Merkel ist nicht so schlecht wie manche Andere.
Ich stehe zu meiner gestrigen Aussage; man muss
sich nicht in Grund und Boden schämen für ihre Auslandsauftritte. Sie wird wohl
eher nicht anderen Regierungschefs in den Schritt greifen oder das Tafelsilber
stehlen.
Blöderweise kann man in der Außenpolitik sowohl mit Taten
wie mit Nichtstun Schaden anrichten.
Da die Kanzlerin allerdings über keinerlei Polit-Instinkt
verfügt und bei Personalentscheidungen bemerkenswert sicher stets ins Klo
greift (man denke nur an die Parade der versagenden CDU-Generalsekretäre und
Bundespräsidenten, die sie aussuchte, Oettinger, Juncker), fährt sie
üblicherweise tatsächlich besser damit so zu tun, als ginge sie Politik
generell nichts an.
Kirchhof-Flattax, Gesundheitskopfpauschale, bedingungslose
Unterstützung GWBs und des Irakkrieges, fortwährende Interventionen bei der EU
zu Gunsten der Autoindustrie und zu Ungunsten des Klimas, kategorische
Verteidigung der Atomindustrie, Ablehnung der Ehe für alle und stupides
Beharren auf einem Austeritätskurs (außer in Deutschland!!) bis in Italien und
Griechenland Rechtsradikale in der Regierung saßen.
In den wenigen Fällen, in denen sich Merkel festlegt, wählt
sie immer die Verliererseite.
[….] Europa flucht und lacht zugleich über den Brexit - warum auch nicht?
Fluchen als Anklage des Realitätsverlusts britischer Politik. Und Lachen zur
Bewältigung. Aber dann wieder stellt die EU selbst nichts anderes her als einen
Dig-xit, also ihren digitalen Exit. Beiden Exits ist gemein, dass die
herrschende Generation aus egozentrischem Unwillen, die Perspektive auch nur um
ein My vom eigenen Nabel zu lösen, auf Jahre die Chancen und Möglichkeiten der
Nachfolgenden mindert oder ruiniert.
Schlaglicht auf Deutschland, die treibende Kraft des
EU-Digitaldebakels, das dem Brexit strukturell so ähnelt: Angela Merkel
hinterlässt Deutschland als digitale Trümmerlandschaft der Infrastruktur und
macht sich darüber auch noch lustig. Auf einer Konferenz am 19. Februar 2019 in
Berlin erzählte sie den großartigen Premiumwitz, dass man in Brandenburg
mancherorts schon froh wäre, wenn man 2G hätte. Seit 2005 ist Merkel Kanzlerin,
seit spätestens 2007 sind von ihren verschiedenen Bundesregierungen immer und
immer wieder Versprechungen zur digitalen Infrastruktur gemacht und gebrochen
worden, und 2019 reißt Merkel einen Witz über ihr eigenes Versagen, unter dem
andere leiden. Was für eine Unverschämtheit.
[….] Zur Merkels antidigitalem Vermächtnis gehört die gegenwärtige
EU-Urheberrechtsreform. [….] Digitalstaatsministerin
Dorothee Bär sitzt im Publikum und wird mit witzigem Augenzwinkern in der
Stimme abgefertigt: "Wir vertreten etwas unterschiedliche
Positionen." Ja, so kann man es auch ausdrücken, wenn die eine auf Basis
von Fakten argumentiert, aber die andere ist halt Kanzlerin. [….]
Offensichtlich ist das Internet tatsächlich immer noch
#Neuland für Angela Merkel. Sie hat keine Ahnung von den Mechanismen der
modernen Medien und ist über die Benutzung von SMS nie herausgekommen.
Anders ist ihr Total-Lapsus bei der Sicherheitskonferenz nicht zu erklären,
als sie die inzwischen meme-haft berühmte schwedische Klimaaktivistin Greta
Thunberg als so eine Art Fake-News oder Russen-bot darstellte:
So viel Klima-Engagement könne gar nicht sein, erklärte die Kanzlerin dem staunenden Publikum.
So viel Klima-Engagement könne gar nicht sein, erklärte die Kanzlerin dem staunenden Publikum.
Kinder, die sich für das Klima interessieren und online das
Treiben einer Aktivistin verfolgen? Kann ja gar nicht sein!
[….] Angela
Merkel hat neulich etwas sehr Unkluges gesagt - sie scheint selbst zum Opfer
von Wladimir Putins "hybrider Kriegführung" geworden zu sein. [….]
Für die sonst so bedachte Kanzlerin
Angela Merkel war das ein bemerkenswerter Fehler, vergangene Woche bei der
Münchner Sicherheitskonferenz: In ihrer Rede sprach sie zunächst von Russlands
"hybrider Kriegführung". Direkt danach sagte sie:
"In Deutschland
protestieren jetzt Kinder für den Klimaschutz. Das ist ein wirklich wichtiges
Anliegen. Aber dass plötzlich alle deutschen Kinder, nach Jahren, ohne jeden
äußeren Einfluss, plötzlich auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen
muss, das kann man sich auch nicht vorstellen."
Doch, das kann man schon. Wenn man sich mal mit ein paar politisch
interessierten Kindern und Jugendlichen darüber unterhält, was sie so von den
bisherigen Anstrengungen der Erwachsenen in Sachen Klimakatastrophe halten,
kann man sich das schnell vorstellen.
Wie aber kommt die Kanzlerin dann auf diese seltsame Idee? Dass da ein
"äußerer Einfluss" eine Rolle gespielt haben müsse?
[….][….] Und genau hier liegt das Problem mit Merkels Äußerung: Das Schüren und
Befeuern von Verschwörungstheorien gehört zum Kerngeschäft der Propagandisten
von heute. Wenn Russlands real existierende hybride Kriegführung aber dazu
führt, dass legitime Protestbewegungen grundsätzlich für Ergebnisse russischer
Propaganda gehalten werden - dann hat die russische Regierung eines ihrer Ziele
schon erreicht. […..]
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