Dienstag, 31. Dezember 2013

Doof, dumm, arm und krank



Deutschland verfügt nicht über das Klima und die Strände der Balearen.
Deutschland fördert nicht Gold und Diamanten wie Südafrika oder Australien.
Deutschland hat keine geostrategische Lage wie Panama oder Ägypten, so daß man durch einen gigantischen Kanalbetrieb verdienen könnte.
Deutschland sitzt auf keinen Erdgasvorräten wie Russland oder Kuweit.
Deutschland hat auch keine 350 Millionen Wanderarbeiter, die man als de facto rechtlose Sklaven einsetzen kann.
Deutschland kann nicht auf kostenlose und unendlich verfügbare Thermoenergie wie Island setzen.
Deutschland fehlen außerdem Flächen.

Um wirtschaftlich und kulturell zu reüssieren, braucht Deutschland Knowhow, Industrie, Dienstleistungen und ähnliches.

Dazu ist es unbedingt erforderlich, daß die Infrastruktur des Landes und die Bildung der Bevölkerung stets auf hohem Niveau sind.

 Genau bei diesen Bereichen bröckelt es aber gewaltig, weil die Kanzlerin nun im neunten Jahr auf Stillstand und kontinuierliches Abbröckeln setzt.

Im Gegensatz zu unseren ähnlich großen Nachbarn England und Frankreich sind wir beispielsweise nicht mehr in der Lage Großprojekte zu verwirklichen. BER, Elphie, Transrapid, Toll Collect, Leitungsausbau Energiewende,  Jade Weser Port, Werftensterben und S21 stehen für deutsche Doofheit. Wir können weder groß planen, noch umsetzen. Es klappt einfach nichts mehr.

Berliner Politiker staunen, wenn sie sehen wie der Eurotunnel oder die Olympischen Spiele in London quasi reibungslos, im Zeitplan und ohne Kostenexplosion gewuppt werden.
Mit den Infrastrukturgroßleistungen der totalitäreren Staaten wie China und Russland kann Deutschland sich ohnehin nicht im Entferntesten messen.
In der Schule lernte ich; Deutschland hat keine Bodenschätze, deswegen muß es auf Bildung setzen.
Ist etwas vereinfacht ausgedrückt, aber richtig.

Mit Merkel und Schavan wurde freilich das Gegenteil erreicht.
70.000 – 80.000 Jugendliche verlassen jedes Jahr ganz ohne Abschluß die Schule, „Hauptschüler“ sind de facto nicht vermittelbar  und dazu haben wir noch einen Grundstock von 7,5 Millionen Analphabeten generiert. Jeder Zehnte kann in Deutschland nicht lesen und schreiben. Die CDU-Bildungsminister Schavan und Wanka nehmen das achselzuckend hin und sehen keinen Handlungsbedarf.

Es dürfte sogar noch viel schlimmer werden, wenn die asozialen und desintegrierten gegenwärtigen Klein-Bälger erwachsen werden.
Lehrer berichten von unfassbaren Zuständen an den Schulen.

