Montag, 8. Februar 2016

Ein Ausweg?


Es ist alles so ungeheuer erbärmlich.
Was bringt unser politisches System nur für Typen in die Verantwortung?
Ich scheue mich Politiker-Bashing oder Parteien-Bashing zu betreiben, da das Problem viel grundsätzlich ist.
Eine Polit-Amöbe wie Merkel, die seit 26 Jahren in der ersten Reihe der Bundesrepublik steht; derzeit im elften Jahr als Regierungschefin und immer noch Journalisten und Wahlvolk Rätsel aufgibt, weil sie nichts tut und bis heute niemand weiß wie sie denkt und was sie will, ist heute doch nicht mehr veränderbar.
Es wäre albern Merkel vorzuwerfen, daß sie Merkel ist. Warum sollte sie auf einmal voran gehen, Reform-Pläne entwickeln, eine Agenda formulieren, international Druck entfalten und sich überhaupt in die trostlose Welt der Politik hineinziehen lassen? Wir wissen doch wohin sowas führt; zur Abwahl. Der deutsche Urnenpöbel will behaglich in seinen Sessel sitzen und das wohlige Gefühl genießen, alles bleibt so wie es immer war.
Wer den Status Quo in Frage stellt, etwas ändert, wie das die drei SPD-Kanzler taten, kommt nur durch extrem außergewöhnliche Umstände überhaupt ins Amt. Anschließend erschrecken Wähler und Politkommentatoren ganz fürchterlich, so daß bei der nächsten Gelegenheit wieder massenhaft CDU angekreuzt wird, damit der Bundesrat den SPD-Kanzler blockieren kann.
Maximal zwei Wahlen gewinnt ein SPD-Kanzler und schon die zweite Amtsperiode konnten weder Brandt, noch Schmidt noch Schröder zu Ende bringen.

Kohl und Merkel, die Bräsigen, die schon optisch die Inkarnation der Behäbigkeit sind, werden nicht gestürzt und gewinnen immer wieder Wahlen. Für Merkel ist eine vierte Amtszeit kein Problem.
Kohl, der schon 1976 fast die absolute Mehrheit holte – 48,6% - wurde unfassbare viermal als Kanzler wiedergewählt: 1983, 1987, 1990 und 1994.
Eine Partei mit so einem enormen politphysikalischen Trägheitsmoment passt ideal zum satt-situierten denkfaulen Grundcharakter der Wähler in Deutschland.

Merkel wäre also schön doof ihren präsidialen Stil aufzugeben und auf einmal die Richtlinienkompetenz einzufordern.
Es ist eine völlig falsche Darstellung der gewogenen Merkel-Presse, sie hätte 2015 endlich „ihr Thema“ gefunden und setze nun ihren großen Vertrauensvorschuss als politisches Kapital ein.
Was für ein Unsinn. Über viele Monate tobte hier schon der PEGIDA-Mob, dem sich aber nur Heiko Maas entgegenstellte. Merkel sagte monatelang kein Wort zu den rechtsrassistischen Übergriffen in Deutschland. Erst nachdem Gabriel seine Pegida-Taktik das zweite Mal geändert hatte und nach Heidenau gereist war, folgte auch Merkel.

Es war an den ungarischen Grenzen zu einer völlig unhaltbaren Situation gekommen, die Europa und Deutschland international total blamiert hätte, wenn womöglich tausende auf der Straße verreckt wären. Deutschland, als exportabhängige Nation hätte schwer unter dem Imageruin gelitten.
Die Bundesregierung konnte gar nicht mehr anders handeln, als die verzweifelten Menschen reinzulassen
Die Situation konnte sich aber nur deswegen so extrem zuspitzen, weil die Merkel-EU sich fünf Jahre tot gestellt hatte. Merkels Regierung war es, die Syrien ignorierte und eine Veränderung des Dublin-Systems blockierte.
Anschließend tat Merkel wieder viele Wochen und Monate nichts, ließ sich einfach von der „Willkommenskultur“ treiben, genoss die freundliche internationale Presse. Bis heute ist die Bundesregierung nicht aktiv geworden, hat keine sinnigen Pläne entwickelt.
Die Stimmung hat sich aber gedreht und so hängt auch Merkel wieder ihr Fähnchen nach dem Wind, winkt eine miese antihumanistische Maßnahme nach der nächsten durch.


Merkel ist Merkel und bleibt Merkel – und dafür wird sie adoriert und gewählt.

Was für ein Glück es doch ist der CDU anzugehören.
Das ist die Partei, der tendenziell immer die große Mehrheit zuneigt.
Da muß man schon mal so richtig heftig Scheiße bauen, um mal abgewählt zu werden – so wie Barschel 1987 in Kiel, der seinem Opponenten AIDS anhängen wollte, oder Diepgen 2001 in Berlin, der mal eben durch den Berliner Bankenskandal die Hauptstadt auf Generationen ruiniert hatte, oder eben der Superpfeife Christoph Ahlhaus in Hamburg, der 2011 mit 21 Prozentpunkten Minus den bis heute gültigen Rekordverlust aufstellte.
So eine extreme Sondersituation war auch die Stuttgarter Landtagswahl im März 2013, als Fukushima, Mappus‘ mieser EnBW-Deal und dazu noch die Stuttgart21-Proteste überraschend einen Grünen in dem tiefschwarzen Land auf den Ministerpräsidentensessel beförderten.

