Mittwoch, 23. April 2025

Starker, schwacher Trump

Donald Trump wird extrem gestärkt durch die beispiellose Verblödung großer Teile der US-Wählerschaft.

So konnte er zum zweiten Mal US-Präsident werden.

So schwingt er sich zum Diktator auf.

So transformiert er generalstabsmäßig die US-Demokratie.

[….] Das Vorgehen Trumps in der Wirtschaft offenbart die gleiche zerstörerische Dynamik, mit der er den Staat und die Demokratie umbauen will. Ohne gute Vorbereitung wäre das alles in so einem Tempo nicht möglich gewesen.

Die Manöver der Trump-Regierung basieren auf einem faktischen »Playbook«, dem Handbuch der Spielzüge des modernen Autokratie-Umbaus, das auch schon Populisten wie Ungarns Premierminister Viktor Orbán, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und dem Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez, lang anhaltend Macht bescherte: Aushöhlung und Ideologisierung des Beamtenapparats, strukturelle Einschüchterung auf allen Ebenen, wirtschaftlicher Druck auf Medieneigner und gesetzliche Bestrebungen, die Pressefreiheit einzuschränken, politischer und finanzieller Druck auf Universitäten, um die Freiheit der Lehre und der Forschung einzuhegen und diese neu zu definieren, ideologische Umdeutung der eigenen Geschichte (das Smithsonian Institute und das Museum für Afro-Amerikanische Geschichte hat Trump gerade im Visier ), Veruntreuung zur Ermächtigung von Freunden und Familie (oder es ihnen zu erleichtern, sich zu bereichern, wie ein neuer Dokumentarfilm zeigt ), die Politisierung der Justiz – und schlussendlich – in Orbáns Fall – neue, verfassungsrechtliche Befugnisse, um den zuvor etablierten Bruch mit politischen Normen zu zementieren. Es gibt also auch einen Ausblick auf das, was noch kommen könnte.  [….]

(Cathryn Clüver Ashbrook, 19.04.2025)

So verdummt er sein Volk systematisch weiter.

[….] Der antielitäre Kulturkampf wurde in den Bundesstaaten zum Nahkampf erklärt. So wurden im vergangenen Schuljahr mehr als 10.000 Bücher  aus Bibliotheken entfernt und immer mehr Kinder  zu Hause unterrichtet. Nach der Aufhebung des nationalen Rechts auf Abtreibung wurde dieses auf Bundesstaaten-Ebene weiter eingeschränkt oder abgeschafft – eine faktische Kriminalisierung  fand statt.  [….]

(Cathryn Clüver Ashbrook, 19.04.2025)

Die logische Folge ist ein Brain-Drain. Die klügsten Köpfe der USA verlassen das Land. Die Doofen bleiben, werden immer lauter und konzentrieren sich auf.

Die MAGA-Religion feiert damit enorme Erfolge, die 250 Jahre alten Institutionen der US-Demokratie erweisen sich als erstaunlich wehrlos. Es scheint sich in breiten Teilen der Bevölkerung und der Presse eine tiefe Sehnsucht nach faschistischer Herrschaft zu manifestieren.

