Montag, 25. Februar 2019

Im Lapsus-Modus


Merkel ist nicht so schlecht wie manche Andere.
Ich stehe zu meiner gestrigen Aussage; man muss sich nicht in Grund und Boden schämen für ihre Auslandsauftritte. Sie wird wohl eher nicht anderen Regierungschefs in den Schritt greifen oder das Tafelsilber stehlen.
Blöderweise kann man in der Außenpolitik sowohl mit Taten wie mit Nichtstun Schaden anrichten.
Da die Kanzlerin allerdings über keinerlei Polit-Instinkt verfügt und bei Personalentscheidungen bemerkenswert sicher stets ins Klo greift (man denke nur an die Parade der versagenden CDU-Generalsekretäre und Bundespräsidenten, die sie aussuchte, Oettinger, Juncker), fährt sie üblicherweise tatsächlich besser damit so zu tun, als ginge sie Politik generell nichts an.
Kirchhof-Flattax, Gesundheitskopfpauschale, bedingungslose Unterstützung GWBs und des Irakkrieges, fortwährende Interventionen bei der EU zu Gunsten der Autoindustrie und zu Ungunsten des Klimas, kategorische Verteidigung der Atomindustrie, Ablehnung der Ehe für alle und stupides Beharren auf einem Austeritätskurs (außer in Deutschland!!) bis in Italien und Griechenland Rechtsradikale in der Regierung saßen.
In den wenigen Fällen, in denen sich Merkel festlegt, wählt sie immer die Verliererseite.

 [….] Europa flucht und lacht zugleich über den Brexit - warum auch nicht? Fluchen als Anklage des Realitätsverlusts britischer Politik. Und Lachen zur Bewältigung. Aber dann wieder stellt die EU selbst nichts anderes her als einen Dig-xit, also ihren digitalen Exit. Beiden Exits ist gemein, dass die herrschende Generation aus egozentrischem Unwillen, die Perspektive auch nur um ein My vom eigenen Nabel zu lösen, auf Jahre die Chancen und Möglichkeiten der Nachfolgenden mindert oder ruiniert.
Schlaglicht auf Deutschland, die treibende Kraft des EU-Digitaldebakels, das dem Brexit strukturell so ähnelt: Angela Merkel hinterlässt Deutschland als digitale Trümmerlandschaft der Infrastruktur und macht sich darüber auch noch lustig. Auf einer Konferenz am 19. Februar 2019 in Berlin erzählte sie den großartigen Premiumwitz, dass man in Brandenburg mancherorts schon froh wäre, wenn man 2G hätte. Seit 2005 ist Merkel Kanzlerin, seit spätestens 2007 sind von ihren verschiedenen Bundesregierungen immer und immer wieder Versprechungen zur digitalen Infrastruktur gemacht und gebrochen worden, und 2019 reißt Merkel einen Witz über ihr eigenes Versagen, unter dem andere leiden. Was für eine Unverschämtheit.
[….] Zur Merkels antidigitalem Vermächtnis gehört die gegenwärtige EU-Urheberrechtsreform. [….] Digitalstaatsministerin Dorothee Bär sitzt im Publikum und wird mit witzigem Augenzwinkern in der Stimme abgefertigt: "Wir vertreten etwas unterschiedliche Positionen." Ja, so kann man es auch ausdrücken, wenn die eine auf Basis von Fakten argumentiert, aber die andere ist halt Kanzlerin. [….]

Offensichtlich ist das Internet tatsächlich immer noch #Neuland für Angela Merkel. Sie hat keine Ahnung von den Mechanismen der modernen Medien und ist über die Benutzung von SMS nie herausgekommen.
Anders ist ihr Total-Lapsus bei der Sicherheitskonferenz nicht zu erklären, als sie die inzwischen meme-haft berühmte schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg als so eine Art Fake-News oder Russen-bot darstellte:
So viel Klima-Engagement könne gar nicht sein, erklärte die Kanzlerin dem staunenden Publikum.
Kinder, die sich für das Klima interessieren und online das Treiben einer Aktivistin verfolgen? Kann ja gar nicht sein!

[….]  Angela Merkel hat neulich etwas sehr Unkluges gesagt - sie scheint selbst zum Opfer von Wladimir Putins "hybrider Kriegführung" geworden zu sein. [….] Für die sonst so bedachte Kanzlerin Angela Merkel war das ein bemerkenswerter Fehler, vergangene Woche bei der Münchner Sicherheitskonferenz: In ihrer Rede sprach sie zunächst von Russlands "hybrider Kriegführung". Direkt danach sagte sie:
    "In Deutschland protestieren jetzt Kinder für den Klimaschutz. Das ist ein wirklich wichtiges Anliegen. Aber dass plötzlich alle deutschen Kinder, nach Jahren, ohne jeden äußeren Einfluss, plötzlich auf die Idee kommen, dass man diesen Protest machen muss, das kann man sich auch nicht vorstellen."
Doch, das kann man schon. Wenn man sich mal mit ein paar politisch interessierten Kindern und Jugendlichen darüber unterhält, was sie so von den bisherigen Anstrengungen der Erwachsenen in Sachen Klimakatastrophe halten, kann man sich das schnell vorstellen.
Wie aber kommt die Kanzlerin dann auf diese seltsame Idee? Dass da ein "äußerer Einfluss" eine Rolle gespielt haben müsse?
[….][….] Und genau hier liegt das Problem mit Merkels Äußerung: Das Schüren und Befeuern von Verschwörungstheorien gehört zum Kerngeschäft der Propagandisten von heute. Wenn Russlands real existierende hybride Kriegführung aber dazu führt, dass legitime Protestbewegungen grundsätzlich für Ergebnisse russischer Propaganda gehalten werden - dann hat die russische Regierung eines ihrer Ziele schon erreicht. […..]

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