Mittwoch, 31. Oktober 2018

Wochenend und Feiertag


Das ist doch verrückt, heute haben wir Hamburger einen christlichen Feiertag, den noch nicht mal die Bayern zelebrieren.
Reformationstag zu Ehren des radikal sadistischen Antisemiten Martin Luther.
Völlig ungewohnt für mich als Abonnent der Süddeutschen Zeitung.

[….]  Reformationstag erstmals Feiertag in Hamburg
Die Menschen in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen haben am 31. Oktober erstmals den Reformationstag als regulären gesetzlichen Feiertag begangen. Die evangelische Nordkirche stellte das ökumenische Gespräch zwischen Protestanten und Katholiken und den interreligiösen Dialog in den Mittelpunkt. [….]

Verdammt, in Hamburg gehen ohnehin nur 0,5% der Christen sonntags in die Kirche und ohnehin sind Christen längst eine Minderheit.

Es kommt mehrfach im Jahr vor, daß nur meine Hamburger Zeitungen vor der Tür liegen und die SZ fehlt, weil mal wieder irgendein christlicher Unsinn in Süden alles lahmlegt.
Heute fehlten erstmals Mopo und Abla, während die Bayern immerhin eine Feiertagsausgabe bereiteten.

Ich verstehe diesen Schwachsinn mit den gleichgeschalteten Feiertagen nicht und vorgeschriebenen Geschäftsschließungen nicht.
Andere Länder, wie die USA zeigen, daß man keine Ladenschlussgesetze benötigt. Es steht doch den Branchen frei einen arbeitsfreien Tag einzuführen, wenn sie möchten. So sind im Hamburg die Friseure montags geschlossen und Ärzte nehmen sich mindestens den Mittwoch-Nachmittag frei. Handwerker erreicht man nicht mehr am Freitagnachmittag.

Wenn alle Menschen zur selben Zeit frei haben, können sie den Tag ohne Arbeit sehr schlecht nutzen, weil Behörden, Geschäfte und Arztpraxen dann ebenfalls geschlossen haben.
Es wäre eine Win-Win-Situation bei Beibehaltung der Wochenarbeitszeit jedem Betrieb zu erlauben 24/7 geöffnet zu haben.
Die Angestellten könnten sich Schichten aussuchen, die ihrem persönlichen Biorhythmus am besten entsprächen. Studenten könnten Nachtschichten als Nebenjobs übernehmen und jeder könnte seinen freien Tag so legen, wie es konveniert.

Die derzeitige völlig starre Wochenend- und Feiertagsstruktur führt zu absurden Zeitverlusten, weil sich immer wieder am Vorabend von gesetzlichen Ruhezeiten absurde Überfüllungen in den Läden ergeben. Man steht jeden Morgen und jeden Abend sinnlos im Stau, produziert unfassbare Mengen an CO2 zusätzlich, weil alle gleichzeitig arbeiten, während die Straßen Sonntags völlig leer sind.
Das ließe sich alles entzerren und gleichmäßiger nutzen.

Stattdessen pressen wir die Tagesabläufe der Menschen in eine große Schablone, weil ein imaginärer Rachegott das angeblich mal so forderte.
Und dafür musste ich letzten Samstag bestraft werden.
Ich durchlebte Grauenvolles. Menschenverachtendes!
ICH war nämlich gestern Nachmittag, an einem Samstag bei IKEA! IKEA HH-Schnelsen, das es seit 1989 gibt.
Ein Wunder, daß ich das überlebt habe.
Obwohl neben der Filiale seit meinem Letzten Besuch (im vorherigen Jahrtausend) ein gewaltiges dreistöckiges Parkhaus zusätzlich erbaut wurde und außerdem zwei weitere noch größere Filialen in HH eröffneten (2002 IKEA Moorfleet als Deutschlands größte Niederlassung und 2014 IKEA Altona als weltweit erstes Innenstadtgeschäft), war auch das verdammte Ding in Schnelsen so rappelvoll, daß ich schon eine halbe Stunde auf dem Parkgelände rumkurven musste, vor aggressiven Berufs-Mamas in Skoda-Roomstern und Großfamilien in fetten SUVs floh, bis ich mich schließlich in 10 km Entfernung vom Eingang abstellen konnte.


