Donnerstag, 31. Mai 2018

Nabelschau Teil II


Das wird ja schon etwas langweilig mit der Zeit:
Trump kündigt irgendeine Ungeheuerlichkeit an und sofort gehen europäische Presse und Regierungen in den Hühnerhaufenmodus über:
Das wäre aber geradezu gefährlich, damit schade Trump doch auch Amerika und überhaupt müsse man ihn als wirklich schlechten Präsidenten ansehen.
What else is new?
Das weiß ich schon seit 2015, als er seine Kandidatur in den Ring war.
Inzwischen regiert der Mann fast anderthalb Jahre und einst geistreiche Sprüche wie

„Woran erkennt man, daß Trump lügt?
Wenn er seine Lippen bewegt.“

sind gar nicht mehr komisch, sondern nackte Realität.

Heute der nächste Streich: Strafzölle gegen europäische Produkte. Brüssel is not amused.

[….] Trump macht Ernst. [….]  Im Handelsstreit mit Europa lässt es US-Präsident Donald Trump auf eine Eskalation ankommen. Wirtschaftsminister Wilbur Ross teilte am Donnerstag mit, Stahllieferungen aus der EU, Kanada und Mexiko würden von diesem Freitag an mit Einfuhrzöllen von 25 Prozent belegt. Bei Aluminium sind es zehn Prozent. Der Schritt sei notwendig, weil die Importe die nationale Sicherheit der USA gefährdeten. [….]

Schockierend. Trump ist also doch nicht insgeheim rücksichtsvoll und besonnen, sondern setzt den Unsinn, den er per Twitter raushämmert sogar um?

Also damit konnte nun wirklich keiner rechnen. Schließlich hatte man ihm doch die Gegenargumente vorgelegt. Donnerlittchen. Und dabei sind diese Strafaktionen und Kündigungen all der internationalen Abkommen doch schlecht, schreiben die empörten Journalisten.

[….] Trump meint, er könne durch Abschottung die heimische Wirtschaft schützen. Die Geschichte hat Dutzende Male gezeigt, dass derlei Protektionismus nicht funktioniert und dem eigenen Land mehr schadet als nutzt. [….] In Deutschland werden die Auswirkungen der Stahlzölle auf Wirtschaft, Wohlstand und Arbeitsplätze zunächst kaum spürbar sein - und doch birgt Trumps Entscheidung die Gefahr, dass eine Spirale aus Sanktionen und Gegensanktionen in Gang kommt, die das Potenzial hat, den globalen Konjunkturaufschwung zu beenden. Das gilt insbesondere für den Fall, dass der Präsident seine Drohung wahr macht, auch den Import von Autos mit Strafabgaben zu belegen. Die Pkw-Industrie ist heute längst keine nationale mehr, sondern eine, die auf allen Kontinenten ihre Werke betreibt. Wie weit die Globalisierung hier gediehen ist, zeigt der Umstand, dass BMW der größte Autoexporteur der USA ist. Wer diese Lieferketten und die globale Arbeitsteilung zerstört, weil er glaubt, er könne sein Land abschotten und Jobs "nach Hause holen", wird die Welt ins Chaos stürzen. [….]

Willkommen in der Trumpwelt. Es stört ihn nicht sich pausenlos selbst in den Fuß zu schießen und wenn etwas wirklich, wirklich schlecht ist, zieht er das umso lieber durch.

Trump versteht nicht nur nichts von Deals und Business, er versteht überhaupt gar nichts.

Von dieser Erkenntnis überrascht sein können nur Menschen, die mehrere Jahre im Koma lagen, oder auf einer geheimen Mars-Langzeitmission von allen Nachrichten abgeschnitten waren.

Wir müssen also zur Kenntnis nehmen, daß wir die USA nicht ignorieren können, weil sie die mit Abstand stärkste ökonomische und militärische Macht sind.
Und wir müssen gelernt haben, daß alle Versuche der Einflussnahme auf die US-Administration total gescheitert sind. Ob man es mit Schmeicheleien (wie Macron), enthusiastischer Argumentation (wie Trudeau), beiläufiger Richtigstellungen (wie Merkel), deutlichen Drohungen (wie Kim Jong Un) oder moralischer Empörung (NGOs) versucht, ist irrelevant. Der zutiefst destruktive Trump ist unbelehrbar und frönt ausschließlich seinem Drang selbst gepriesen zu werden und die Werke anderer zu zerstören.

Damit bleibt uns nur noch genau eine Alternative:
Alle Staaten außerhalb der USA müssen sich ökonomisch und ökologisch gegen Trump verbünden.
Die Vereinigten Staaten sind zwar ein ökonomischer Gigant, aber sie sind nicht unabhängig und nicht mächtiger als alle anderen zusammen.


Klar, Deutschland exportiert mehr Industriegüter in die USA als umgekehrt. Das Ungleichgewicht in der Handelsbilanz ärgert den Egomanen von Washington.

Aber betrachtet man die IT- und Dienstleistungen sieht es genau umgekehrt aus.
Da sind die USA der große Exporteur und hängen von unserer tumben Bereitschaft ab Google, Amazon, Facebook und Apple nahezu unbesteuert und unbezollt den europäischen Markt aussaugen zu lassen.
Es ist ja ganz süß wie der haptische Herr Juncker nun an symbolische Gegenzölle auf Bourbon und Harleys erheben will – in der Hoffnung, das verschrecke die Republikaner wie Paul Ryan in deren Heimatstaaten solche Fabriken stehen.
Nur tritt Ryan gar nicht zur Wiederwahl an und der Rest der GOP hat hinreichend bewiesen, daß er unter keinen Umständen bereit ist Druck auf Trump auszuüben.
Es hilft alles nichts, nun müssen sich die „BRICS“-Staaten, Japan und die EU zusammensetzen und eine einheitliche Front gegen Washington aufbauen.

