Als Sozialdemokrat habe ich SPD gewählt und mich im Wahlkampf der letzten Wochen sehr über Robert Habeck geärgert, weil ich genau wie Vivien Timmler der Meinung bin, daß er viel zu Rechtsaußen blinkte. Das führte dazu, daß eine halbe Millionen ehemalige Grünen-Wähler gleich die CDU wählten und 700.000 Ex-Wähler zur Linken überliefen. Ich bin deswegen so sauer, weil ich ihn für einen guten Wirtschaftsminister halte, den ich gern weiter in der Bundesregierung sähe.
Bekanntlich kam es anders, der Urnenpöbel entschied sich in all seiner Verblendung für eine fragile Kombination aus Polit-Azubi Merz, dem notorischen Bayerischen Quertreiber Söder, der es nicht ertragen kann, nur zweiter Mann der CDUCSU zu sein und einer bis zur völligen Demütigung geschrumpften SPD.
Meine Partei belohnte den Großstrategen Klingbeil mit der Beförderung zum Fraktionschef – zusätzlich zum Parteivorsitz, so daß die ebenfalls strategisch und kommunikativ erbärmlich gescheiterte Saskia Esken trotz der 16% am 23.02.2025 ebenfalls einfach auf ihrem Posten kleben blieb. Allerdings; klar, die Welt brennt, rechnerisch geht nur eine CDUCSU-SPD-Koalition, Merz braucht jetzt handlungsfähige Ansprechpartner. Daher also der Mega-Superduper-Extra-Bazooka-Wumms von einer Billion Euro. Die Sozi-Führung, die eine Zustimmung der Mitglieder braucht, zählt zu Recht auf unseren Sinn für „staatspolitische Verantwortung“, weiß aber auch wie extrem unbeliebt die vier apokalyptischen CDU-Reiter Merz-Linnemann-Spahn-Klöckner bei uns sind; let alone Söder. Also ködert sie uns mit den Verhandlungserfolgen.
[….] Sichere Finanzierung unserer Verteidigung: Wir entkoppeln den Verteidigungshaushalt von der Schuldenbremse und sorgen für eine stabile Finanzierung der Landes- und Bündnisverteidigung, ohne andere dringend notwendige Investitionen zu gefährden. Wir spielen unsere Sicherheit nicht gegen den Zusammenhalt aus.
Deutschland bleibt ein weltoffenes und modernes Einwanderungsland: Wir bewahren unser fortschrittliches Staatsbürgerschaftsrecht, vereinfachen legale Migration, führen Sprach-Kitas wieder ein und erweitern das Startchancenprogramm von der Schule auch auf Kitas, um Integration und Chancengleichheit konkret zu stärken. In den anstehenden Koalitionsverhandlungen setzen wir uns weiter für eine humane und moderne Einwanderungspolitik ein.
Dabei bleibt klar: In zentralen Fragen gibt es kein Zurück. Kein Zurück bei Atomenergie und Verbrenner-Aus, kein Zurück bei Rente und sozialem Zusammenhalt, kein Zurück bei Klimazielen, doppelter Staatsangehörigkeit und einem offenen Europa. [….]
(SPD-Sondierungsteam, 08.03.2025)
Klingt gut. Passt aber nicht ganz zur Realität.
Das Papier ist so schlecht, daß nicht nur Grüne und Linke schäumen, sondern sogar Merzens Freunde in der konservativen Wirtschaftspresse die Daumen senken.
[….] Viele Milliarden könnten allerdings auch einfach aus dem bisherigen Etat in die Schuldenfinanzierung geschoben und mit dem frei werdenden Geld dann die Herzenswünsche finanziert werden, die beide potenziellen Regierungsparteien immer schon wollten. Rückwärtsgewandtes wie Rente, Pendlerpauschale, Agrardiesel und ermäßigte Mehrwertsteuer in der Gastronomie zum Beispiel.
Falsch an dem Angebot ist übrigens auch, Klimaschutz nicht als wesentlichen und unverrückbaren Auftrag für Wirtschaftspolitik zu verstehen. Hier sind die Vorschläge von Rot-Schwarz tatsächlich schwach oder allenfalls ein bisschen grün getüncht. So viel Verzagtheit und Unsicherheit helfen der Wirtschaft nicht beim großen Umbau. […]
(Wirtschaftswoche, 10.03.2025)
Die Grünen lehnen es heute ab, als billiges Stimmvieh herzuhalten, damit die CDU-Carbon-Lobby nach Herzenslust mit Multimilliarden die Klimazerstörung subventioniert. Mehr CO2-Ausstoß durch Agrardieselverbilligung, mehr CO2-Ausstoß durch billigen Industriestrom. Mehr CO2-Ausstoß durch mehr Pendlerpauschale, mehr CO2-Ausstoß durch Dienstwagenprivileg.
