Das war knapp, meinte Julie Kurz vom NDR in ihrem Kommentar über das tapsige Greenhorn Merz.
Die Grünen verbreiten genüßlich ihre Abrechnung mit der völligen Unfähigkeit des „nächsten Kanzlers“.
Drei Anmerkungen habe ich dazu:
1.) Die „100 Milliarden Euro für die Grünen“, sind gar nicht für die Grünen, sondern für uns alle. Klimaschutz ist kein skurriles Partikularinteresse! Ohne Klimaschutz ist alles nichts. Und die zusätzlichen acht Milliarden Euro im Jahr sind viel zu wenig. Insbesondere, wenn man sie mit den enormen Summen vergleicht, die GEGEN den Klimaschutz ausgegeben werden: Pendlerpauschale, Dienstwagenprivileg, Agrardieselsubvention, Industriestrompreis, etc.
2.) In der Tat wird vergessen, daß die Grünen prinzipiell am gleichen Strang ziehen und auch das beste für ihre deutschen Bürger erzielen wollen. Sie sind ein wohlwollender Verhandlungspartner. Wenn Merz aber schon dabei fast scheitert, will man sich gar nicht erst vorstellen, was das für ein Debakel wird, wenn er im Weißen Haus auf einen völlig skrupellosen, sehr viel mächtigeren Mann trifft, der Deutschland schaden will.
3.) Wieso glauben nun plötzlich alle, Merz sei damit über den Berg und hätte alle Hürden auf dem Weg ins Kanzleramt bravourös überwunden? Ja, sicher, ohne die Grünen, die Merz und Söder zuvor maximal beleidigten, wäre es nicht gegangen. Aber es sind noch ganz andere Berge zu erklimmen.
Fraglich bleibt, ob übermorgen die Mehrheit im Bundestag zusammenkommt, weil es in allen beteiligten vier Parteien Abweichler geben dürfte. Die Abgeordneten der CDU und CSU hatten immerhin ihren Wählern hoch und heilig versprochen, ohne zusätzliche Lockerungen bei der Schuldenaufnahme auszukommen.
[…] Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja will dem schwarz-roten Finanzpaket zur Aufnahme neuer Milliardenschulden am Dienstag im Bundestag nicht zustimmen. „Ich habe meiner Fraktion gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass ich dieser Grundgesetzänderung nicht zustimmen kann“, sagte der scheidende Berliner Bundestagsabgeordnete dem Nachrichtenportal „ThePioneer“. Diese sei „nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich“.
„Ich hätte das mir nicht vorstellen können, dass wir in so kurzer Zeit eine so wichtige Zusage, die wir bei der Bundestagswahl getroffen haben, nicht mehr bereit sind, umzusetzen“, sagte Czaja. Eine „solch grundlegende Änderung zu dem, was man vor der Wahl gesagt hat, nach der Wahl umzusetzen, ist ein sehr hoher Vertrauensverlust in die demokratische Mitte“, warnte er. [….]
Die SPDler sind vermutlich die sichersten Kantonisten, weil sie regieren wollen und die kommenden massiven staatlichen Investitionen ihren politischen Überzeugungen entsprechen. Aber in keiner Partei ist der Antifaschismus so tief in den Wurzeln verankert. Die SPD wird Friedrich Merz seinen Schulterschluss mit den Faschisten im Bundestag nicht vergessen. Mal ganz abgesehen, von seiner SPD-zerstörenden Rolle als Oppositionschef, als er genau die Schulden, die er jetzt für sich will, vehement bekämpfte. Der zweiten und dritten Lesung des Schulden-Gesetzentwurfs wird am Dienstag, den 18. März, sofort die namentliche Abstimmung folgen. Wenn niemand krank ist, niemand im Plenarsaal fehlt, alle 733 Abgeordneten anwesend sind, haben CDU, CSU, SPD und Grüne genau 31 Stimmen mehr als eine Zweidrittel-Mehrheit. Albrecht von Lucke rechnet mit mindestens 20 Abweichlern. Die SPD mit ihrem „staatspolitische Verantwortung“-Fetisch wird mutmaßlich stehen. Mit leichten Unsicherheiten bei den bereits abgewählten Abgeordneten, die der Merz-Heuchelei ihr Karriereende zu verdanken haben.
Allein vier Dutzend Grüne Abgeordnete müssen für das Schuldenpaket stimmen, die im neuen Bundestag gar nicht mehr vertreten sind.
