremely devastating message about Germany's culture to the outside world. And she couldn't have lived up to the promises in the end anyway because those people would have turned around and come through the back door. You cannot seal off Germany. This is not possible.
So, what she did is she put in policies in place with Turkey, with other neighboring countries across the Mediterranean and Northern Africa to
basically channel this flow of migrants and actually trickle it down. It's definitely it's too many people coming to Europe. Now, that took time.
And that was the basic mistake, she communicated badly and she now pays a huge price for that.  She lost power for that in Germany. This is the single issue which has turned against her and it will be the issue which she will be compelled to deal with for the remaining time in her office. But
[….] things she could do or have to do with European unity, with the rise of populism in Europe.
[….]

(CNN, 02.11.2018)

Die Probleme entstanden nicht durch eine Millionen Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland kamen. Die Bevölkerung war nämlich enthusiastisch dabei zu helfen. Haarig wurde es durch das totale Behördenversagen, das wieder einmal entstand, weil Merkel das Interesse verlor und nie auf BAMF und Integrationsbemühungen einwirkte, wie es ein Regierungschef hätte tun müssen.

Die Raute, einst lesbisches Erkennungssignal in dunkleren Zeiten, nun „Merkel-Raute“, gilt in Deutschland als der Signature Move Angela Merkels.  Dabei ist sie lediglich ein von Karikaturisten verwendetes Vehikel ohne Bedeutung. Als Merkel 1990, vor 31 Jahren, erstmals als Ministerin Teil der Bundesregierung wurde, fiel

sie als schlecht angezogen, eigenartig frisiert und zu allem Übel etwas ungehobelt auf. Legendär Helmut Kohls Lästereien darüber, sie habe nicht mal ordentlich mit Messer und Gabel essen können.

Eine gewisse Schlampigkeit erkennt man bis heute an ihren schlecht gepflegten Fingernägeln. Andere finden es durchaus sympathisch, daß sie so uneitel ist. Immerhin war sie klug genug, das Problem zu erkennen und eine pragmatische Lösung zu finden, die ihr leidige Diskussionen über ihre Erscheinung ersparte.

Schmuddel-Opa Joop, beschreibt es im aktuellen SPIEGEL-Interview zutreffend.

[…..] SPIEGEL: Sie trägt immer das gleiche Outfit.

Joop: Ja, und ihre Blazer sitzen einfach nicht. Die sind schlecht geschnitten. Sie kriechen hinten hoch, und die Brust wird unter den Arm gedrückt.

SPIEGEL: Trotzdem verzeihen Sie Frau Merkel das. Warum?

Joop: Weil sie schlau ist. Diese festgefrorene Outfitstrategie bei Merkel sagt: Man braucht keine Veränderung zu fürchten. Wenn sie etwas anderes getragen hätte, hätten die Leute gedacht: Jetzt fängt sie an, sich mit ihrer Kleidung zu beschäftigen. Dass sie das bis heute nicht tut, beruhigt. Merkels Blazer signalisieren Stabilität. Allerdings ist es ein kluger Marketingcoup. Mit diesem Jackenschnitt, in circa 117 Farben, ist sie aus jeder Outfitfrage raus. [….]

(DER SPIEGEL, 13.11.2021)

So ähnlich war es auch mit ihren Händen. Früher wußte sie bei Fototerminen einfach nichts mit ihren Armen anzufangen und stand mit ihrer etwas unglücklichen Figur da, wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Sie befragte dazu ihre jüngere Schwester Irene, die Ergo-Therapeutin ist und erhielt von ihr den einfachen Tipp, die Fingerspitzen unter dem Bauch zusammenzudrücken. Das funktionierte und somit änderte Merkel es nie mehr.

Ihr eigentlicher Signature-Move ist etwas anderes, nämlich daß Deutschland in ihrer „Ära“ in fast jeder Hinsicht den Anschluss verloren hat.

Jeden Vorsprung, den wir international in der Schröderzeit aufgebaut hatten – eingetragene Lebenspartnerschaft, exzellente Nachbarschaftsverhältnisse mit Polen, Russland und Frankreich, herausragende Kontakte in die arabische Welt, ökologische Steuerreform, Sozialreformen, Maschinenbau, Grüne Technologien – verspielte Merkel.

Nun hängt Deutschland geradezu grotesk hinterher, ist wieder „der kranke Mann“ aus der Kohl-Zeit. Wir können nichts mehr.

(….) Dafür verlor Deutschland während der 16 Merkel-Jahre bei nahezu jeder Zukunftstechnologie den Anschluss.

Deutschland kann weder Off Shore Windräder aufbauen (weil es kein  einziges deutsches Errichterschiff mehr gibt), noch Computer, Smartphones oder weltmarkttaugliche Elektroautos bauen. Let alone „5G“ oder künstliche Intelligenzen – Dank Merkel sind wir überall abgehängt. Deutsche Großprojekte (BER, Stuttgart21) sind internationale Lachnummern und die Bundeswehr ist ein Schrotthaufen. Dafür haben wir das langsamste Internet Europas, das ungerechteste und altmodischste Schulsystem und verarmte Universitäten, die Spitzenforschung längst aufgegeben haben.

16 Jahre lang verantwortete Merkel den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr. Sie ließ sich allerdings so gut wie nie dort blicken und kümmerte sich auf internationaler Ebene kaum um das Thema. Es endet nun im Desaster; Merkels Desaster. Durch ihr Führungsversagen irrlichterten gleich zwei politische Freundinnen ohne jede Expertise als Verteidigungsministerinnen durch den Krieg am Hindukusch. Auch das ist typisch Merkel: Personalpolitik kann sie nicht. In 16 Jahren gab sie nur zwei Regierungserklärungen zu Afghanistan ab. (….)

(Aus und Verklärung, 21.08.2021)

Nach 16 Jahren Merkel ist natürlich auch die auf Fax-Geräten basierende Verwaltung hoffnungslos veraltet. Nach zwei Jahren Pandemie klappt immer noch nicht.


Die Intensivstationen überlastet, die Ossis und Bayern ungeimpft, das Pflegepersonal ausgelaugt. Hunderttausende fehlende Heimplätze, hunderttausende unbesetzte Stellen in der Gesundheitsbranche, hunderttausende fehlende Lehrer und Pädagogen.

Merkel war und ist eine Geißel Deutschlands.

Und die bis heute mit Abstand beliebteste Politikerin des Urnenpöbels.

Wie der Herr, so sein Gescherr.

Die Wähler sind zu doof, um zu erkennen, was sie mit ihrer Merkel-Affinität angerichtet haben und Merkel ist so klug, all das Negative nicht an sich haften zu lassen und dafür auch noch so unverdientes Lob einzustreichen.

Bei der Laudatio zur Verleihung ihrer letzten Ehrenwürde in den USA, wurde Merkels Einsatz für ein modernes Deutschland gelobt, dabei ausdrücklich die „Ehe für alle“ gepriesen.  Hanebüchen, denn bei der Ehe für alle war Deutschland viel später dran als die USA und die westeuropäischen Nachbarländer. Spät dran, weil Merkel selbst jeden Fortschritt blockierte und bis zuletzt dagegen stimmte.

Aber das ist eben typisch. Merkel kennt die Umfragen, weiß wie die Mehrheit inzwischen tickt und streicht frech die Lorbeeren ein.

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