Wenn man
ein kleines bißchen weiter als bis zur Nasenspitze denkt, muß man sich als Sozi
überlegen, ob wir noch mal Merkels kleiner Juniorpartner werden wollen, oder ob
man nicht zum Erhalt einer Restselbstachtung diesmal in die Opposition geht.
Ganz
ohne Regierungsverantwortung könnten sich die Sozis von der CDU emanzipieren
und in Ruhe ganz neue Konzepte überlegen.
Eigentlich
hatte ich ja versprochen meine Partei vor der Wahl nicht mehr schlecht zu reden.
Aber
nach dem desaströsen TV-Duell ist es weniger
Defätismus, denn Realismus, sich auf weitere vier Jahre Merkel und einen neues
SPD-All-time-low einzustellen.
Der
Rückstoß auf
20% ist laut neuester Umfragen eingeläutet.
[…..] Nun
liegen die ersten Nach-Duell-Umfragen vor, und für die SPD hat sich eher wenig
bewegt. Allenfalls nach unten.
Damit gehen auch den begabtesten
sozialdemokratischen Schönrednern so langsam die Ideen aus, wie genau man das
mit dem Umschwung in den letzten beiden Wochen noch hinbekommen könnte.
Stattdessen wird an der Parteispitze und drumherum immer intensiver über den
Wahlabend und die Zeit danach sinniert.
Drei Hauptszenarien
zeichnen sich dabei ab, sie bemessen sich an den Ergebnissen jener beiden
Männer, die vor Schulz die Bürde des Merkel-Herausforderers getragen haben,
Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück. […..]
Meiner
Ansicht nach sind Hickmanns Überlegungen völlig richtig und wenn es nicht
parteischädigendes Verhalten wäre, würde ich glatt empfehlen die Linke zu
wählen, um das Bundestagswahlergebnis dem SZ-Kommentar entsprechend so
ausfallen zu lassen, daß Martin Schulz gleich mit weggefegt wird.
Wie
jeder weiß habe ich mich regelmäßig an Sigmar Gabriel gerieben und ihn immer
wieder äußerst scharf für seinen Zickzack-Kurs kritisiert.
Ich habe
aber allerdings auch immer betont, daß er durchaus seine guten Momente hat und
blitzgescheit ist.
Mr. 100%
Martin Schulz ist sicher stetiger und verlässlicher, bodenständiger vermutlich
sogar grundehrlich.
Ich
befürchte nur langsam, daß er nicht das schlaueste Kerlchen ist.
So viel
los ist nicht in seinem Oberstübchen, wenn er es nicht schafft große Zukunftsthemen
wie Digitalisierung, Medienpolitik oder Altersarmut auch nur anzusprechen –
geschweige denn überzeigende Konzepte zu haben, let alone die Fähigkeit seine
Ideen auch noch so kommunizieren zu können, daß Teile des Souveräns davon
mitgerissen werden.
Ein
Wahlergebnis unter der Steinmeierschen Horrormarke von 2009 (23% = -
11,2%-Punkten gegenüber dem letzten Schröder-Ergebnis von 2005) würde das Thema
Schulz schließen. Einige Monate später würde sich niemand mehr an ihn erinnern.
Ein neuer Chef, Fraktionsvorsitzender und möglicherweise Oppositionsführer
müßte her.
Vielleicht
Heiko Maas?
Langfristig
wäre es wohl das Beste für die Partei.
Außerdem
müßten Grüne oder FDP als Merkels Homunculus einspringen und sich von der
ewigen Kanzlerin schrumpfen lassen.
Langfristig
wäre es aber schlecht für den R2G-Block, wenn sich die Grünen, welche jetzt
schon die CDU doppelt so lieb haben wie die SPD endgültig ins schwarzgelbe
Lager driften.
Besser
wäre es, R, R und G säßen alle in der Opposition und könnten schon mal üben
gemeinsam zu agieren.
In dem
Fall müßte Merkel aber mit dem selbstverliebten über alle Maßen schönen
Christian-Alexander Lindner regieren.
Vermutlich
würde sie die FDP wie alle ihre vorherigen Koalitionspartner auch eindampfen.
Das wäre aber der einzig positive Effekt in Richtung Wahl 2021.
Für
Deutschland wäre das aber nicht so angenehm, wenn Rechtsaußen-Lindner was zu
sagen hätte.
Offiziell
ist die FDP
programmatisch immer noch die inhaltslose lobbyhörige Westerwelle-Partei.
Großspender
aus Industrieverbänden und Lobbyorganisationen wissen schon wieso sie ihre Millionen den Schwarzen und Gelben zuschieben.
Lindner
wird aber von zwei Trieben beherrscht; einerseits seiner überbordenden
grenzenlose Linder-Begeisterung und andererseits dem Drang rechtspopulistische
xenophobe Sprüche abzulassen.
(….)
