Es war der Running Gag der Merkel-Kanzlerschaft: Wann immer einer ihrer vielen CDUCSUFDP-Flitzepiepen-Minister sich so in Affären verstrickte, daß Journalisten über Rücktritte, respektive Rausschmisse spekulierten, was derjenige seines Jobs sicher, solange die Kanzlerin schwieg.
Sobald sie aber öffentlich KTG/Schavan/Polenz/Wulff ihr „vollstes Vertrauen“ aussprach, wußte man es sicher; der/die ist erledigt!
„Mein vollstes Vertrauen“ bedeutete „dem vertraue ich meine drei Zentimeter“.
Merkel konnte durchaus auch eine populistische Lügnerin sein, mochte es aber gar nicht, wenn sie dabei erwischt wurde; beispielsweise nach ihren Attacken auf die angeblich dauerurlaubenden Griechen. Ihre falschen Vertrauens-Bekundungen waren vermutlich keine absichtsvollen Lügen, sondern bloß ihrer allgemeinen Instinktlosigkeit und der mangelnden Menschenkenntnis geschuldet. Statt knackiger Ansagen, die sie später doch kassieren musste, beherrschte sie die Kunst, wolkige Monologe zu halten, die zwar auf einfältige Zuhörer seriös wirkten, die aber völlig inhaltslos waren.
Trumps manisches Bullshitten stellt eine ganz andere Qualität dar. Er plappert irgendeinen Unsinn raus, der gerade durch sein Erbsenhirn kullert. Er gefällt sich dabei, zu schockieren, zu unterhalten. Viele seiner dummdreisten Lügen begeistern ihn so sehr, daß er sie, wie eine Schallplatte mit Sprung, ununterbrochen wiederholt. Aber IQ47 widerspricht sich auch gern selbst und hat eine Vorliebe dafür, vor aller Augen liegende, unumstößliche Fakten zu negieren. Es sind Trumpsche Random-Lügen, die von politischer Bedeutung sein können, oder aber ergebnislos verpuffen. Niemand kann von außen einschätzen, was in seiner verkalkten Soziopathenbirne vor sich geht.
Richard Blair, 80 Jahre alt, ist der Sohn von George Orwell. Er staunt selbst, wie aktuell die in den 1940ern geschriebenen Werke seines weltberühmten Vaters sind.
[….] Er wollte auf die Unterwerfung der Menschen aufmerksam machen und auf Desinformationen, die Bürger bei Laune halten sollen. Als Trump 2016 seine Wahl gewann, gab es diesen kuriosen Moment: Es waren etwa halb so viele Zuschauer bei seiner Amtseinführung wie bei der von Barack Obama. Trotzdem behauptete sein Sprecher, bei Trump seien es mehr gewesen. Dafür kritisiert, sagte Trumps Beraterin, sie präsentiere lediglich alternative Fakten. Das erinnerte an 1984. Es passiert gerade. 1984 ist überall. (…)
Viele Menschen scheinen Informationen für bare Münze zu nehmen, sie halten nicht inne. Mein Vater schrieb in 1984: Zwei und zwei gleich fünf. Das ist Fehlinformation in ihrer einfachsten Form. Wenn man den Leuten etwas lange genug und laut genug erzählt, fangen sie an zu glauben, was sie hören. […..]