[….] Für Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt das in acht Tagen Sondierungen geschnürte Paket jetzt schon, "wie das von beiden Partnern anvisierte Ende der Schuldenbremse die Schleusen für unsinnige Subventionen und Klientelpolitik wieder weit öffnet". Er nannte die ermäßigte Mehrwertsteuer in der Gastronomie "ein Geschenk für wohlhabende Haushalte", die Rückkehr des subventionierten Agrardiesels einen "ökologischen Skandal" [….]
Natürlich, Trumps Seitenwechsel zu Putin, der drohende Handelskrieg und der bevorstehende Kollaps der NATO, machen es unbedingt notwendig, bald eine handlungsfähige deutsche Regierung zu finden, die auch die nötigen Finanzmittel aufbringen kann. Das spricht für ein „Ja“ der Grünen in Bundesrat und Bundestag, das spricht für ein Krötenschlucken der SPD-Verhandler und für ein Kleiko-Ja der SPD-Mitglieder. Aber es gibt vier entscheidenden Gegenargumente:
1.) Das Sondierungspapier ist grottenschlecht
2.) Friedrich Merz kann man nicht vertrauen; er ist ein notorischer Lügner.
3.) Friedrich Merz ist intellektuell völlig überfordert damit, Bundeskanzler zu sein.
4.) Friedrich Merz beweist im Echtzeit, daß er unfähig ist, strategisch und taktisch zu denken.
Fangen wir mal mit Markus Bublitz, Werber, Kommunikationsprofi, Chief Creative Director bei haebmau, an. Der Mann wundert sich über das fortgesetzte Merz-Debakulieren während der Sondierungen zur KleiKo. Es wäre „kommunikativ halt auch wirklich dumm mit dem Sondierungspapier an die Presse zu gehen, bevor man persönlich mit den Grünen gesprochen hat.“
Gestern fasste Bublitz treffend zusammen:
[….] Man muss es so klar sagen: Zum dritten Mal führt Friedrich Merz Deutschland durch schlechtes Taktieren und strategische Fehler an den Rand einer Demokratie- und Regierungskrise. Und er ist noch nicht mal im Amt. - Das erste Mal, in dem er die Heilmann Klage vor dem BVerfG geschehen lies, obwohl er meines Wissens nach selbst nicht davon überzeugt war und anschließend der Ampel die Zustimmung für die Neuaufnahme von Schulden und die Reform der Schuldenbremse wider besseren Wissens verweigerte und so die Regierung platzen lies. - Das zweite Mal, als er weder nach links noch nach rechts schauend, in eine Abstimmung lief, in der er weder SPD noch Grüne anhörte und am Ende mit der AfD alleine in der Schmuddelkinder Ecke stand und noch schlimmeres nur verhindert wurde, weil die eigene Fraktion ihm nicht folgte. Das dritte Mal jetzt, in dem er ein Sondierungspapier gemeinsam mit der SPD verabschiedete, ohne dazu mit den @Die_Gruenen zu sprechen, deren Stimmen er nun dringend braucht, wenn eine Regierungsbildung in Deutschland überhaupt den Hauch einer Chance haben soll. Denn ohne die Grundgesetzänderungen ist das Sondierungspapier das Papier nicht wert auf dem es geschrieben wurde. Und das alles, bevor er überhaupt im Amt ist. Aber gut, es haben ihn so viele Leute gewählt, dass er jetzt die Aufgabe hat, eine Regierung zu bilden. Und Deutschland braucht dringend eine handlungsfähige Regierung. Er sollte weitere Erpressungen in Zukunft aber tunlichst lassen, das ist wirklich keine Führungsstärke. [….]
(@markus_bublitz, 09.03,2015)
Will der Sauerland-Imperator wirklich regieren, oder nur Chaos stiften?
[….] Wer wie #Merz wichtige Verhandlungsvorschläge den Grünen „auf die Mailbox“ spricht und mit Blick auf das #Sondierungspapier offenbar wenig Interesse an einer Einigung mit den #Grünen zeigt, muss sich fragen lassen: Willst Du überhaupt #Kanzler werden? Willst Du Kompromiss und damit #Demokratie? [….]
