Mittwoch, 16. Mai 2018

Problem ohne naheliegende Lösung.


Das ist schon symptomatisch.
Während die SPD immer mehr in Umfragen wegsackt und sich das gesamte politische Feld nach rechts verschiebt – denn die enttäuschten ehemaligen SPD-Wähler wenden sich ja ganz offensichtlich NICHT linkeren Parteien zu, sondern Rechteren – werden die Reichen Deutschlands in atemberaubenden Tempo immer reicher und die Armen ärmer.
Auch unter der aktuellen Groko sind die politischen Weichen so gestellt.
Offensichtlich ist es gewollt – denn das hat der Wähler mit Mehrheit entschieden – daß Arbeitseinkommen stärker besteuert werden als Spekulationsgewinne.
Vermögenssteuer möchte niemand einführen, die Erbschaftssteuer ist zwar nicht gerade bescheiden für diejenigen, die das sprichwörtliche Häuschen erben, aber die Gesetze sind so gestaltet, daß sich Superreiche wie die Quandts und Albrechts bequem mit Doppelstiftungsmodellen drum herum mogeln können. So verschieben sich zweistelligen Milliarden-Erbschaften ganz ohne Abgaben.
Reiche werden also nicht nur immer reicher auf Kosten der Armen, weil die regierenden Parteien das freundlicherweise so zulassen, sondern sie werden insbesondere immer einflussreicher.
Sie sind so mächtig, daß sie noch nicht mal direkt über Parteispenden und Lobbyorganisationen Macht auf Politiker ausüben, sondern es reichen Drohungen.

Wenn Du Bezirksamtschef/Finanzsenator/Bürgermeister/Landesminister nicht genau das tust was ich will, gehe ich eben mit meinen Millionen weg.

Und sofort springt Henriette Reker und tut was Immobilienhai Christoph Gröner von ihr will.


Einfach mal weniger CDU und FDP wählen – und schon könnte man solche Zustände ändern. Aber der Urnenpöbel will es ja so.

Die Allerreichsten Deutschlands haben Häuser auf der Insel der Multimillionäre – Sylt. Hier ist es dermaßen teuer, daß 99% der Bevölkerung niemals dort leben könnten.

[….] Mitten auf der Insel Sylt, zwischen Dünen und Fischrestaurants, liegt das Reich der Reichen. Klaus-John Weber zeigt auf einen geschwungenen Pfad, gesäumt von hohen Hecken. "Das ist der Hobookenweg", sagt er, "die teuerste Straße Deutschlands." Ein Quadratmeter Land kostet hier mindestens 35.000 Euro.
Weber hat 41 Jahre als Butler auf Sylt gearbeitet. Deshalb weiß er, wie es hinter den Hecken aussieht, die die Bewohner in zwei soziale Klassen aufteilen: Menschen, die zig Millionen Euro für ein Ferienhaus ausgeben, um darin ein paar Wochen im Jahr Urlaub zu machen. Und dann sind da all die Menschen, die morgens vom Festland über den Hindenburgdamm zum Arbeiten auf die Insel pendeln, weil sie sich eine Mietwohnung auf Sylt nicht mehr leisten können.
Jahrhundertelang hat der Abstand zwischen Arm und Reich politische Ideologien geprägt, Kriege und Revolutionen ausgelöst. Gleichzeitig fasziniert das Leben der "Reichen" die Leute. Millionen Menschen sehen sich im Fernsehen Krönungen und Dokumentationen über Champagnerpartys an. [.....]
Deutschland ist laut OECD das Land mit der dritthöchsten Vermögensungleichheit aller Industrienationen. Während laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) die Hälfte der Deutschen praktisch gar kein nennenswertes Vermögen besitzt und mancher sogar Schulden hat, gehören den oberen zehn Prozent geschätzt zwei Drittel des gesamten Eigentums. Ein einziges Prozent besitzt demnach sogar ein Drittel aller Immobilien, Sparanlagen, Aktien und Unternehmen.
[….] An einem Aprilmorgen dieses Jahres wartet Klaus-John Weber am Bahnhof in Westerland. Wenn Sylt das Klischee des reichen deutschen Urlaubsortes ist, dann erfüllt Weber das Klischee des Dieners: Er trägt Melone und einen langen schwarzen Mantel. Zur Begrüßung lüpft er den Hut, nimmt den Koffer ab, öffnet die Beifahrertür seines Kleinwagens und ruft: "Willkommen auf der Insel, Mylady!"  [….]

Der Reichtum boomt, also boomt auch Sylt.
Nur ein paar Tage Urlaub dort zu machen, gilt schon als großer Luxus.
Kein Wunder, beginnen doch die Hotelpreise in der Saison mit 300 Euro pro Nacht.
Zwei Wochen mit Frau und Kind kosten dann leicht 10.000 Euro für die Übernachtung. Mal ganz abgesehen von den unfassbar hohen Preisen für das Leben dort.

