Leider
erlauben meine technischen Möglichkeiten mir immer noch nur CNN im TV zu sehen.
Zu gerne würde ich auch andere amerikanische Newssender gucken, aber über das Internet
klappt das nicht.
Die
guten Jungs und Mädels wie Rachel Maddow und Bill Maher bekomme ich
paradoxerweise immer erst verspätet und eingeschränkt in Form von
Videoschnipseln auf Facebook und Youtube mit, so daß die Information via
Internet immer veraltet sind.
Über
mein SZ-Abo bekomme ich einmal wöchentlich den politischen Teil der New York
Times, aber für ganz aktuelle Informationen finde ich die Online-Auftritte der
renommierten US-Tageszeitungen erstaunlich benutzerunfreundlich.
Von den
deutschen TV-Nachrichtenredaktionen ist man gewöhnt wie zum Beispiel bei www.tagesschau.de
sehr aktuell über weltweite News informiert zu werden.
www.cnn.com kann da nicht mithalten. CNN ist
eben mehr eine Infotainment-Angelegenheit mit kurzen Videoschnipseln, endlosen
Trailer-Blocks und Anchors, die selbst die Stars sind und nicht wie in ARD und
ZDF erwünscht, eher hinter den Nachrichten selbst zurückstehen.
Dabei
gibt es durchaus CNN-Anchors, die mir zumindest nicht unangenehm sind.
Anderson
Cooper, Don Lemon oder Chief International
Correspondent Christiane Amanpour sind keine Deppen; die verstehen schon ihr
Handwerk.
Cooper
und Lemon betreiben aber auch ein sehr amerikanisches Spiel. Jede TV-Debatte
wird schon Tage vorher mit einer großen Countdown-Einblendung dramatisch
angekündigt – noch 47 Stunden, 26 Minuten und 14 Sekunden bis zur Demokraten-Debatte.
Die
anschließende Analyse erfolgt fast ausschließlich auf taktischer Ebene. Wer
konnte wen überzeugen, wer seine Anhänger mobilisieren, wer sah schlecht aus?
Dazu
gibt es eine Flut von Polls und Schalten zu Referenz-Zuschauern, die verkabelt
in einem Raum hocken und im Sekundentakt physisch auf die Aussagen in den
Debatten reagieren. Once
again, we've gathered a virtual group of undecided…
Königsdisziplin
ist aber die große Expertenrunde, in der gerne mal bis zu acht Leute
zusammengeschaltet werden.
Diese
sogenannten „experts“ sind aber bei näherem Hinsehen bloß Fans der jeweiligen
Protagonisten und Parteien. Ein paar Demokraten-Vertreter hocken bei ein paar
GOPer Fans und dann wird von dem eigenen Kandidaten geschwärmt.
Immer
ausgewogen, einer rechts, einer links.
Geht es
um eine GOPer Debatte, sind die
Experten-Runden anschließend auch nur mit GOPern besetzt – ein Trump-Supporter,
ein Cruz-Adviser, etc pp.
So läuft
es auch bei anderen Themen. Kommt es mal wieder zu einer Schießerei in der
Schule, werden anschließend ein NRA-Vertreter und ein Gun-Gegner interviewt.
Es wird
gesendet was spektakulär ist.
The GOP establishment's bloodbath in New Hampshire – heißt beispielsweise eine
aktuelle CNN-Story.
Trump
erschien nicht zur letzten GOPer Debatte, weil er die FOX-Moderatorin Kelly nicht
leiden kann. Das wurde stundenlang auf CNN mit Trump-Fans und Trump-Gegnern
diskutiert. Gewonnen hatten erstere, weil ihr Mann eindeutig die Medien
beherrschte, während Jeb Bush oder Carly Fiorina keine Chance hatten auch nur
erwähnt zu werden. Gewonnen hatte auch FOX, die ihr Glück gar nicht fassen
konnten, so viel kostenlose Werbung zu bekommen.
Es ist
also innenpolitisch ordentlich was los aus Sicht der amerikanischen Newssender.
Man
bewegt sich aber nur innerhalb des gewohnten Koordinatensystems.
Wer ist
wie weit rechts oder links?
Wer wird
von wem unterstützt?
Wer hat
wie viel Geld für die Kampagne?
Wer kann
bei den Umfragen überzeugen?
Es steckt
an so zu denken.
Ich
werde selbstverständlich die Demokraten wählen (weil es de facto nur zwei
Parteien gibt und ich nicht die GOP wählen kann). Also wird mein Kreuz Mrs
Clinton oder Mr. Sanders bekommen. In den Vorwahlen gibt es für mich nur das
Kriterium wer den GOPer Kandidaten schlagen kann. Ich will unbedingt einen
Präsidenten Cruz oder Trump oder Rubio verhindern, weil ich es für
brandgefährlich halte solche Typen ins Oval Office zu lassen. Das sind irre
Kriegstreiber, für die auch Foltermethoden ganz natürliche Mittel der Politik
sind.
Bisher
glaube ich, daß Hillary Clinton bessere Chancen hat zu gewinnen, weil sie
knallhart ist, über gewaltige Ressourcen verfügt und offensichtlich über die
Fähigkeiten verfügt ein hohes politisches Amt zu übernehmen.
