Sonntag, 1. Mai 2016

Impudenz des Monats April 2016



Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.

Impudenz des Monats sind all die „bürgerlichen“ Politiker, die aus Angst vorm Wähler rechts blinken und dafür am Wahltag von den richtig Rechten überholt werden.

Die Republik Österreich, das kleine sympathische Land am Rande Bayerns wird gewohnheitsmäßig von einer nicht mehr allzu großen Koalition aus SPÖ und ÖVP regiert.
Seit gut zwei Jahren ist die Regierung „Faymann II“ im Amt.
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) ähneln mit ihrer Hasenfüßigkeit ein bißchen der deutschen GroKo, ohne daß einer der beiden über den Machtinstinkt einer Angela Merkel verfügte.
Beide an der Regierung beteiligten Parteien verhalten sich wie rotes und blaues Wachs im Ofen. Sie schmelzen ab, während sich eine braune, amorphe Masse um sie herum bildet.
Mit knapp 27% (SPÖ) und knapp 24% (ÖVP) beeindruckte das Wahlergebnis der beiden Großen von 2013 ohnehin wenig; würde heute gewählt, wäre die rechtspopulistische FPÖ mit Abstand stärkste Partei.

Wie haben die das eigentlich hinbekommen?
Offensichtlich lernt man eben nicht aus der Geschichte.
Österreich war mal eine Weltmacht und erlebte seine absolute Blütezeit als Multikultistaat. Damals sprach man in Wien genauso selbstverständlich deutsch wie kroatisch oder ungarisch. Nie erblühte die Kultur so sehr wie im multikulturellen Österreich.
Inspiriert von einem besonders berühmten Landsmann probierten die Österreicher im 20. Jahrhundert das Gegenteil von Multikulti, nämlich den totalen Nationalismus und ernteten dementsprechend auch den totalen Niedergang.

Statt also Konsequenzen zu ziehen und sich gegen das Wiedererstraken von Nationalismus und Xenophobie zu stemmen, brunzen sich die österreichischen Bundespolitiker in die eigenen Hosen, weil sie aus lauter Angst vor den FPÖ-Blitzbirnen die Kontrolle über ihre Peristaltik verlieren.
In vorauseilendem Gehorsam drehten sie das Steuer auf ganz rechts, schlossen die Grenzen, kopulierten mit Orban und wollen nun auch mit dem Brenner Europas Nabelschnur kappen.
Im Ergebnis wird völkisches und rechtsradikales Denken hoffähig gemacht.
Daher gewann am 24.04.2016 FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer 35% und ließ alle anderen Parteien weit hinter sich.

Politiker müssen nicht so sein wie Seehofer. Auch nicht in der „Flüchtlingskrise“, wenn Bischöfe und Kardinäle für Abschiebung und Härte plädieren.
Michael Häupl, der Wiener Bürgermeister, hat es gestern vorgemacht: Mit einem klaren Kurs gegen Fremdenfeindlichkeit setzte er sich durch, während die CDU-Schwester ÖVP, die sich wie Seehofer an die Rechtsradikalen rangewanzt hatte, am Ende bei unter 10% landete. Endlich einstellig.

Politiker haben diese Lenkungsfunktion und können, sofern sie über Moral verfügen, anders als Seehofer auch in die richtige Richtung lenken.

Es gibt unbestreitbar eine Gefahr von rechts, überall in Europa (bis auf Spanien) blühen nationalistische, xenophobe, misogyne, homophobe, antieuropäische, islamophobe und antisemitische Parteien.

Wieso scheint es ein Naturgesetz zu sein, daß sich die „Parteien der Mitte“ manisch dem rechten Pöbel andienen wollen, Zugeständnisse machen und nationalistische Politik imitieren?
Könnten sie nicht AfD, FN, FPÖ, Jobbik, PVV (Wilders) so scharf verurteilen, wie sie das üblicherweise mit kommunistischen Parteien machen?

