Das Tu Quoque-Argument wird in Diskussionen benutzt,
wenn man dem Ausgangsargument, das einem entgegen geschleudert wird, inhaltlich
nichts entgegen zu setzen hat.
Dann beleidigt man den Kontrahenten mit einem „Du bist
genauso schlecht!“ und hofft durch die Nivellierung des Vorwurfs selbst aus der
Angriffslinie zu kommen.
Ein offensichtliches Ausweichen.
Wenn man etwas amoralisches zu verantworten hat, wird
es eben nicht dadurch besser, daß jemand anders sich genauso verderblich
verhalten hat.
Wenn man
aber immer nur auf andere zeigt und dann inverses Tu-Quoque anwendet, also
ausdrücklich zum Vergleich auf sich selbst zeigt, wird etwas Positives draus –
nämlich das immer wieder eingeforderte „vor der eigenen Haustür kehren.“
Streng
genommen ist das eigentlich genauso unsinnig.
Wenn ich
mich fortwährend darüber beklage, das der Nachbar mit 120 Dezibel Helene
Fischer aufdreht, wird es nicht weniger unerträglich, wenn mir einfällt, daß
ich vorletzte Woche mit 121 Dezibel Florian Silbereisen hörte.
Beides
bleibt natürlich eine sittenwidrige Straftat.
Übertragen
auf den außenpolitischen Diskurs ist es aber umso wichtiger immer wieder seine
eigene Position zu erden, um nicht als Heuchler wahrgenommen zu werden.
Natürlich
ist es zum Kotzen wie Schwule in Russland behandelt werden.
Aber wir
(gemeint ist: „Deutschland als Teil des Westens“) erreichen mit Anti-Putin-Sanktionen
natürlich gar nichts, wenn gleichzeitig Heerscharen westlicher Präsidenten
katzbuckelnd und ehrfürchtig nach Riad pilgern und da vor einem Regime
kriechen, das Homosexualität oder Atheismus mit der Todesstrafe belegt und
diese auch massenhaft ausführt.
„Wir“
sind dann bloß unglaubwürdig.
Uns
nimmt auch keiner ab, wir würden uns für Menschenrechte im Nahen Osten einsetzen,
wenn wir gleichzeitig Bagrahm, Abu Graib und Guantanamo errichten und zudem
immer wieder westliche Soldaten freisprechen, die mal eben aus Versehen
Massenmord an unschuldigen Zivilisten begangen haben.
Ich erinnere
an Oberst Kleins fatalen Einsatzbefehl in Afghanistan.
Interessanterweise
hat die Bundesregierung seit dem Tanklaster-Desaster vom September 2009
keinerlei strategische Veränderungen vorgenommen.
Neu ist nur,
daß der berüchtigte Oberst Klein, der den Befehl zur Bombardierung des Lasters
gab, bei dem 140 Zivilisten starben, inzwischen befördert worden ist!
Deutschlands
zweitbeliebtester Politiker, Verteidigungsminister Thomas de Maizière, machte Klein just zum General.
Der Mann hat
sich offenbar verdient gemacht.
Und wie
soll man glaubwürdig ein Ende der Korruption verlangen, wenn die korruptesten
und skrupellosesten Organisationen der Erde – FIFA und IOC – von einem
Schweizer und einem Deutschen geleitet werden?
Wir
echauffieren uns ZU RECHT über den religiösen Fanatismus der IS-Kämpfer, aber
kein europäischer Politiker findet es irgendwie erwähnenswert, daß große Teile
der Republikaner, die in beiden Kammern des US-Kongresses die absolute Mehrheit
halten, mit aller Kraft eine allgemeine Krankenversicherung blockieren, weil
sie unter anderem Krankheiten als Prüfungen Gottes ansehen, gegen die Beten
viel mehr hülfe.
Wir
empören uns über den Exodus der Christen aus der Levante und nehmen es gar nicht
zur Kenntnis, daß Papa Cruz zur Freude seines Sohnes, des Präsidentschaftskandidaten Ted
dazu auffordert alle Atheisten zu internieren.
[…] Rafael Cruz, father of Texas Senator and
Tea-Party favorite Ted Cruz, spoke recently against atheism and secular humanism.
[…]
“If there is no God, then we are ruled by our instincts,” he said. “Of
course, this leads us, when there are no moral absolutes, leads us to sexual
immorality, leads us to sexual abuse, leads us to perversion and, of course, no
hope. No hope!”
In the past, Cruz, an evangelical preacher and avowed creationist, has
claimed that God endorses the Death Penalty, that evolution is a communist
trick aimed at converting people to atheism, that legalizing gay marriage will
lead to preachers being arrested for hate speech just for reading the Bible,
and that President Obama is a tyrant who needs to go back to Kenya. This is,
however, the first time he’s laid out his plan on how to save mankind from
secular humanism.
[…] He warned that atheists are in danger of
corrupting the youth of America and called for action before America was
overrun. His solution to what he termed ‘the problem of the Godless’ is the
creation of a series of ‘Heathen Zones’- fenced-in camps located mostly in Northern
California and Vermont.
“It’s a free country,” he said. “If these people need to practice their
holy rites of atheism, they can do so, as long as they are in clearly-marked
encampments far away from the rest of us.”
“While they’re in their Heathen Zones, they’re free to dance naked
around the fire, brand the mark of the Devil on their flesh or whatever else
they want to do,” he added. […]
Präsident
Putin hält uns doch völlig zu Recht für Heuchler, wenn wir die Demokratie in
Russland scharf kritisieren, aber gleichzeitig achselzuckend die exzessive und
bestialischen Anwendung der Todesstrafe in Amerika hinnehmen.
Dort
werden auch Minderjährige, psychisch Kranke und Unschuldige hingerichtet und
zwar mit zunehmender Brutalität.
In
Russland ist die Todesstrafe hingegen lange abgeschafft.
Also wie
war das noch mal mit den westlichen Werten?
[…]
Utah hat als erster Bundesstaat der USA
die Wiedereinführung von Erschießungskommandos beschlossen. Gouverneur Gary
Herbert unterzeichnete ein Gesetz, das die Hinrichtung durch Erschießen
erlaubt, wenn keine Medikamente für Giftspritzen verfügbar sind.
Die Tötung eines
Verurteilten durch ein Erschießungskommando sei zwar "ein kleines bisschen
grausam", erklärte Herbert, aber in Utah gelte nun einmal die Todesstrafe
und die müsse auch durchgesetzt werden. […]
Der Republikaner Paul Ray, der den
Gesetzentwurf in Utah eingebracht hatte, argumentierte, der Tod durch ein
Erschießungskommando sei schneller und würdevoller als die Tötung mit der
Giftspritze. "Das ist ein schnelles Verbluten", sagte der Politiker. […]
Warum
fährt Pastor Gauck nicht mal in die USA und beklagt sich dort lautstark über
Dinge, die man nicht tut?
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