Außerdem
hat sie ja Bill dabei und der ist meiner Ansicht nach einer der
intelligentesten Männer, den die USA in den letzten 50 Jahren hervorgebracht
haben.
Ich habe
einfach Angst, daß Senator Sanders zu sehr polearisieren könnte, daß am Ende
die Republikaner gewinnen. Also lieber Clinton.
Es ist einer der
ältesten Tricks aus dem Koffer der konservativen Kommentatoren, das
Links-Rechts-Spiel, und es ist deshalb so frustrierend, weil es so
offensichtlich manipulativ ist und ausschließlich dazu dient, linke Positionen
zu entkräften.
Man kann das jetzt
gerade wieder beobachten. Ist etwa Bernie Sanders ein "Populist"?
Warum genau? Weil er die Reichen stärker besteuern will?
Aber wenn sogar die
Superkapitalisten von Goldman Sachs daran zweifeln, dass der Kapitalismus in
der gegenwärtigen Form besonders gut funktioniert, weil er in den westlichen
Industriestaaten vor allem wachsende Ungleichheit produziert - sind dann auch die
Finanzmillionäre Populisten?
Bernie Sanders sei
gegen "das Establishment", wird in den Leitartikeln und Kommentaren
wie unter Hypnose wiederholt: Aber seit wann wäre das ein politisches Argument?
Und vor allem: Seit
wann wäre es die Aufgabe der Presse, "das Establishment" zu stützen?
Es gibt
aber auch eine Menge Dinge, die in der amerikanischen Politik, bzw der Berichterstattung
über Politik gar keine Rolle spielen.
Nahezu
irrelevant ist beispielsweise der Sinn
der sogenannten Inhalte.
Es wird
abgefragt wer am stärksten gegen Abtreibung ist, wer wie radikal gegen die
Homoehe spricht, wer wie rabiat Obamacare schleifen würde.
Man
überbietet sich mit Bekenntnissen für oder gegen Waffen, für oder gegen den
Einsatz von Bodentruppen in Syrien.
So hat Marco Rubio beim Versuch die beiden
Rechtsaußen Trump und Cruz nicht davonziehen zu lassen seine Ablehnung der
Schwangerschaftsunterbrechung bis zum äußersten Rand radikalisiert.
Auch bei Inzest und Vergewaltigung müßten
Abtreibungen streng verboten sein.
Damit
macht Rubio noch einige Schritte auf der Rechts-Links-Achse des Koordinatensystems
und versucht weitere Wähler zu erschließen, die bisher bei Cruz hafteten.
Tatsächlich zeigt sich
in all diesen Links-Rechts-Texten der vergangenen Wochen eine entpolitisierte
Sicht auf Politik, die gewollt ist und eingeübt: Statt um Argumente geht es um
Geometrie, statt um Inhalte geht es um Mehrheiten, statt um Visionen geht es um
Verteidigung dessen, was man hat.
Es gibt sie aber immer
noch, die Unterschiede zwischen rechten und linken Argumenten.
Und so ist Trump eben
das Gesicht eines radikalen, dummen und egoistischen Kapitalismus und Sanders
das Gesicht eines durchaus bescheidenen und wenig revolutionären Versuchs,
diesen Kapitalismus wieder gerechter zu machen.
Wie, um Himmels Willen,
kann man die zwei auf eine Art und Weise vergleichen? Wo am Ende sogar
rauskommt, dass sie beide vor allem eines seien: Populisten?
Das ist das Gegenteil
von gutem Journalismus, das ist Nebelwerferei.
Es
spielt aber keine Rolle, ob schärfere Gesetze tatsächlich zu weniger
Abtreibungen führen – Europa zeigt eher einen umgekehrten Zusammenhang.
Es
spielt auch keine Rolle, ob es überhaupt wünschenswert ist eine vergewaltigte
Frau gegen ihren Willen dazu zu zwingen das Kind ihres Vergewaltigers
auszutragen.
Es spielt
auch keine Rolle, ob Obamacare sinnvoll ist, ob es vielleicht einen positiven
Effekt haben könnte die Waffengesetze zu verschärfen und was damit gewonnen
wäre tausende verheiratete gleichgeschlechtliche Paare zwangszuscheiden.
Die
amerikanische Debattenkultur ist im Wahlkampf nicht lösungsorientiert, sondern
beschränkt sich darauf sich möglichst extrem zu positionieren.
Wer
bepöbelt den Iran, Putin und Nordkorea am lautesten, wem gelingt die
affirmativste Schleimerei gegenüber Israel.
(Und unglücklicherweise
ist in Amerika immer Wahlkampf, da alle zwei Jahre nationale Wahlen
stattfinden, bei denen jedes Mandat so viel (Wahlkampf)-Geld kostet, daß alle
Bewerber kontinuierlich Geld einsammeln müssen, wenn sie nicht wie Trump oder
Bloomberg oder Perot über genügend eigene Milliarden verfügen.)
Die
Medien bewerten wie klar sich ein Kandidat positioniert, recherchieren ob sich
die Positionen verändert haben - Gott
bewahre die Staaten vor einem Flippflopper, denn seine Meinung zu ändern ist
der größte denkbare Frevel im Rechtslinks-Koordinatenschema.
Und wenn
Inhalte nun mal irrelevant sind, wird so etwas relevant:
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