Donnerstag, 16. Oktober 2014

Atomausstieg, Merkel-Style.


Heute thront Merkel soweit über den Dingen, daß man glatt vergisst, daß sie früher einmal sogar richtige Entscheidungen traf.
 Das war zu ihrer Zeit als Atomkraftlobby-begeisterte Umweltministerin.
Auf Merkel sind die brillanten Pläne für die Asse und Gorleben zurückzuführen.
Und sie sorgte auch dafür, daß diejenigen, die über Jahrzehnte vermutlich mehr als hundert Milliarden Euro Gewinn mit der Atommüllproduktion machten, keinen Cent dazu bezahlen müssen, wenn der Steuerzahler für viele Milliarden Euro die vermoderte Asse saniert.

Rückblick:

Kohl tat aber bei der Auswahl eines Töpfer-Nachfolgers einen richtigen Griff - eine ostdeutsche Physikerin, die sich devot als „sein Mädel“ inszenierte, machte Schluß mit den Vagheiten und richtete das Ministerium zu 100% auf Atom-Unterstützungskurs aus.

Als erstes feuerte sie Staatssekretär Clemens Stroethmann, der sich bestens in der Materie auskannte.
Das ging natürlich nicht - Sachkundige behindern nur das Buckeln und Ja-sagen vor den Industrieinteressen.

Bis 1998 wurde nach Merkels Amtsantritt kein atomkritisches Wort mehr im Umweltministerium gesprochen.
Das Atomgesetz wurde industriefreundlich umgeschrieben, sie gab die Sumpfgrube Gorleben als endlagertauglich für Millionen Jahre aus und erfreute die AKW-Betreiber mit der großzügigen Erlaubnis ihren supertoxischen, krebserregenden und zigtausende Generationen strahlenden Sabsch in Morsleben abzuwerfen.

Eins muß man Merkel lassen:
In dieser causa ist sie konsequent.
Obwohl sich ihr Kurs für jedermann offensichtlich als katastrophale Fehlentscheidung heraus gestellt hat, die wider jeglicher ökonomischer und ökologischer Vernunft läuft, kriecht sie auch heute noch, 15 Jahre später, bei jeder Gelegenheit in die Ärsche der Milliarden-schweren Konzerne, um ihnen ihre lebensgefährliche Uralttechnik aus den 1950er Jahren zu erhalten.

Die Kanzlerin weiß aus ihrer Erfahrung mit ihrer demütigenden Rolle als George W. Bush-Zäpfchen von 2002 und 2003, daß sie voll auf die Doofheit des deutschen Urnenpöbels vertrauen kann.
Sie ist trotzdem beliebt, sogar extrem beliebt, und wird gewählt.
Da stört es den deutschen Wahlmichel scheinbar auch nicht, daß die Merkelschen Fehlentscheidungen inzwischen viele Milliarden Kosten für den Steuerzahler verursachen.
Macht ja nichts, wenn da noch mal hier und da vier oder sechs Milliarden für Asse- und Gorleben-Sanierungen ausgegeben werden müssen.
Gibt doch wesentlich größere Aufreger, wie zum Beispiel Dienstwagenbenutzungen von Gesundheitsministern.

In dem Zusammenhang sei von mir noch ein müdes Lächeln an Greenpeace übermittelt:

Da wird bemängelt, daß Merkel schon 1996 über die Asse-Untauglichkeit informiert worden ist und diesbezügliche massive Warnungen zum Wohl der Atomindustrie vertuschte…..
Ja, und?
Hat jemand was anderes von der CDU-Umweltministerin erwartet?
Oder hat irgendwer etwa erwartet, daß sie jetzt als Kanzlerin ehrlicher wäre??  Wie naiv!

29. Februar 1996. Professor Alexander Kaul, Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), berichtet Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) in einem Brief über neue Erkenntnisse bezüglich der Laugenzuflüsse im der Schachtanlage Asse II. Eine Untersuchung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Laugenzuflüsse eine ernste Gefahr für Atommüll-Endlager in Salzgestein darstellen. Nicht nur der Standort Asse selbst, sondern auch der Weiterbetrieb des ehemaligen DDR-Endlagers Morsleben (ERAM) und das geplante Endlager für hochradioaktive Abfälle im Salzstock Gorleben seien von den Vorgängen in der Asse betroffen

Die klaren Warnungen von vor 13 Jahren, daß die Lagerung von Atommüll in
Salzstöcken mit erheblichen Sicherheitsrisiken verbunden wäre, wischte Merkel vom Tisch. So würde ein Voll-Laufen der Asse mit Wasser zu einer 100-fach über den zulässigen Grenzwerten liegenden Strahlenbelastung der Bevölkerung führen.
Macht nichts fand Merkel, die noch nicht mal ihr Ministerium selbst auf diesen Brandbrief antworten ließ, sondern gleich duckmäuserisch die Asse-Betreiber die Replik formulieren ließ.
Wozu selbst denken, wenn man auch vorformulierte Sätze der Lobby benutzen kann?

Anders als die Asse war der Salzstock Gorleben auch noch als Endlager für ungleich gefährlichere hochradioaktive Abfälle vorgesehen.
Das „Versuchsendlager Asse“ galt lange Jahre als Prototyp für Gorleben. Doch Merkel hat in dieser entscheidenden Phase an Salz als Endlagerwirtsgestein festgehalten. Sie hat den Einlagerungsbereich in Morsleben 1997 um das Ostfeld erweitert und per Atomgesetzänderung die Betriebserlaubnis für Morsleben noch 1998 um weitere fünf Jahre verlängert.
Sie hat 1998 per Atomgesetzänderung die Enteignung von widerspenstigen Grundstücksbesitzern, die in Gorleben Salzrechte besitzen, ermöglicht und damit den Ausbau des geplanten Endlagers Gorleben weiter voran getrieben.

