Mali ist
dieser große westafrikanische Binnenstaat mit der charakteristischen Form. Im
Nordosten hat das Land, das fast viermal so groß wie Deutschland ist, im
rechten Winkel noch ein Sahel-Dreieck angesetzt.
Da ist
aber wirklich Wüste und insgesamt leben im dem Riesenstaat weniger als 15
Millionen Menschen. Das sind gerade mal 12 Einwohner pro km². Obwohl
Deutschland ja auch diesen extrem dünn besiedelten Nordosten hat, in dem
niemand freiwillig leben will, bringt es Merkelland auf 227 Einwohner pro km².
Passionierte
Afrika-Touristen lieben Timbuktu, die "Perle der Wüste", wegen ihrer
sagenhaften Lehm-Moscheen und Mausoleen, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehören.
Moschee in Djenna |
Gute 50
Jahre nach der Unabhängigkeit von Frankreich schien das bitterarme und
multiethnische Land endgültig verloren, als 2012 Islamisten aus Libyen zusammen
mit Tuareg-Stämmen den gesamten Norden Malis überrannten und für den Azawad die Unabhängigkeit ausriefen.
Für
Europa ist Elend in Afrika generell eher uninteressant. So richtig mag sich
niemand um die millionenfachen Morde im Kongo, Burundi, Uganda oder die failed
States Ostafrikas – Südsudan, Somalia und Eritrea kümmern.
Mali
erregt viel mehr Aufmerksamkeit, weil es traditionell eine Transitfunktion nach
Nordafrika und die Mittelmeerküste bildet. Aus Zentral- und Südafrika kommend
reisen Migranten via Agadez (Niger) nach Mali, um dann die Sahara zu
durchqueren.
Afrikaner
will die EU allerdings unter gar keinen Umständen bei sich aufnehmen und
schließt daher mit den miesesten Despoten Geschäfte, die man nur als eine Form
von Menschenhandel betrachten kann.
Sie
bekommen Geld aus EU-Töpfen, wenn sie die Menschen einsperren und/oder
versklaven; Hauptsache, sie kommen nicht mehr bis zum Mittelmeer.
Mit den Sonntagsreden Merkels, Gaucks und Steinmeiers,
die angeblich etwas dafür tun wollen, daß die Menschen gar nicht erst aus ihren
Heimatländern fliehen müssen, hat das so gar nichts zu tun
Es ist ein ganz
absurder Vorgang, dass die EU, die ja wirklich auf den Menschenrechten
aufgebaut ist, sich mit Staaten an einen Tisch setzt, die für Menschenrechtsverletzungen
in höchster Weise verantwortlich sind.“
Zum Beispiel Eritrea.
Der Menschenrechtsbericht der Bundesregierung spricht von einem
„diktatorischen“ Regime, von einem Machthaber, der die eigene Bevölkerung
massiv unterdrückt. Vor wenigen Wochen veröffentlichen die Vereinten Nationen
einen Bericht über die Situation dort. Von einem repressiven System ist die
Rede. Menschen würden dort willkürlich verhaftet, gefoltert, verschwänden
spurlos und würden ohne Gerichtsurteil hingerichtet. Scharfe Kritik am Regime
in Eritrea, auch von den Abgeordneten der Regierungskoalition.
„Folter, jahrelange
Zwangsarbeit …“ „Es gibt keine Parteien, keine freien Medien, schon erst recht
keine internationalen. Keine Gewerkschaften.“ „Hinrichtung und unsägliche
Haftbedingungen.“ „Frauen und Mädchen werden innerhalb der Armee, innerhalb
dieses Dienstes als Sexsklaven gehalten.“
„Das Ziel der europäischen Politik ist es,
Flüchtlinge fernzuhalten. Koste es, was es wolle. Und es gibt keine Schamgrenze
mehr in der Kooperation. Mit einer Militärdiktatur, wie zum Beispiel Eritrea
darf man nicht kooperieren, mit dem Ziel Flüchtlinge fernzuhalten. Die Opfer
dieser Diktatur sollen in der Diktatur bleiben. Das ist das Ziel der
europäischen Regierungen.“
Und es geht nicht nur
um Eritrea. Auch die Nachbarstaaten sind offenbar enge Kooperationspartner der
EU. Zum Beispiel der Sudan. Hier soll laut Verhandlungsunterlagen sogar ein
regionales „Trainingszentrum“ etabliert werden, um Menschenhandel zu bekämpfen.
