Sonntag, 1. Januar 2017

Impudenz des Jahres 2016



Und schon wieder einmal zeigt der Kalender einen „01.01“ - hohe Zeit für mich den Blödmann des Jahres zu küren.

Da kann es natürlich angesichts des neuen US-Präsidenten Trump nur einen geben, nämlich: Amerika.

Amerika, als die ganz große globale Enttäuschung des Jahres 2016 hat es zugelassen, diesen widerlichen, dummen, egomanen, verantwortungslosen Hetzer zum mächtigsten Mann der Welt werden zu lassen.

Einige ruhen sich schon darauf aus Trump als Minderheitenphänomen zu sehen, der durch eine extreme Verzerrung des Mehrheitswillens trotz des 3-Millionen-Stimmenrückstands auf Hillary Clinton US-Präsident werden konnte.


Aber das ist eine billige Ausrede.
63 Millionen Stimmen für Trump zeigen das kollektive kulturelle und moralische Versagen der gesamten Nation USA.



Ja, Trump lügt wie gedruckt, aber es gehören auch diejenigen dazu, die diese Lügen unwidersprochen stehen lassen, weiterverbreiten und so dazu beitragen, daß immer mehr Menschen dem dreckigen Hass auf den Leim gehen.




„Postfaktisch“ im Trumpschen Sinne, ist aber das was ich seit sechs Jahren als „Post Truth Era“ in Bezug auf die US-Republikaner benenne.
Willkürliche Lügen, um Wählerstimmen zu generieren, sind ein alter Hut. Mit Postfaktizität ist aber gemeint, daß man keine Mühe mehr aufwendet, um die Lüge zu tarnen, weil das Auditorium a) viel zu ungebildet ist die Lüge zu durchschauen und es b) so stark ideologisch verzerrt denkt, daß es denjenigen, die Lügen enttarnen ohnehin nicht glaubt.

Die Teaparty agiert schon seit der Präsidentschaft Obamas auf diese Weise.
Trump perfektionierte die Methode, indem er so massiv und kontinuierlich log, daß er damit nicht nur in seinem ureigenen rechts-rassistischen Biotop reüssierte.
Da ihm auf großer Bühne immer mit dem Vorwurf er sei ein Lügner begegnet wurde, wurden diese Klagen langweilig. Die „Mainstreammedien“ wollten nicht mehr wie eine Platte mit Sprung klingen. News-Sender können schließlich nicht immer alte Hüte verkaufen.
Man sendete fürderhin Trump im O-Ton und ohne Factchecks, da es in der Medienwelt common sense war, es mit einem Lügner zu tun zu haben.
So erlebten die mäßig an Politik Interessierten beim zufälligen Hineinzappen einen unkommentierten Donald Münchhausen und hielten das für authentisch.
Und selbst wenn die innerparteilichen und demokratischen Gegner ihn der Lüge bezichtigten, so war das definitiv weniger unterhaltsam als die immer neuen Absurditäten Trumps.

  
Post-Truth-Era/Postfaktizismus heißt also, daß man mit Lügen politisch erfolgreich ist, sich aber keinerlei Mühe mehr beim Lügen gibt. (…..)

Wenn der mächtigste Mann der Welt, der über die schlagkräftigste Atom-Armee des Planeten seine 140 Zeichen lostwittert, verzückt das eben nicht nur die 18 Millionen Doofen, die ihn abonniert haben, sondern kann in Minuten gewaltige ökonomische und politische Schäden auslösen. Als Teenager sorgte ich mich, ein Atomkrieg könne versehentlich durch irgendeinen betrunken Offizier ausgelöst werden, bevor die jeweilige Regierung reagieren kann.
Inzwischen ist der Kopf der Regierung selbst die Unsicherheitsquelle Nummer Eins.



Trump ist aber von Fakten gar nicht mehr einzukreisen.
Seine Tweets werden inzwischen quasi in Echtzeit widerlegt. Aber so ist Amerika an der Schwelle zum Jahr 2017 – wahrhaftig zu sein ist irrelevant geworden.

Im Gegenteil, die rasanten destruktiven Auswirkungen der Trumpschen Tiraden werden inzwischen wie unberechenbare Naturkatastrophen betrachtet, aus denen findige Spekulanten noch finanziellen Gewinn zu ziehen versuchen.

[….] Schon beginnen Börsen-Insider mit den digitalen Ausbrüchen zu spekulieren. "Nutze Trumps Tweets wie jede andere Datenquelle", rät der Investmentstratege Keith Fitz-Gerald auf seinem Blog. Mit speziellen Trading-Programmen könnte man sofort erkennen, wenn ein Konzern zum Ziel der nächsten "sozialen Rakete" Trumps werde - und dann mit clever getimtem Aktienhandel Kasse zu machen.
Ein anderes Programm hat die "Washington Post" entwickelt: Mit einem eigenen Twitter-Konto stellt sie Trumps Tweets automatisch in den Kontext - und enthüllt sie als meist "inkorrekt oder falsch". Ob's etwas ändert, ist zu bezweifeln. [….]

Aber Amerika, das alles kommt keineswegs überraschend.
Trump ist seit Jahrzehnten als schlimmer Prolet bekannt.
Seine politischen Bösartigkeiten kennt die Welt seit zwei Jahren.


Devot ließen die US-Medien während all der Zeit die One-Man-Shitstorms über sich ergehen und luden zudem täglich Trumps kleine Gülleschleudern 

(Jeffrey Lord, Kayleigh McEnany, Kellyanne Conway, Corey Lewandowski, Katrina Pierson) ein, gaben ihnen kostenlose Trump-Werbezeit und ließen sich dafür noch masochistisch als „liberal, biased media“ beschimpfen.

Für die Zukunft sehe ich schwarz, und zwar dunkelschwarz.

Das optimalste Szenario – Trump begnügt sich damit Putins Hintern zu lecken, löst aber keinen Weltkrieg aus, sondern ruiniert nur die Wirtschaft und den sozialen Frieden der USA nachhaltig, bevor er 2020 abgewählt wird – dürfte die 63 Millionen Deplorables derart angeheizt haben, daß die Nation ohnehin unregierbar wird.

Vergessen wir nicht, daß Trump kein grotesker Einzelfall ist!
Das gesamte Personal der GOP ist fanatischer Abschaum, 50% der Demokraten sind ebenfalls zum Davonlaufen, das Wahlsystem ist völlig untauglich, der oberste Gerichtshof wird 2020 mit hoher Wahrscheinlichkeit von Rechtsradikalen dominiert sein und die Presse taugt nichts mehr; sie versagte wie 2003 beim Irakkrieg auch 2016 im großen Stil, indem sie zum Lügenmultiplikator wurde.