Die FDP suche nun ihren Platz weit rechts der Mitte zwischen CDU/CSU und AfD.
Wieder
muß ich Jörges zustimmen; die Christian-Linder-Partei (CLP) wird rapide unsympathischer.
Ungeniert
feuert der Chef aus der rechten Ecke.
[…..]
In einem Interview mit dem Magazin
"Stern" wendet sich Linder recht offensichtlich an die Menschen am
rechten Rand des Wählerspektrums. "Warum sind so viele Deutschtürken keine
Verfassungspatrioten?", fragt Lindner darin. Deutschland sollte beginnen,
sich "offensiver zu seinem großartigen liberalen Grundgesetz zu
bekennen".
Der FDP-Chef befand in
diesem Zusammenhang außerdem: Der türkischstämmige Fußballer Mesut Özil soll
vor Spielen der Nationalmannschaft die deutsche Hymne mitsingen.
Lindner kritisierte
zudem die Flüchtlingspolitik der Bundesreagierung. "Unsere
Zuwanderungspolitik benötigt eine Generalinventur", sagte er dem
"stern". "Wer bleibt, den müssen wir uns aussuchen. Da sollte
das Ziel der Integration viel stärker die deutsche Staatsangehörigkeit
sein."
Das Interview von
Lindner sorgte in den sozialen Medien schnell für Wirbel. Vor allem der Satz
über Mesut Özil missfiel vielen Lesern. "Leute zwingen, eine Hymne zu
singen - ist das liberal?", fragte etwa einer. […..]
Die
FDP in der Nähe der AfD scheint zu funktionieren. Petrys Umfragezahlen werden
kleiner, die FDP kratzt schon wieder an den 10%.
Braun
kommt immer an in Deutschland.
Bezeichnenderweise
verwendet der eher linke Grüne Jürgen Trittin heute die gleiche
Wortwahl wie CDU-General Tauber vor vier Monaten:
Özil-Verunglimpfung, Doppelpass-Revision, Griechenland-Bashing - @c_lindner gibt den #Gauland https://t.co/ZGo9sSMrVx @MesutOzil1088— Jürgen Trittin (@JTrittin) 26. April 2017
[….] CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat FDP-Chef Christian Lindner scharf attackiert. Zwei Tage nach dem Dreikönigstreffen der Liberalen, bei dem Lindner die Union erneut wegen ihrer Flüchtlings- und Sicherheitspolitik kritisiert hatte, warf Tauber dem FDP-Chef überhebliches Verhalten vor. Das provoziere ein erneutes Scheitern der Liberalen wie bei der Wahl 2013.
Damals hatte die FDP
bei der Bundestagswahl nur 4,8 Prozent der Stimmen geholt und ist seitdem nicht
mehr als Fraktion im Bundestag vertreten. "Der Grund, warum die FDP damals
aus dem Bundestag geflogen ist, war nicht die CDU, sondern sie selbst",
sagte Tauber der Bild am Sonntag. "Und mit seinem selbstherrlichen Auftreten
tut Herr Lindner gerade alles dafür, dass sie es wieder nicht schafft. Dann
wäre die FDP erledigt."
Lindners Auftreten
erinnere ihn an den stellvertretenden Parteichef der Alternative für
Deutschland, sagte Tauber: "Er redet teilweise wie Herr Gauland von der
AfD. Der einzige Unterschied besteht darin, dass er statt eines abgewetzten
Tweed-Sakkos einen überteuerten Maßanzug trägt." […..]
Das
ist schon eine sehr ekelige Allianz mit den Rechten, die Türkei-Basher Lindner
anstrebt.
Von
taz bis WELT, von Linke bis CSU stehen Medien und Parteien in Deutschland
ausnahmsweise zusammen, wenn es um die Menschenrechtsverstöße unter Präsident
Erdoğan geht. Einheitlich fordert man die Freilassung Deniz Yücels und all der
anderen inhaftierten Journalisten in der Türkei.
Aber
rechts von der CSU, bei denen, die Lindner anvisiert sieht das anders aus. (…..)
Ausländer-Raus-Lindner
auf einer Koalitionsbank mit den völkisch tickenden CSU-Ministern, einem
geradezu bösartigen Ausländerhasser de Maizière, der seit Jahren systematisch xenophobe Vorurteile
schürt und einem AfD-affinen CDU-Star Spahn, der Merkel als Parteichefin
und Kanzlerin ablösen will.
Das
klingt wie eine K.O.alition aus der Hölle.
Wer auch
nur ein kleines bißchen Herz für die Schwachen, Armen und Ausgegrenzten in
unserer Gesellschaft hat, sollte sich wünschen, daß die SPD jeden Stolz
runterschluckt und auch mit einem Ergebnis um 20% wieder mit Merkel ins
Koalitionsbettchen hüpft.
Schon
allein, um die übelsten Lindner-Schweinereien zu verhindern.
[…..]
