Das ist unüblich, aber da doch so viele Menschen mit Genesungswünschen - für die ich mich sehr herzlich bedanke – an mich
schrieben, hier eine kleine halbprivate Aufklärung.
Als mein Bein im Februar 2018 mein rechtes Bein kaputt ging,
lag ich mit Schmerzen, die ich außer Donald Trump niemand wünsche am Boden und
hatte meine liebe Mühe überhaupt ans Telefon zu kommen.
Dabei hatte ich eigenartigerweise patriotische
Hollywoodfilme im Kopf, in denen sich der schwer verletzte Held mit purer
Willenskraft zusammenreißt und dennoch weiterkämpft.
In „Black Hawk Down“ gibt es zum Beispiel eine Szene, in der
so ein Heldensoldat im Bestreben seine gefangenen Kameraden zu befreien
kurzerhand den Gips seines gebrochenen Armes abmeißelt, zum Maschinengewehr
greift und losstürmt.
Ich konnte feststellen: Das ist offenbar nur im Kino
möglich. In Wahrheit kann man mit gebrochenen Flunken eben gar nichts machen –
und wenn man sich noch so sehr anstrengt. Man ist hilflos.
Als endlich der Krankenwagen da war, bog der Sanitäter
meinen Fuß um, sagte, das ließe sich einwandfrei bewegen. Dann wäre es am
besten jetzt nichts zu machen. „Gehen Sie lieber morgen zu Ihrem Hausarzt!“
Ja, der Fuß ließ sich bewegen, weil nun ausgerechnet das Sprunggelenk
nicht gebrochen war.
Wie er sich das wohl vorstellte morgen zum Hausarzt zu
fahren, während ich jämmerlich auf dem Boden kauerte und mich keine zehn
Zentimeter bewegen konnte?
Schließlich konnte ich die Jungs überzeugen mich widerstrebend
in die nächste Notaufnahme mit Orthopädie zu fahren. „Aber glauben Sie ja
nicht, daß die Ihnen einfach so Schmerzmittel geben!“
Ich landete in einem fromm-katholischen Krankenhaus, das dem
Erzbistum Hamburg gehört. Quasi Erzbischof Heßes persönliche Heilanstalt.
Mit anderen Worten: Das letzte Krankenhaus, in dem ich sein
wollte, aber so ist es mit der eigenen Konsequenz: Wenn man in echter Not ist,
wirft man alle Vorsätze über den Haufen.
Die Notaufnahme war nicht mal besonders gefüllt, aber
offenbar hatte der bizarre Sanitäter seinen Verdacht weitergegeben, daß es sich
bei mir um einen Simulanten handele.
Volle sechseinhalb Stunden ließ man mich unmittelbar vorm
Schwesternzimmern auf einer Bahre liegen. Im Abstand von einer Stunde wurde ich
von einer wahren Furie von Krankenschwester angeherrscht „Nun stellen Sie sich
mal nicht so an, Sie sind doch ein Mann!“
Nach drei Stunden
bekam ich einen kleinen Schluck Ibuprofen-Saft. Selbstverständlich ohne
irgendeinen Effekt auszulösen.
Ich pflege in solchen Situationen extrem ruhig und
konzentriert zu sein. Das war womöglich ein Fehler. Etwa mehr Hysterie hätte
vielleicht eine frühere Behandlung bedeutet. Ich hingegen hatte nur sehr
sachlich darauf hingewiesen wirklich extreme Schmerzen zu haben und mich gar
nicht bewegen zu können.
Nach sechseinhalb Stunden das Unfassbare – der völlig
gelangweilte Stationsarzt, der sicher einhundert mal mit Tunnelblick genau an
meiner Liege vorbei geschlendert war, hielt plötzlich an und bot an mich zu
untersuchen.
EKG, Blutabnahme, Ultraschall. Meine Laienmeinung, daß doch offenbar Knochen kaputt gegangen sind, das hätte ich schließlich deutlich hören können, als es passierte, wurde konsequent ignoriert.
EKG, Blutabnahme, Ultraschall. Meine Laienmeinung, daß doch offenbar Knochen kaputt gegangen sind, das hätte ich schließlich deutlich hören können, als es passierte, wurde konsequent ignoriert.
Erst am Ende vieler Vorwürfe und Ermahnungen an meine Männlichkeit
und Körpergröße schob er mich schließlich doch in die Röntgenabteilung.
Ich konnte es nicht fassen – auf einmal kam doch Leben in
die Bude. Na das wären ja mal interessante lange Brüche. Wie ich das denn
hinbekommen hätte.
Sogar Krankenschwester Furie kam vorbei, rang sich eine
kleine Entschuldigung ab und meinte, „zur Versöhnung gebe ich eine Runde Dipi
aus!“
Piritramid, ein Opioid, Handelsname
Dipidolor also.
Minuten später lag ich auf einem anderen Tisch und wurden
von der Fußspitze bis Hüfte eingegipst – damit Sie sich bloß nicht bewegen, bis
morgen nach einem CT operiert werden kann.