Schon vor der Eingangstreppe dann ein Menschenauflauf wie bei der Duisburger Loveparade. Auf der Treppe kam man immer nur eine Stufe voran, stellte sich mit beiden Beinen drauf und spürte dann den warmen Currywurstatem vom Hintermann im Nacken, das Kaugummischmatzen des Nebentypen im Ohr.
Mein Plan war dann mir schlau einzuprägen wo die verdammte Essplatzabteilung ist, damit ich nicht dem vorgezeichneten Rundgang folgen müsste, den alle anderen Lemminge gehen würden.
Aber offensichtlich empfanden die anderen Arschgeigen IKEA nicht als unangenehm überfülltes Möbelgeschäft, in dem man bedauerlicherweise wegen seiner Arbeitszeiten nur am Samstag seinen Esstisch und die beiden Stühle kaufen könne (die der blöde Hermes einem von OTTO gleich zweimal nicht geschickt hatte, weil sie die Adresse nicht finden konnten).
Nein, das miese Psychopack genoss die Sardinendosen-Folter offensichtlich. Kaum wurde die Eingangstreppe hinter sich gelassen, breiteten sich Shopoholics aus, hakten sich ein, so daß hinter ihnen Drängelnde keinesfalls vorbei konnten, verlangsamten ihre Schritte in Zeitlupe und sobald sich auch nur die kleinste Gasse bildete, durch die ich hätte vorbei gehen können, blieb genau dort eine tratschende Familie stehen, oder eine dicke 13-Jährige im Smombi-Modus vergaß ob ihrer Tipperei auf dem rosa lackierten Mobiltelefon ganz und gar ihre Füße zu bewegen.
Dazwischen im Abstand von ca 45 Sekunden immer wieder die Durchsage, Herr Müller-Lüdenscheidt oder Elke Dinkel-Dinges möge sich jetzt im SMÅLAND Kinderparadies einfinden, weil offensichtlich der kleine Kevin oder die kreischende Schackeline Amok lief.
Als ich endlich in der unteren Ebene ankam, um mich durch den Kleinramsch bis in die Halle mit den Möbelpaketen durchzukämpfen, wurde es sogar noch schlimmer. Ein Gewusel wie in einem Megastaat von Wanderameisen auf Droge.
Papas, die mit aggressivem Blick an ihren Einkaufswagen klebten, während die Frauen ausschwärmten, um jeden kleinen Tand in die Hand zu nehmen und dann der hinter mir stehenden Person zuzugrölen wie schön das sei und daß man das so gut gebrauchen könnte – vorausgesetzt man finde raus wozu das eigentlich gedacht wäre.
,Ceterum censeo progeniem hominum esse deminuendam'.
Ein regelrechter kollektiver Kleinteile-Kaufrausch. Wie können die Menschen nur so raffgierig werden und sich so manipulieren lassen all den Scheiß in den Wagen zu werfen?
Wagen, die natürlich immer nur mir im Weg standen und mich hinderten, zur Abholhalle Regal 47, Fach 9 (Tisch Lerhamn) und Regal 49, Fach 3 (Stuhl Stefan) vorzudringen. Man braucht nicht noch ein hunderter Pack Teelichte, das zwanzigste Paket Servietten, die man eh nicht benutzt und Klobürsten in allen Farben.
 Vermutlich waren es irgendwelche Kobolde, die auch meinen Wagen mit dem ganzen Mist vollgestopften, so daß ich den verdammten Tisch unter den Arm klemmen musste, weil auch mein vierrädriger Begleiter schon zum Bersten gefüllt war.
Außerdem gingen schon in der Möbelhalle die Kassenschlangen los. 22 endlose Menschen- und Warenketten, welche die Kassenscanner zum Dauerglühen brachten. Beeb beeb beeb beeb beeb. Eine ganze Halle voller Dauerbeepen, das auch gut erklärt wie Ingvar Kamprad es zu einem der reichsten Männer der Welt brachte.
Die drei Jahre in der Kassenschlange war ich nicht nur von im Einkaufskoitus befindlichen Habenhabenhaben-Menschen eingekeilt, sondern auch noch von der IKEA-Weihnachtsdeko umzingelt. Unfassbare Massen von künstlichen Tannenzweigen, Weihnachtsmanngeschenkpapieren, roten Schleifen und ähnlicher augenkrebserregender Plastikdeko, die offensichtlich noch nie zuvor gesehen wurden und daher auch noch auf die ohnehin schon prall gefüllten Wagen getürmt wurden. Warum???
Wenigstens da konnte ich cool bleiben. Weihnachten? Da gehe ich schon 30 Jahre nicht hin.
Vielleicht war ich als Sozialphobiker auch nur von dem Menschentausendfüssler zu erschöpft. Meine Beine wurden weich und die bescheuerten grauen Plastik Nypon-Übertöpfe schleuderte ich mit so einer Wucht auf das Kassenband, als ich schließlich dort ankam, daß sie wie ein Flummi gleich in die Menschenmenge am Ausgang sprangen.
Was für ein Alptraum. Da musste ich mir noch die Nypons von einer dieser dicken 13-Jährigen mit Lolli im Mund zurückbringen lassen, weil ich mit Harödt und Morgondoft bepackt nicht aus der Schlange kam.
Was war ich froh endlich auf dem Parkplatz angekommen zu sein.
Aber da debakulierte ich erst richtig, indem ich, ausgerechnet ICH, der sich seit 100 Jahren über verwirrte Autosucher lustig macht, tatsächlich meine eigene Karre nicht wiederfand und so lange rumirrte, daß ich schon ernsthaft in Erwägung zog, jemand könnte mein Auto geklaut haben.
Was ja merkwürdig wäre, weil das doch schon im Jahr 2012, als ich es mal schätzen ließ, nur 600 Euro wert war. Und seitdem gilt „Beule frei!“.
Es war ja auch doch noch da. Ich vermute aber, daß einer dieser garstigen SUV-Drängler es einfach woanders hingeschoben hatte.
Ja, so war das bei IKEA.

Im Gegensatz zu mir haben 99% der Prasser anschließend natürlich noch die Kantine aufgesucht und auch hinter den Kassen hatten all die Großfamilienmitglieder sämtliche Hände voller Waffeln, Eis und Schmalzgebäck.
Homo homini lupus. Ich verstehe es nicht. Wieso bleibt da jemand länger als unbedingt nötig?
Aber Menschen sind nun mal vollkommen abartig. Die gehen auch zu Kuschelparties oder in Darkrooms, drängeln sich bei Schlagermoves und auf Weihnachtsmärkten, schwitzen mit Wildfremden in Saunas, um schrumpelige Gerontengenitalien zu betrachten oder quetschen sich zu horrenden Preisen und Volksmusikgegröle in Oktoberfestbierzelte, um anschließend aus allen Köperöffnungen gleichzeitig in armdicken Strahl zu göbeln.
WIDERLICH.
Zölibat und Antinatalismus sind die einzigen Lebensformen für mich!

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