Die
FDP bekommt für die angebliche Eitelkeit ihres Spitzenkandidaten viel Spott ab.
Wichtiger wäre es, sich ernsthaft mit dem auseinanderzusetzen, was die Partei
im Programm hat. Keine guten Aussichten für unsere Zukunft. […..] Jetzt ist das Lesen des Wahlprogramms
wahrscheinlich selbst für die Verfasser eine eher überraschende Übung. Sonst
stünden bei der FDP nicht so sprachliche Verirrungen drin wie, dass es einen
"dauerhaften Einstieg in eine regelmäßige Anpassung" des Steuertarifs
geben soll - versuchen Sie mal, in einen Bus dauerhaft einzusteigen. Da hätte
ja zumindest vorher nochmal jemand drüberlesen können. Na gut, wir wissen, was
gemeint ist.
Wir wollen auch nicht
kleinlich meckern, wenn die Liberalen ihre Wirtschaftskompetenz mit der
Gaga-Weisheit darzulegen versuchen, dass man ja "nicht mehr ausgeben kann
als man hat" - und an anderer Stelle im Programm eifrig den Erwerb vom
Häusle propagieren, was der gemeine Deutsche in der Regel ja nicht vom Sparbuch
zahlt, sondern großteils auf Kredit kauft. Also mit Geld, das er noch nicht
(selber erwirtschaftet) hat. Sonst bräuchten wir ja auch keine Banken.
[…..]
Vieles klingt mehr nach festgefahrenen
Reflexen als nach Analyse
Umso bizarrer wirkt,
was im FDP-Programm wie anno dazumal noch zu lesen ist - obwohl es durch die
Realität längst überholt ist:
Da arbeiten ganze Denkfabriknetzwerke
mittlerweile an der Idee, dass neue Technologien, wie etwa bei Elektroautos,
doch nicht immer so automatisch am Markt entstehen - und manchmal staatliche
Hilfe brauchen. Die FDP - ist dagegen.
Da hegen selbst frühere Anhänger Zweifel,
ob der Emissionshandel ohne Eingriffe funktioniert. Die FDP fordert: den
Ausbau.
Da plädieren selbst Konservative wie
Wolfgang Schäuble für eine Steuer auf Finanzgeschäfte, weil das viele
Turbulenzen verhindern würde. Die FDP: dagegen.
Da gibt es zunehmend Indizien dafür, dass
Finanzkrisen vor allem von Schuldenwellen bei Privatleuten kommen. Die FDP
kämpft lieber (nur) gegen Staatsschulden - und für mehr Immobilienkauf.
[…..]
Bei keinem anderen Drama raubt einem die
Zeitversetzung der Lindner-Liberalen so den Atem wie bei allem, was mit Krise
und Zukunft des Euro zu tun hat. Hier liest sich das Programm eher wie bei den
D-Mark-Nostalgikern der ersten AfD-Generation.
Da haben Spanier, Iren und Portugiesen in
den vergangenen Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass es besser ist,
Staatsdefizitziele pragmatisch zu handhaben, statt die Wirtschaft aus lauter
falschem Regeldogma kaputtzusparen - alle drei Länder wachsen seither wieder.
Was macht die FDP? Fordert stahlharte Regeltreue - dazu schärfere Sanktionen.
Gaga.
Da hat sich seit 2008 eindrucksvoll
gezeigt, wie dringlich es in akuten Finanzkrisen ist, Ländern beizustehen, um
irre Panikspiralen zu stoppen; und dass das auch Job der Notenbank ist. Global
Konsens. Lehre der FDP? Die Nichtbeistandsklausel stärken, bloß nicht helfen.
[…..][…..]
Hätten die Liberalen mit diesem Programm
in den vergangenen Jahren regiert (und alle anderen hätten sich mit neuen Logos
und so beschäftigt) - die deutsche Wirtschaft steckte heute in einer
dramatischen Krise. Dann wäre die Finanzmarktpanik auf alle möglichen anderen
Länder übergesprungen und hätte am Ende auch die deutsche (Export-)Wirtschaft
ruiniert. [….]
Mir
graust es schon vor einem SPD-Mitgliederentscheid in acht Wochen.
Wollen
wir trotz eines dramatischen schlechten Ergebnisses noch einmal Merkels Steigbügelhalter
spielen und uns dafür von allen linkeren Kräften prügeln lassen in der
Gewissheit bei zukünftigen Wahlen noch mieser abzuschneiden?
NEIN!
Wollen
wir die widerliche FDP an die Macht lassen, die
womöglich Europas komplette Wirtschaft ruiniert, die letzten solidarischen
Mechanismen ausradiert und fleißig von unten nach oben umverteilt?
Auch NEIN.
Das wird
mal wieder ein gewaltiges Krötenschlucken in einer No-Win-Situation.
Ja, man
muss eben Masochist sein, um ein SPD-Parteibuch zu haben.
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