Mittwoch, 11. Juli 2018

Seehofers Tote



Na, das war ja vielleicht lustig!
Da musste unser Heimatminister noch mehr lachen als ohnehin schon.

[…..] 69 Abschiebungen zum 69. Geburtstag
Innenminister Seehofer freut sich in der Pressekonferenz zu seinem "Masterplan", dass an seinem 69. Geburtstag 69 Flüchtlinge abgeschoben wurden. [….]



So ein Spaß, so eine Freude zum Geburtstag. 69 Menschen aus ihren Leben und ihren Familien gerissen.



Zum Glück ist der Bundesverfassungsminister kein Jurist und merkt daher nicht, wie er das Europäische Recht mit Füßen tritt. Er hat noch nicht mal Abitur, sondern sieht sich selbst als „Erfahrungsjuristen“.

Er kennt sich besser aus als die armen Deppen, die umständlich Jura studiert haben.

[….] Der bisherige bayerische Ministerpräsident ist kein Jurist. In der Vergangenheit hat er sich sogar immer mal gerne von den gelernten Juristen abgegrenzt und sich selbst als Erfahrungsjuristen bezeichnet. [….]

Dr. jur. Heribert Prantl sieht es zwar anders, aber der ist eben auch nur ehemaliger Staatsanwalt und Richter.
Die kennen sich nicht so gut aus wie Erfahrungsjuristen.

[….] Treibt Seeehofer Grenzpolizisten in eine Straftat, wenn er sie Flüchtlinge an der Binnengrenze festsetzen lässt?
Wenn man die 24 Blatt des Seehofer-Plans aneinanderlegt und überall dort einen Blitz einzeichnet, wo er gegen europäisches Recht verstößt, dann sieht dieser Plan so aus wie die Wetterkarte von einer Gewitterfront - jedenfalls in seiner zweiten Hälfte. Im ersten Teil des Plans geht es um Vorschläge zur Fluchtursachenbekämpfung, die diskutierenswert sind. Aber die Blitzerei und Kracherei, die diesem Teil folgt, haut schier alles kaputt. Wenn man dann im "Handlungsfeld Inland/national" noch überall dort graue Wolken malt, wo der Plan mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts kollidiert, wird einem bei der Wettervorhersage mulmig.   Der Plan spricht vom Vertrauen in den Rechtsstaat, das es zu erhalten gelte. Es wäre schön, wenn der Plan das beherzigte; er tut es aber nicht; er missachtet EU- Recht - so als sei das minderes Recht; das Gegenteil ist richtig; EU-Recht steht über nationalem Recht. Die "Transitzonen" an Binnengrenzen, die Seehofer einrichten will, sind mit EU-Schengenrecht (von dem Seehofer behauptet, er wolle es durchsetzen) unvereinbar und nach EU-Asylrecht rechtswidrig. [….]

Seehofers ganzes Trachten dient dem Zweck Menschen in existenzieller Not und Todesangst Knüppel zwischen die Beine zu werfen, ihnen zu schaden, sie abzuschrecken, wegzudrängen und vor Allem irgendwo anders sterben zu lassen.

[….] Verschärfen statt integrieren
Schleierfahndung, Abschiebehaft, gekürzte Leistungen und Entwicklungshilfe: Wie Seehofers "Masterplan" aussieht [….] Das Vorhaben des Bundesinnenministers ruft etliche Kritiker auf den Plan. So verurteilte die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl den "Masterplan" als "Kompendium der Abschottung und der Restriktion". Der Paritätische kritisierte, dass die in der Asylgesetzgebung verbrieften Rechte von Schutzsuchenden völlig außer Acht gelassen würden. Das Deutsche Institut für Menschenrechte monierte, der Plan blende die Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen beharrlich aus. Unter Integrationsmaßnahmen verstehe das Papier nur die Verschärfung von Sanktionsmöglichkeiten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR machte einen "bedenklichen Grundtenor" in Seehofers Plan aus. Er konzentriere sich nur auf Verschärfungen und vernachlässige den Menschen. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt sprach von einem "Debakel für die Humanität". Die Diakonie Deutschland beklagte, statt ehrenamtlich engagierte Bürger zu stärken, laufe der "Masterplan" denjenigen hinterher, die humanitäre Grundsätze aufkündigen wollten. Auch die Grünen und die Linkspartei kritisierten die Vorhaben des Bundesinnenministers als inhuman. [….]