Es gab einst auch normale Menschen auf Sylt. Mit Durchschnittseinkommen.
Jeder Hamburger kennt Geschichten von ganz bescheidenen Durchschnittsverdienern, wie zB Beispiel Lehrerehepaaren, die sich in den 1960ern ein kleines ganz bescheidenes Ferienhaus auf Sylt zulegten, dort über Jahrzehnte immer mal die Wochenenden verbrachten (Hamburgs Di,Mi,Do-Bürgermeister Beust verbrachte immer Freitag bis Montag auf Sylt), dann aber mit dem Erreichen des achten Lebensjahrzehnts weniger aktiv wurden, sich daher entschlossen die kleine Bude auf Sylt zu verkaufen und dann feststellten, das Ding ist drei Millionen oder fünf Millionen Euro wert.
Zumindest wenn es dort eine Baugenehmigung gibt und man dort ein paar Ferienwohnungen oder gar ein kleines Hotel errichten darf.

Ein Hotel auf Sylt ist wie die Lizenz zum Gelddrucken. Kein Wunder, denn die nordfriesische Insel mit gerade mal 16.000 Einwohnern ist klein, gerade mal fünf Kilometer breit. Fast kein neues Bauland, aber umso begehrter als Statussymbol der Megareichen.

[….] Auf Sylt wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche große neue Häuser im Vier- und Fünfsternesegment eröffnet: 2007 das TUI Dorfhotel in Rantum mit 159 Appartements, 2009 das Hotel Budersand in Hörnum mit 77 Zimmern und Suiten, 2010 das A-Rosa in List mit 177 Zimmern und Suiten. Im Dezember 2014 folgte das Luxushotel Severin's mit 62 Zimmern und Suiten sowie 27 Appartements in Keitum. Im Sommer 2017 begrüßte das Easy Living Hotel in List die ersten Gäste in den 38 Doppelzimmern. In List soll 2020 auch der Lanserhof mit 67 Zimmern eröffnen. [….]

Aber nun droht Ungemach beim Geldscheffeln.
Die Luxusboutiquen, Edelrestaurants und Sternehotels finden kein Personal mehr.
Nicht unbedingt, weil keiner den Job machen möchte, sondern weil keiner sich den Job leisten kann.
Der Verdienst als Zimmermädchen, Butler oder Putzfrau reicht nicht aus, um sich eine Unterkunft auf Sylt zu leisten.
Die Domestiken sind also gezwungen vom Festland aus zu pendeln. Und auch dort werden die Unterkünfte teurer.
Die Multimillionäre schlagen Alarm! Was sollen sie tun? Etwa selbst niedere Dienste verrichten?
Geschickt spielen sie den Ball weiter und beklagen, der Personalmangel ginge zu Lasten der Feriengäste.
Wie uneigennützig und edel von ihnen.
Altruistisch denken sie nur an das Wohl ihrer Gäste und Kunden.
Dem Hamburger Abendblatt kommen fast die Tränen.

[…..] Personalmangel wird auf Sylt immer problematischer [….] Die Sommersaison auf Sylt hat begonnen, zahlreiche Hotels sind im Juli und August bereits ausgebucht. In den Buchungsportalen im Internet sind nur noch wenige freie Zimmer zu finden – und wenn, dann meist zu horrenden Preisen. Es ist durchaus üblich, dass in der Hochsaison Viersternehäuser um die 300 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer aufrufen.
[….] Sylt ist wohl die teuerste deutsche Insel, doch es kommen immer mehr Gäste: Die Zahl der Übernachtungen ist im vergangenen Jahr auf 7,093 Millionen gestiegen. Das waren rund 166.000 mehr als noch im Jahr 2016.
Aber es gibt ein Problem auf der Lieblingsinsel der Schönen und Reichen: Es fehlt das Personal. "Die Lage wird immer dramatischer. Nach unseren Schätzungen gibt es auf der Insel Sylt in der Hotellerie und Gastronomie zurzeit etwa 300 freie Arbeitsstellen", sagte der Vorsitzende des Dehoga Sylt, Claas-Erik Johannsen, dem Abendblatt. "Das stellt unsere Branche, besonders aufgrund der bevorstehenden Sommersaison, vor große Herausforderungen. Die Leidtragenden sind unsere Gäste."
[….] Seit Jahren gebe es auf Sylt zu wenige Arbeitskräfte, doch in diesem Jahr habe sich die Situation noch einmal verschärft. Gründe dafür gebe es viele, ein Hauptgrund sei aber weiterhin, dass bezahlbarer Wohnraum für die Mitarbeiter fehle, so Johannsen weiter. Und das Pendeln vom Festland auf die Insel sei aufgrund der Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn für die Arbeitskräfte immer weniger eine Option. […..]

Arbeitskräfte importieren?
Visaerteilung für Billiglöhner aus Übersee?
Wohngeldzuschüsse für die Putzfrauen vom Land? Oder vom Bund?
Werbekampagnen, um gezielt Hotelangestellte aus Rumänien und Griechenland anzulocken?

Es gibt viele Ideen.

Nur eine Möglichkeit wird gescheut und noch nicht mal ausgesprochen, weil das viel zu frevelhaft wäre:
Die Concierges, Kellner, Gärtner und Reinigungskräfte so anständig zu bezahlen, daß sie sich selbst eine Wohnung irgendwo leisten können und womöglich – jetzt wird es aber linksradikal von mir: sogar noch ein paar Euro für ihr eigenes Leben übrig haben.

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