Freitag, 17. Mai 2019

Macht Euch die Stadt untertan

Hilfe, wir platzen!
Hamburgs Wachstum erfreut natürlich Ökonomen, Finanzpolitiker und Unternehmer.
Immer mehr solvente Konsumenten, immer mehr Steuereinnahmen.
Sogar der katholische Erzbischof Heße ist froh. Der prozentuale Anteil der Hamburger Christen nimmt zwar weiterhin ab, aber durch die Bevölkerungsexplosion werden es in absoluten Zahlen sogar mehr Beitragszahler im Erzbistum Hamburg, also auch mehr Geld für Heße.
Überhaupt liegt Kirchenfürsten bekanntlich nichts so sehr am Herzen wie das Kopulieren. Immer mehr Schäfchen sollen gezeugt werden. Geschlechtsverkehr betreibt man schließlich nicht zum Spaß, sondern zur massenhaften Menschenproduktion.
Da sind sich alle abrahamitischen Religionen gleich. Ob ultraorthodoxe Juden, streng religiöse Muslims oder Hardcore-Katholiken: Da wird (ohne Verhütung!) gepoppt, was das Zeug hält und 10 Kinder sind für eine Frau keine Seltenheit.

Ginge es nur nach der Reproduktionsrate, müssten die ultra-ultraorthodoxen Juden längst die Mehrheit in Israel stellen. Zu ihrem Leidwesen lebt man dort aber so eng mit normalen Juden, Säkularen und Atheisten zusammen, daß durch den schädlichen weltlichen Einfluss auf die fundamentalistische Brut vier von zehn Kindern an Internet, freie Liebe und Party verloren gehen.
Das Leben dieser Jung-Ultraorthodoxen ist nicht nur wegen der strengen religiösen Vorschriften hart und entbehrungsreich. Da die Männer grundsätzlich nicht arbeiten und den ganzen Tag in der Thora-Schule abhängen, muss Muttern das Geld verdienen. Viel ist das nie, da solche Frauen nur einfachste Schulbildung haben (ab 16 ist Kinderkriegen angesagt) und wegen der dauernden Schwangerschaften zeitlich sehr eingeschränkt sind.
Die zehn Kinder leben also meist alle in einem Raum. Muttern kocht und putzt und wenn der Alte abends heimkommt, muss sie sofort die Beine breit machen, um noch mehr Kinder zu bekommen.
Kennt man keine anderen Verhältnisse, mag das akzeptabel sein, aber in Israel lernt man in Schule oder Armee mit hoher Wahrscheinlichkeit Gleichaltrige kennen, die viel weniger Geschwister, aber Eltern mit viel mehr Geld haben und daher ein Leben in Luxus und mit allein Freiheiten führen. Zumindest aus Sicht eines Siedler-Kindes, das sich mit einem Dutzend Geschwistern zwei Betten teilt.

Ich schweife ab. Im säkularen Hamburg werden derartig kinderreiche Familien nicht auf so engem Raum eingepfercht.
Man pfercht offenbar generell kaum Leute zusammen mit anderen ein, wenn sie sich separate Wohnsitze leisten können.
Über 50% der Haushalte sind Singlehaushalte.
Wir werden nicht nur in absoluten Zahlen mehr Hamburger, sondern auch in Relation zur Gesamtbevölkerung immer mehr Haushalte.
Also muss gebaut werden wie verrückt: 10.000 neue Wohnungen wurden 2018 fertiggestellt. 2019 sollen es noch mehr werden.

Einigen Stadtplanern ist mittlerweile sogar aufgefallen, daß man Häuserzeilen trotz des anschwellenden Verkehrs nicht einfach auseinanderschieben kann, um mehr Fahrspuren einzurichten. Bauland ist so knapp, daß aberwitzig nachverdichtet wird.

[…..] Also müssen Nachverdichtungen her, sprich Aufstockungen auf bestehende Gebäude sowie die Bebauung von Hinterhöfen und Zwischenräumen. [….]

Bald sitzen wir alle im Dunkeln, weil die Häuser im Abstand von einer Armlänge gebaut werden.

Wer mit dem Flugzeug nach Hamburg kommt, wundert sich über die für Großstädte ungewöhnlich vielen Grünflächen.
Hamburg ist dünner besiedelt als die anderen Deutschen Millionenstädte und verfügt in Relation zur Bevölkerung über viel mehr Bäume.
In Berlin und München leben fast doppelt so viele Menschen auf einem Quadratkilometer.


Die Münchener Bevölkerung schrumpft deutlich, Köln wächst langsam, Berlin stärker und am stärksten Hamburg.


Mit dem Boom Hamburgs verlieren wir Grünflächen.
Hanseaten wie mir ist das ein Graus; unsere Stadt soll nicht do grau wie die anderen deutschen Millionenstädte werden.

