Sonntag, 6. Dezember 2015

Glauben versus Wissen



Im Bundestagswahlkampf 1998 gab es diese lustigen Straßenumfragen, bei denen die Menschen gefragt wurden, ob sie eigentlich wüßten, daß Joschka Fischer und Gerhard Schröder heterosexuell wären.
Daß unter Rotgrün Heterosexuelle heiraten und Kinder bekommen dürften.
Die Empörung war riesengroß.
Ein leichter Gag, den die Interviewer natürlich weiterritten, indem sie nachbohrten, ob die Befragten selbst schon mal heterosexuelle Kontakte gehabt hätten.

Es ist etwas fragwürdig sich über Menschen lustig zu machen, die sich gerade so offensichtlich und öffentlich blamieren.
Man sagt ja „Schadenfreude“ sei urdeutsch und der Kern des teutonischen Humors.
Mag sein.

Für mich zeigt sich bei diesen Straßenumfragen eine erstaunliche Selbstverliebtheit des gemeinen Homo Sapiens. Bereitwillig lassen sie sich dabei abfilmen wie ihre Dummheit dokumentiert wird, drängen sich geradezu um die Kameras, um ihre völlig irrelevanten und unqualifizierten Meinungen zu dokumentieren.


Durch Doofheit und Apathie können sich Religionen behaupten.

Je mehr ein Mensch anfängt zu denken, sich zu interessieren, desto weiter entfernt er sich von Religion.
Logischerweise sind diejenigen am meisten von religiösen Heilsversprechungen abgestoßen, die sich mit genau diesen Texten beschäftigen.

Have a question about religion? You ought to ask someone who has completely rejected it.  According to a survey conducted by the Pew Forum on Religion & Public Life, atheists and agnostics tend to know more about religion than members of most faiths, the Los Angeles Times reports. For example, most Protestants could not identify Martin Luther as the founder of the Protestant movement. Atheists took the top spot in the survey, followed by a tie between Mormons and Jews. […]

Immer wieder schwappt die ganz große Empörung über ein Scharia-Urteil unseres engen Nahost-Verbündeten Saudi Arabien nach Europa.
Hier sind Frauen immer die Opfer der Justiz. Wird sie vergewaltigt, wird sie auch bestraft.

A court in the Kingdom of Saudi Arabia has sentenced a woman who was gang-raped by seven men to 200 lashes and six months in jail after being found guilty of speaking to the media about the crime and indecency.
According to the account of the story reported by the Middle East Monitor, the 19-year-old Shia woman was in the car of a student friend when two men got into the vehicle and drove them to a secluded area, where she was raped by the seven men.
She was initially sentenced to 90 lashes for being in a car of a man who was not related to her. Commentators say Saudi Arabia’s law dictates that a male family member must accompany a woman at all times in public.

Es passt gerade sehr gut in die Zeit, sich darüber zu echauffieren.
Dieser verdammte, rückständige Islam!
Davor muß man sich doch fürchten, oder?

Ich würde sagen „jein“.
Ja, weil der Koran in der Tat schreckliche, antihumanistische Ideologien vertritt.
Nein, weil das kein Alleinstellungsmerkmal des Korans ist. Die Bibel, auf die der Westen ständig schwört, ist genauso abartig.

Ohne Penis geht nichts in der RKK.
War immer so, muß auch so bleiben.

Die Ansichten der bedeutendsten christlichen Kirchenlehrer sprechen eindeutig nicht dafür, daß Weibsbilder Führungsrollen übernehmen sollten.

"...der Gang, wie sich die göttliche Lehre verbreitet: Von Gott zu Christus, von Christus in den Mann und von diesem in das Weib hinab. Umgekehrt verbreitet sich die teuflische Lehre: Sie kommt zuerst in das Weib, denn dies besitzt weniger Unterscheidungsvermögen."
(Alexander von Hales, 1185-1245, Lehrer des Thomas von Aquin)

"Das Weib ist ein minderwertiges Wesen, das von Gott nicht nach seinem Ebenbilde geschaffen wurde. Es entspricht der natürlichen Ordnung, daß die Frauen den Männern dienen."

(Kirchenvater Augustinus, hl., 354-430)

"...wer mag alle leichtfertigen und abergläubischen Dinge erzählen, welche die Weiber treiben...es ist ihnen von der Mutter Eva angeboren, daß sie sich äffen und trügen lassen."
(Martin Luther)

"Der wesentliche Wert der Frau liegt in ihrer Gebärfähigkeit und in ihrem hauswirtschaftlichen Nutzen. Die Frau ist ein Mißgriff der Natur... mit ihrem Feuchtigkeits-Überschuß und ihrer Untertemperatur körperlich und geistig minderwertiger...eine Art verstümmelter, verfehlter, mißlungener Mann...die volle Verwirklichung der menschlichen Art ist nur der Mann."
(Thomas von Aquin, hl., Kirchenlehrer, 1225-1274)


Dieses christliche Frauenbild wird keineswegs nur von den 1,2 Milliarden Katholiken vertreten, sondern gilt auch für orthodoxe Christen, die Mönchsrepublik Athos und Evangelikale.
Als Nichtjurist frage ich mich, ob solche Thesen nicht unter den Volksverhetzungsparagraphen fallen.
Darf man solche Hetze wirklich verbreiten?
Müßte der Staat da nicht einen Riegel vorschieben?
Unsere Verfassungsorgane beschreiten den diametral entgegengesetzten Weg und robben sich affirmativ an die Religionen heran.
Sie überschütten die Kirchen mit Milliarden und drängen sie sich noch mehr einzumischen.

Gerade jetzt zur Adventszeit plappern die Menschen in Deutschland wieder besonders fromm daher.
Sie tun dies nicht trotz ihrer Unkenntnis der christlichen Lehre und Historie, sondern wegen ihrer Unwissenheit.

Man blickt hierzulande auf den Islam herab, weil man es nicht besser weiß.

Was passiert, wenn man aus der Bibel vorliest und behauptet, es sei der Koran   Ein soziales Experiment in den Niederlanden - mit entlarvendem Ergebnis.   Der Islam steht unter Verdacht. Wieder einmal. Nach den Anschlägen von Paris wird vielerorts über die Lehre des Religionsgründers Mohammed diskutiert.
[…] Wie weit diese Vorurteile in die Gesellschaft eingedrungen sind, das versucht ein kleines soziales Experiment zu zeigen, das zwei Youtuber in den Niederlanden durchgeführt haben. […]
Die beiden Männer lesen Passanten auf der Straße Passagen aus dem Alten Testament der Bibel vor und tun dabei so, als stünden diese brutalen Texte im Koran. "Schläft einer mit einem Mann, wie man mit einer Frau schläft, dann haben sie eine Gräueltat begangen; beide werden mit dem Tod bestraft", so lautet beispielsweise eine der vorgelesenen Textstellen (Leviticus 20,13).
Nach ihrer Meinung zu den vermeintlichen Korantexten gefragt, reagieren die Passanten vor allem mit Unverständnis. Ein Mann sagt beispielsweise, der Koran sei einfach "aggressiver".[…]