Ich dachte an Mutter Teresa, die in
ihrem sadistischen Wahn, das Leiden bringe ihre todkranken Patienten Jesus
nahe, kategorisch alle Schmerzmittel bunkerte, um sie bloß niemand zu geben.
Darin war sie sich bekanntlich mit ihrem schmerzgeilen größten Fan Karol
Woytila einig, der sogar extra ein „Evangelium des Leidens“ - Salvifici Doloris
- verfasst hatte.
Nichts für mich; die sieben, acht Stunden extreme Schmerzen
haben mir wirklich gereicht.
Die Operation am nächsten Tag war kompliziert, aber erfolgreich.
Die folgenden zehn Tage im Katholenhaus aber extrem unerfreulich.
Durch die Bank weg motzende, eiskalte, humorlose,
überarbeitete Pfelger/innen, die mir eigentlich immer nur die Auskunft gaben, daß
etwas nicht ginge. „Sowas machen wir nicht, dafür haben wir nicht das Personal,
das gibt es hier nicht, das weiß ich nicht!“
Angefangen von den obligatorischen Lästigkeiten, daß ich
weder Telefon, noch Internetzugang bekommen konnte, ohne zuvor selbst in der
Lobby des Nachbargebäudes dafür eine entsprechende Karte gekauft zu haben.
Sehr witzig, wenn man ans Bett gefesselt ist.
Als mir nach vier, fünf Tagen bewußt wurde, daß ich kaum
etwas gegessen hatte und das auch kaum möglich war, weil der Fraß absolut
ungenießbar war, nahm ich es als gutes Zeichen: Wenn man sich schon wieder für diese
Nebensächlichkeiten interessiert, geht es einem offenbar schon besser.
Und ja, natürlich wurde ich an einem Freitag entlassen ohne
irgendein Rezept oder gar Medikamente wie die dringend notwendigen
Clexane-Spritzen zur Thrombose-Prophylaxe mitzubekommen. „Dafür ist doch Ihr
Hausarzt zuständig.“
Sehr witzig. Wie soll man das erreichen am Freitag, wenn man
komplett bettlägerig ist?
Das war der erste Teil der Geschichte.
Mit der einen Zwischenepisode, sechs Wochen später zur
Kontrolle in der ambulanten Sprechstunde. Termin 09.00 Uhr. Warten bis 13.00
Uhr. Dann zur Röntgenabteilung humpeln, wieder ewig warten und als schließlich
endlich die Bilder da waren, hieß es, mein Arzt sei inzwischen nach Hause
gegangen; ich müsste einen neuen Termin machen, um die Bilder ansehen zu
lassen.
Das war das letzte Mal, daß ich in dem Krankenhaus war.
Die Materialentfernung – haufenweise Schrauben, Nägel und
wer weiß noch was alles in Tibia, Knie und Sprunggelenk sollten nach 18 Monaten
wieder entfernt werden.
Ich drückte mich und fahndete nach einer anderen Klinik. Das
war erstaunlich schwer. Aber diesmal hatte ich Zeit, konnte mir das Krankenhaus
aussuchen und würde sicher nicht wieder bei den Katholiken landen.
Die Erinnerungen an das Frühjahr 2018 stimmten mich nicht
gerade froh, aber schließlich landete ich in der Schön-Klinik Hamburg-Eilbek.
Das war ein echter Kulturschock. Natürlich war ich gut
vorbereitet, mit genügend Lesestoff und Sudokus versorgt, aber ich hatte
keine Chance, weil es nie Wartezeiten gab. Ob bei den Voruntersuchungen, der
Röntgenabteilung oder dem Anästhesiegespräch – stets winkte man mich sofort
hinein und war ausnehmend freundlich.
Mein Zimmer hatte Fernsehen, einen Tresor, ein eigenes Bad,
einen Schreibtisch, einen Sessel und sogar einen kleinen Kühlschrank.
Telefon und Internet waren frei zugänglich.
Dennoch ist so eine OP natürlich nicht gerade das was man gern
tut, aber das Personal in der Schön-Klinik war SENSATIONELL: Ein Unterschied wie
Tag und Nacht zum erzbischöflichen Kerker.
Herzlich, aufmerksame und zugewandte Pfleger. Jeden Morgen
kam ein Pflege-Azubi zu mir und stellte sich als mein persönlicher
Ansprechpartner vor „Mein Name ist Karim Ihlhammed und ich bin heute für Sie
da!“
Am nächsten Tag war es die Wiedergeburt Nofretetes, ein
sagenhaft schöne Frau aus Somalia.
Am letzten Tag brauchte ich gar keinen von denen, lag da nur
doof mit Aua im Bett rum. Dann kam Pfleger Ismael ganz zerknirscht und
entschuldigte sich wortreich; er habe längst nach mir sehen wollen, aber da war
ein anderer Patient, der sehr viel Hilfe brauchte. Das entschuldige aber nicht,
daß er nicht öfter zu mir gekommen wäre.. „das entspricht nicht meinem
Anspruch!“.
Dabei hatte ich gar nichts. Ich hätte ja klingeln können bei
einem Problem.
Zum Abschied bekam ich ein riesiges Goodiebag – mit Medikamenten,
Verbandmaterialien und Clexanespritzen für mehrere Tage. „Weil doch das
Wochenende vor der Tür steht!
