Montag, 8. Juni 2020

Einmal Testikel bitte


Trump ist ein irrer und gefährlicher Idiot – darüber muss man nun wirklich nicht mehr debattieren.
Interessant ist nur noch a), ob die Amerikaner es schaffen ihn loszuwerden und b) ob der Rest der Welt es endlich schafft sich zu emanzipieren, also in den internationalen Organisationen – NATO, G7, WTO, WHO – ohne die USA zu agieren.

Es bereitet mir Sorge wie sehr in Westeuropa immer noch auf Washington gestarrt wird und angstvoll auf die Tweets der rabiaten Rotzrübe reagiert wird.
Wieso wurde in Berlin, Paris und London immer noch nicht verstanden, daß unilaterale Entscheidungen nie mehr im Interesse von Nato, oder der Demokratie getroffen werden, sondern ausschließlich, um die von Trump bewunderten autokratischen Führer in Ankara, Peking, Moskau, Jerusalem oder Pjöngjang zu bauchpinseln?
IQ45 geht dabei stets so kurzsichtig irrlichternd vor, daß er gar nicht versteht wie sehr er amerikanischen Interessen schadet.
Mit den bedingungslosen und unvorbereiteten Kim-Gipfeln wertete Trump Nordkorea enorm auf, mit dem Rückzug aus der WHO erhöht er den Einfluß Chinas, mit der Attacke auf die Kurden in Syrien erfüllt er den feuchten Traum Erdoğans und wie könnte man Wladimir Putin glücklicher machen als mit der Aufkündigung aller Abrüstungsverträge, dem Drängen ihn zum G7 zu laden und der systematischen Schwächung der NATO? Die Champagnerrechnungen des Kreml müssen in die Höhe schießen.
Ich glaube, diese krassen außenpolitischen Fehlentscheidungen Washingtons sind ausschließlich mit Trumps Borniertheit und seiner Beratungsresistenz zu begründen. Aber natürlich ist es ein gefundenes Fressen für Verschwörungstheoretiker. Wenn Wladimir Putin Urin-Sextapes oder anderes Material hätte um Trump zu erpressen die USA zu schwächen, würde er genau das verlangen, was Washington ohnehin liefert.

Wenn nun also Trump, wieder einmal, aus seiner erratischen Hass-Persönlichkeit heraus Deutschland droht die US-Truppen abzuziehen, sollten Merkel, Maas und AKK wirklich nicht sofort über das Stöckchen springen, sondern den Debilen einfach ignorieren.
Zumindest oberflächlich sieht es so aus, als ob sie genau das täten; sie lassen Trump achselzuckend toben.

[…..] Die Bundesregierung hat zurückhaltend auf Berichte reagiert, wonach US-Präsident Donald Trump den Abzug von 9500 der derzeit 34 500 in Deutschland stationierten US-Soldaten bis September angeordnet hat. Eine offizielle Stellungnahme gab es zunächst ebenso wenig wie eine Bestätigung durch die US-Regierung.
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte der Bild am Sonntag: "Sollte es zum Abzug eines Teils der US-Truppen kommen, nehmen wir dies zur Kenntnis." Die Zusammenarbeit der Streitkräfte sei "im Interesse unserer beiden Länder". Die Bundesregierung war nicht offiziell über die Pläne informiert worden. […..]

Es hätte gar keinen Sinn zu intervenieren, nach den Gründen zu fragen, oder mit Trump zu verhandeln. Der Mann ist schlicht zu dumm dazu.
Also bleibt nur zu spekulieren, ob Trump den Abzug als primitive Racheaktion für Merkels Absage ihres persönlichen Erscheinens beim G7 im Camp David ansieht, oder ob er seinem Helden Putin nur einen Gefallen tun wollte.
Deutsche Politiker sollten hinter den Kulissen über Trumps Gründe spekulieren und ihm nicht den Gefallen tun sich öffentlich aufzuregen.

[…..] CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt sagte zu dem möglichen Truppenabzug: "Trump sind der langsame Anstieg der Verteidigungsausgaben und die Arbeiten an der Nord-Stream-2-Leitung ein Dorn im Auge. Auch die Absage Merkels an einen physischen G7-Gipfel noch vor dem Sommer hat er offenkundig nicht goutiert." Problematisch sei, dass Trump dabei US-Bündnis- und Sicherheitsinteressen hintanstelle, sagte Hardt weiter der "Welt am Sonntag".
"Ein solcher Abzug wäre unter jedem Gesichtspunkt sehr bedauerlich", sagte auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), den Zeitungen der Funke Mediengruppe. [….]

Lieber mal die Klappe halten, liebe CDU-Politiker.

Es ist offensichtlich, daß Trump über keinerlei strategischen Verstand verfügt und nicht begreift was Ramstein bedeutet.
Natürlich ist der gewaltige US-Stützpunkt eine feine Sache für die Rheinland-Pfälzische Wirtschaft, aber abhängig ist Deutschland davon nicht.
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Das Pentagon braucht den Stützpunkt unbedingt aus geopolitischen Gründen als Brückenkopf in den Nahen Osten.
Dazu gehört insbesondere auch das Landstuhl Regional Medical Center (LRMC) bei Kaiserslautern, welches mit 100 Betten, 218 Medical-Transient-Detachment-Betten und rund 3300 Mitarbeitern das größte Krankenhaus der US Army außerhalb der Vereinigten Staaten.

