Na, das
gab vielleicht einen Shitstorm, als der BW-Kommunalpolitiker Jörg Rupp Anfang
2015 unflätig über die Hamburger FDP-Chefin Katja Suding twitterte.
[….] Jörg Rupp hatte das Sonntagabendessen gekocht und schaute Hamburg-Wahl,
als sein Landesvorsitzender anrief. Tittengate! Wegen eines Tweets von ihm.
„Mit Titten und Beinen anstatt Inhalten“, so hatte der grüne Gemeinderat von
Malsch bei Karlsruhe den Wahlerfolg von Katja Suding (FDP) bei der
Bürgerschaftswahl in Hamburg analysiert. [….] ’Titten‘
darf man als Grüner nicht sagen“, sagt Rupp am Telefon. Ein Kurzschluss. Er
möge den Ausdruck Titten selbst nicht. Weshalb er Suding umgehend um
Entschuldigung bat, was sie akzeptierte. Allerdings: „Von meiner Kritik an der
FDP-Kampagne lasse ich nicht ab.“
Rupp
war im Grunde der Allerletzte, der der FDP und ihrer Spitzenkandidatin vorwarf,
mit „gutem“ Aussehen Wahlkampf zu machen. „Der Verdacht, dem Äußeren mehr als
den Inhalten verpflichtet zu sein“ – mit solchem Blabla wurden die Seiten drei
gefüllt, also das Heiligtum des Qualitätsjournalismus. Die Welt fragte: „Mehr
als Bein und Busen?“ Bildunterschrift: „Voller Körpereinsatz“. [….]
Suding ist ein political
correctness-Alptraum.
Sie
wirkt sehr weiblich und betont ihre feminine Reize offensiv mit recht
freizügigen Bildern.
Das
ist verpönt, aber wirksam.
Suding
nimmt man es besonders übel, weil sie sich, so gar nicht dem Klischee von der
weiblichen Einfühlsamkeit entsprechend mit rüden Methoden an die Spitze der
Hamburger FDP gepoltert hatte. Dabei entstand viel böses Blut; einige
Vorgänger und Elbliberale Granden waren so empört, daß sie aus der Partei
austraten.
Zudem
tat Suding im Jahr 2012 etwas, das Konservative immer noch gar nicht gerne bei
Frauen sehen: Ihrer Karriere opferte sie ihre Ehe. Sie verließ nicht nur ihren
Mann, sondern übergab auch ihre beiden kleinen Söhne dem Ex-Mann, weil sie
keine Zeit mehr habe Mutter zu sein und sich um die Politik kümmern wolle.
Nun
ja, zeitlich passte schon noch ein Mann in ihr Leben, aber eben keine zwei Kinder.
Das posaunte Suding in dem ihr eigenen exhibitionistischen Stil über die yellow
press aus.
[…..] Katja Suding schwer verliebt „Udo hat so schöne breite Schultern“
Die
meisten Politiker schweigen sich lieber über ihr Liebesleben aus – nicht so
Katja Suding (40). Die FDP-Lady schwebt seit einigen Wochen mit Ex-Tennisprofi
Udo Riglewski (49) auf rosaroten Wölkchen und lässt alle an ihrem Glück
teilhaben. „Er hat so schön breite Schultern“, antwortet sie lachend im
„Gala“-Interview auf die Frage, warum er der Richtige ist. [….]
Man kann
Sudings Verhalten natürlich nicht kritisieren, ohne als Heuchler dazustehen, da
männliche Politiker sich alle Augenblick scheiden lassen, die lästigen Blagen
bei der Ex parken und sich dann eine jüngere und schönere Neu-Frau suchen.
Warum
soll sich eine Frau in der Politik nicht das Recht nehmen so zu handeln wie
ihre männlichen Kollegen?
Als
Feminist kann man Suding nicht kritisieren, aber es ärgert eben doch, daß sie
mit völliger Inhaltslosigkeit und hübschen Model-Bildern so erfolgreich ist.
Selbst in den üblen Bergab-Jahren 2010-2014,
als die FDP im freien Fall aus fast allen Landtagen flog, stach Suding mit
guten Ergebnissen in Hamburg hervor.
