Und schon wieder einmal zeigt der Kalender eine „1“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Monats zu küren.
Es tut mir in der Seele weh; nein, nein, nein, das mache ich wirklich nicht gern. Aber ich befürchte, ich muss diesen Monat meiner mühevoll gelobten Ampel den Titel als größter Blödmann geben. Natürlich nicht in dem Sinne, wie Quermarschierer, Trumpisten, Spahn oder Scheuer sich triumphierend den Titel „Impudenz des Monats“ abholen. Die gegenwärtigen Bundesminister sind allesamt pures Gold gegen die hanebüchenen Fehlbesetzungen, die CDU und CSU ins Kabinett schickten.
In der letzten Bundestagsdebatte bewertete der Linken-Abgeordnete Thomas Lutze den FDP-Verkehrsminister Wissing. Linke und FDP sind klassische Antipoden, aber selbst Lutze konstatierte, Wissing habe einen riesigen Vorteil, denn schlechter als seine CSU-Vorgänger, könne er es beim besten Willen nicht machen.
Das ist eine sehr niedrige Messlatte, aber selbstverständlich wahr: Es kann nur besser werden mit der Ampel und wir sehen tatsächlich schon im gesellschaftlichen, rechtlichen und sozialen Bereich deutliche Fortschritte, die prinzipiell mit der ewig-gestrigen konservativen Deutschland-schädlichen Union nicht zu machen waren.
That said, geht es aber nach den extrem erfreulichen demoskopischen Daten aus den Monaten September bis Dezember 202, schon wieder steil bergab.
Die homophobe, misogyne Beton-CDU aus Merz, Otte und Maaßen zog deutlich an den Sozis vorbei und natürlich ließen auch Grüne und FDP Federn.
Olaf Scholz ist Kanzler geworden, indem er adaptierte, wie wenig „die Wähler“ Veränderungen schätzen und Merkel offensichtlich gerade für ihre ewige Vagheit liebten. Bloß nichts allzu Konkretes aussprechen.
So konnten offensichtlich die entscheidenden Stimmen für die SPD geholt werden. Aber die Majorität der Scholz-Unterstützer ist nicht kongruent mit den Merkel-Fans. Sozis und Grüne, und vermutlich auch viele FDP-Fans, wünschen sich mehr Führung, mehr Orientierung, mehr Erklärung, als fromme Land-Konservative von einem CDU-Kabinett.
Ich bin der Letzte, der nicht einsieht, daß die Ukraine-Russland-Krise ein Mega-Desaster ist, für das es keine einfachen Lösungen gibt. Aber das rechtfertigt noch nicht die mehr als naiven Einlassungen der Minister Baerbock und Habeck.
Ich finde es ehrenvoll, wie der SPD-Chef Lars Klingbeil sich darum bemüht, die Haltung seiner Partei „zur Russlandfrage“ zu ergründen. Zumal die andere SPD-Vorsitzende offenbar ganz untergetaucht ist und seit Wochen nicht mehr in den Medien auftaucht. Aber es ist eben nicht nur eine parteipolitische Frage, wie man es mit Schröder, Waffenlieferungen an Kiew und Nordstream hält, sondern eher ein Fall für die „Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers“.
[….] Während die Sozialdemokraten um ihre Russland-Haltung ringen, tut Olaf Scholz so, als ginge ihn das nichts an. [….] Ralf Stegner ist nicht Bundeskanzler, und dem Parteivorsitzenden Lars Klingbeil kann man seine halbgaren Beschwichtigungen als Moderationsversuch durchgehen lassen. Ein auf zwei Stunden angesetzter Gesprächstermin mit einigen Protagonisten ist keine außenpolitische Klausurtagung und lässt auch keine Rückschlüsse auf die Regierungspolitik zu. Es ist ja bezeichnend genug, dass weder der Bundeskanzler noch sein Amtschef oder die Verteidigungsministerin die Sache mit ihrer Anwesenheit aufwerten wollten. [….] Was Hilfe für die Ukraine angeht, ist die deutsche Rolle deutlich verzwickter. 5000 Helme und ein Lazarett fallen unter die Kategorie schlechter Scherz. Für neun Haubitzen verweigert Berlin eine Ausfuhrgenehmigung - freilich etwas übereifrig, weil zunächst die finnische Regierung als Vorbesitzerin ihre Genehmigung hätte erteilen müssen. Der grüne Außenminister in Helsinki hat bisher nicht seine Freude am Rüstungsexport zu erkennen gegeben. Übrigens fallen die überalterten Haubitzen militärisch betrachtet eher unter die Kategorie Selbstgefährdung. Ein modernes Artillerieradar kann sie blitzschnell orten und zerstören lassen. Alles in allem ist diese Pseudo-Militärhilfe also den Kommunikationsaufwand nicht wert, der dafür geleistet wird. [….]