Seehofers Plan funktioniert sehr gut.
Einer der 69 zu seinem Geburtstag Abgeschobenen ist der 23-Jährige Jamal Nasser M., der aus der nordafghanischen Terror-Provinz Balkh stammt und seit seinem 15. Lebensjahr in Hamburg lebte.
Offensichtlich stürzte ihn Seehofers Handeln in derartige Verzweiflung, daß er sich in Kabul angekommen erhängte.
Der katholische Christ und Vorsitzende einer C-Partei Seehofer ließ sein Bedauern per Twitter ausrichten, schob aber später die Verantwortung an „die Hamburger Behörden“ ab.



“Bedauerlich” sprachs und setzte seine zutiefst menschenverachtende Flüchtlingspolitik heute mit den Hardlinern Salvini und Kickl in Innsbruck fort.

[….]  Der 23-Jährige, der nach seiner Abschiebung aus Deutschland in Kabul Suizid begangen hat, ist nach Angaben des für Ausländerangelegenheiten zuständigen Einwohner-Zentralamtes in Hamburg mehrfach vorbestraft.
[….] M. sei ledig gewesen und habe keine Kinder gehabt. Ebensowenig sei er einem Beruf nachgegangen, er war offenbar ein Einzelgänger. Ein anderer am 3. Juli nach Kabul zurückgebrachter Mann, der dort in derselben Übergangsunterkunft lebt, sagte einem Reporter der Nachrichtenagentur DPA: "Er hat mit niemandem gesprochen und war am liebsten mit sich alleine." Nach der Ankunft in Afghanistan habe er einmal um eine Zigarette gebeten, aber auch da habe er nicht reden wollen und sei nur unruhig herumgelaufen. "Ich habe Traurigkeit gesehen in den Augen von den Menschen hier nach seinem Tod", sagte der Bekannte des Toten. "Wir alle hier haben sowieso kein Glück. Aber er war ein Mensch, und er muss Träume gehabt haben, und dann hat nichts geklappt." [….]


Ganz offensichtlich ist Seehofer nicht zu den geringsten Formen menschlichen Anstands fähig.
Er ist zufrieden mit sich und die Kanzlerin, die ihre Politik nach eigenen Angaben so sehr an christlichen Werten ausrichtet läßt ihn gewähren, entläßt ihn nicht.

Auch die anderen Experten des Christentums und der Lehre von der Nächstenliebe, der deutsche Chefkatholik Marx und Herr Bergoglio in Rom, der schon mehrfach den roten Teppich für Seehofer ausrollte, haben  offensichtlich keine Meinung zu dem katholischen Bundesinnenheimatabaschiebeminister von der Christsozialen Union.




[….] Horst Seehofer ist dabei, seinen Ruf zu ruinieren. Politischer Anstand, Empathie, Ausgleich - nichts scheint mehr übrig zu bleiben von dem, wofür der CSU-Chef einmal stand. [….] Aus dem Maß-und-Mitte-Christsozialen wird plötzlich eine Art CSU-Trump. [….]
"Es ist für eine christliche Partei eine Schande, so über Menschen zu reden - als handele es sich bei Flüchtlingen um Kartoffelsäcke. Das sind aber keine Kartoffelsäcke, sondern Menschen mit Schicksalen." Das hat Norbert Blüm mit Blick auf den CSU-Politiker und manche seiner Parteifreunde kürzlich der "Berliner Zeitung" gesagt. [….] "Mit Sicherheit nicht". Das antwortete Seehofer am Dienstag auf die Frage, ob er im Rückblick auf die vergangenen Wochen irgendetwas anders machen würde. [….]

Die Christen-SU ist die Haupttriebkraft in der Bundesregierung für Waffenexporte, die Haupttriebkraft in der Bundesregierung für das Massensterben unschuldiger Menschen im Mittelmeer und der Parteichef macht sich auch noch lustig darüber.

[….]   Ein Mensch ist tot. Er hat sich, nach allem, was man weiß, selbst das Leben genommen. Der Grund ist nicht bekannt, aber man darf ihn vermuten, denn der Mann gehörte zu jenen 69 Flüchtlingen, die vergangene Woche nach Kabul abgeschoben wurden.
Ein Minister hat Geburtstag. Er wird 69 Jahre alt, wenig später freut er sich, dass just an diesem Tag 69 Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben wurden. Der Minister grinst in die Kameras, als er von dieser Geburtstagsüberraschung erzählt. [….] Horst Seehofer hat den Anstand verloren. Daran gibt es keinen Zweifel mehr, und man kann allenfalls überlegen, wann genau er ihn verloren hat. [….] Es ist zweifelhaft, ob die Abschiebung der 69 Menschen gerechtfertigt war, weil neben Straftätern, zu denen der Tote gehörte, auch psychisch Kranke unter ihnen gewesen sein sollen und sehr gut Integrierte, und weil Afghanistan ein Kriegsland ist. Aber selbst wenn alles nach den Maßstäben Seehofers und der CSU in Ordnung war: Eine solche Zwangsheimkehr in die Unsicherheit ist für die Betroffenen ein großes Unglück. Man weiß von Afghanen, wie verzweifelt sie sind, wenn sie nach Jahren der Sicherheit wieder in Kabul stehen. Ob dieses Unglücks freudig zu grinsen, widerspricht christlichen Werten. Das sei angemerkt, weil Seehofer auch der Vorsitzende einer Partei ist, die sich christlich nennt. [….]

