Mittwoch, 5. November 2014

Party of No



Der US-Kongress hat die niedrigsten Zustimmungsraten aller Zeiten, weil nur blockiert wird und nicht regiert wird.

 
Als Konsequenz daraus wählte der amerikanische Urnenpöbel nun die totale Blockade, den Durchmarsch der ganz Rechten..
Zwei Jahre lang wird nun gar nichts mehr funktionieren.
Schlau ist anders.


Offensichtlich wir politische Totalblockade der Rechten belohnt.
Seit die CDU 1999 die Mehrheit im Bundesrat erreichte und sich Frau Merkel ihren Ruf als „Mrs Njet“ verdiente, ließ sie nicht mehr ab von ihrer Macht. Zunächst indem sie alles verhinderte, das Rot-Grün tun wollte und später als Kanzlerin.


Leider sind die Amerikaner ebenso doof.

Einer CNN-Umfrage unter Wählern nach Verlassen der Wahllokale zufolge finden acht von zehn amerikanischen Wählern, dass der Kongress seiner Rolle und Verantwortung nicht gerecht geworden ist, während beinahe sechs von zehn mit Präsident Obama unzufrieden sind. 44 Prozent schätzen die Demokraten positiv ein, 40 Prozent die Republikaner. Die Amerikaner haben also mehrheitlich die Partei gewählt, mit der sie sich weniger identifizieren, um das Staatsorgan zu führen, dem sie am wenigsten vertrauen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ein solches Verhalten nur noch größeren Zynismus zur Folge haben wird.
Am 4. November haben die Wählerinnen und Wähler keine Welle verursacht – sie sind ertrunken.

In Amerika gibt es erhebliche systemimmanente Fehler, die mehr und mehr zum Tragen kommen.
Es ist falsch alle zwei Jahre das Repräsentantenhaus neu wählen zu lassen, weil dadurch Dauerwahlkampf herrscht.
Es ist falsch durch ein Mehrheitswahlrecht die Menschen in ein Zweiparteiensystem zu zwingen, das immer mehr Resignierte zurück lässt.
Es ist falsch Super-PACs und anderen unbeschränkte Finanzmittel im Wahlkampf einzuräumen, so daß es nur noch zu multimilliardenschweren Schmutzkampagnen kommt.
Es ist falsch die Wahlkreise fortwährend anders zuzuschneiden, um zu garantieren, daß über 90% der Amtsinhaber quasi automatisch wiedergewählt werden.
Es ist falsch Senatoren, die nur wenige Hunderttausend Menschen repräsentieren, weil sie aus US-Zwergstaaten kommen, genau so viel Macht wie den Repräsentanten aus Kalifornien oder New York zuzubilligen.


Das eigentliche Drama der USA stand schon vor den gestrigen Ergebnissen fest:

In den USA ist immer Wahlkampf. Kaum hatte sich der Rauch der letzten Präsidentschaftswahlen verzogen, begannen schon die ersten Scharmützel der jetzigen Kongresswahlen. Kein Wunder also, dass dies die kostspieligsten Midterms aller Zeiten sind, mit 3,7 Milliarden Dollar Aufwand.
Doch trotz der teuren Dauerbeschallung hören viele Amerikaner gar nicht mehr hin. Experten schätzen, dass die Wahlbeteiligung an diesem Dienstag gerade mal 40 Prozent erreichen wird - eine Reaktion landesweiter Desillusion und Armutszeugnis für eine Nation, die sich gern als Wiege der modernen Demokratie rühmt.

Tatsächlich kam es so, wie vorhergesagt.


Die ganze Nacht über sah ich auf CNN glückliche gewählte GOP-Senatoren und GOP-Gouverneure jubeln, die allesamt weiße christliche Männer waren.
Frauen, Schwarze, Latinos, Schwule, Linke etc waren erst gar nicht zur Wahl gegangen. Ihr diffuses Gefühl der Enttäuschung artete in Wahlphlegma aus, welches wiederum denjenigen den Durchbruch verschaffte, die sie vermutlich erst recht nicht als Regierung haben wollten.


Unglaublich, aber wahr, ausgerecht die Geronten-Ausgabe von Sarah Palin mit Testikeln, der 72-Jährige Senator Mitch McConnell ist nun der neue starke Mann Washingtons. Die Inkarnation all dessen was in Amerika nicht funktioniert, hat es geschafft.