(Stefan Kornelius, 01.02.2022)
Ein anderes Beispiel ist die Impfpflicht, die vor zwei Monaten von einer riesigen Mehrheit der Bevölkerung befürwortet und vor allem auch erwartet wurde.
Die FDP stellte sich aber mit so vielen Abgeordneten der Kategorie Kubicki auf die Seite der Aluhüte, daß im Kabinett die Sache zerredet wurde, ohne das Olaf Scholz ein Machtwort sprach.
Ich meine, es gibt gute machttaktische und überzeugende Gründe dafür, als Kanzlerpartei die beiden nur wenig schwächeren Koalitionspartner, nicht von Anfang an mit „Basta!-Methoden“ zu reizen. Aber Olaf Scholz müsste das besser erklären. Nun scheint der Zug für eine Impfpflicht bereits abgefahren und wir können eben nicht wie Dänemark die Corona-Maßnahmen beenden, weil in weiten Landstrichen nur um die 40% Geboosterte leben.
Auch Karl Lauterbachs Stern sinkt bereits, obwohl er nach seiner Nominierung zum Bundesgesundheitsminister schnell zum zweitbeliebtesten Politiker Deutschlands aufstieg. Seine Kommunikation mit den Landesgesundheitsministern scheint aber suboptimal zu laufen. Sie sind frustriert von seinen Alleingängen und nach wie vor ausbleibenden Vakzin-Lieferungen.
[….] Der Kölner Lauterbach hatte Anfang Dezember das Amt des Gesundheitsministers von CDU-Politiker Jens Spahn übernommen, breite Teile der Öffentlichkeit bejubelten die Ernennung des SPD-Gesundheitspolitikers für das Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz. Zuletzt hatte Lauterbach allerdings immer wieder Kritik einstecken müssen, unlängst wegen einer nicht ausreichend kommunizierten Verkürzung des Genesenenstatus durch das Robert-Koch-Institut von sechs auf drei Monate. Durch die Entscheidung hatten viele Genesene kurzfristig ihren Zugang zur Gastronomie und dem Einzelhandel verloren. Außerdem wurde Kritik laut, dass Lauterbach zu zögerlich gegen die Omikron-Welle vorgehe und keine härteren Maßnahmen beschließen würde. In verschiedenen Pressekonferenzen und Fernsehaufritten appellierte der 58-Jährige immer wieder an die Bevölkerung, sich impfen zu lassen. [….]
Und die neue bundesweite Impfkampagne?
Statt pfiffig und aufmerksamkeitserregend, kommt sie maximal dröge und öde
daher.
Und schließlich das hausgemachte Desaster des Grünen Superministers Habeck, der von eben auf jetzt die Bearbeitung der Förderanträge für Gebäudedämmungen aussetzte, weil er Lindner nicht überreden konnte. den KfW-Topf aufzufüllen. Scholz sah weg.
Ich bin gerade zufällig mit dem Umbau einer Altbau-Wohnung beschäftigt und verlor nicht nur einen fest eingeplanten Zuschuss, sondern wurde auch noch Zeuge wie unser Energieberater vor Wut beinahe platzte.
Völlig überrascht von dem Shitstorm tauender Bauherren, die nun ihre Gebäude nicht fertigstellen können, ruderte die Ampel heute zurück.
[…] Die Bundesregierung hat sich nach der Kritik am abrupten Aus für die Förderung von Effizienzhäusern auf neue Regeln verständigt. Alle Anträge, die bis zum 24. Januar eingegangen sind, sollen noch bearbeitet werden. […]
Es ist gut, daß die Ampel noch zuhört, nachbessert. Anfängliches Ruckeln ist vermutlich normal, wenn erstmals nach 16 Jahren der Regierungschef getauscht wird und gleich zwei ganz neue Parteien ins Kabinett vordringen.
Aber souverän wirkt das (noch) nicht.
RG-Wähler sind kritischer und flüchtiger als CDUCSU-Wähler und so geht es ganz schnell, daß Merzens Mannen wieder vorn liegen und der noch vor wenigen Wochen erwartete SPD-Durchmarsch bei den 22er Landtagswahlen ausfallen muss.
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