Offenkundig begreifen die vier apokalyptischen CDU-Reiter immer noch nicht, wie sehr sie die SPD und auch die Grünen brauchen. Stattdessen trommeln sie sich wie Gorillas auf die Brust, kooperieren mit den Nazis, um RRG möglichst von sich weg zu stoßen.
[….] Neue Offensive gegen die Zivilgesellschaft: Im Saarland, in Meck-Pomm und Sachsen stellt die Union weitere Anfragen wie auf Bundesebene. In Sachsen-Anhalt streicht sie mit der AfD schon Fördergelder.
Die Unionsfraktion im Bundestag hat es vorgemacht, einzelne CDU-Landtagsfraktionen ziehen nun nach: Eine Umfrage der taz in den verschiedenen Ländern hat ergeben, dass die christdemokratischen Fraktionen in Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland nun ihrerseits Anfragen zur „politischen Neutralität“ von zivilgesellschaftlichen Organisationen gestellt haben. Die Unionsfraktion im Bundestag hatte kürzlich in 551 vom „tiefen Staat“ raunenden Fragen gegen linke NGOs mobil gemacht.
So bestätigte die Fraktion im Saarland der taz am Montag, dass sie gerade eine ähnliche Anfrage auf den Weg gebracht habe. Näheres wollte die Fraktion am Montag noch nicht verraten. In Mecklenburg-Vorpommern war man hingegen schon schneller: Gleich nach Bekanntwerden der CDU-Anfrage aus dem Bund legte die Fraktion aus dem Schweriner Landtag nach. Und das, obwohl die 551 Fragen für Friktionen in den Sondierungsgesprächen mit der SPD, breite gesellschaftliche Empörung und offene Briefe aus der Wissenschaft gesorgt hatten.
In Sachsen wiederum hat nicht die gesamte CDU-Fraktion eine Anfrage zum Thema gestellt, sondern die CDU-Abgeordnete Daniela Kuge. Sie fragt konkret zur staatlichen Förderung des Vereins „Buntes Meißen“ in ihrem Wahlkreis. Interessant: Die CDU-Abgeordnete ist berüchtigt dafür, ein erstaunlich gutes Verhältnis zum dortigen AfD-Stadtrat René Jurisch zu pflegen, einem ehemaligem NPD-Mitglied und Chef des „Vereins zur germanischen Brauchtumspflege Schwarze Sonne Meißen e. V.“. Die schwarze Sonne ist ein heute noch bei Neonazis gebräuchliches Symbol der SS. [….]
Hinzu kommen die handwerklichen Dümmlichkeiten des Friedrich M., die einen fassungslos machen.
[…..] Grüne stinksauer wegen Mailbox-Frechheit von Merz […..] Der Fraktionsvorstand habe beschlossen, „dass wir den Grünen-Abgeordneten empfehlen, den Grundgesetzänderungen nicht zuzustimmen“, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge in Berlin. Sie verwies unter anderem darauf, dass Angebote, die CDU-Chef Friedrich Merz der Grünen-Fraktionsspitze auf die Mailbox gesprochen habe, unzureichend seien. Parteichefin Franziska Brantner ergänzte, Merz habe bisher lediglich angeboten, bei dem Sondervermögen im Begründungsteil das Wort „Klima“ zu nennen. Der CDU-Chef habe offensichtlich „nicht verstanden, dass wir Investitionen brauchen, die konkret den Klimaschutz voranbringen“. […..],
SPD erlahmt, Grüne auf der Zinne, Merz völlig unfähig und als Sahnehäubchen auch noch ein zutiefst destruktiver Söder, der so sehr von Egomanie und Rachegelüsten getrieben ist, daß er nur zu gern Merz scheitern sehen würde, um anschließend überall höhnisch zu verbreiten, mit ihm als Kanzlerkandidaten wäre das nicht passiert.
[…..] Man darf davon ausgehen, dass der Hansdampf aus #Bayern mit seiner Hetze gegen die Grünen eine Einigung bewusst sabotiert hat, um #Merz in die Parade zu fahren. So hat er ihm auf den letzten Metern zum #Kanzleramt noch mal so richtig ein Bein stellen können. Soll das jetzt so weiter gehen? […..]
Nun kracht es und es wird wieder einmal deutlich: In den dreieinhalb Jahren seiner CDU-Herrschaft verschwendete Merz nicht einen konstruktiven Gedanken für Planungen, sondern bleib 100% Dekonstrukteur der Scholz-Regierung.