(R. Blair, SZ-Magazin, 11.12.2024)
Fritze Merz bildet nach Merkel und Trump noch eine dritte Lügen-Kategorie, die es nach meiner Beobachtung, so noch gar nicht in der modernen Politik gab. Seine Aussagen kommen stets sehr aufgeregt und schneidig, weil er unter einem schlimmen Small-penis-syndrome und zudem unter Merkel-Trauma leidet. Er fühlt sich zutiefst betrogen, noch nicht längst Kanzler zu sein, erträgt es nicht, wenn andere Politiker, denen er sich allen haushoch überlegen fühlt, hohe und höchste Staatsämter innehaben, die ihm bisher verwehrt sind. Um diesen Frust überkompensieren zu können, greift er zu hoher Phonstärke, bedeutungsschwangeren Metaphern, Superlativen und grimmiger Mimik. Der Urnenpöbel soll endlich begreifen, wie wichtig und schlau er, der einzig wahre CDUler, ist. Ein Beispiel:
[….] Mit deutlichen Worten hat CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich
Merz erneut eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. »Ich wiederhole es
hier zum Mitschreiben. Eine Zusammenarbeit unter meiner Führung wird es mit der
CDU in Deutschland nicht geben«, sagte Merz in den ARD-»Tagesthemen«. Die
Gründe seien klar und offensichtlich: »Wir arbeiten nicht mit einer Partei
zusammen, die ausländerfeindlich ist, die antisemitisch ist, die Rechtsradikale
in ihren Reihen, die Kriminelle in ihren Reihen hält, eine Partei, die mit
Russland liebäugelt und aus der Nato und der Europäischen Union austreten
will.«
Merz fügte hinzu: »Wenn wir das machen würden, wir würden die Seele der CDU verkaufen.« Er habe nicht die Absicht, dies zu tun. Dafür stehe er mit seinem Wort als Friedrich Merz und Parteivorsitzender. Auf die Nachfrage, ob er dieses Versprechen halten könne, antwortete Merz: »Ja, ich halte das. Ich knüpfe mein Schicksal als Parteivorsitzender der CDU an diese Antwort.« […..]
(SPON, 11.01.2025)
In dieser überdramatischen Rhetorik lassen sich die Merzschen Minderwertigkeitskomplexe deutlich erkennen. Er leidet darunter, nicht ernst genug genommen zu werden, nicht genügend politisches Gewicht auf die Waage zu bringen und kompensiert es, indem er seine Aussage drastisch überspitzt. Das allein ist schon erbärmlich und peinlich für einen, der sich anschickt Regierungschef zu werden. Viel schlimmer als seine Komplexe, sind aber seine notorische Doofheit und die Aggressivität, mit der er wiederum überkompensiert, NULL Ahnung von Wirtschaft zu haben und NULL Ahnung von Innenpolitik zu haben.
Merz ist schlicht und ergreifend borniert. Da er sich aber immer so drastisch-deutlich äußert, wurde es inzwischen zu Regel, daß er sich kurze Zeit später korrigieren muss und ähnlich empört, wie zuvor, nun behauptet, das diametrale Gegenteil dessen, was alle verstanden haben, zu meinen. Merkel musste nur ihre Vertrauensbekundungen anschließend wieder kassieren. Merz muss alles, das er sagt, wenige Tage später wieder einsammeln.
Seit Merzens großspurig ankündigten Absicht, die 10%-AfD zu halbieren, scheißt er sich aus Angst vor dem Wähler so massiv in die Hosen, daß er Pawlowsch immer wieder AfD-Werbebotschaften hinausposaunt. Und damit die Nazis auf 21% in den Umfragen hochjazzte.
Wenige Tage nach seinem kategorischen Ausschluss jeder Zusammenarbeit mit der AfD, verkündet er nun mit ebenso viel Verve, doch mit der AfD zusammenzuarbeiten.
[….] Am Donnerstagabend, gegen 22 Uhr, passiert in einer Telefonschalte der CDU-Spitze etwas Historisches. Friedrich Merz ergreift als Erster das Wort: In der kommenden Woche werde die Unionsfraktion umfassende Anträge zu Migrations- und Flüchtlingspolitik in den Bundestag einbringen. Man werde dann in der Mitte des Parlaments, also bei SPD, Grünen und FDP, für eine Mehrheit werben. Aber: Die Union werde am Ende keine Rücksicht darauf nehmen, wer mitstimmt.
Ein Manöver, von dem man bislang abgesehen hatte. Zu groß war die Sorge, es könnte bei einer Abstimmung eine Mehrheit mithilfe der AfD zustande kommen. Auch Merz hatte Mehrheiten, die nur gemeinsam mit der AfD entstehen können, lange ausgeschlossen.
