Freitag, 15. Februar 2019

Kompromisslosigkeit


Kompromisse sind das Wesen der Demokratie.
Unglücklicherweise wird das im Zeitalter der Informationsfilterblasen und der immer rüderen Artikulation von Maximalforderungen immer weniger verstanden.

Legendär ist die Aussage des damaligen SPD-Parteivorsitzenden Müntefering nach der Abwahl Gerhard Schröders, als er sich beklagte wie unfair es sei die SPD an ihren Wahlversprechen zu messen.
Bis heute wird das den Sozis höhnisch und voller Häme als Eingeständnis der Unzuverlässigkeit ausgelegt.

(…..) Mir tut heute noch Franz Müntefering Leid, den vor der Erfindung des Ausdrucks „Shitstorm“ ein solcher ereilte, nachdem er 2005 beklagt hatte es sei unfair die Parteien immer an den Wahlversprechen zu messen.
Das wollten alle nur zu gerne falsch verstehen. In der „Heute-Show“ von letzter Woche wurde Müntefering unter dem Gejohle des Publikums erneut mit diesem Spruch vorgeführt.
Gemeint hatte der damalige SPD-Chef natürlich nicht, daß Parteien generell lügen.
Vielmehr beklagte er die Zwänge einer großen Koalition, in der die SPD zu allem Übel auch nur Juniorpartner war.
ALLE Wahlversprechen kann und muß man umsetzen, wenn man die absolute Mehrheit bekommen hat. Eine absolute Mehrheit der SPD wollte der Wähler aber ganz offensichtlich NICHT.
Natürlich kann ein Koalitionsvertrag nicht zu 100% dem Wahlprogramm einer Partei entsprechen.
Viele Köche haben in den Koalitionsverhandlungen die Chance den Brei zu verderben.
Es ist tatsächlich unfair vom Wähler eine Partei an den Wahlversprechen zu messen, wenn er diese Partei durch ein mickriges Stimmenergebnis selbst daran hindert diese Versprechen 1:1 umzusetzen. (….)

Im Checks-and-balance-System USA mit de facto nur zwei Parteien ist es noch wichtiger, daß man stets mit der gegnerischen Partei kompromissfähig bleibt.
Wem aber ein grundsätzliches Verständnis von Demokratie abgeht, wer autokratische und absolutistische Herrschaftsformen präferiert, wer insbesondere keinen blassen Schimmer davon hat, wie amerikanischer Parlamentarismus funktioniert, wer unfähig ist Deals herbeizuführen, weil er Donald Trump heißt, wird zu einem riesigen das Land lähmenden Problem.
Politische und parlamentarische Kompromisse, vulgo „Deals“, setzen voraus, daß man seine eigenen Ziele klar benennt, daß man bereit ist auch den Gegnern Erfolge zuzubilligen und daß man als verlässlicher Vertragspartner agiert.
Trump versagt in allen drei Punkten und stellt sich daher als deutlich schlechtester Negotiator aller bisherigen US-Präsidenten dar.

Im Wall-Wahn gefangen talibanisiert er Land und Verfassung.




Trump versagt aber nicht  nur als Verhandler, sondern schafft es darüber hinaus sich öffentlich mit seinen sinnloseren Plappereien zum Gespött der Welt zu machen.


Den Notstand wegen einer Einwanderungswelle zu erklären, die sich seit 20 Jahren kontinuierlich abschwächt und in den 24 Monaten der republikanischen Mehrheit im Kongress nie ein Thema war, zeigt zunächst einmal den malignen Wahn dieses gemeingefährlichen Psychopathen, legt aber noch erschreckender offen, wie Realitäts- und Moral-entkoppelt zig Millionen Amerikaner und weite Teile der US-Presse sind.
Immer noch bejubeln sie den lobotomierten Nero im höchsten Staatsamt, statt die Männer im Weißen Kittel zu rufen.


(….) Die Grenells dieser Welt machen Trump möglich. Denn sie sind es, die übrig bleiben, nachdem die härtesten Generäle alle jammernd das Weite gesucht haben.
Und so kann Trump ungehindert sein Volk mit Nonsens talibanisieren.

January 2017 - GOP majority
January 2017 Wall not an emergency
February 2017 Wall not an emergency
March 2017 Wall not an emergency
April 2017 Wall not an emergency
May 2017 Wall not an emergency
June 2017 Wall not an emergency
July 2017 Wall not an emergency
August 2017 Wall not an emergency
September 2017 Wall not an emergency
October 2017 Wall not an emergency
November 2017 Wall not an emergency
December 2017 Wall not an emergency
January 2018 Wall not an emergency
February 2018 Wall not an emergency
March 2018 Wall not an emergency
April 2018 Wall not an emergency
May 2018 Wall not an emergency
June 2018 Wall not an emergency
July 2018 Wall not an emergency
August 2018 Wall not an emergency
September 2018 Wall not an emergency
October 2018 Wall not an emergency
November 2018 Wall not an emergency
November 2018 Democratic majority elected in House
January 2019 EMERGENCY!!!!!

Nicht, daß man irgendeine Form von Anstand erwartet hätte bei den GOP-Parlamentariern des 21. Jahrhunderts, aber wie devot sie den Wahnsinn wegstecken, raubt einem die allerletzten rudimentären Hoffnungsschimmer auf menschliche Vernunft unter Konservativen.

Schon jetzt sind vernunftbegabte Beobachter am Rande es eines Nervenzusammenbruches. Nicht nur wegen Trump, sondern insbesondere, weil die USA sich so einen gefallen lassen. (…..)