Greenpeace ist ernsthaft empört über Deutschlands beliebteste Politikerin:

Merkel ist eine Schlüsselfigur in der Endlagerpolitik und muss vor einen Bundestags-Ausschuss zitiert werden, sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler. Sie hat gewusst, dass die Lagerung von Atommüll in Salz nicht sicher ist. Asse und Morsleben hätten sofort dicht gemacht, der Ausbau des Salzstocks in Gorleben gestoppt werden müssen.

Herr Edler hat selbstverständlich RECHT - Merkel hat versagt, bewußt die Öffentlichkeit belogen, der Bevölkerung und unkalkulierbares Krebsrisiko verschafft und last but not least auch noch Milliardenkosten für den Steuerzahler verursacht - aber daß es für so ein Verhalten irgendwelche Konsequenzen außer einer triumphalen Wiederwahl gäbe, ist nun mehr als naiv!

Und dann kam der Zeitpunkt, als Merkel durch Fukushima und ihre flugs angefertigten Umfragen feststellte, daß sie mit einem weiterhin stark pro Atomkonzerne ausgerichtetem Kurs ernsthaft Gefahr läuft nicht wiedergewählt zu werden. Also Ausstieg aus dem Ausstieg des Atomausstiegs.

Es ist auch auf Merkels Regierung zurück zu führen, daß die einmal von ihr in die Atomlaufzeitverlängerung geschubsten Energiekonzerne nun in den USA (!) Deutschland auf Milliardenentschädigung verklagen, ohne daß unser eigenes Justizsystem damit überhaupt tangiert wird. Gesetze à la TTIP mit ihren Investorenschutzklauseln und der Installierung dubioser Schiedsverfahren; die Merkel so stark unterstützt, machen es möglich.

Der schwedische Staatskonzern Vattenfall fordert von Deutschland 4,7 Milliarden Euro als Entschädigung für die Stilllegung seiner Atomkraftwerke. Das bestätigte am Mittwoch ein Sprecher von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). [….]  Nach früheren Unternehmensangaben entstand Vattenfall durch die Stilllegung der beiden norddeutschen Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel ein Schaden von rund einer Million Euro am Tag.
Ob dem Konzern überhaupt Schadenersatz zusteht, ist höchst umstritten. Denn die beiden betroffenen Atomkraftwerke standen zur fraglichen Zeit 2011 bereits still. Brunsbüttel galt als eines der störanfälligsten in Deutschland. Es ist seit Juli 2007 heruntergefahren. Unklar war, ob es je wieder Strom hätte produzieren können. Auch der Pannenmeiler Krümmel war nach diversen Problemen abgeschaltet. „Vattenfall ist unverschämt“, sagt Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Die Konzernspitze habe jahrelang auf ein falsches Geschäftsmodell gesetzt und verlange nun von den Steuerzahlern, dafür zu zahlen.
Die damalige Bundesregierung hatte den Betreibern der ehemals 17 deutschen Atomkraftwerke in ihrem Koalitionsvertrag eine Laufzeitverlängerung zugesagt. [….] Der Konzern ist mit seiner Klage nicht allein. Die Konkurrenten Eon und RWE hatten in der gleichen Sache zusammen zehnMilliarden Euro vor deutschen Gerichten gefordert. [….]

Merkel ist richtig teuer für Deutschland.
Wenn ihre Handlungen wenigstens Sinn machten!
Erst streitet sie vehement FÜR Atomkraft, dann kommt die 180°-Wende aus Angst vor Wahlpleiten und mitten in der deutschen Energiewende, deren Gelingen aufgrund der Einmischung südlicher Irrer sehr fraglich ist, unterstützt die Kanzlerin wieder die Atomkonzerne.

Trotz des Atomausstiegs in Deutschland trägt die große Koalition staatliche Subventionen für ein britisches Atomkraftwerk mit - und hat damit die Grünen in Rage gebracht. In einem Antrag hatte die Partei das Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert, gegen die Entscheidung der EU-Kommission zur Beihilfe für das geplante Atomkraftwerk Hinkley Point C beim Gerichtshof der Europäischen Union zu klagen - die Kommission hatte die Subvention des Kernkraftwerks gebilligt.
In ihrem Antrag fordern die Grünen Merkel zum Protest gegen die Subventionierung von Kernkraftwerken auf. Das Parlament hat diese Forderung nun jedoch mit großer Mehrheit abgelehnt - auch Umweltministerin Barbara Hendricks stimmte dagegen. Die SPD-Politikerin hatte noch vor einer Woche die Entscheidung der Kommission scharf kritisiert, aber betont, nicht für die ganze Bundesregierung zu sprechen.
"Ich halte diese Entscheidung der EU-Kommission für grundfalsch und kann sehr gut verstehen, dass Österreich schon eine Nichtigkeitsklage ins Auge gefasst hat", sagte Hendricks. Österreich hat inzwischen angekündigt, gegen die Subventionierung von Hinkley vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu klagen.
[…] Die Gesamtkosten des Projekts beziffert die EU-Kommission auf 43 Milliarden Euro. Die beiden Reaktoren sollen 2023 in Betrieb gehen und sieben Prozent der britischen Stromproduktion liefern. Geplant ist ein 60 Jahre langer Betrieb des Kraftwerks.

Das erinnert ein bißchen an die Gaga-Politik der EU hunderte Millionen für die Bekämpfung von Zigarettenwerbung und Schockbilder auf den einzelnen Packungen auszugeben, während gleichzeitig Europäische Bauern Subventionen für den Tabakanbau erhalten.
Beim Britschen 43-Mrd-Euro-Atomprojekt handelt es sich freilich um die atomare Version dieses Gaga-Prinzips.


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