Bis jetzt. Denn nachdem am Mittwoch in Aschaffenburg ein ausreisepflichtiger Afghane zwei Personen, eine davon ein Kleinkind, mit einem Messer getötet hat, reicht es dem CDU-Vorsitzenden. Merz ist überzeugt, das Thema Migration könne nicht mehr bis nach der Bundestagswahl warten. Er will jetzt handeln. Also sagt er den Mitgliedern seines Präsidiums: "Es ist mir völlig egal, wer sonst noch mitmacht." Er geht, so sagt Merz es selbst, "All in".[….]
(Sara Sievert, T-online.de, 24.01.2025)
Es ist eine Sache für Carsten Linnemann, jeden Tag das umdeuten und zu dementieren, was sein Chef gestern sagte, wenn dieser bloß Oppositionsführer ist.
Als Bundeskanzler werden Merzens permanente Dampfplaudereien aber ganz andere Schockwellen auslösen. Sein mutmaßlicher Kanzleramtsminister Linnemann wird dann sehr schnell weiße Haare bekommen, weil er ununterbrochen mit den Hauptstädten der Welt telefonieren muss, um zu erklären, wie alles eigentlich gemeint sei und innständig darum zu bitten, künftig bitte nichts ernst zu nehmen, das der Kanzler äußere.
[….] SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sieht in der Offenheit für die Zustimmung der AfD ein »fatales Signal«. »Hier würde sich eine schwarz-blaue Zusammenarbeit anbahnen, vor der wir immer gewarnt haben«, sagte Miersch dem SPIEGEL. »CDU/CSU müssen schnell Aufklärung schaffen.«
[….] Miersch warf Kanzlerkandidat Merz »Beliebigkeit« vor: »Letzte Woche schloss er jede Zusammenarbeit mit der AfD aus, heute macht er wieder einmal die Rolle rückwärts.«
Deutliche Kritik an möglichen gemeinsamen Abstimmungen von Union und AfD äußerte auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast. »Wenn Merz das macht, ist es der Dammbruch, das Ende der Brandmauer.« Mast sprach von einem »Freifahrtschein für eine Zusammenarbeit mit der AfD«.
Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, warnte den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz davor, bei einer geplanten Verschärfung der Migrationspolitik im Bundestag notfalls auch die Unterstützung der AfD in Kauf nehmen. »Nach dem Bruch der Ampel hat Friedrich Merz im Bundestag selber den Vorschlag unterbreitet, auch in dieser Phase des Übergangs nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten«, sagte der Grünen-Spitzenkandidat am Freitag dem SPIEGEL. [….] Aus dem Nachwuchsverband der Grünen, der Grünen Jugend (GJ), kritisierte deren Co-Bundessprecher Jakob Blasel das mutmaßliche Vorgehen des Unions-Kandidaten. »Faschisten kommen nur an die Macht, wenn Konservative mit ihnen zusammenarbeiten. Friedrich Merz gefährdet für seinen Wahlkampf unsere Demokratie. Sicherheit und Freiheit verteidigt man nicht, indem man die Unterstützung der AfD einkalkuliert«, sagte der GJ-Vertreter dem SPIEGEL. […..]
Die Frage lautet jetzt also dringender denn je, wohin, wie und wann man auswandert. Bloß weg aus Merzland.
So wie Merz noch kürzlich mit großer Emphase, eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD ablehnte, gilt nun genau das Gegenteil.
[….] Denn, fuhr Merz fort, »das hätten diese Damen und Herren von rechts außen doch gerne, dass sie plötzlich die Mehrheiten besorgen, und sei es mit Ihnen von den beiden Minderheitsfraktionen bei der Bestimmung der Tagesordnung. Wir wollen das alles nicht. Ich hoffe, Sie sehen das auch so, liebe Kolleginnen und Kollegen.«
Jetzt, nur zwei Monate später, ist all das vergessen. [….] Merz widerruft sich selbst. Alle guten Argumente sind vergessen. Merz geht All-In, wie im Poker, er setzt alles auf eine Karte, so haben Teilnehmer ihn im Präsidium verstanden. [….] Schon am Tag zuvor hatte Merz auch einige der eigenen Leute überrascht. Bei einer Veranstaltung der »FAZ« hatte er wissen lassen, er hätte Interesse an einer öffentlichen Debatte mit der AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel, um die Unterschiede zwischen den Parteien deutlich zu machen: »Dann fliegen die Fetzen«.