Und das, obwohl der sudanesische Diktator seit Jahren wegen Völkermords und
Kriegsverbrechen vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wird. Oder
Südsudan. Wo Hunderttausende Menschen vor Massenvergewaltigungen und
Massenerschießungen fliehen, die auch von den Regierungstruppen des
südsudanesischen Präsidenten begangen werden sollen. Ausgerechnet hier will
Europa das „Grenzmanagement“ verbessern.
Es
bleibt aber nicht nur dabei, daß Deutschland und die EU mit den Diktatoren
kooperieren, vor denen die Menschen fliehen, so daß die Horrorregime sogar noch
gestärkt werden.
Die EU
und insbesondere Deutschland gießen auch noch begeistert Öl in die
Bürgerkriegsgebiete, indem sie genau dorthin Waffen exportieren.
Der IS
schießt inzwischen mit Heckler & Koch. Merkel hat es im
Bundessicherheitsrat genehmigt.
Zurück
zu Mali.
Den von
islamistischen Tuareg gehaltenen Azawad wollte die ehemalige Kolonialmacht
Frankreich nicht akzeptieren. 400.000 Malier versuchten als Binnenflüchtlinge den
Islamisten zu entkommen.
Damit nicht noch mehr arme Menschen nach Europa ziehen, griff Frankreich im Januar 2013 nach einer UN-Resolution militärisch ein („Operation Serval“) und jagte die Rebellen aus dem Land.
Damit nicht noch mehr arme Menschen nach Europa ziehen, griff Frankreich im Januar 2013 nach einer UN-Resolution militärisch ein („Operation Serval“) und jagte die Rebellen aus dem Land.
Es kam,
wie es so oft kommt, wenn „der Westen“ in Bürgerkriege eingreift; letztendlich
führte es zu Chaos, weil es keine Strategie gab, was anschließend passieren
sollte.
Inzwischen
sind auch einige Hundert von Frau von der Leyens Jungs in Mali und wollen
Polizei und Armee ausbilden. Der deutsche Brigadegeneral Franz Xaver Pfrengle kommandiert
knapp 600 Militärausbilder aus 24 europäischen Nationen.
Ein
relativ hoffnungsloses Unterfangen.
Ähnlich
wie in Afghanistan sind die einheimischen Kräfte noch Lichtjahre davon entfernt
das eigene Land gegen islamistische Gruppen verteidigen zu können.
Um sich einen
Überblick zu verschaffen, ermitteln sie jetzt erst mal, wie viele Soldaten
überhaupt bei der Armee im Sold stehen. "Keiner weiß das so genau",
sagt er. "Manche sagen, 22 000 Mann, andere, 30 000." Pfrengle berichtet von museumsreifen
Flugabwehrraketen, für die der Kommandant alljährlich Wartungsgebühren in
Rechnung stellt. Er erzählt von Soldatensocken aus China, abgerechnet mit einem
Einkaufspreis von 30 Euro. Viele Malier im Offizierslehrgang scheitern schon am
Nato-Alphabet, weil sie nicht schreiben können. Sie sind nicht in der Lage, die
Flugbahn einer Rakete zu berechnen, weil ihnen Grundkenntnisse der Mathematik
fehlen. Es sind Männer, für die der Offiziersrang keine Verpflichtung ist,
sondern ein durch Beziehungen erkauftes Privileg.
(Der
Spiegel 48/2015 s.103.)
Aber
wieso ist die wirtschaftliche Lage Malis eigentlich so miserabel?
Wieso kann sich das Land nicht selbst ernähren, obwohl Hunderte NGOs dort engagiert sind und der Staatshaushalt schon zu 20% aus Entwicklungshilfe besteht?
Wieso kann sich das Land nicht selbst ernähren, obwohl Hunderte NGOs dort engagiert sind und der Staatshaushalt schon zu 20% aus Entwicklungshilfe besteht?
Ein
Grund liegt auf der Hand:
Auch
Mali ist eine Kleptokratie. Hunderte Millionen Euro bleiben in den Taschen
einer kleinen herrschenden Schicht hängen. Diese haben inzwischen Milliarden zurück
nach Europa auf ihre privaten Bankkonten in der Schweiz, Luxemburg,
Liechtenstein und London geschafft.