Das ist natürlich etwas schwierig, da jeder einzelne Staat seine Partikularinteressen hat und der Mega-Exporteur China beispielsweise einen Modus Vivendi mit Trump gefunden hat, indem er gezielt Ivanka besticht und dafür im Handelsstreich von ihrem Papi bekommt, was Peking will.

Jetzt ist also die hohe Kunst der internationalen Diplomatie erforderlich.
Ein geachteter wichtiger Regierungschef, möglichst der Amtsälteste, müsste sich der Angelegenheit annehmen, sein gesamtes persönliches und politisches Renommee in die Waagschale werfen und zu einer enormen Pendeldiplomatie starten. Pausenlos zwischen Moskau, Tokio, Peking, Neu Delhi, Pretoria, Brasilia, Brüssel, London, Paris und Berlin hin und herfliegen. Mit Engelszungen auf alle einreden, Interessen ausgleichen, um Mitstreiter werben, Konzepte entwickeln und geistig flexibel, sowie mutig agieren.
Putin kommt nicht in Frage, weil er von vielen nicht akzeptiert wird, Abe ist in die anderen Organisation zu wenig eingebunden, Xi hat Ivanka, May ist zu schwach, Macron zu neu.
Es wäre die Paraderolle für die deutsche Kanzlerin, die seit 13 Jahren ununterbrochen regiert, die jeder kennt und gegen die auch kein anderer Staatschef extreme Vorbehalte hat.
Deutsche Kanzler sind durchaus in der Lage solche bahnbrechenden internationalen Bündnisse zu schmieden.
Schmidt hat die gemeinsame EU-Währung, den Nato-Doppelbeschluss und die G7 geschaffen, Schröder die internationale Koalition gegen den Irakkrieg geformt.
Blöderweise haben wir aber nun Merkel als Kanzlerin und die tut in dieser Welt-Megakrise das was sie am liebsten tut: Abtauchen und so tun, als ob sie mit Politik nichts zu tun hat.
Bloß keine heißen Eisen anfassen, bloß nichts wagen. Immer schön den Kopf einziehen.
Gegenwärtig weilt sie in Portugal, Nr. 47 der Rankingliste nach dem BSP.

Die kleine Hamburger Mopo macht heute einen guten Job und zählt die totale Arbeitsverweigerung der Kanzlerin auf.

Mopo Kommentar 31.05.2018

[…..] Was macht eigentlich Angela Merkel?
In Europa und im Verhältnis zu den USA türmen sich mächtige Probleme auf. Doch die Kanzlerin schweigt
[…..] Die Welt ist aus den Fugen: Ein US-Präsident, der das westliche Bündnis in Trümmer legt. Europäische Staaten, die die Errungenschaften vergangener Jahrzehnte schleifen und damit den ganzen Kontinent an den Rand des Abgrunds zerren. Ausgerechnet in dieser Zeit, die nach Orientierung und Führungsstärke schreit, ist die Bundeskanzlerin abgetaucht.

Beispiel USA: US-Präsident Donald Trump verhängt Strafzölle gegen die früheren Bündnispartner, […..] Dass US-Konzerne wie Amazon, Facebook, Google, Apple und Co. in Europa Milliarden scheffeln, ohne angemessen Steuern zu bezahlen, erwähnt er lieber nicht.

Und was sagt Angela Merkel dazu? Sie schweigt.

Beispiel Bruch des Atomabkommens mit dem Iran: […..] Trumps Botschafter in Berlin, Richard Grenell, gerade ein paar Tage im Amt, führt sich auf wie der Statthalter einer Besatzungsmacht: Er fordert deutsche Firmen im Kommando-Ton auf, ihre Geschäfte mit dem Iran „sofort runterzufahren“.
Und die Bundeskanzlerin schweigt.

Beispiel Italien: Da schicken sich ein Polit-Clown und ein Rechtsradikaler an, das Land zu regieren. […..] Was sagt die Kanzlerin zu diesem Irrsinn? Sie schweigt.

  Beispiel CSU: Hand in Hand mit dem ungarischen Regierungschef und Europa-Feind Viktor Orbán sägt die CDU-Schwesterpartei am EU-Grundpfeiler Reisefreiheit. […..]
Die Kanzlerin schweigt.

Beispiel Polen: Beim wichtigsten EU-Partner Deutschlands im Osten schafft die PiS-Partei um Jaroslaw Kaczynski gerade die Demokratie wieder ab, die in den 80er Jahren mühsam und glücklich der sowjetischen Besatzungsmacht abgetrotzt wurde[…..]
Was Angela Merkel dazu sagt? Nichts.

Beispiel Frankreich: Seit Monaten liegen Vorschläge von Präsident Emmanuel Macron auf dem Tisch, die Wege aus Europas schwerster Krise seit Jahrzehnten weisen. […..]
Doch was macht die Kanzlerin? Sie schweigt.

Wie lautet die Überschrift übe dem Koalitionsvertrag der GroKo? „Ein neuer Aufbruch für Europa – Eine neue Dynamik für Deutschland“. Davon ist nichts zu spüren. […..]
(Hamburger Morgenpost, 31.05.2018)

So ärgerlich Trump ist, aber die Deutschen sollten sich auch mal eine andere Regierung wählen.