Weidel ging natürlich sofort darauf ein, in der AfD sehnt man sich nach solchen Gelegenheiten. Mehrere TV-Anstalten boten sich an. Merz steht jetzt im Wort. Er kann dahinter kaum noch zurück. Wahrscheinlich wird es also ein großes Fernsehduell geben. Die AfD bekommt, was Robert Habeck verwehrt bleibt: ein Streitgespräch auf größtmöglicher Bühne mit dem aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten. [….] Der Vorstoß passt zu dem, was CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann nach einem Zeitungsbericht bei einer Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis bei Paderborn gesagt hat. »Das Nazi-Bashing gegen die und das Brandmauergerede müssen aufhören. Diese Partei steht auf dem Wahlzettel. Ja, da sind auch Rassisten dabei, aber sie werden durch Nazivergleiche und Brandmauergerede nur noch bedeutender.« So berichtet die »Neue Westfälische« im Lokalteil. [….]
Neben dem typischen Zickzack-Kurs, verblüfft Merz wieder einmal mit der eklatanten Unkenntnis des politischen Einmaleins. Er glaubt offenbar, als Kanzler Deutschland wie eine Präsidialrepublik mit Trumpschen Executive-Orders regieren zu können. Aber er wird, wenn überhaupt, bloß Kanzler einer Koalitionsregierung sein, die Kabinettsbeschlüsse und Gesetze braucht.
Er gaukelt dem Volk also, wieder einmal, blanken Unsinn vor, wenn er suggeriert, wie der orange Irre in Washington, innerhalb von Minuten mit quietschendem Sharpie Anweisungen zu schreiben, mit denen sich sämtliche Probleme auflösen. Das wird natürlich nicht klappen. Selbst wenn er mit der AfD regiert, hat er keine Grenzer oder Polizisten, um 3.800 km deutsche grüne Grenze zu kontrollieren.
[….] Ein kleiner Auszug aus der Liste seiner Versprechen: Merz will das Innenministerium anweisen, alle Grenzen zu kontrollieren. Er kündigt ein „faktisches Einreiseverbot“ für alle Personen ohne gültige Einreisepapiere an, auch für Schutzbedürftige. Ausreisepflichtige Personen sollen in Ausreisegewahrsam genommen werden. Und, das auch noch: „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. Ich sage nur, ich gehe keinen anderen.“ [….] Damit knallt Merz nicht nur die Tür zu einer – zuvor mindestens theoretisch noch denkbaren – schwarz-grünen Koalition faktisch zu, während gleichzeitig auch die SPD wenig Bereitschaft erkennen lässt, sich widerstandslos zu fügen. Zum anderen vergrößert er die Fallhöhe zwischen Versprechen im Wahlkampf und späterer Umsetzung auf ein für die Union gefährliches Maß. [….] [….] Das Problem mit Merz’ Ankündigung ist vielmehr, dass er noch am selben Tag in die exakt falsche Richtung abgebogen ist.
Kommende Woche nämlich will er mehrere migrationspolitische Anträge in den Bundestag einbringen, und zwar „unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“, sprich: unabhängig davon, ob die AfD zustimmt. Ja, Union und AfD haben keine Mehrheit, Union, AfD, BSW und FDP aber schon – und ist das die Gesellschaft, in die CDU und CSU sich begeben wollen? [….]. Sein Vorgehen gleicht jener Art Affekthandlung, von der man glaubte, Merz habe sie überwunden. [….] Der Pfad aber, den Merz nun anscheinend zu betreten gedenkt, führt in den Abgrund. [….]
Merz ist ein zutiefst unseriöser Blender, der niemals Kanzler werden darf!
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