Wesentlich
verheerender ist aber die Agrarpolitik des Westens.
Merkels
EU und die USA subventionieren ihre Bauern so extrem, daß die
landwirtschaftlichen Erzeugnisse in solchen Massen und so billig auf den Weltmarkt
geschwemmt werden, daß die gesamte Agrarwirtschaft des afrikanischen Kontinents
abgewürgt wird.
Hochsubventionierte
Hühnerteile aus der EU landen in jeden Tag Tonnenweise in Zentralafrika. Kein
afrikanischer Züchter kann sich noch leisten ein einziges Huhn zu halten.
Die
EU-Regierungschefs wie Angela Merkel sind also direkt dafür verantwortlich, daß
Millionen Afrikanern aus blanker wirtschaftlicher Not nur noch die Flucht
bleibt.
Merkel
ist Miterzeugerin des Migrationsdruckes.
Hauptübeltäter
in Deutschland sind das CSU-geführte Agrarministerium und das Bundesland Bayern,
das traditionell den Bauern verbunden ist. Niemand kämpft so hart für
Flüchtlingsstrom-generierende Agrarsubventionen wie die CSU.
Daß also ausgerechnet Horst Seehofer sich als Vorkämpfer wider die Einwanderung nach Deutschland präsentiert, ist an Heuchelei nicht mehr zu überbieten.
Daß also ausgerechnet Horst Seehofer sich als Vorkämpfer wider die Einwanderung nach Deutschland präsentiert, ist an Heuchelei nicht mehr zu überbieten.
IWF und
EU machen Mali systematisch kaputt und wundern sich dann, wenn die Leute da
abhauen wollen
"Ist nicht immer
leicht", sagt [der
GIZ*-Chef in Mali Jürgen] Koch, als er am
Abend in nachdenklicher Stimmung auf einer Hotelterrasse sitzt. Die Erlebnisse
des Tages arbeiten in ihm. Er hat gehört, dass das Schulsystem in Mali einst
als eines der besten in Westafrika galt. Der Niedergang habe eingesetzt, als
die internationale Gemeinschaft in den Achtzigerjahren damit begann, dem Land
umfassende Strukturreformen zu verordnen.
Wie viele andere hoch
verschuldete Länder wurde auch Mali dazu gedrängt, seine Staatsausgaben
drastisch zu senken. Unter Aufsicht von Weltbank und IWF privatisierte die
Regierung Dutzende Staatsbetriebe, Tausende Lehrer wurden entlassen. Das Erbe
ist ein kaputter Staat, der kaum noch seinen Verpflichtungen nachkommt. Heute
erscheinen die Lehrer oft nicht zum Unterricht, weil ihre mageren Gehälter sie
zwingen, Privatstunden zu geben. Oder sie vergeben gute Noten gegen Geld.
Vielleicht könnte sich Deutschland die Soldaten sparen, wenn es mehr Lehrer
gäbe.
Der Niedergang des
Schulsystems ist nur ein Beispiel. Als der [deutsche] Bewässerungsexperte
[Matthias] Kliewe zum ersten Mal auf
einem Markt Importzucker aus Guatemala sah, fand er es so absurd, dass er ein
Foto machte. Genauso gut hätte er Hühnerfüße knipsen können oder Milchpulver,
Abfallprodukte aus hoch subventionierten deutschen Großbetrieben, die in Bamako
zu Preisen angeboten werden, mit denen kein einheimischer Bauer konkurrieren
kann. Die Baumwolle kommt oft aus den USA, wo die Regierung ihre Farmer jedes Jahr
mit rund zwei Milliarden Dollar unterstützt.
Es ist diese
Doppelzüngigkeit, die viele beklagen. Politiker, die von Entwicklung oder
fairem Handel reden, aber denen letztlich nur daran gelegen ist, neue
Absatzmärkte zu erschließen. "Was fehlt", sagt Kliewe, "ist
Kohärenz." Und solange sich daran nichts ändert, bleibt sein Kampf ein
Kampf gegen Windmühlen, egal wie gut die Excel-Tabellen aussehen. Am Ende all
dessen steht ein Verdacht: Könnte es sein, dass auch die Rede von der
Bekämpfung der Fluchtursachen nur eine Erzählung ist, die in die Irre leitet?
Dass das Interesse, das dahintersteht, eigentlich ein ganz anderes ist?
(Der
Spiegel 48/2015 s.103.)
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