Samstag, 20. Juli 2019

Gute Absichten


Die besten Gesetze sind Absichtsgesetze, die langfristige Ziele formulieren.

[….] Die Bundesregierung will die Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 % gegenüber 1990 senken. Deutschland strebt an, bis zur Mitte des Jahrhunderts weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Der Klimaschutzplan 2050 nennt entsprechende Zwischen- und Sektorziele. Ziele für die deutsche Klimapolitik ergeben sich auch aus der UN-Klimarahmenkonvention sowie aus EU-Vereinbarungen. [….]

Das klingt tatkräftig, kompetent, weitsichtig und strukturiert („Sektorziele“).
Kein Schnellschuss.
Angenehmer Nebeneffekt für die verantwortlichen Politiker: Sie müssen nicht handeln und ersparen sich unangenehmen Besuch der betroffenen Lobbyisten.
So kann man so gut wie alles in Gesetzesform versprechen. Flächendeckende KITA-Versorgung bis 2013, Highspeed-Internet für jeden bis 2018, Lohngleichheit für Frauen und Männer bis 2017 oder 40%-Anteil der erneuerbaren Energiegewinnung bis 2025.
Zuständige Minister waren Kristina Schröder, Ursula von der Leyen, Alexander Dobrindt, die nicht nur auf ganzer Linie versagten, sondern die alle längst auf anderen Posten sind.

[…..] Wenn wir Klimaschutzziele vereinbaren, die in zehn, 15 Jahren Entfernung liegen, dann haben wir in der Vergangenheit gesehen, was passiert: Irgendwann werden die Ziele gerissen, aber die, die es mal beschlossen haben und für die Umsetzung verantwortlich gewesen wären, sind nicht mehr im Amt oder tot. Ich kann die dann nicht mal mehr abwählen. Deshalb glaube ich, wenn wir Vereinbarungen treffen, etwa das Klimaschutzgesetz, das dieses Jahr noch verabschiedet werden soll, dann gehören da zwingend überprüfbare Zwischenschritte rein, die ich vor der nächs­ten Wahl checken kann. An der Debatte und dem Inhalt dieses Gesetzes wird man merken, ob die Politik den Knall gehört hat. […..]

Merkel ist die Königin dieser wolkigen weiten Versprechungen. Jeder Gipfel, an dem sie teilnimmt endet mit solchen wunderschönen Erklärungen was man in der Zukunft gemeinsam erreichen wolle. Bei nächsten G7 sind die Bekundungen des vorherigen Gipfels ohnehin längst vergessen.

Manchmal läuft es allerdings blöd bei Absichtsgesetzen, wenn

1.) Diejenige, die eine Absicht feierlich verkündet besonders lange im Amt ist
2.) Das avisierte Ziel zu konkret formuliert ist und
3.) Eine mächtige Nervensäge auftaucht, die einen dauernd an seine einstigen Versprechen erinnert.

So ein Fall ist das „2%-Ziel bei den Rüstungsausgaben“ bis 2024.
Zuletzt festgeschrieben wurde das Ziel 2014 beim Nato-Gipfel in Wales.
Wer konnte da ahnen, daß einmal Trump US-Präsident wird, von so einer alten Kamelle überhaupt erfährt und daß Merkel mutmaßlich 2024 immer noch im Amt ist? (Hallo Oberclown!)

In der Regel formulieren Politiker ihre Forderungen und Absichten daher viel vorsichtiger und schwammiger. Sonst fühlt sich womöglich eines Tages jemand auf den Fuß getreten, weil sich tatsächlich etwas zu ändern droht.

Beispiel Umweltministerin Svenja Schulze.
Sie will das Richtige und bekommt manchmal auch eine günstige Gelegenheit ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.
Noch öfter fällt sie aber mit Schwafelanfällen auf, bei denen sie sich wie ein Aal windet, um sich bloß nicht festlegen zu müssen. Ohnehin traut sie sich nicht tatsächlich etwas abzuverlangen.

Nun ist „Klima“ ein ganz großes Thema geworden, wird in allen Zeitungen prominent diskutiert und bei den „Friday for Future“ auf die Straße gebracht. Es gibt enorme Sympathien für Klimaschutz in der Bevölkerung.
Allein, es bleibt bei den Sympathien. Tatsächlich etwas tun will niemand.
Die Fluggesellschaften melden Rekord-Passagierzahlen, weil die Deutschen eben doch einen Scheiß auf das Klima und zukünftige Generationen geben, wenn sie sich für 39 Euro nach Mallorca fliegen können.

Vorgestern tagte das Klimakabinett – natürlich ergebnislos, weil die CDU-Minister jede Maßnahme blockierten.
Die Umweltministerin hatte nämlich (aus CDU-Sicht) Ungeheuerliches gefordert: Höhere Preise für Flugtickets. EUR 1,50 bis zu maximal 18 EURO auf der Langstrecke! Peter Altmaier gefällt das nicht. Es könnte ja ein Urlauber sauer werden.
Ohne Schamgefühl, der Mann. Die einzig richtige Antwort an Schulze wäre natürlich:
„In die richtige Richtung gedacht, liebe Kollegin, aber Flüge müssen nicht nur überhaupt teurer werden, sondern drastisch teurer als ein Bahnticket sein, wenn man eine Lenkungswirkung erzielen will.“

Manchmal muss man das Volk zu seinem Glück zwingen.