[….] Landstuhl Regional Medical Center (LRMC), Germany, is the only forward-stationed medical center for U.S. & Coalition forces, Department of State personnel, and repatriated U.S. citizens. LRMC is the largest U.S. hospital outside the United States where it serves as the sole military medical center for more than 205,000 beneficiaries throughout Europe, the Middle East and Africa.
LRMC is a jointly staffed, Army commanded 100-bed Medical Center that is strategically located near Ramstein Air Base, providing 52 medical specialties and over 46,000 outpatient visits per month. LRMC is the only American College of Surgeons verified Level III Trauma Center outside the United States.
LRMC is also the evacuation and treatment center for all injured U.S. Servicemembers and civilians, as well as members of 56 Coalition Forces serving in Afghanistan, Iraq, as well as Africa Command, Central Command and European Command. More than 95,000 Wounded Warriors from Afghanistan and Iraq have been treated at LRMC since 2001 as they make their way through the medical evacuation system back home. [….]
(RHCE)

Es braucht schon eine besondere Portion Dummheit, um zu glauben, daß die Schließung solcher Anlagen Deutschland mehr weh tut als der US-Army. Zumal Trump selbst gerade erst einen großen Ausbau der Anlagen absegnete.

[….] Nach eigenen Angaben lässt das US-Militär über zwei Milliarden Euro jährlich in der West-Pfalz. [….]. Über 580 Millionen Dollar will das Pentagon noch in diesem Jahr in die US-Militärstandorte in der Pfalz investieren. [….] US-Präsident Trump selbst hatte mit seiner Unterschrift die Investitionen abgesegnet. Der Standort Ramstein soll mit rund 119 Millionen Dollar ausgebaut werden. Weitere 100 Millionen fließen in Schulbauten für amerikanische Schüler in Kaiserslautern. Und – der größte Anteil, rund 320 Millionen – geht in den Weiterbau des neuen US-Hospitals nahe der Air-Base in Ramstein. [….]

Natürlich ist es schade für die Mainzer Landesregierung, wenn die amerikanischen Soldaten, Zivilangestellten und Familienangehörigen – insgesamt über 53.000 Menschen abgerufen werden.
Aber für die US-Militärs wäre es eine Katastrophe.

[…..]   Der frühere Befehlshaber aller US-Truppen in Europa hat den geplanten Abzug von 9500 US-Truppen aus Deutschland scharf kritisiert. "Ich glaube, die Entscheidung durch die US-Regierung von Präsident Trump ist ein kolossaler Fehler", sagte Ben Hodges dem SPIEGEL. Hodges war Dreisternegeneral und Befehlshaber aller US-Heerestruppen. Er war bis 2017 in Europa. Nach seiner Pensionierung arbeitet er für den Thinktank "Center for European Policy Analysis", sein Rat ist weltweit gefragt.
Die Kritik des Topmilitärs ist beißend. Die Entscheidung von Donald Trumps Kernteam im Weißen Haus geißelte er als "rein politisches Manöver". Niemand in der Administration habe vorher einen militärischen Rat eingeholt, was der Truppenabzug für die US-Präsenz in Europa eigentlich bedeutet. "Die Entscheidung illustriert, dass der Präsident nicht verstanden hat, wie essenziell die in Deutschland stationierten US-Truppen für die Sicherheit Amerikas sind", sagte Hodges. [….]

Es wäre sehr schön, wenn Trump am 03.11.2020 abgewählt wird, aber erstens ist wie wir gestern gesehen haben, nicht sicher, ob er tatsächlich abträte und zweitens könnten auch vier versöhnliche Jahre Biden nicht den Geist zurück in die Flasche schicken. Die Welt weiß jetzt, daß auf die USA kein Verlass ist, daß sie sich nicht an Verträge hält und womöglich nach der Präsidentenwahl von 2024 wieder alles aufkündigt und den Verbündeten in den Rücken fällt.
Man wird den Vereinigten Staaten nie mehr wirklich trauen können und muss sich drauf einstellen ohne Washington, bzw gegen Washington zu arbeiten.

[….] Die Trump'schen Töne sollten endlich eine angemessene Reaktion erfahren. [….]  Eine, die Schluss macht mit der Trauer über vergangene Zeiten. Und eine, die klug umgeht mit den neuen Realitäten. Das bedeutet erstens, dass Berlin für die Regionen, in denen noch heute viele US-Soldaten das Leben und die örtliche Wirtschaft prägen, Alternativen entwickeln muss. Nur dann wird der Abzug, so er wirklich mal kommen sollte, gerade dort nicht mehr ganz so wehtun. Und es heißt zweitens, dass Berlin nicht mehr lamentiert oder ängstlich seine Sorgen äußert, sondern deutlich macht, dass diese Stationierungen keine Almosen sind, sondern im ureigensten amerikanischen Interesse liegen. Das ist ja das Verrückte an diesem Schauspiel: Niemandem würde der Abzug mehr wehtun als dem amerikanischen Militär. [….]

Recht so, Herr Braun. Reisende soll man nicht aufhalten. Bitte, Trump, zieh doch alle Truppen aus Deutschland ab und nimm gleich noch das Dutzend alte Atomsprengköpfe mit, die AKK unbedingt behalten will.
Berlin kann auch ohne das Zeug leben. Viel Spaß aber mit den Army-Falken im Pentagon, wenn Du mal wieder Kriege im Nahen Osten, vielleicht mit Kumpel Bibi, führen willst, aber die Ramstein Air Base und das Landstuhl Regional Medical Center inzwischen Photovoltaic-Anlagen oder Freizeitsparks sind.

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