„Pinsel und Malutensilien werden verteilt – und die Klopperei beginnt! Es wird laut, Kinder müssen ihrem Nachbarn ins Gesicht schreien, dass sein Bild doof (das Wort war ein anderes) ist.“
„Einige werden maulig, geben unpassende Kommentare ab und antworten auf Fragen von Frau G. mit Fäkalsprache.“
„Wir malen noch einmal auf dem Fußboden der Sammlung – eigentlich eine tolle Erfahrung für Kinder. Freud- und anstrengungslose Versuche vieler Kinder, Striche aufs Papier zu bringen.“   „Endlich stehen alle, da trampeln Kinder mit dreckigen Schuhen über die Bilder! Absichtlich! Am nächsten Tag wird mir ein Kind erklären, dass ihm langweilig war – und dass es dann ja wohl klar ist, dass es das tun kann.“  „Ältere Herrschaften steigen über Butterbrotpapiere, Rucksäcke und Kinder. Den Kindern kommt das nicht einmal komisch vor. Als ich sie auffordere, Platz zu machen, schauen sie mich verständnislos an – und essen in Ruhe weiter!“
„Die Mitschüler werden angeschrien, geboxt, getreten und Rucksäcke umhergeschleudert. Ein älterer Herr bekommt auch einen ab. Eine Entschuldigung ist nicht zu erwarten.“
„Kinder lassen die Hälfte ihrer Sachen liegen in der Erwartung, dass es ihnen schon jemand hinterhertragen wird.“
„Es ist für die Kinder nicht einsehbar, dass wir in dem wuseligen Hauptbahnhof dicht zusammenbleiben müssen. Ich komme mir vor wie ein Schweinetreiber.“
„In der Bahn plötzlich vertraute Geräusche. Rülpsen! Kein Versehen, sondern volle Absicht. Wer kann es am lautesten? Sie denken: Die redet sicher von meinem Nachbarn? Falsch: Gehen Sie davon aus, dass ich auch von Ihrem Kind spreche – es gibt nur sehr wenige Ausnahmen!“
[…]   „Kinder kommen bereits um 8 Uhr früh gut gefüllt mit einer Stunde Super RTL, gewalttätigen und blutrünstigen Gameboy-Spielen und einem beachtlichen Blutzuckerspiegel in die Schule.“
„Sie springen mit erhobenen Fäusten wie Ninjakämpfer in die Klasse, semmeln erstmal drei Mitschüler über den Haufen und merken es nicht einmal.“

Und wenn man Philipp Möllers brillantes und lehrreiches Buch „Isch geh Schulhof“ gelesen hat, möchte man sich bei dem Gedanken an die Zukunft gleich erschießen.
Dabei ist das Unfassbare, daß wir sehenden Auges in die Katastrohe schlittern. Wir wissen wie man es besser machen kann; Möller hat das in seinem Buch alles dargelegt. Wir wissen auch aus den PISA-Spitzenländern, warum ihre Schulen so viel besser als die Deutschen sind. Aber Kleinstaaterei, Phlegma und Ideologie verhindert, daß Deutschland endlich was ändert.

Dabei wäre es viel zu simpel „der Politik“ dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben.
Denn der Stillstand ist vom Volk gewollt.
Auf sensationelle 78% Zustimmung ist Angela Merkel in der EMNID-Umfrage des SPIEGELs von gestern geklettert.
Da legt sie einen total unambitionierten Koalitionsvertrag aus wolkigen Leerformeln vor, der jedes wichtige Problem ausklammert und die Deutschen belohnen sie mit dem größten Wohlwollen, das je gemessen wurde.
Der Urnenpöbel hätte ja auch Parteien wählen können, die etwas ändern wollen, aber das tat er eben nicht.
Dabei sind aktuelle Studien (Bertelsmann zB) aufschlussreich, die zeigen, daß gerade die Abgehängten der Gesellschafft, die Transferempfänger, die prekär Beschäftigten und die Ungebildeten gar nicht erst zur Wahl gehen und durch Enthaltung den politischen Stillstand zementieren.