Generell verhält sich der deutsche Urnenpöbel aber so phlegmatisch, daß er zumindest durch Wahlenthaltung dafür sorgt, daß in Flächenländern die Union weit vorn liegt.
Selbst bundesweite Skandale, persönliche Bereicherungen und wüste Lügengeschichten wie in Bayern und Hessen, reichen nicht dazu aus, um Seehofer oder Koch in Rente zu schicken.
Die Unzufriedenen wählen nicht, die Sozi-Sympathisanten sind zu pingelig, finden immer ein Haar in der Suppe und am Ende reißt es die höhere Wahlbeteiligung in der 60+Kohorte wieder raus für die CDU.
Man kann noch so unbeliebt und ungeschickt sein – als CDU-Landeschef spült es einen schon irgendwann auf den Regierungssessel. Dafür stehen Verlierer-Typen wie Haseloff, Wulff oder Oettinger.

Burka-Klöckner könnte am 13.03. völlig unverdient Mainzer Ministerpräsidentin werden. CDU eben. Dabei macht sich Klöckner noch mit Plattitüden und tumber Volkstümlichkeit – gepaart mit etwas Fremdenfeindlichkeit  - beliebt.

Der Fall Guido Wolf ist noch viel extremer, denn auch er könnte am 13.03. Ministerpräsident werden, obwohl der derzeit noch regierende Grüne sehr beliebt ist und eigentlich niemand den Unsympathen Wulf ausstehen kann.

Das ist aber auch nicht nötig, da es sich nun einmal um einen zutiefst konservativen Flächenstaat handelt und die Anti-Ausländer-Stimmung in Deutschland derzeit dem rechten Lager zusätzlich Wähler zutreibt.
Wolf ist einfach nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Die Umfragen zur Landtagswahl in Baden-Württemberg zeigen schon lange einen klaren Trend – da sind sich alle Institute einig:

CDU Mitte-30, Grüne hoch in den 20ern, SPD erlebt eins Desaster und schrumpft auf unter 15%, AfD zweistellig, FDP drin, Linke nicht drin.

Damit reicht es nicht für Schwarzgelb und nicht für Grün-Rot. Letzteres scheitert also womöglich wieder einmal an den Linken-Wählern, die ihre Stimmen für eine unter 5%-Partei verschwenden, so daß sich unterm Strich die CDU freuen kann.

Selbst der braunschwarze Guido Wolf dürfte sich nach den letzten Äußerungen der Storchschen und Pincchio-Petry nicht trauen mit der AfD zu koalieren.


Er könnte aber auch gut mit den Grünen koalieren – dazu würde es dicke reichen und die BW-Grünen sind schon lange nach den Saarländern und Hamburgern der rechteste Grünen-Landesverband.
Dem CDU-Kandidaten stünde aber auch eine Koalition mit der SPD offen, die man in dem Fall kaum noch „GroKo“ nennen kann.
Nils Schmid dürfte froh sein die Regierungsbeteiligung bei einem 15%-Ergebnis zu halten und den lästigen Kretschmann, der ganz allein fünf Jahre die Lorbeeren eingesammelt hatte, wäre er auch los.

Eine Besonderheit im „Ländle“ dürfte der Wiedereinzug der FDP sein, die trotz völliger bundespolitischen Bedeutungslosigkeit in ihrem Stammland über die 5%-Hürde hopsen könnte.
Sollte es für Schwarzgelb reichen, wäre alles klar. Nach Lage der Umfragen ist dazu aber die CDU zu schwach.

Daraus ergibt sich die rechnerische Möglichkeit einer klassischen Ampel, die a) sehr unbeliebt ist, b) extrem selten vorkommt (Brandenburg und Bremen) und c) in der Regel schon bei den Koalitionsverhandlungen scheitert (Berlin 2001, NRW 2010).
Die Jamaika-Ampel (Saarland 2009) scheiterte ebenfalls vorzeitig und wäre in Baden-Württemberg 2016 höchstwahrscheinlich rechnerisch unnötig.

2016 in Stuttgart sind die Chancen für eine klassische Ampel aber denkbar gut.

Während sich der frühere FDP-Chef Westerwelle von der Bundesebene aus stets gegen Ampeln engagierte, dürfte der jetzige Chef Chrischi Lindner das in Ermangelung von Alternativen ganz anders sehen. Es wäre die unverhoffte Gelegenheit wieder zu regieren – für eine schon fast vergessene Partei, die kein einziges Mitglied in einer Landes- oder Bundesregierung aufweisen kann.

Für die Grünen wäre es die unverhoffte Chance den Chefsessel zu behalten – auch etwas, das Özdemir und Peters schon aus Prestigegründen stark forcieren würden.

Und der SPD bliebe der Triumpf die CDU weitere fünf Jahre in ihrem Kernländle aus der Regierung fernzuhalten.

 […] Das Erstarken der AfD wird nach der Wahl am 13. März in einem Fünf-Parteien-Parlament traditionelle Koalitions-Optionen nicht zulassen. Das Bündnis mit der CDU, von den Freien Demokraten angestrebt, wünscht sich ohnehin kaum jemand im Land zurück. Grüne und SPD haben der FDP nun Gesprächsbereitschaft signalisiert.
[…] Diese Ampel wäre sozusagen eine Win-win-win-Situation. […]