[….] Donald Trumps Umbau der Vereinigten Staaten von einer der ältesten Demokratien der Welt zu einer protofaschistischen Kleptokratie schreitet beinahe ungebremst voran. Zwei der drei offiziellen Staatsgewalten hat der US-Präsident bereits weitgehend geschleift: Die Judikative, allen voran der Supreme Court , fällt entweder Urteile zu seinen Gunsten oder wird von Trump ignoriert. Die Legislative, den Kongress, umgeht der Präsident, der per Dekret regiert, weitgehend; die Republikanische Partei hat sich ihm ohnehin ausgeliefert.  Sein nächstes Opfer könnte die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) sein. Der US-Präsident liebäugelt damit, Fed-Chef Jerome Powell, den er selbst 2017 als obersten Währungshüter nominiert hatte, durch einen willfährigen Handlanger zu ersetzen. Der soll auf sein Geheiß die Leitzinsen niedrig halten, damit sich Amerikas Wirtschaft mit billigen Krediten vollpumpen und durch Zölle vor ausländischer Konkurrenz geschützt wachsen kann. Andere Schlüsse lassen Trumps Tweets und sonstige Äußerungen nicht zu. [….] Zwar gehört die Fed nicht zu den drei Staatsgewalten, die eine Demokratie im Kern ausmachen. Aber genau wie regierungskritische Medien und das Recht auf freie Meinungsäußerung gehört die politische Unabhängigkeit der Zentralbank zur DNA jeder liberalen, demokratischen Marktwirtschaft. Konsumenten, Unternehmer, Investoren müssen sicher sein können, dass Währungshüter auf Basis objektiver Faktoren wie Inflation, Geldmenge, Wirtschaftswachstum oder Kreditversorgung Entscheidungen fällen und die Richtung für Zinsen und Wirtschaft vorgeben und nicht etwa nach Gutdünken des jeweiligen Machthabers agieren. [….] Und wie wenig Probleme der von Republikanern dominierte Supreme Court mit einem nahezu allmächtigen Präsidenten Trump hat, bewies er bereits im Sommer 2024. Damals, noch vor der Präsidentschaftswahl, sicherten die Richter künftigen US-Präsidenten weitreichende Immunität für ihre Amtshandlungen zu. Eine bahnbrechende Entscheidung, die die Axt anlegt an das System der Checks and Balances und die demokratische Kontrolle politischer Entscheidungsträger. [….] Schon jetzt, nach nicht einmal 100 Tagen im Amt, hat Trump das Vertrauen  der Investoren in die US-Wirtschaft, das auf Stärke, Verlässlichkeit und Rechtssicherheit basiert, wie kein anderer US-Präsident vor ihm erschüttert. [….]

(Tim Bartz, SPON, 23.04.2025)

Den Jüngern des Trump-Kultes fehlt es an intellektueller Kapazität, um sich vorzustellen, sie selbst könnten von den negativen Auswirkungen des Trumpismus getroffen werden. Die glauben freilich, es träfe nur People Of Color, Atheisten, Queere, Natives und Gebildete.

Aber sie werden selbstverständlich ebenfalls betroffen sein, weil die Weltwirtschaft in den Abgrund gezogen wird. Außerdem sind die orangen Epigonen im Kabinett kaum weniger debil als ihr Messias: Hegseth, Noem, Navarro, Witkoff, RFK, Vance arbeiten alle hart daran, den USA maximalen Schaden zuzufügen.

Es gibt aber möglicherweise auch international weitere Kehrseiten des Trumpismus‘ für das US-Volk. Konkurrenten schließen sich zusammen, kombinieren notgedrungen ihre Kräfte. Gut möglich, daß die USA ökonomisch und politisch bald einer gemeinsamen Front aus EU, GB, Kanada, Mexico und China gegenüberstehen.

Zudem wird die Unterqualifikation der Trump-Administration auf Ebene der Staats- und Regierungschefs gnadenlos ausgenutzt. Putin, aber auch Xi, ebenso wie vermeidliche Verbündete (Netanyahu) können Washington beliebig manipulieren und so ihren Willen durchsetzen.

[…..] „Friedensplan“ der US-Regierung: Putin wird belohnt, die Ukraine aufgegeben. Trump wollte den Ukraine-Krieg großmäulig innerhalb von 24 Stunden beenden. Mit seinem aktuellen Plan wirft er Russland die Ukraine zum Fraß vor. [….] Weit über hunderttausend Tote und Verletzte, schwerste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie gewaltsame Grenzverschiebungen: Der russische Präsident Wladimir Putin kann sich glücklich schätzen. Sein Angriffskrieg, mit dem er seit über drei Jahren das Nachbarland Ukraine nahezu täglich in Grund und Boden bomben lässt, zahlt sich also doch noch aus.  So und nicht anders muss der sogenannte Friedensplan der US-Regierung unter Donald Trump gelesen werden, der mit dem Begriff Kapitulation aus der Sicht Kyjiws wohl treffender umschrieben wäre. Washington erkennt Russlands völkerrechtswidrige Annexion der Krim genauso an wie die partielle Besetzung der vier Gebiete Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja.

Zum Dank für Moskaus freundliches Entgegenkommen, vielleicht doch einem Waffenstillstand zuzustimmen – spätestens nach 24 Stunden ohnehin schon wieder Makulatur –, gibt’s die Aufhebung der US-Sanktionen noch obendrauf nebst vertieften Wirtschaftsbeziehungen. Die Ukraine oder besser das, was von ihr übrig ist, wird den Europäern vor die Füße geworfen.

Für Trump, in Sachen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit ähnlich verwahrlost wie sein neuer Bruder im Geiste Wladimir Putin, ist das ein echter Deal. [….]

(Barbara Oertel, 23.04.25)

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