Die FPÖ hat leichtes Spiel
 [….]  Weil es UN-Generalsekretär Ban Ki Moon war, der am Donnerstag im Nationalrat in Wien eine Rede hielt [….]  hatte sich auf der Regierungsbank das ganze Kabinett versammelt.
Vom sozialdemokratischen Kanzler über den konservativen Vizekanzler bis zu jenen Minister, die die Schließung der Balkanroute organisiert und die Sperren am Brenner vorbereitet haben, wurde beifällig genickt und applaudiert. Es waren dieselben Menschen, die tags zuvor ein Asylgesetz befürwortet hatten, mit dem eine "zunehmend restriktive Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik" in Österreich fortgesetzt wird. Beschlossen wurde es, mit großer Mehrheit, in jenem ehrwürdigen Haus, in dem unter den Habsburgern ein Vielvölkerparlament getagt hatte.
Nationale Interessen müsse man kompromisslos vertreten, weil Brüssel beim Schutz der Gemeinschaft scheitere, argumentiert die Regierung. Bei der FPÖ heißt das gedankengleich, nur knapper: Österreich zuerst. [….] Mit einer solchen Abschottungspolitik ist Österreich nicht allein. Und in einem Staat, der sich als Ziel der Sehnsüchte vieler Migranten überfordert sieht, kann über eine restriktive Zuwanderungspolitik durchaus sachlich argumentiert werden. Aber die Debatte wird nicht mehr sachlich und auf Ausgleich bedacht geführt. Das rot-schwarze Establishment fühlt sich von den Rechtspopulisten getrieben. [….]  Hier manifestiert sich exemplarisch jener Bruch, der nicht nur Österreich, sondern auch viele andere EU-Staaten im Inneren spaltet: Politik ohne Anspruch und Vision, als Erfüllungsgehilfin all jener, die Europa schon als gescheitert ansehen - das führt zu einer Entfremdung der Zivilgesellschaft und legt eine weit tiefere Verunsicherung bloß, als sie mit der Flüchtlingskrise allein begründet werden kann. [….][….]

Man stelle sich vor CDU, FDP und SPD hätten in den 1970ern und 1980ern wöchentlich betont, man müsse die Anliegen der RAF-Anhänger endlich ernst nehmen und dann schon mal angefangen die Wünsche Christian Klars und Brigitte Mohnhaupts umzusetzen, indem nach RAF-Vorstellungen am Grundgesetz gerüttelt würde.

Klingt absurd, aber der rechte Terrorismus forderte sehr viel mehr Todesopfer als die RAF und deren Vorstellungen von Abschaffung des Asylrechts und Ausländerdrangsalierung werden bereits umgesetzt.

Die deutsche Bundesregierung läßt die Menschen, die sich gegen rechts engagieren allein, kooperiert mit Folterregimen und setzt einfach voraus, daß jeder sich wünsche weniger Ausländer um sich zu haben.

Der deutsche Innenminister schürt sogar absichtsvoll mit klaren Lügen xenophobe Vorurteile, die gesamte CSU kopiert AfD-Politik und je hetzerischer Rechte daher plaudern, desto intensiver werden Storch, Scheuer, Söder, Bosbach und Sarrazin von MaischbergerWillIllnerLanz an ihre Brust gedrückt.

Man stelle sich vor die gesamte politische Klasse des Bundes setzte sich jeden Tag für den Zuzug neuer Mitbürger ein, klärte über die ökonomische Notwendigkeit und menschliche Gebotenheit dieser Politik auf.

Aber nein, die herkömmlichen Parteien päppeln die Rechten erst auf und wundern sich anschließend, wenn sie von ihnen überrollt werden.

Barack Obama unterlag vom Anfang seiner Amtszeit an einem ähnlichen Denkfehler.
Ich glaube, er empfand sich sogar selbst  - schwarz, liberal und Irakkriegsgegner – als Zumutung für das Establishment.
Statt also seine exekutive Gewalt und die legislativen Majoritäten zu nutzen, war auch er von dem Wahn besessen den rechten Republikanern Wünsche zu erfüllen.
Statt also gleich von Anfang an knallhart seine für amerikanischen Verhältnisse linken Ambitionen (Krankenversicherung, Schwulenrechte, Folterverbot, ..) durchzusetzen, eierte er in gebückter Haltung vor der GOP.
Der Erfolg: Die GOP wurde stärker, holte sich die Mehrheiten in beiden Kammern, wurde durch die Teebeutel noch deutlich rechtsextremer und zu allem Übel blieben dann die ursprünglichen „linken“ Anhänger Obamas auch enttäuscht zu Hause.

Ja, Gabriel, wenn man es der AfD recht machen will, muß man sich nicht wundern, wenn die braunen Brechmittel in den Ländern die SPD überholen und die Sozis nicht mehr zur Wahl gehen.

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