Wie kommen in einer Stadt bei einer so ähnlichen Operation
so gewaltige Unterschiede in der Behandlung zustande?
Nun, aus zwei Erlebnissen lässt sich kein empirischer Befund
ableiten, aber das kirchliche Arbeitsrecht ist da doch sehr offensichtlich im
Spiel.
Krankenhäuser unter kirchlicher Trägerschaft operieren
außerhalb des Tarifrechtes.
Die normalen Arbeitnehmerrechte gelten nicht. Der
Arbeitgeber darf nach Herzenslust diskriminieren und tut das auch, indem er nur
Christen und Heterosexuelle einstellt. Nicht mal geschiedene Angestellte werden
unter katholischer Trägerschaft geduldet.
Die Belegschaft wird schlechter bezahlt, darf nicht streiken
und sich auch nicht gewerkschaftlich organisieren.
Das Kirchenarbeitsrecht erlaubt es.
Bei der Einstellungspolitik des Erzbischofs gilt „Juden
unerwünscht!“
Natürlich auch „Atheisten unerwünscht“, „Muslime unerwünscht“
und „Hindus unerwünscht!“
Ob es bei der allgemeinen Personalnot an diesen kirchlichen
Borniertheiten liegt, daß Heßes Kliniken kein zusätzliches Personal finden,
oder ob sie aus Geiz gar nicht mehr Personal einstellen wollen, kann ich nicht
sagen.
Jedenfalls häufen sich gerade in der Klinik massive
Beschwerden. Es kam schon zu Todesfällen, weil Patienten ignoriert und
vergessen wurden.
[…] Drama im Hamburger *******krankenhaus: Am Sonnabend ist dort ein Baby
im Bauch seiner Mutter gestorben. Die junge Frau lag schon im Kreißsaal, musste
ihn aber für eine andere Geburt wieder verlassen. Kurz darauf war der kleine
Junge tot. Die Eltern erheben schwere Vorwürfe gegen die Klinik in Hamburg. Die
Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen aufgenommen und die Obduktion des Babys
beantragt. [….]
[…] Entsetzen, Schock, Mitgefühl: Nach der Totgeburt im ******krankenhaus
vor vier Wochen haben sich zahlreiche Eltern bei der MOPO gemeldet, die die
Zustände in der Klinik an der Alfredstraße kritisieren und ihre Erfahrungen
dort schildern. Darunter auch das Ehepaar Franzen (Name geändert), dessen Kind
bei der Geburt im *******krankenhaus ebenfalls starb. […..]
Die privat geführte SCHÖN-Klink hingegen unterläuft nicht
das Arbeitsrecht und sie diskriminiert ihre Mitarbeiter nicht.
Dort arbeiten auch Schwule, Lesben, Ungläubige, Andersgläubige,
Schwarze, Braune, Blonde.
Ich bin fest davon überzeugt, es lag am Multikulti-Personal,
daß ich mich dort so wohlfühlte. So herrscht gleich eine tolerante, aufmerksame
und aufgeschlossene Atmosphäre.
Es war offensichtlich wie bemüht gerade die Azubis mit
Flüchtlingshintergrund waren. Eine echte Freude für die
Patienten so eine Aufmerksamkeit und Herzlichkeit zu erleben.
Der ein oder andere AfD-Wähler mag sich ja in der
erzbischöflichen Klink mit lauter weißen Christen, Kommandoton und latentem
Sadismus wohler fühlen.
Ich nicht.
Fast war ich ein bißchen traurig, als mich eine freundliche
junge Hamburger Deern zum Fahrstuhl brachte, daß ich all die netten jungen
Leute nicht mehr wiedersehen würde.
Aber dann doch nur fast. Auch wenn das Krankenhaus noch so
nett geführt wird: Dis beste Krankheit taugt nichts.
Lieber gesund und zu Hause!
Aber Augen auf bei der Krankenhauswahl! Wer es sich aussuchen kann, sollte einige Klinken meiden!
Über die Schwelle eines besonders großen Hamburger Klinikbetreibers würde ich nie meine Füße setzen – besser ich erwähne den Namen nicht, um nicht verklagt zu werden.
Aber Augen auf bei der Krankenhauswahl! Wer es sich aussuchen kann, sollte einige Klinken meiden!
Über die Schwelle eines besonders großen Hamburger Klinikbetreibers würde ich nie meine Füße setzen – besser ich erwähne den Namen nicht, um nicht verklagt zu werden.
Aber ich mag das UKE sehr und die beiden
privaten Spitäler „Israelitisches Krankenhaus“ und „Schön Klinik Eilbek“
empfehle ich gern.
Aber man meide die Häuser in christlicher Trägerschaft. Dort
habe ich nur schlechte Erfahrungen gemacht.
Und wer will schon die ewigen Lattenhansel, Kreuze, Bibelkalender
täglichen frommen Losungen über das Klinikradio und die pastorale Ansprache
durch den Stationspfaffen ertragen, wie es sie im christlichen Albertinen-Krankenhaus
oder der Evangelischen Klinik Alsterdorf gibt?
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