Wenn man
so viele Zeitungen liest wie ich, wird es auch zur abendfüllenden Beschäftigung
sich über „den Journalismus“ zu ärgern.
Ich kann
es nicht leiden, wenn man mit Déjà-vus konfrontiert wird, denkt daß man
den Artikel doch kürzlich schon mal gelesen hat und dann mit etwas Grübeln
feststellt, daß der SZ-Mann einfach nur das wiedergegeben hatte worüber zwei
Wochen zuvor schon Newsweek ausführlich berichtete.
An
dieser Stelle fragen mich dann die usual suspects wieso ich überhaupt so viel
Geld für die Printabos ausgebe; man könne doch auch online alles lesen.
Aber das
ist eben genau falsch. Da es über Twitter, Facebook und Co eine so gewaltige
Menge von Informationen gibt, die ungefiltert durch die Welt sprudeln, ohne daß
sich die Multiplikatoren noch die Mühe geben die Quelle zu prüfen, tauchen auch
all die Enten von Kopp, DWN, RT oder Focus Online auf dem Schirm auf.
Um sich
dieser gewaltigen Meldungsflut zu erwehren, schränkt jeder Internetler seine
Zuträger ein.
Und dazu juckt es auch in den Fingern.
Wenn Anne Will, wie jetzt im Moment den Rassisten Gauland und den Pegida-Freund Prof Patzelt den roten Teppich ausrollt (dieses Jahr hatte sie zweimal Trixi Storch und einmal Frauke Petry ebenfalls schon eingeladen), kann man das völkische „Man wird doch wohl nach sagen dürfen….“-Twitterfacebook-Rauschen kaum ertragen und möchte solche Stimmen nur noch blockieren.
Und dazu juckt es auch in den Fingern.
Wenn Anne Will, wie jetzt im Moment den Rassisten Gauland und den Pegida-Freund Prof Patzelt den roten Teppich ausrollt (dieses Jahr hatte sie zweimal Trixi Storch und einmal Frauke Petry ebenfalls schon eingeladen), kann man das völkische „Man wird doch wohl nach sagen dürfen….“-Twitterfacebook-Rauschen kaum ertragen und möchte solche Stimmen nur noch blockieren.
Pegidioten
verfahren genauso und werden Meinungsäußerungen von Linken und
Grünen abknipsen.
Am Ende
befindet sich jeder in seiner selbst kreierten Informationsinzestblase, in der
alle gleich denken.
Man gewöhnt sich schnell daran, daß alle anderen Multikulti genauso hassen wie man selbst und glaubt tatsächlich beim Abfackeln einer Flüchtlingsunterkunft nur den Willen der Mehrheit exekutiert zu haben.
Man gewöhnt sich schnell daran, daß alle anderen Multikulti genauso hassen wie man selbst und glaubt tatsächlich beim Abfackeln einer Flüchtlingsunterkunft nur den Willen der Mehrheit exekutiert zu haben.
Umgekehrt
denken die Linken, daß Trump und Seehofer von jedem genauso verachtet werden,
wie man sie selbst verabscheut.
Norbert
Hofer. Was für eine verlogene Witzfigur. Den kann ja keiner wählen.
Bis dann
das böse Erwachen am Wahlabend kommt, in Bayern schon wieder die CSU mit
absoluter Mehrheit regiert, die FPÖ um ein Haar die 50% erreicht und an den 08.11.2016 will ich gar nicht denken.
Diesen
Informationsinzest gilt es also zu vermeiden und dafür ist der klassische
professionelle Journalismus unabdingbar.
Die
gatekeeping-Funktion muß jemand ausfüllen.
Bestes
Bespiel dafür sind die „Panama-papers“
mit einem Umfang von 11,5 Millionen Dateien, also 2,6 Terabyte = 2,6 Millionen
Megabyte.
Es ist
nicht möglich sich selbst ein Bild zu machen, wenn überall in der Welt einzelne
Sätze als Originalzitate kursieren.
Es
erfordert vielmehr eine große Anzahl Profi-Journalisten, die über eine lange
Zeit das gesamte Material sichten und dann objektiv darüber berichten.
Man kann
ebenso wenig alle Gesetzesentwürfe des Bundestages selbst lesen, alle
Bundestagsdebatten-Protokolle nachlesen und jedes Parteiprogramm analysieren;
zumindest nicht, wenn man es nicht hauptberuflich tut.
Man ist
auf Journalisten angewiesen. Journalisten müssen gut bezahlt werden, weil sich
ihre zeitaufwändige Arbeit sonst nicht lohnt.
Schlecht
bezahlter Journalismus wird zu schlechtem Journalismus, weil unter Zeit- und
Gelddruck statt der teuren und zeitraubenden Dokumentarabteilung nur das
billige, schnelle Wikipdedia zum Factchecking verwendet wird.