Sollte Merz übermorgen dennoch alle Stimmen bekommen, folgt die nächste Hürde, die noch höher ist:
[…] In den kommenden Tagen werden die Landesregierungen intern über die Pakete abstimmen – denn auch im Bundesrat ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Auf Bayern kommt wohl eine entscheidende Rolle zu – nur mit den Stimmen der Staatsregierung aus München ist im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit möglich, wenn sich alle Landesregierungen mit Beteiligung von FDP, BSW oder Linke enthalten.
Bundesrat: Für Freitag, den 21. März, ist die nächste reguläre Plenarsitzung des Bundesrats angesetzt. Nach einem Beschluss des Bundestags wären auch die Finanzpakete Teil der Tagesordnung. Erst nach einer Zwei-Drittel-Mehrheit von Bundesrat und Bundestag wäre der Entwurf beschlossen. […]
Benötigt werden die Stimmen des irren Aiwangers und/oder der Putin-affinen Wagenknechte, die strikt gegen Aufrüstung argumentieren.
[….] Bayern mit der Landesregierung aus CSU und Freien Wählern könnte sechs Stimmen zusteuern. Das würde reichen. Doch bisher stellt sich der Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger quer. Für Montag soll eine Entscheidung geplant sein, die Rede ist von »ergebnisoffenen Gesprächen«. Inzwischen ist es nicht mehr ausgeschlossen, dass die Koalition deswegen in München bricht und an die Stelle der Freien Wähler als Juniorpartner die SPD einspringt. Im schwarzen Bayern wäre eine Regierungsbeteiligung der Sozialdemokraten eine Sensation. In Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt käme es auf die FDP an, eine Zustimmung gilt bisher nicht als völlig ausgeschlossen. In Brandenburg und Thüringen wäre es das BSW, das es umzustimmen gilt. Die jeweiligen Ministerpräsidenten äußerten sich bereits zustimmungswillig – wenn die Koalitionspartner denn mitmachen. Stimmt Bayern nicht zu, bräuchte es mindestens zwei dieser Länder.
Der Druck steigt in den Landeshauptstädten enorm, auch weil es um viel Geld geht, das dringend vor Ort gebraucht wird. Doch aus bundes- und parteipolitischer Perspektive gibt es keinen Grund, Merz zum Erfolg zu verhelfen. Das gilt insbesondere für in Populismus geübte Politiker wie Hubert Aiwanger oder Sahra Wagenknecht, die jetzt ein brutales Instrument in der Hand haben, um die politischen Gegner zu beschädigen.
Das BSW bezeichnet das Geld für die Landesverteidigung als »Kriegskredite«, FDP und Freie Wähler können sich mit einer Ablehnung gegen die Schuldenorgie von Union und Grünen abgrenzen. […]
Da stehen also noch einige wirkliche fette Kühe auf dem Billionen-Eis.
[….] Zumindest diese Genugtuung bleibt Hubert Aiwanger: Jetzt hängt die Zukunft Deutschlands doch noch an ihm. Nur drei Wochen nachdem Aiwangers Freie Wähler bei der Bundestagswahl krachend gescheitert sind, schaut jetzt alles auf den Niederbayern. Gerade mal 1,5 Prozent erreichte seine Partei bundesweit, selbst im Stammland Bayern waren es nach 7,5 im Jahr 2021 nur noch mickrige 4,3 Prozent, und die anvisierten drei bis vier Direktmandate verfehlte die Partei nicht nur knapp. Aber jetzt braucht die mutmaßliche künftige Bundesregierung im Bundesrat auch die Stimmen Bayerns. Ohne die Zustimmung der Freien Wähler zum Finanzpaket von Union und SPD allerdings müsste sich der Freistaat enthalten. […]
Selbst wenn die Billion am 21.03.2025 durch den Bundesrat flutscht, bleiben noch drei weitere Hürden für Merz: Er muss den Koalitionsvertrag mit der SPD abschließen. Solche Gespräche können bekanntlich auch scheitern; siehe Jamaika 2017 – und das bei einer sehr viel geschickteren Verhandlungsführerin Merkel! Anschließend müssen noch die SPD-Mitglieder in einer Urwahl zustimmen und schließlich folgt noch die Kanzlerwahl, bei der sich Merz nur noch 12 Abweichler leisten kann.
Noch ist das Sauerländer Grauen nicht ins Kanzleramt eigezogen.
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