Ab 2003 die
großen Arbeitsmarktreformen einzuführen war mutig und richtig von Gerd
Schröder, der SPD und den Grünen.
Schröder
hat damit dem Land nachhaltig und selbstlos einen Dienst erwiesen.
Anders
als Angela Merkel klebte er nicht an seinem Posten und lavierte sich den Weg
des geringsten Widerstands entlang, sondern tat das was getan werden musste, um
Deutschland zukunftsfähig zu machen.
Er tat
das äußerst erfolgreich, wie man in der Mega-Bankenkrise 2008/2009 sehen
konnte. Kein anderes Land in Europa war so gut gewappnet und so krisenfest.
Bundeskanzler
Schröder hatte sich – das wird heute gern vergessen – auf eine mit vielen
Gewerkschaftlern und Ökonomen und Sozialpolitikern besetzte Expertenkommission
verlassen. Er hatte nicht etwa selbst die Agenda-Politik erdacht.
Angesichts
der demographischen Entwicklung, die dazu führen wird, daß immer weniger
Arbeiter immer mehr Rentner finanzieren, war es klug und auch Konsens eine „dritte
Säule in der Rentenpolitik“ einzuführen. Private Vorsorge für alle – mit staatlichen
Zuschüssen für die Kleinverdiener. Riester und Rürup wurden geboren.
Niemand
konnte damit rechnen was für eine Dauer-Niedrigzinsperiode 15 Jahre später
folgen würde. So etwas hat es in den letzten hundert Jahren nicht gegeben.
Bei
dauerhaften 0%-Zinsen am Kapitalmarkt funktionieren Riester und Rürup nicht, wie wir heute alle wissen.
Die
rotgrüne Agenda-Politik ist aber glücklicherweise keine dogmatische Schrift wie
Bibel oder Koran, sondern ein gewaltiges Gesetzeskonglomerat, mit dem Neuland
beschritten wurde. Es gab also logischerweise keine Erfahrungen und daher waren
a priori Evaluierungen vorgesehen.
Mit der
Agenda 2010 hörte Politik nicht auf zu existieren. Wir haben weiterhin
gesetzgebende Parlamente und handelnde Regierungen.
Offensichtlich
nicht funktionierende Teile der Hartz-Gesetzespakete müssen selbstverständlich
kontinuierlich aussortiert/gestrichen/angepasst/verbessert werden.
Geringverdienern
zu sagen „sorgt doch mit Riester selbst vor!“ ist schon seit Jahren
offensichtlicher Unsinn.
Hier
hätte die Bundesregierung längst handeln sollen – zumal die negativen Aspekte
der Niedrigzinsen für private Kleinsparer für die Bundesregierung die Kehrseite
von unerwarteten zehnstelligen Überschüssen haben, weil viel weniger Geld für
den Schuldendienst gebraucht wird und die Anleger in deutsche Anleihen fliehen.
Es gibt
aber auch andere Methoden die Rente zu stabilisieren. Man könnte wie in
Westungarn viel mehr Menschen einzahlen lassen – zB Beamte, Unternehmer oder
gar Bundestagsabgeordnete.
Wäre
Gerd Schröder 2005 noch einmal Bundeskanzler geworden – was ihm ja fast
gelungen wäre – hätte er mir seiner Tatkraft nach meiner festen Überzeugung
längst gehandelt.
Es war richtig
durch die Agenda-Gesetze Millionen Menschen in Arbeit zu bringen und schnell zu
einer sehr viel höheren Beschäftigungsquote zu kommen. Es haben mehr Deutsche
denn je sozialversicherungspflichtige Jobs.
Daß aber
15 Jahre nach Schröders Ankündigungen in einer Boom-Phase mit überquellenden
öffentlichen Kassen immer noch zugesehen wird, wie eine Million Leiharbeiter
schlechter bezahlt werden, als ihre Kollegen, die das Gleiche tun, ist
unverzeihlich.
Es gibt
keine Rechtfertigung, daß nach fünf Jahren SPD-Arbeitsministern (Nahles und
Heil) der METRO-Konzern einfach aus dem Tarifverträgen aussteigt und seinen
ohnehin schlecht bezahlten Kassiererinnen den Bruttolohn von 1.444,- auf 997,-
kürzt.
[….]
Gut 1.400 Euro brutto hat Renate jetzt.
Damit kommt sie gerade so über die Runden. Über Altersvorsorge denkt sie gar
nicht erst nach. Renate würde gerne mehr arbeiten. Aber mehr als 21 Stunden pro
Woche bekommt sie nicht, damit man sie möglichst flexibel einsetzen kann. Ganz
normal im Einzelhandel, auch bei real. Aber jetzt will die Warenhauskette auch
noch den Lohn senken. Wenn Betriebsräte wie Isolde Droefke anfangen zu rechnen,
schauen sie oft in ziemlich leere Augen.
Isolde Droefke: „Du
verdienst jetzt aktuell ein Brutto von 1.444 Euro. Würde man einen
Anschlussarbeitsvertrag machen, dann hättest du nur noch ein Brutto von 997
Euro.“
Renate H.: „Ne.“
Isolde Droefke: „Doch,
das haben die so entschieden. Das sind 400, knappe 50 Euro weniger.“
Renate H.: „Ja. Ich
habe vorher zwei Jahre für gutes Geld gearbeitet und jetzt auf einmal soll ich,
was war das, 450 oder wie viel war das weniger bekommen. Warum? Warum, das
frage ich mich.“
Reporter: „Weil Sie zu
teuer sind.“
Renate H.: „Ja, zu
teuer, klar, wir sind alle zu teuer. Das kann es nicht sein …“ [….]
