Das nervt aber auch gewaltig: Kein Griechenland-Grexit-Schuldenschnitt-Beitrag kommt noch ohne Hinweise auf Umfragen aus.
In den
sogenannten „seriösen“ Nachrichtensendungen verweist man auf die BILD-geschwängerten demoskopischen Daten,
nach denen 81% der Deutschen erklären man könne Griechenland nicht vertrauen.
71% der
Deutschen behaupten Griechenland setze seine Reformen nicht um.
Das
nenne ich Diktatur der Inkompetenz.
Der
deutsche Urnenpöbel hat zwar keine Ahnung, aber dafür jede Menge Meinung.
Ich
behaupte, daß niemand voraussehen kann, was aus Griechenlands Finanzen dieses
Jahr wird.
Ich
behaupte, daß es unmöglich ist die Durchsetzungskraft einer ganz frischen
Regierung zu beurteilen, die erst wenige Wochen im Amt ist, die einen
katastrophalen Scherbenhaufen vorfand und zudem über keinerlei Regierungserfahrung
verfügt.
Ich
behaupte, daß auch erfahrene Experten, die sich rund um die Uhr mit der „Europolitik“
beschäftigen außerordentlich uneins darüber sind, wie man jetzt am besten
weiter verfahren sollte.
Es ist
absurd, daß die bei Umfragen Befragten überhaupt so klar ihre unmaßgebliche
Meinung rausposaunen. Noch absurder ist es diese Meinungen in Prozente gefasst
immer wieder mit ökonomischen Argumenten zu verwechseln.
Allerdings
meine ich wahrzunehmen, daß die große Mehrheit der seriöseren Ökonomen und
Finanzexperten Europas und Amerikas klar prognostizieren, daß es ohne einen
Schuldenschnitt nicht gehen wird.
Wenn man
die gewaltigen Summen sieht, die Mario Draghi immer mal wieder locker macht –
gegenwärtig sind es 1.500 Milliarden, mit denen er die EU überflutet – wäre es
ja auch kein Problem einen Teil der griechischen Gesamtschulden von rund 300
Milliarden fallen zu lassen.
Dagegen
stemmen sich lediglich die europäischen Regierungspolitiker, die notorisch die
Hosen voll haben und sich nicht trauen ihren Wählern reinen Wein einzuschenken.
Außerdem steigen die CDU-Werte so schön an, je härter der Finanzminister auf Athen eindrischt.
Außerdem steigen die CDU-Werte so schön an, je härter der Finanzminister auf Athen eindrischt.
Kann der
Geront nicht etwas souveräner mit einer ganz jungen Truppe umgehen?
Statt
einer neuen Regierung, die nach fünf Jahren immerwährender dramatischer
Talfahrt nun andere Rezepte ausprobieren will erst mal einen
Vertrauensvorschuss zu gewähren, ließ Schäuble schon seine Verachtung
ausrichten, bevor Syriza überhaupt gewählt war.
Man stelle sich vor irgendein anderes Europäisches Land hätte vor der Bundestagswahl 2013 offiziell vor der Wahl der CDU gewarnt und öffentlich verkündet, man könne Merkel und Schäuble nicht trauen.
Ob
Schäuble dann nicht auch leicht gereizt wäre, wenn er nach der Wahl in das
besagte Land reisen müßte?
Und ja,
liebe Hauptstadtjournalisten, natürlich hat Tsipras‘ Thematisierung der
deutschen Reparationszahlungen eine verzweifelte Komponente.
Natürlich
sucht Athen „verzweifelt“ nach einem Hebel, um die übermächtig erscheinenden
Deutschen zu packen zu bekommen, während Varoufakis am Abgrund tanzt.
Wer
würde in der Situation nicht nach jedem Strohhalm greifen?
„Bitte
aufhören!!!“ rufen eindringlich gleich drei SPON-Kolumnisten den Beteiligten
zu:
Die Bundesregierung wiederum will sich nicht aus Athen das Ende ihres Euro-Rettungskurses diktieren lassen. Zudem sinkt in CDU und CSU die Bereitschaft, den Griechen weitere Milliardenhilfen zu gewähren. Finanzminister Wolfgang Schäuble weist seinen Amtskollegen Giannis Varoufakis in die Schranken, um den eigenen Leuten zu zeigen: Die kriegen nichts geschenkt!
Doch die einst
womöglich kalkulierte Eskalation droht außer Kontrolle zu geraten. Nie wurde so
offen über "Grexit", "Graccident" und die möglichen Folgen
spekuliert. Das Misstrauen zwischen den Regierungen in Athen und Berlin sitzt
tiefer denn je, auch in der Bevölkerung kippt die Stimmung. Laut
ARD-Deutschlandtrend sieht fast die Hälfte der Deutschen das Verhältnis zu den
Menschen in Griechenland als belastet an, eine ZDF-Umfrage ergab, dass nur noch
eine Minderheit den Krisenstaat im Euro halten will.