Abgesehen von meinem ästhetischen Empfinden ist das Verschwinden der Grünflächen eine Katastrophe für meine gefiederten Freunde, die sich traditionell in keiner anderen deutschen Großstadt so wohl fühlen.

[…..] In Hamburg brüten so viele Vogelarten wie in keiner anderen deutschen Großstadt - zugleich sind aber immer mehr der brütenden Paare gefährdet. Das geht aus der "Roten Liste der Brutvögel" hervor, die Umweltsenator Jens Kerstan am Dienstag präsentierte. "Der Bericht zeigt das Wohl und Wehe unserer Vogelwelt", sagte der Grünen-Politiker.
Demnach sind in Hamburg 151 Arten mit einem Gesamtbestand von rund 450 000 Brutpaaren heimisch - 35 000 Brutpaare mehr als noch vor zehn Jahren. Ursache sei der Zuzug zahlreicher Waldvögel in die Stadt. Aber auch der Seeadler habe sich inzwischen dauerhaft niedergelassen. [….]

Großstädte wie Hamburg sind ein guter Platz für Vögel. Hier gibt es viel Grün, es wird im Winter auf jedem zweiten Balkon gefüttert, in der Stadt ist es deutlich wärmer als im Wald und zudem sind natürliche Feinde hier sehr viel seltener.
Anpassungsfähige, vielseitige Vögel zieht es nach Hamburg und ich staune immer wieder wie stoisch kanadische Graugänse, Reiher oder Eisvögel beispielsweise in den Grünanlagen um die Außenalster ihr Leben leben und sich kein bißchen vor den vielen Autos und Radfahrern fürchten.

Die spezialisierten Vögel, die auf ganz bestimmte Nahrungsquellen oder Brutplätze angewiesen sind haben es in dieser Dauer-Bau-Boom-Stadt schwer.

[…..]  Dramatischer Schwund Spatz und Star sind in Hamburg bedroht!
Der Verlust ihrer Lebensräume und das Sterben der Insekten macht den Vögeln der Stadt zu schaffen. Hamburg hat jetzt als erste deutsche Großstadt Spatz und Star auf die Stufe von gefährdeten Vogelarten gesetzt. Der Bestand des Haussperlings hat sich laut Umweltbehörde in etwas mehr als zehn Jahren fast halbiert!
Dabei war der Spatz bis in die 80er Jahre hinein noch die mit Abstand häufigste Brutvogelart in der Stadt. Doch von 29.000 Brutpaaren im Jahr 2005 sind heute noch maximal 16.000 übrig geblieben. [….]

Das bricht mir Spatzenfreund das Herz. Die überall zu sehenden Blaumeisen, die auch vor meinem Wohnzimmer in einem Nistkasten brüten, sind wunderhübsch.
Aber der schlichte Sperling übt immer noch die größere Anziehungskraft auf mich aus.

Die bauenden Hamburger müssen unbedingt dafür sorgen viel natürliches Grün für unsere Fauna zu erhalten. Gerade als Städter hat man eine besondere ethische Verantwortung, den kleinen Tieren, die wild zwischen uns umher hoppeln/fliegen/kriechen/hüpfen/laufen ihren Lebensraum zu erhalten.

Unglücklicherweise stimmen nicht alle mit mir überein.

[….]  Abschüsse in Hamburg Jäger knallen 3400 Tiere ab
[….]  Nutrias, Füchse, Feldhasen – Hamburgs Jäger haben im vergangenen Jahr deutlich mehr Tiere geschossen als in den Jahren davor. Das geht aus dem aktuellen Wildnachweis der Wirtschaftsbehörde hervor. [….]  Insgesamt wurden laut Bericht 3398 Tiere von Jägern erlegt (Vorjahr 2710). Eine Steigerung um fast 700 Tiere. Das liegt zum einen daran, dass Nutrias bisher nicht in der Liste enthalten waren. Außerdem wurden deutlich mehr Enten, Tauben, Gänse und Krähen geschossen.
678 Rabenkrähen mussten ihr Leben lassen. [….]  Bitter: Trotz intensiver Tierschutz-Kampagnen stieg die Zahl der getöteten Füchse (394/353) und Feldhasen (415/357) weiter. [….] 
Abschüsse in Hamburg im Jahr 2018/19
    Stockente 1167
    Rehwild insg. 1105
    Ringeltaube 688
    Rabenkrähe 678
    Feldhase 415
    Fuchs 394
    Nutria 313
    Wildkaninchen 310
    Rehkitze 280
    Wildschwein 155
    Steinmarder 142
    Marderhund 139
    Fasan 138
    Lachmöwe 63
    Damwild 61
    Dachs 40
    Hauskatze 15
    Höckerschwan 15
    Waschbär 4
    Iltis 1 […..]

Mein Kommentar zu den Hamburger Jägern ist nicht zitierfähig.

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