Investigative
Recherche bedeutet eben nicht googlen, wie man es für Blogs tun kann, sondern
hinfahren, persönlich ansehen, selbst nachfragen.
Schließlich
muß man als „User“ seinen Journalisten vertrauen.
Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem es
gerade nicht darauf ankommt jemand zu finden, der das schreibt, was man gern hört.
Man muß
die Autoren, Kolumnisten und Reporter gut kennen und sie gewissermaßen durch
Kollegen anderer Presseorgane immer wieder eichen.
Es ist
wichtig die Journalisten, auf die man sich verlässt auch bis zu einem gewissen
Grad als Persönlichkeit einschätzen zu können.
SZ-Autor Matthias Drobinski ist sicher ein honoriger Mann, der nicht
auf den Kopf gefallen ist, aber man muß wissen, daß er ein frommer und
überzeugter Katholik ist und seiner Kirche nie so objektiv gegenüberstehen
wird, wie er es als Kirchenjournalist eigentlich sollte.
Gerade in
den letzten Wochen hatte ich verstärkt das Gefühl, der klassische
Qualitätsjournalismus besinne sich mehr auf die eigenen Stärken, statt im
flachen Gezwitscher mitzuspielen.
Richtig
auffallend wie oft die viel kritisierten Jungs von SPON wirklich sehr gute und
nachdenkenswerte Kolumnen online stellten.
Popp,
Augstein, Pitzke und Diez fabrizieren jede Menge Texte, die ich gerne und überzeugt weiterempfehle.
Journalistisch
hätte eigentlich ein schönes Wochenende vor mir liegen sollen, als ich gestern die Titelgeschichte des SPIEGELs über das
zerrüttete Verhältnis zwischen CSU und
CDU zur Hand nahm und dazu auch noch den SZ-Leitkommentar von Heribert Prantl
las.
Mein
Leib- und Magenthema. Innenpolitik und Parteipolitik. Das sollte ein Spaß
werden.
Aber was
für eine Enttäuschung!
Keinerlei
Neuigkeiten in beiden langen Artikeln.
Ralf
Neukirch und René Pfister vom SPIEGEL erklären wie wütend Seehofer immer noch
ist, daß er 2004 als gesundheitspolitischer Sprecher zum Rücktritt gezwungen
wurde, weil Merkel ihre Gesundheitsprämie durchsetzte.
Dann
kämen die Demütigungen durch die gescheiterten CSU-Projekte Herdprämie und
Antiausländermaut hinzu, die dazu führten, daß Seehofer um seine Macht bange,
weil Söder ihm im Nacken säße.
Als
Konsequenz mache er Opposition gegen die Koalition, weil das schon immer
geholfen habe, sie CSU-Reihen zu schließen.
Da kam
die „Flüchtlingskrise“ gerade recht, um ein Thema zu finden, mit dem sich die
Bayern von Merkel absetzen konnten.
Nun gäbe
es die CSU-Lesart der Linkskurs der CDU habe Platz für die AfD geschaffen und
die CDU-Lesart, der Rechtskurs der CSU habe die AfD erst hoffähig gemacht. Im
Übrigen spreche man nicht genügend miteinander, sondern nur übereinander.
What
else is new?
Prantl
fügt in seiner SZ hinzu, daß CSU und CDU Merkmale einer zerrütteten Ehe
aufwiesen. Seehofer wolle da raus, sich aus Merkels Umklammerung befreien,
hadere aber damit zu wissen, daß der Schaden den Nutzen überwiege.
[….]
Angela Merkel steht da ja schon seit 16
Jahren - aber erst in jüngerer Zeit ist ein Zustand eingetreten, der sich nicht
mehr als neckisch-produktiver Antagonismus, nicht als bloßes Zerwürfnis,
sondern als Zerrüttung beschreiben lässt. Bei klassischen Ehen denkt man bei
diesem Wort an Scheidung. Zerrüttung heißt: Das Gefühl der inneren Bindung ist
verloren gegangen.
In einem solchen Fall
gibt es im Familienrecht Möglichkeiten, die eine Scheidung auch ohne vorherige
Einhaltung einer Trennungszeit ermöglichen: bei "Unvereinbarkeit der
Charaktere", "dauerhafter Lieblosigkeit" und bei "Misshandlungen".
All das lässt sich derzeit im Verhältnis von CSU und CDU und in den
Dauerattacken von Seehofer gegen Merkel finden. [….]
In
diesen Sätzen spricht der Feuilletonist und ehemalige Richter Prantl.
Hübsch
formuliert.
Leider auch ganz ohne Erkenntnisgewinn.
Aber
morgen kommt ja wieder eine neue SZ….
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