(…..) Der kürzeste Flug in Deutschland geht von München nach Nürnberg. Flugzeit 22 Minuten. Klimapolitischer Irrsinn und ökonomisch unnötig.
Kurzstreckenflüge unter 1000 km (also alle Innerdeutschen) müssen sofort verboten werden. Und zwar gestern. Bahnfahren. Fertig.

Oder die verdammten Einweg-Starbucks-Becher, die in jeder zweiten Talkshow vorkommen.
Die Deutschen werfen jedes Jahr 2,8 Milliarden Einwegbecher für ihren Kaffeekonsum weg, 34 Becher pro Person.
Miniplastikfläschchen für Wasser, Verbundmaterialdosen.
Dafür braucht es einen starken Mann in der Regierung, der das endlich nach Jahrzehnten der Erkenntnis verbietet. Ja, ich schreie nach Verboten.
Wohlwissend, daß Plastik in vielen Bereichen kaum zu ersetzen ist (zB wenn es um Krankenhaushygiene geht), aber verdammt noch mal, da wo es wirklich unnötig ist – Flüssigseifenbehälter, Flüssigwaschmittelbehälter, Kaffeebecher – muss ein Verbot her. (….)


 Funfact am Rande; da sich die hasenfüßige Bundesregierung nicht traut Entscheidungen zu treffen, gibt es immer noch zwei Regierungssitze, Bonn und Berlin, zwischen denen die Mitarbeiter hin und herfliegen.
Eine besondere Umwelt-Pest stellen dabei die Mitarbeiter des Umweltministeriums dar.

[…..]  Minister, Staatssekretäre, Beamte und Angestellte des Bundesumweltministeriums sind in diesem Jahr (Januar – Juli) zwischen den Standorten Bonn und Berlin 1740 mal dienstlich hin und her geflogen. Dies bestätigte das Umweltministerium dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Damit flogen die Mitarbeiter des Umweltressorts hochgerechnet häufiger von Standort zu Standort als noch im vergangenen Jahr. Zwischen den Dienststätten Bonn und Berlin kam es im Jahr 2018 nach Angaben des Ministeriums „zu ungefähr 2755 Flügen“.
Rechnet man alle weiteren angefallenen Inlandsflugreisen dazu, wächst die Anzahl laut Angaben des Ministeriums auf „knapp 3200 dienstliche Flugreisen“. Die hohe Zahl der Flüge ist angefallen, obwohl die Ministerialen angehalten sind, bei gleichem Preis das umweltfreundliche Verkehrsmittel vorzuziehen. Die Zugverbindung zwischen Berlin und Bonn dauert rund fünf Stunden. […..]

Das Bonn-Berlin-Gesetz vom 20.06.1991 macht diesen vollkommenen Irrsinn immer noch möglich.
Die NRWler achten eifersüchtig darauf auch weiterhin diesen teuren und klimapolitisch tödlichen Zustand aufrecht zu erhalten.

[…..] Ein Gespenst geht um in Bonn. Die frühere Bundeshauptstadt warnt, pünktlich zum 25. Jahrestag des Berlin/Bonn-Gesetzes, eindringlich vor dem Umzug jener Bundesministerien nach Berlin, die derzeit noch am Rhein angesiedelt sind. Viele solcher Mahnungen hat es schon gegeben, obwohl sich Bonn nach dem Verlust der Hauptstadtrolle Anfang der neunziger Jahre gut entwickelt hat. Größter Fürsprecher ist Nordrhein-Westfalen, dessen Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eine Komplettverlagerung der Ministerien in die deutsche Hauptstadt wie seine Vorgänger entschieden ablehnt. [….]

Greta Thunberg sei Dank, wird nur ein Vierteljahrhundert nach dem fatalen Doppelregierungssitz-Beschluss doch darüber nachgedacht einen vollständigen Umzug der Ministerien nach Berlin zu planen.

[….] "Im Haushaltsausschuss gibt es eine große Mehrheit dafür, den Umzug von Bonn nach Berlin zu beschleunigen", sagte SPD-Chefhaushälter Johannes Kahrs dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. "Das Problem sind ja nicht nur die Flüge der Ministerialbeamten, das Problem ist das schlechte Regieren", so Kahrs weiter. "Wer gut regieren will, muss seine Mitarbeiter am Ort haben."
20 Jahre nach der Wiedervereinigung Immer noch sechs Ministerien in Bonn
Andernfalls seien Austausch und Absprachen nur schwer möglich. "Das Bonn-Berlin-Gesetz hat mal einen Zweck gehabt, aber der ist inzwischen erfüllt", so der Hamburger Abgeordnete. "Bonn geht es als Metropole so gut, dass die Stadt den vollständigen Regierungsumzug problemlos verkraften würde", glaubt Kahrs. [….]

Konkrete Planungen gibt es aber nicht.
Bloß nichts übereilen.
Am besten wäre es gesetzlich die Absicht zu bekunden alle Ministerien vollständig von Bonn nach Berlin zu verlegen.
Bis 2090. Oder besser 2095.
Dann ist keiner mehr im Bundestag, der so ein Gesetz persönlich befürwortet hat.

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