Eine
Groko, die nicht von selbst auf die Idee kommt, daß so etwas schwere
Frustrationen und Politikerverdrossenheit auslöst, wundert sich womöglich auch
über ihre miesen Umfragewerte.
Immerhin
handelt es sich um ein prosperierendes Land mit einer funktionierende
Regierung, die über stabile Mehrheiten verfügt. (Insbesondere 2009-2013)
Arbeitsministerin
Nahles hätte längst handeln müssen. Es wäre möglich gewesen.
[….]
„Die Politik fürchtet sich davor, hier
die die Situation zu verbessern. Sie könnten es über das Instrument der
Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Natürlich könnten sie es. Das geht
aber nur mit einem schweren Konflikt mit der Arbeitgeberseite. Und
offensichtlich wird dieser Konflikt gemieden auf Kosten einer zunehmenden Frustration
von - wohlgemerkt Millionen - Beschäftigten, die da unten angehängt werden von
der Lohnentwicklung und von Verbesserungsperspektiven ihrer persönlichen
Situation.“ [….]
Nahles
und Heil waren also entweder zu feige – dann wären sie aber als Minister
ungeeignet. Oder sie wurden von der übermächtigen Union gehindert. Dann hätten
sie aber jeden Tag dreimal laut sagen müssen, daß Merkel und Seehofer den Kassiererinnen
die Lohnkürzung einbrocken.
Blickt
man auf die Verhältnisse in Ostdeutschland mit der AfD als stärksten Partei,
sollten alle Groko-Politiker gewarnt sein, endlich ihre Arbeit zu machen.
Es ist
tatsächlich verständlich, daß Geringverdiener, wie die bei MONITOR Erwähnten an
den Groko-Parteien verzweifeln, weil sie die Politik aufgrund ihrer eigenen
finanziellen Not sehr eindimensional sehen.
Da
kommen weitergehende weltpolitische Erwägungen zu kurz.
Eine
verantwortungsvolle Bundeskanzlerin und eine fähige Sozialministerin hätten
längst gegengesteuert und soziale Härten abgewendet. Wie schwer kann das sein,
wenn die öffentlichen Kassen ohnehin überquellen?
Ich
wundere mich angesichts solcher Lohnkürzungen und der Aussicht auf Altersarmut
nicht über einfache Wähler, die sich frustriert von der SPD abwenden.
Leider
ist das Verhalten kontraproduktiv, denn so wird die SPD immer schwächer und
kann noch weniger in der Groko durchsetzen.
Besser
wäre es natürlich, wenn die SPD wenigstens gut erklären könnte was sie tut und
alle Wähler rational abwägten welches das kleinste Übel für sie ist, statt
frustriert gar nicht zu wählen.
Leider
sitzen an der Partei- und Fraktionsspitze aber strategisch völlig unfähige
Deppen wie Klingbeil, Heil, Nahles und Schäfer-Gümbel, die es alle vier
zusammen gerade mal auf so viel Charisma bringen, wie es Helmut Schmidt oder
Gerd Schröder im kleinen Finger haben.
Umso
mehr verstehe ich den Frust der Wähler.
Diese
Erwägungen sind aber keinerlei Rechtfertigung den eigenen Frust auf die
einzigen, die noch schwächer als sie selbst sind zu lenken: Die Flüchtlinge.
Groko-Frust
ist kein Freifahrtschein, um AfD zu wählen, montags in Dresden Nazi-Parolen zu
grölen oder sich ungeniert braunen Hetzmobs auf der Straße anzuschließen.
Wer
selbst so xenophobe Ansichten wie Sahra Wagenknecht hat und beinahe täglich mit
ausländerfeindlichen Stimmungen spielt, sich ostentativ an Pegioten und Höcke-Fans heranwanzt,
kann kein Partner für die Sozialdemokratie sein.
Volksparteien
sind dafür da das Leben der Menschen allgemein zu verbessern, das Land für die
Zukunft zu rüsten.
Dazu
gehört es natürlich für anständige Löhne
und Renten zu sorgen.
Dazu
gehört es aber keineswegs sich selbst gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu
bedienen, um demoskopisch zu profitieren.
Ja, ich
verstehe Menschen, die sauer auf die Alte Tante SPD sind.
Nein, ich verstehe deswegen noch lange nicht, wie man Fackelzüge gegen Asylunterkünfte veranstaltet, NPD/AfD-Fakenews in den sozialen Medien verbreitet und beginnt die noch Schwächeren zu hassen.
Nein, ich verstehe deswegen noch lange nicht, wie man Fackelzüge gegen Asylunterkünfte veranstaltet, NPD/AfD-Fakenews in den sozialen Medien verbreitet und beginnt die noch Schwächeren zu hassen.
Wer den
Rassismus der AfD teilt, sich nicht an Hitlergrüßen, Hakenkreuzen und
Geschichtsrevanchismus stört, wer „Absaufen! Absaufen!“ grölt; wer sich
wünscht, daß noch mehr Heimatvertriebene im Mittelmeer krepieren, ist kein von
seinen niedrigen Löhnen zu Recht frustrierter Protestwähler, sondern ein
verdammtes Arschloch.
Sollen
Wagenknecht und Lafontaine denen nachlaufen.
Von der
SPD erwarte ich hingegen ihre Arbeit zu machen.
Maas,
Scholz und Barley machen das auch sehr gut. Giffey vermutlich auch.
Frau
Schulze habe ich immer noch nicht bemerkt. Und Heil; siehe oben.
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