Es sieht
es aber nicht so aus, als würde jemand aufhören; Griechenland legt heute nach,
indem es seine Ansprüche untermauert.
Griechenland hat bei
den Forderungen nach deutschen Reparationszahlungen für NS-Verbrechen neue
Argumente gefunden: Das Verteidigungsministerium hat am Freitag erklärt, dass
man über ein 400.000 Seiten umfassendes Archiv mit Unterlagen der deutschen
Wehrmacht verfüge. Diese Dokumente untermauerten die Forderung nach
Reparationszahlungen. "Sie belegen nicht nur eine historische Wahrheit -
es sind die Dokumente der Wehrmacht selbst, der Besatzungsmacht", sagte
Verteidigungsstaatssekretär Kostas Isichos.
Die Dokumente seien
hauptsächlich geheim. Tagebücher und Berichte von Offizieren an ihre
Vorgesetzten sollen weitere Aspekte der Besatzungszeit beleuchten, etwa illegale
archäologische Ausgrabungen durch Deutsche und Plünderungen. Die
abfotografierten Unterlagen seien der griechischen Regierung auf Filmbändern
von den USA zugespielt worden.
Ich kann
mir durchaus vorstellen wie sehr sich Herr Schäuble von diesem Thema gepiesackt
fühlt.
Er wird
es aber nur aus der Welt schaffen und zum eigentlichen Kern zurückkommen
können, wenn er nachgibt.
Denn wie
man es auch dreht und wendet in Deutschland: Griechenland pocht völlig zu Recht auf Reparationen.
Es war
absolut mies, hinterlistig und unethisch wie Kohl und Genscher sich mit albernen
Tricks um die Zahlung zu drücken versuchten.
Sie
hätten bei einem Deutschen Friedensvertrag blechen müssen. Das umgingen sie,
indem sie besagten Vertrag nicht „Friedensvertrag“, sondern „2+4-Vertrag“
nannten und verweisen nun auf ein Dokument, das völlig ohne die Beteiligung
Griechenlands geschaffen wurde.
Ganz so als ob man Verträge zu Lasten unbeteiligter Dritter schließen könnten.
Ganz so als ob man Verträge zu Lasten unbeteiligter Dritter schließen könnten.
Prof.
Hagen Fleischer, Historiker, Universität Athen:
„Es war eindeutig die
blutigste Besatzung von allen nicht-slawischen Ländern. Weit über 30.000
exekutierte Zivilisten, darunter auch viele Frauen und Kinder. Systematisch
zerstörte Infrastruktur und Wirtschaft. Plünderorgien, vom Raubbau in den
Bergwerken, die für die deutsche Seite interessant war, bis hin zum Abtransport
von Olivenöl und von Lebensmitteln. Und daraus resultierten die mindestens
100.000 Hungertoten vom ersten Besatzungswinter.“
Die
deutschen Besatzer pressten dem ausgeplünderten Land zudem Millionen-Kredite
ab. Jeden Monat musste die griechische Nationalbank eine so genannte
Zwangsanleihe aufbringen.
Prof.
Hagen Fleischer, Historiker, Universität Athen:
„Damit wurden dann vor
allem solche Kosten und Ausgaben der Wehrmacht gedeckt, die nicht unter die
normalen Besatzungskosten in einem Krieg fallen. Das waren dann die Kosten für
die Kriegsführung im östlichen Mittelmeer. Selbst Rommels Nordafrikafeldzug wurde
zum Teil von den Griechen mitfinanziert.“
Bemerkenswert
ist: Noch kurz vor Kriegsende hatten die Nazis mit der Rückzahlung der
Zwangsanleihe begonnen, wie aus Dokumenten hervorgeht, die Hagen Fleischer
entdeckt hat. Eine von Nazi-Deutschland selbst berechnete und anerkannte
Restschuld von 476 Millionen Reichsmark blieb aber offen.
Heute
entspricht das rund 10 Milliarden Euro. Geld, das griechische Regierungen schon
seit Jahrzehnten zurückverlangen.
Man sehe
sich bitte den Beitrag der RBB-Sendung Kontraste vom 12.03.2015
an.
Also,
Deutschland, der Schritt in Richtung Athen muß getan werden. Die 10 Milliarden
müssen wir zahlen.
Daran
führt kein Weg vorbei.
Alles
andere wäre moralisch vollkommen untragbar.
Und die
Zahlungen würden auch das bilaterale Klima erheblich verbessern.
Realistisch betrachtet kann man davon ausgehen, dass man das Geld irgendwann zurückzahlen muss. Im Moment ist es aber so, dass Deutschland Geld von den Internationalen FInanzmärkten sehr Billig bekommt. Wenn man irgendwann später zahlt, ist wahrscheinlich, dass die Zinsen, die man für die offene Schuld zahlen höher sind, als das was man momentan für Kredite zahlt.
AntwortenLöschenWas also neben moralischen, aussenpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Gründen für die Eurozone dafür spricht jetzt zu zahlen ist schlicht, billiger wirds nicht.