Montag, 18. März 2019

A New Low


Der Terroranschlag von Christchurch bringt bei der äußeren Betrachtung einige besonders perfide und tragische Umstände mit sich.
Genau genommen kann man so einen Satz nicht schreiben, weil es den Angehörigen anderen Opfern gegenüber immer unfair und überheblich wirkt, wenn man spezielle Opfer als besonders „tragisch“ ansieht.
In diesem Zusammenhang ist „tragisch“ eins dieser typischen Dekoration-Adjektive ohne Sinn.

[….] So wie Anschläge immer feige sind, werden Unfälle grundsätzlich als tragisch bezeichnet, obwohl es mit Tragik, also einer Verwicklung ins Schicksal oder in gegensätzliche Wertesysteme, überhaupt nichts zu tun hat, wenn jemand gegen einen Baum fährt. Ein solcher Vorgang ist banal – mithin ganz und gar untragisch. Vielleicht werden die Unfälle deshalb als tragisch bezeichnet, weil das Wort so ähnlich wie traurig klingt, und traurig ist ein Unfall immerhin für die Freunde und Angehörigen des zu Schaden Gekommenen. „Traurig“ ist den Medienleuten aber zu lasch, für sie ist Tragik wohl eine zackigere und grellere Form von Traurigkeit. [….]

That said und wohlwissend, daß es keine Opfer erster und zweiter Klasse gibt, fällt uns Christchurch aus mehreren Gründen besonders auf:


2.   Die Tatsache, daß Neuseeland bisher so ziemlich die letzte von Terror verschonte liberale und multikulturelle Welt war.

3.   Die exponentielle Vervielfältigung des Geschehens im Netz, weil der Täter beim Niedermetzeln von Kleinkindern eine Helmkamera trug und das Millionenmal angeklickt wurde.

4.   Neuseelands Premier Jacinda Ardern macht wie damals der Norwegische Premier Stoltenberg nach dem Massaker von Utøya durch Anders Behring Breivik am 22. Juli 2011 alles richtig.

Damit lenkt sie den Blick auf groteske Gestalten wie Trump, der durch das völlige Fehlen von Empathie und seine zutiefst sadistische und egomane Persönlichkeit alles nur verschlimmert.

Ardern verteidigt die liberalen Werte, geht auf ethnische und religiöse Minderheiten zu, lässt die offenbar zu laxen Waffengesetze verschärfen, sie tröstet, hält das Land zusammen.
Sie tut alles dafür, daß der Abschaum, der diese 50 Toten auf dem Gewissen hat nicht a posteriori gewinnt, indem er bekommt was er will: Hass zwischen den Religionen, Spaltung der Gesellschaft, Zerstörung der liberalen Werte.

Oft genug haben Attentäter mit der Ermordung eines liberalen Hoffnungsträger anschließend genau das bekommen was sie wollten: Eine radikalisierte, antagonistische Politik, bei der humanitäre Werte abgeschafft werden und kriegerische/Bürgerkriegerische Zustände.

·        Das erreichte Leutnant Chalid Islambuli 1981 mit dem Attentat auf Anwar as-Sadat mit Ägypten.
·        Das erreichte Jigal Amir 1995 durch den Mord an Jitzchak Rabin mit Israel.
·        Das erreichte Osama bin Laden 2001 durch den WTC-Anschlag mit Amerika.
·        Das erreichte  Zvezdan Jovanović 2003 durch den Mord an Zoran Đinđić mit dem Balkan.

Jacinda Ardern will den  Massenmörder von Christchurch nicht in dieser Weise belohnen.


März 2019

Während Trump mit sicherem Gespür und tiefer Bösartigkeit die Opfer und ihren Angehörigen auch noch beleidigt und nur an sich selbst denkt:

Nach dem Anschlag auf die Tree of Life-Synagoge in Pittsburgh im Oktober 2018 ätzte Trump so sehr, daß die Pittsburgher ihn demonstrativ nicht willkommen hießen. Brutal streute #45 Salz in die Wunden, indem er den Opfern nachsagte selbst Schuld zu haben – sie hätten sich eben bewaffnen sollen.

Nach dem Mord an Heather Heyer im August 2017 verteidigte President Trump the white nationalists who protested in Charlottesville on Tuesday, saying they included some very fine people,” while expressing sympathy for their demonstration against the removal of a statue of Confederate General Robert E. Lee.
Heyers Mutter Susan Bro war so entsetzt, daß sie sich ausdrücklich gegen Trump verwahrte.

Nach dem Massaker von Las Vegas am 1. Oktober 2017 als 58 Menschen getötet und 851 weitere verletzt wurden lockerte Trump sogar die Waffengesetze und lobte die Klugheit des Massenmörders.
Donald Trump has praised the intelligence of mass murderer Stephen Paddock.

Nachdem im September 2017 Hurrikan Maria über Puerto Rico und zog und 3.000 Tote hinterließ, beleidigte Trump die Insulaner erst durch seine Borniertheit, wußte nicht mal, daß sie Insel zu den USA gehört, bestritt die Opferzahl.