[….] Rumms! Die Grünen haben Nein gesagt! Sie lehnen das von Union und SPD geplante 500-Milliarden-Sondervermögen für Infrastruktur ab. Die Klatsche haben sich CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Gernegroß Markus Söder wahrlich verdient. […..] Wirklich wundern darf sich der CDU-Chef über die Abfuhr der Grünen nicht. Als diese im Wahlkampf genau das forderten, was Merz nun will, wurden sie aus der Union noch verhöhnt. „Schulden machen ist keine Politik“. Oder „Die Grünen können nichts, außer Schulden machen.“
Im Wahlkampf mag das ja noch verständlich sein. Doch Merz und Söder waren dumm genug, auch nach dem Wahlkampf weiter in diese Kerbe zu schlagen. Merz nannte die Grünen „linke Spinner“ und Söder zog noch am Mittwoch in bayerischen Bierzelten weiter über die Öko-Partei her, als wüsste er nicht, dass ihre Stimmen in den nächsten Tagen noch benötigt werden. Jetzt folgt die Quittung. […..]
(Christian Burmeister, 10.03.2025)
Merz kann es nicht und darf niemals Bundeskanzler werden. Möge er die Kanzlermehrheit niemals zusammenbekommen, so daß Scholz und Habeck im Amt bleiben. Ich freue mich darauf, wenn die rotgrüne Rumpfregierung ein Aus der Schuldenbremse mit Hilfe der Linken in den Bundestag einbringt. Werden CDU und CSU dann mit Verweis auf die übergeordnete staatspolitische Verantwortung zustimmen?
Oder handelt es sich dann wieder um eine alte CDU, die das was sie heute will, strikt ablehnt?
[….] Linnemann gehört zu den Wirtschaftsliberalen in der CDU. Im März 2024 sagte er T-Online: „Mit der CDU wird es keine Reform oder Abschaffung der Schuldenbremse geben. Punkt.“ Mitte November schlug er im ZDF vor: „Lasst uns doch den Hunger des Staates nach neuen Schulden begrenzen, damit wir Politiker gezwungen sind, auf Prioritäten zu setzen und die verkrusteten Strukturen zu brechen.“ Aber von all dem scheint er jetzt nichts mehr wissen zu wollen. […..] Ausgerechnet in dieser Stunde geht auf dem Handy von Britta Haßelmann am Samstag ein Anruf ein, der einiges verändert: Friedrich Merz ruft an. Doch die Grünen-Fraktionsvorsitzende ist wandern, der CDU-Chef spricht ihr auf die Mailbox. Anschließend verkündet er in Berlin den Erfolg der Sondierungen mit der SPD. Er werde nun „umfassend mit den Grünen, mit der Fraktions- und Parteispitze sprechen“, sagt Merz, er sei bereit zu Zugeständnissen bei Verteidigungsausgaben und Klimaschutz.
Am Montag wird in Berlin klar: Genau das ist der Moment, der bei den ohnehin mit Merz hadernden Grünen die Stimmung vollends kippen lässt. Zu viert treten sie am Mittag im Reichstagsgebäude vor die Hauptstadtjournalisten. Das kommt so gut wie nie vor. Katharina Dröge, Britta Haßelmann, Franziska Brantner und Felix Banaszak stellen sich mit ernster Miene auf. Merz habe wohl übersehen, „dass man für eine solche Operation eine Zweidrittelmehrheit braucht“, schimpft Fraktionschefin Haßelmann darüber, dass Union und SPD eine Zustimmung der Grünen fast schon voraussetzen. Es reiche nicht, nur an die Verantwortung der Grünen zu appellieren. „Die Grünen brauchen keine Belehrung“, ärgert sich Haßelmann.
In der Grünen-Fraktion kocht seit Samstag der Ärger hoch. In vertraulichen Chats kritisieren Abgeordnete hart, wie Union und SPD mit den Grünen umgehen. Aber auch über die Details der Schuldenbremsenreform wächst der Unmut. Die Grünen befürchten, dass die künftige Koalition das geplante Sondervermögen zweckentfremden und für Steuergeschenke nutzen könnte statt für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz. Und dass zu wenig Geld in die Sicherheitspolitik abseits der Bundeswehr fließt, etwa in den Zivilschutz, den Ausbau der Geheimdienste oder die Cybersicherheit. […..]
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