Eine
Null-Themen-Partei ohne politische Agenda ist eben immer noch sympathischer als
die Lobby-Partei FDP auf Bundesebene, die maßgeschneidert nach Parteispenden
für Pharmaindustrie, Hoteliers oder Automatenkönige Gesetze machte.
Suding
macht, was funktioniert. Kann man ihr das vorwerfen?
Ist es
nicht tatsächlich eher dumm stoisch und seriös Programme zu erarbeiten, in
einer Koalition (2013-2017) abzuarbeiten oder dem Wähler wie Lafontaine 1990 oder
Steinbrück 2013 offen und ehrlich Fakten zu nennen, wenn man dafür brutal abgestraft
wird und wolkige Wischiwschi-Mauschelpartei CDU mit Rekordergebnissen bedacht
wird?
Christian
Lindner, neuer Posterboy der FDP erkennt ebenfalls an wie die Deutschen ticken.
Mit seinen Ausflügen in den braunen Sumpf, rechten Sprüchen, die Alexander Gauland liberal wirken ließen, erbettelte sich Lindner erfolgreich
Aufmerksamkeit und startete flugs eine persönliche Mr-Germany-Kampagne, die ihn
in alle erdenklichen Posten geworfen in edlen Schwarzweiß-Bildern zeigt. Der
hübsche Lindi ist nun omnipräsent. Ich staune immer noch, wie massiv mir in den
sozialen Netzwerken Lindnerbilder entgegenspringen.
Natürlich
gibt es dabei viel Satire, aber auch das multipliziert Lindners Kampagne.
Der Mann
ist ohne Programm und ohne es verdient zu haben schon so gut wie der nächste
deutsche Vizekanzler mit einer FDP, die um die 10% liegt. Warum bloß?
Aussehen
ist alles.
Insbesondere,
wenn die an ihren Smartphones klebenden Jungwähler nur noch mit Mühe länger als
30 Sekunden konzentrieren können, keine Hintergrundartikel mehr lesen und immer
schneller bunte Bilder wegwischen.
[….]
Bei vielen Jungwählern ist laut Forschern
die körperliche Attraktivität von Politikern ein entscheidendes Kriterium.
"Jungwähler
bewerten Politik anhand ästhetischer Kategorien. Sie sind sehr stark
Augenmenschen und wollen Erkenntnisse durch bildliche Wahrnehmung
gewinnen", sagte der österreichische Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier
der Deutschen Presse-Agentur. Bei einer repräsentativen Umfrage seines
Meinungsforschungsinstituts "tfactory" im Vorfeld der Wahlen in
Österreich habe sich die Macht der Optik bestätigt. "Die starke
Verkörperlichung des Politischen hat einen neuen Idealtypus hervorgebracht: den
Slim-Fit-Warrior."
In Österreich
verkörperten die sichtbar fitten Spitzenkandidaten Christian Kern (SPÖ) und
Sebastian Kurz (ÖVP) diesen Typus. "Kurz und Kern symbolisieren den
schlanken, neuen, liberalen, beweglichen, hochgradig individualisierten
Kapitalismus", meinte Heinzlmaier. Bei politischen Inhalten müssten die
meisten Befragten passen, aber ob jemand modern und modisch sei, wüssten sie
ganz genau, so der Forscher. "Sie beurteilen immer das, was oberflächlich
wahrnehmbar ist."
Der 30-jährige Kurz
hat laut Umfrage die Nase bei den Jungwählern vorn. [….]
Die
politbefreiten Schlanken mit den Gardemaßen, hippen Klamotten und hohlen
Sprüchen sind wiedererkennbar.
Keiner
interessiert sich für zahlenfixierte Mittsechziger mit 1970er-Brille aus
Würselen, wenn Lindi wie in der heißen Davidoff-Werbung aus den 1980ern wirbt.
Schön
muss man sein!
Aussehen ist dem jungen Wähler von heute wichtiger als Inhalt.
Aussehen ist dem jungen Wähler von heute wichtiger als Inhalt.
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