[….] Bei einem Besuch auf Puerto Rico zwei Wochen nach der Naturkatastrophe meinte Trump, die Bewohner können „stolz“ über die wenigen Todesopfer sein und warf wie ein Basketballspieler Küchenpapier in die Menge. [….]

Anschließend lobte Trump sich selbst für den großen Erfolg.

[…..] Donald Trump on Tuesday touted the “incredible, unsung success” of the federal response last year in Puerto Rico, where the government estimates nearly 3,000 died as a result of Hurricane Maria.
[…..] “This is an offensive, hurtful and blatantly false comment from the president,” Senate minority leader Charles Schumer tweeted on Tuesday. “Nearly 3,000 of our fellow citizens died in Puerto Rico following Hurricane Maria. That is the complete opposite of ‘success’.”
Carmen Yulín Cruz, the mayor of San Juan and a fierce critic of Trump, said his comments added “insult to injury”.
She told CNN: “This is a stain on his presidency. He says he’s done a good job when 3,000 people have died? God bless us all if this man continues on this path.”
Bernie Sanders added:“Nearly 3,000 people died. That is not a success. That is a tragedy and a disgrace.” [….]

Kann man sich nicht ausdenken.
Das diametrale Gegenteil erleben wir in Christchurch.

[….]  Ein Bild um den Terroranschlag von Christchurch ist inzwischen ikonisch: Es zeigt Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern wie sie eine muslimische Gemeinde besucht. Ardern trägt drauf ein schwarzes Kopftuch. Sie sieht bewegt aus. Und: Sie hört einfach nur zu.
Rund 24 Stunden ist es zu dem Zeitpunkt her, dass Dutzende Menschen bei einem Doppelanschlag in zwei Moscheen in der Stadt im Süden des Landes getötet wurden. Der rechtsextreme Terrorist wollte eine angebliche Invasion durch Muslime verhindern. In Neuseeland, das eigentlich als so tolerant und weltoffen gilt. Nach den Anschlägen hat Ardern den Muslimen in ihrem Land versichert: "Neuseeland ist ihr Zuhause. 'Sie' sind 'wir'".
Dann ist sie nach Christchurch aufgebrochen. Sie hat ihre Reisepläne nicht an die Presse gegeben. Sie hat ihre Koalitionspartner und auch Mitglieder der Opposition mitgebracht. Die Botschaft: Ardern ist nicht für die Medien hier. Sie will zuhören. Umarmen. Trösten.
[….] Ardern versucht mit ihren Handlungen das Land zusammenzubringen, anstatt es zu spalten. Ihr Land sei kein sicherer Hafen für Hass, Rassismus oder Extremismus, sagt sie, "wir wurden ausgewählt, weil wir nichts davon sind".
Ardern will, was sie auch mit ihrem politischen Programm seit zwei Jahren versucht: ihr Land einen. Dafür wird sie von den Muslimen in Christchurch geschätzt und von Menschen auf der ganzen Welt gefeiert. [….] Doch Ardern kann nicht nur weibliches Vorbild sein. Nicht nur Frau, Mutter, Trösterin. Sie hört nicht nur zu. Sie setzt auch um. Sie kontert. Sie einigt sich. Kurz: Sie führt ihr Land. [….]

Ardern ist aber eben auch eine mutige tatkräftige Regierungschefin, die nur wenige Stunden nach der Tat eine Verschärfung des Waffengesetzes ankündigte und diese heute in einer Krisensitzung auch gegen alle Widerstände durchsetzte.
Das was in Trumpmerika seit Jahrzehnten nicht funktioniert, erledigt Ardern im Handstreich.

Nachdem Trump ohne Not und ohne Grund noch einmal tiefer sank, indem er die die extremistischen Mördernazis verniedlichte, schaffte es seine wichtigste Beraterin noch unter dieses Niveau zu sinken.
Sie half dem Attentäter nicht nur indirekt, sondern propagierte direkt dessen rechts-autoritäre Agenda, indem sie die Meinungs- und Pressefreiheit attackierte.
Journalisten sollten keine Fragen stellen, sondern die Klappe halten und beten!

[…..]  White House counselor Kellyanne Conway is not pleased with the news coverage of last week’s mass shooting in New Zealand, saying on Saturday that reporters should “shut up and pray for people” rather than offer their thoughts on the incident.
According to HuffPost, Conway made the comments on Fox News, where she said of journalists: “They insert themselves ― ‘I must speak! I must say something!’” she said of journalists. “No, you don’t. You can actually shut up and pray for people and wait for the authorities to make their judgments.”
Following the shootings on Friday, news media coverage included reports of the alleged gunman’s 74-page manifesto, in which he referenced President Donald Trump as a “symbol of renewed white identity and common.”
Also following the incident, debate arose once again over how much the president’s divisive and alt-right-flavored rhetoric can or should be blamed for increases in white nationalist violence. [….]

Die Frage, ob man moralisch noch tiefer sinken kann erübrigt sich bei Trump.
Aber im direkten Vergleich mit der Neuseeländischen Regierungschefin rangiert er viele Lichtjahre unter ihr.

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