Ja, das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss, aber Trump ist kein Demokrat, sondern ein Nepotist, Usurpator, Despot und Kakistokrat.
Mit so einem darf man eben keine Kompromisse machen, weil ihn das stärken und somit die demokratische Verfassung der USA weiter schwächen würde.

[…..] Der US-Präsident […..] geht jetzt soweit, einen nationalen Notstand auszurufen, obwohl es diesen gar nicht gibt. Nur weil er auf demokratischem Weg nicht bekommt, was er will: Geld vom Kongress, um endlich seine Mauer zu Mexiko bauen zu können. Von der er behauptet, sie sei schon fast fertig, auch wenn noch nicht ein Meter der Mauer gebaut ist.
[…..]  Solange es seiner Basis gefällt, ist ihm nichts zu schäbig. Da greift er auch zu unlauteren Mitteln, um ein Wahlversprechen umzusetzen, das die Hälfte der US-Bevölkerung für ausgemachten Unsinn hält.
Was sonst als Amtsmissbrauch soll es sein, wenn Trump einen Notstand an der Grenze zu Mexiko ausruft, den es faktisch nicht gibt? Eine Krise ist ein vorübergehendes Notfallereignis, das sofortiges Handeln erzwingt. Seit Jahren aber geht die Zahl illegaler Grenzübertritte in die USA massiv zurück. Von über 1,6 Millionen Migranten im Jahr 2000 auf unter 400 000 im Jahr 2018. Und von denen reisten auch noch die meisten gar nicht über Land ein. Sondern per Flugzeug.
[…..] Trump kriminalisiert unschuldige Menschen, um seine Fans bei Laune zu halten. Er missachtet demokratische Regeln und die US-Verfassung, wenn er jetzt einen nationalen Notstand ausruft. Er dehnt und biegt dafür das Gesetz. […..] Trumps Verhalten ist nicht nur absurd. Es ist gefährlich. […..] Die USA waren mal eine stolze Demokratie. Trump regiert sie gerade auf Ramschniveau hinunter. [….]

3 Kommentare:

  1. "Ja, das Wesen der Demokratie ist der Kompromiss, aber Trump ist kein Demokrat, sondern ein Nepotist, Usurpator, Despot und Kakistokrat.
    Mit so einem darf man eben keine Kompromisse machen, weil ihn das stärken und somit die demokratische Verfassung der USA weiter geschwächt würde."

    Sich an Trump abzuarbeiten ist sinnlos, Tammox. Trump ist nur die logische Konsequenz einer kranken Demokratie. Dass sich die Politik im großen Stil verkauft, um Geld für Wahlen zu haben, ist das größte Problem überhaupt. Wie sollen wir für die Einhaltung von Standards sorgen, wenn das Kapital erfolgreich Kontrollen durch den Staat verhindert? Wie sollen wir die Kosten für eine saubere Umwelt und soziale Aufgaben aufbringen, wenn sich die Vielverdiener mangels Gesetzen wieder und wieder aus der Steuerverantwortung stehlen können?

    Man kann natürlich über Trump verärgert sein. Es gäbe ihn jedoch nicht in der Rolle, wenn Demokratie besser funktionieren würde. Denn ein Kompromiss ist keiner, wenn die eine Seite eine Lobbyarmee unterhält und Politiker und Parteien eingekauft hat.

    Die Wähler, die am kranken System verzweifeln, wenden sich mehr und mehr den Populisten zu. Man muss doch erstmal das Vertrauen zum System wieder herstellen, bevor man den etablierten Parteien wieder vertraut. Das gilt in den USA nicht so sehr, wegen des vollkommen undemokratischen Wahlsystems, das nur blau oder rot kennt und in der rot das System so umgestalten konnte, dass man sogar mit Millionen Stimmen weniger Wahlen gewinnt.

    Trump ist die logische Folge solcher Zustände.

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  2. Müntefering/Wahlversprechen:
    Warum sagt ein kluger Mann einen Satz, der so schön (um)interpretierbar ist? Ist das klug?
    Müntefering hat (schnell mal) viele sehr sehr dumme Sätze rausgelassen, deren Wirkung fatal war und bis heute blieb (fand sich dabei selbst aber immer ganz genial): "Nur wer arbeitet, soll auch essen" ... " "Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird heute auch am Hindukusch verteidigt." ... Oder war das etwa ganz anders gemeint?

    (Zu höhnisch?)

    Der Übergang (Verquickung) von Münte zu Trump scheint mir (bei allem Respekt für Deine zu 96% großartigen täglichen Auslassungen) ein bißchen irre. Trump rammelt sein eigenes Land zusammen, indem er die US-amerikanische Gesellschaft aufeinander hetzt. Am Ende wird er (ob mit oder ohne Mauer) einen Haufen abgrundtiefen Hass, Respektlosigkeit und Unfrieden hinterlassen - und die Amis merken's nicht (???). Mit DT geht das "Zeitalter der Weltmacht USA" geradezu rasend seinem Ende entgegen. Ein Irrer als Totengräber einer Nation.

    Schönes Weekend PC

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    1. Das mit dem HIndukusch war Struck und passte 2001 natürlich noch besser als jetzt.
      Ich dachte eigentlich nicht daran Trump und Münte zu vergleichen, sondern das bewußte MIssverstehen von demokratischen Regeln zu vergleichen.
      Müntefering hat sich nicht missverständlich ausgedrückt. Ich finde das klar und verständlich. Aber anschließend wurde fahrlässig damit umgegangen und DAS hat mutwillig Vertrauen in Parteien und Parlamentarismus zerstört.

      LGT

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