Nicht nur die Moralexperten der römisch-katholischen Kirche schweigen zur Causa Seehofer.
Auch die christliche Kanzlerin und die selbsternannte tiefgläubige Christin Andrea Nahles, die verkündete wegen Jesus in die SPD eingetreten zu sein, lässt – wieder einmal – ihre Partei und den Anstand in Stich.

Dabei ist es durchaus möglich deutliche Worte zu finden.

 „Die diebische Freude, die Bundesinnenminister Seehofer noch vor wenigen Tagen darüber zeigte, ausgerechnet an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschoben zu haben, entlarvt sich angesichts des tragischen Todes des 23jährigen Mannes als geradezu mörderische Schadenfreude", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Ulla Jelpke, zum Selbstmord eines jungen Mannes, der vorige Woche nach Afghanistan abgeschoben worden war. Jelpke weiter:
„Ein Innenminister, der sich öffentlich darüber freut, dass Menschen in ein Kriegsland zurückgeschickt werden, hat offensichtlich nicht nur ein eklatantes Defizit an Mitmenschlichkeit, sondern auch an Qualifikation für sein Amt. Aus meiner Sicht gehört Seehofer entlassen.
Mitverantwortlich für den Tod in Kabul ist aber auch die Bundeskanzlerin. Sie hat es nicht nur unterlassen, dem Abschiebewahn ihres Innenmisters in die Parade zu fahren, sondern ihn sogar noch angefeuert. Es ist absolut unverantwortlich, die Abschiebungen nach Afghanistan auszuweiten, während die Lage dort immer schlimmer wird. Afghanistan ist das genaue Gegenteil eines sicheren Herkunftslandes. Wer nach Afghanistan abschiebt, nimmt den Tod der Betroffenen in Kauf."

Es wäre aber zu einfach nun Nahles und die RKK zu beschimpfen, weil sie sich nicht gegen Seehofer und die CSU stellen mögen.

Sie verdammen Seehofer nicht, weil sie sich klammheimlich auch über den Tod des Hamburger Jungs Jamal Nasser M. freuen, sondern weil sie Politiker sind.
In den sozialen Netzen werden Kühnert und andere klare Seehofer-Kritiker mit Häme und Hass überzogen. Tausende und Abertausende erklären moralisch völlig verroht, der junge Mann wäre schließlich straffällig gewesen. Sei als Ladendieb verurteilt, habe womöglich gedealt. Und schließlich sei sein Asylantrag auch abgelehnt worden, Er habe gar kein Recht gehabt in Deutschland zu sein.

Das ist eben das Klima, das AfD, CSU und deutsche Talkshows geschaffen haben.
Sie sehen in Menschen und Not nur eine Gefahr, die man abwehren muss.
Bloß noch Zahlen und potentielle Gefährder, die man besser loswerde.
Gefährder ist auch so ein schöner nichtjuristischer Begriff, mit dem nun jongliert wird. Das sind unschuldige Menschen, denen unterstellt wird, sie könnten straffällig werden. Weg mit denen.

Ein 23-Jähriger, der mit dem Gesetz in Konflikt komme, gehöre eben abgeschoben in das für ihn fremde und hochgefährliche Land.

Eine deutsche Mitverantwortung, eine Mitverantwortung der Politik im Allgemeinen und der Innenpolitiker im Besonderen, die sich offenbar völlig unzureichend um einen traumatisierten im Alter von 15 Jahren ohne Familie in Deutschland gestrandeten Jugendlichen kümmerten, die ihm eben nicht genügend Hilfe boten, wird gar nicht erst in Betracht gezogen.
Man wäscht sich die Hände in Unschuld.

Nach acht Jahren in Deutschland ohne Perspektive und Sicherheit, nach acht Jahren Angst vor den Abschiebedrohungen der Behörden, greift der Mann zu Drogen?
Seine Schuld. Afghanistans Schuld. Weg mit dem.




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