Wer arbeitslos ist und wenig Geld hat, der bleibt bei Wahlen daheim. Die Bundesrepublik entwickelt sich zu einer Demokratie der Besserverdienenden. Arbeitslosigkeit schadet der Demokratie. Das sind Sätze, die sich nach Linkspartei oder zumindest nach Gewerkschaften anhören, nach wohlfeilen Parolen im Meinungskampf. Es sind aber die Ergebnisse einer Studie, die die Bertelsmann-Stiftung an diesem Donnerstag veröffentlicht.
Nur 71,5 Prozent der Wahlberechtigten haben sich an der Bundestagswahl im September beteiligt, das waren zwar etwas mehr als vor vier Jahren, jedoch weniger als an allen Bundestagswahlen davor. In der Frage aber, wer die Wahlverweigerer eigentlich sind, stocherte die öffentliche Debatte bisher herum: Mittelstandsbürger mit einem Hang zum Nölen? Prominente Intellektuelle, die sich aufplustern? Oder Menschen, die sich abgehängt fühlen?
Die Autoren der Studie - Jérémie Felix Gagné und Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh sowie Armin Schäfer vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln - sind nun zu dem Schluss gekommen, dass die beiden erstgenannten Gruppen bedeutungslos sind.
[…]  Wahlbeteiligung von 71,5 Prozent - das ist ja nur ein Durchschnittswert, mit allen Mängeln, die Durchschnittswerte nun mal haben. Dahinter aber verbirgt sich, dass zum Beispiel im reichen Kölner Stadtteil Hahnwald die Beteiligung bei 89 Prozent, im armen Stadtteil Chorweiler jedoch bei nur 42 Prozent lag. In Chorweiler beträgt die Arbeitslosenquote 19 Prozent, in Hahnwald ein Prozent.
Dahinter verbirgt sich zudem, dass die Prozent-Abstände zwischen den Bezirken mit der niedrigsten und denen mit der höchsten Beteiligung über die Jahre immer größer werden. Und dahinter verbirgt sich, was man zum Beispiel in Hamburg feststellen kann: In den Stadtteilen mit der niedrigsten Beteiligung finden sich, gemessen an den Stadtteilen mit der höchsten Beteiligung: 36 Mal so viele Haushalte aus ökonomisch schwächeren Milieus, doppelt so viele Menschen ohne Schulabschluss, fünfmal so viele Arbeitslose.
Bundestagswahl 2013 - Wähler
Das sind Ergebnisse, die möglicherweise nicht wirklich erstaunlich, wohl aber erschreckend sind. Wieder einmal bestätigt sich die Regel, die der schwedische Politologe Herbert Tingsten bereits in den 1930er Jahren aufgestellt hatte: Je niedriger die Wahlbeteiligung ausfällt, desto ungleicher ist sie.
[…] "Getrennte Lebenswelten können dazu führen, dass bereits vorhandene Unterschiede in der Bereitschaft, sich politisch zu betätigen, weiter zunehmen." Selbst zwischen Stadtteilen mit hoher und sehr hoher Kaufkraft gibt es Unterschiede, was die Wahlbeteiligung betrifft. Die Demokratie der Besserverdienenden eben.

Also ausgerechnet diejenigen, die am dringendsten einen Kurswechsel bräuchten, sagen desinteressiert nein, wenn man ihnen die Chance gibt das Steuer zu drehen.
Merkel kann darüber glücklich sein.
Deswegen verhindert sie auch eine Änderung dieses Zustands.
Auf lange Sicht aber wird es Deutschland gewaltig schaden.
Von der Gerechtigkeitsfrage will ich erst gar nicht anfangen.

Wer Hartz IV bezieht, hat oft noch viele andere Probleme – und bekommt kaum Hilfe
[….] Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, will die Zahl der Arbeitslosen auf nahezu 1,5 Millionen halbieren. [….] Wie schwer sein Ziel zu erreichen ist, zeigt ein Forschungsbericht im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums. Die gut 400 Seiten starke Studie steht seit Monaten, unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit, auf der Homepage des Hauses – und enthält jede Menge brisante Zahlen über die Situation von Hartz-IV-Empfängern, ohne dass diese Eingang in die Koalitionsverhandlungen gefunden hätten.
Im November waren 4,3 Millionen Bezieher von Hartz IV, die 15 Jahre oder älter waren, erwerbsfähig. Gut zwei Drittel von ihnen gelten statistisch als Dauerbezieher der Grundsicherung, weil sie innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens 21 Monate Leistungen bezogen. [….] Bekannt ist, dass viele unter den Dauer-Empfängern von Hartz IV Schulden oder psychische Probleme haben oder unter einer Sucht leiden. Oft verstärken sich solche Vermittlungshindernisse sogar gegenseitig. Die neue Untersuchung zeigt nun: Nur die allerwenigsten von ihnen werden entsprechend betreut, beraten oder behandelt, obwohl dies dazu beitragen kann, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Und von einer Hilfe aus einer Hand, die einmal das Ziel der Hartz-Reformen war, könne „oftmals nicht gesprochen werden“, sagt der Arbeitsmarktexperte des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Wilhelm Adamy, der auf die Studie aufmerksam machte.
[….] Vorsichtig geschätzt hat laut der Studie etwa jeder zehnte erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher, das sind mehr als 400000, ein Suchtproblem. Eine Beratung erhielten 2011 nicht einmal 10000. Außerdem gehen die Wissenschaftler davon aus, dass knapp eine Million oder etwa 20 Prozent der Grundsicherungs-Empfänger psychosoziale Probleme haben. Eine Betreuung erhielten 2011 nur 19000.

Ein fröhliches 2014.

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