Donnerstag, 30. Mai 2019

Die Tölpelkönigin – Teil II


Unglaublich, heute wurde mir auf Facebook unterstellt, ich möge Andrea Nahles gar nicht richtig, nur weil ich sie gestern ein ganz kleines bißchen kritisiert hatte.
Vielleicht bin ich ihr aber wirklich nicht völlig gerecht geworden, weil ich mich zu sehr auf ihre Rolle im Willy-Brandt-Haus, als langjährige SPD-Top-Funktionärin und als Parteivorsitzende konzentriert hatte.
Das ist schon etwas kurz gegriffen.
Die Persönlichkeit Nahles bietet weitaus mehr Facetten.

Da ist auch die exekutive Nahles, die als Sozialministerin brillierte.

Da ist die katholische Nahles, die als Jesus-Expertin beeindruckt.

Schließlich gibt es auch noch die Parlamentarierin Nahles, die als Bundestagsfraktionsvorsitzende einer Regierungspartei das wichtigste legislative Amt ausübt, welches die Bundesrepublik zu verteilen hat.
Die SPD-Fraktion kann auf eine stolze Tradition mit bis heute legendären Vorsitzenden zurückweisen.
Wehner, Vogel, Struck sind bis heute klingende Namen. Das waren geniale Allroundpolitiker und Taktiker, die ihre Hauptrolle im Parlament als Redner und Themensetzer ausfüllten.

Nun sitzt Andrea Nahles auf dem Thron und vermochte es nach nur anderthalb Jahren im Chefsessel nicht nur das Image ihrer Partei zu ruinieren, den parlamentarischen Prozess insgesamt zu diskreditieren, sondern auch bei ihren eigenen Abgeordneten jeden Rückhalt zu verlieren.
Ihr vermeidlicher Coup, mit dem sie ihrem „keine Personaldebatten“-Klingbeil in den Rücken fiel, nämlich sich selbst schon in fünf Tagen als Fraktionsvorsitzende wiederwählen zu lassen, geht gerade gründlich schief.
Sie zieht damit so viel Unmut auf sich, daß selbst ohne Gegenkandidaten bei Probeabstimmungen der Seeheimer und der Parlamentarischen Linken keinerlei Mehrheit für sie in Sicht ist. Damit ruft Nahles nun Gegner auf den Plan, die dank ihr wissen wie gut die Chancen sind die Chefin wegzumobben.

[….] SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat laut einem Medienbericht bei Probeabstimmungen in den drei wichtigsten Gruppen der Bundestagsfraktion keine Mehrheit bekommen. Wie die Zeitungen der VRM-Gruppe, zum Beispiel die Mainzer Allgemeine Zeitung, unter Berufung auf Parteikreise berichten, habe es am Mittwoch sowohl im konservativen Seeheimer Kreis als auch bei den "Netzwerkern" und den Parteilinken "nicht annähernd eine Mehrheit für Nahles gegeben".
[….] Die Zeitungen der VRM-Gruppe berichten weiterhin, dass Nahles, wenn sie ohne Gegenkandidaten ein sehr schwaches Ergebnis erhalte, wohl nicht länger als Fraktionsvorsitzende zu halten sei. Es sei wahrscheinlich, dass sich bis zur festgesetzten Frist am Montag noch Konkurrenten um die Position des Fraktionsvorsitzes melden.
[….] Im Falle einer Niederlage würde Andrea Nahles wahrscheinlich auch als SPD-Vorsitzende zurücktreten. Das meldet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Vertraute von Nahles. Beide Ämter seien eindeutig miteinander verbunden. Als Parteichefin habe sie ohne den Vorsitz in der Fraktion "keinen Machthebel, kann nichts bewirken". Mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung am Mittwoch hatten sich entsprechend geäußert, ebenso Nahles selbst in kleinerer Runde. [….]

Das muss man erst mal schaffen!
Als Fraktionsvorsitzende steht man immer im Zentrum der parlamentarischen Berichterstattung, hat als Regierungsfraktion kontinuierlichen Zugang zur Macht und echte Hebel, um die Regierungschefin zu beeinflussen.
Angesichts der desolaten Lage der Bundespartei, ist der Fraktionsvorsitz einer der letzten verbliebenen wirklich mächtigen Posten, auf dem man glänzen könnte.
Atemberaubend wie die Chefin auch diese Bastion schleift.

[….]  Nahles ging in die Offensive, das müsse jetzt geklärt werden, sagte sie. Wer einen anderen Kurs wolle, solle doch bitte kandidieren.
Doch geklärt wird bei der SPD gerade gar nichts. Einen Gegenkandidaten zu Nahles gibt es bislang nicht. Breite Unterstützung für sie aber auch nicht. Viele Abgeordnete fühlen sich erpresst. Nahles habe sich und die Fraktion in eine Sackgasse manövriert, sagen ihre Kritiker. Die SPD steuert auf eine Lage zu, in der es keine Gewinner geben könnte.
Schon vor der Fraktionssitzung gab es am Mittwoch massive Unmutsäußerungen über Nahles. [….] Bis zur Sitzung am Dienstag haben Nahles' Gegner Zeit, sich auf einen Kandidaten zu verständigen. Das Horrorszenario wäre, heißt es aus der Fraktion, wenn niemand antrete und Nahles trotzdem keine Mehrheit bekomme. Dann wäre die Selbstzerstörung komplett. [….]

Nicht nur taktiert sich Nahles selbst in Grund und Boden, sie reißt auch noch neroesk den wichtigsten Machtfaktor der Partei, die Fraktion, in den Abgrund.
Ich stimme Kühnert und Platzeck zu; erneute Personaldiskussionen und Austausch des Spitzenpersonals allein, kann nicht die Rettung der Partei sein.
Aber was bleibt einem übrig, wenn die jetzige Doppelamtsinhaberin so dermaßen versagt?
Unerträglich ist die Situation deswegen, weil wir sehenden Auges in dieses Desaster rutschten. Genau das was jetzt passiert, habe ich immer prophezeit, wenn man Nahles ans Ruder lässt.
Wer nicht hören will, muss fühlen. Arme SPD.