Politische Ziele hat er keine - seine Spezialität ist die Blockade.
Das berühmteste Zitat von Mitch McConnell geht so: "Unser wichtigstes Ziel ist es, Präsident Obama eine zweite Amtszeit zu verwehren." Kein politisches Anliegen also, keine Ideologie, nicht konservativ, nicht liberal, alles egal. Nur Macht um der Macht willen. Dieses Zitat, das so viel sagt über den Sprecher, fiel vor vier Jahren.
[….]  McConnell hat schon als republikanischer Minderheitsführer in den vergangenen sechs Jahren die Regierungsgeschäfte behindert, wo er nur konnte und das auf Kompromisse ausgelegte US-System ausgehebelt, wo immer es ihm möglich war. Es war oft möglich in den vergangenen Jahren.
Mitch McConnell war so stets mehr als nur der Oppositionsführer. Er war der Meister des Destruktiven, ein Zerstörer.
Dieser unscheinbare, etwas verlegen wirkende Mann, wird fortan einer der mächtigsten Männer Amerikas sein. Als Mehrheitsführer hat er die maximale Blockademacht, der gesamte Kongress ist in republikanischer Hand. Er kann Obama jetzt Woche für Woche mit unangenehmen Gesetzesvorlagen piesacken, die der Präsident nur per Veto stoppen kann.
[….] Dutzende Regierungsjobs und Richterstellen sind seit Monaten oder Jahren nicht besetzt, weil McConnell und seine Leute die nötige Bestätigung durch den Senat hinausgezögert haben. Gemeinsam mit der republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus und der rechtskonservativen Tea-Party-Bewegung hat er das Land gleich dreimal als Geisel genommen: im Haushaltsstreit 2011; bei der Drohung mit der Fiskalklippe zum Jahreswechsel 2012/2013; und schließlich mit dem Government Shutdown im vergangenen Jahr. [….]

Die Reaktion der Wähler: Mehr davon! Den Mann machen wir zum Chef im Kongress!


Sieht man sich in den nicht republikanischen Diskussionsforen im Netz um, stellt man fest, daß niemand überrascht ist.

Anna B.: Stupid is as stupid does. The majority of Americans are dumb and they're much like sheep. It is no surprise.

Rob E.: This country is a fucking disgrace

Casey Christopher J.: It's because this country is full of old, uneducated, conservative Christians who want to vote for an old, uneducated, conservative Christian.

Victoria S.: I am sick right now, our fellow countrymen are dense. Insanity is doing the same shit over and over and expecting different results. Well, yesterday's election has proven that this society is truly insane.
(Facebook-Einträge 04.11.14)

Das amerikanische Volk hat seine Unfähigkeit als Souverän zu agieren eindrucksvoll bewiesen.



Amerika wählt den Stillstand
[…]  Die USA sind für die nächsten zwei Jahre mal wieder quasi unregierbar. Im Weißen Haus herrscht (noch) Obama, im Kongress herrschen jetzt die Republikaner. Im Repräsentantenhaus bauten sie ihre Mehrheit aus, den Senat kippten sie auch - mit Kandidaten wie Joni Ernst in Iowa, die ihre Wahlspots im Schweinestall filmte. […] Dies war ein Referendum gegen Washington - und Obama. Dabei haben sich die meisten Wirtschaftsindikatoren unter ihm dramatisch verbessert, allen voran die Arbeitslosenquote. Doch diese Erfolge erstickten im Stillstand der Hauptstadt und den unvorhergesehenen Krisen anderswo auf der Welt. Dem Präsidenten sind nun für den Rest seiner Amtszeit die Hände gebunden. […] Dieser Wahlkampf drehte sich nicht um Sachthemen, sondern um reine Angstmache - vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), vor der Ebola-Seuche, vor illegalen Einwanderern. Wie schon nach den 9/11-Anschlägen verstanden die Republikaner dieses abgebrüht-kalkulierte Spiel viel besser als die ewig mit sich hadernden Demokraten. Und wie damals entpuppten sich die Wähler angesichts immer lachhafterer, plumperer TV-Spots als ziemlich leichtgläubig und manipulierbar. Hinzu kamen die inzwischen fast üblichen Probleme: defekte Computer, lange Wartezeiten, ausgesperrte Wähler. […]


Unglücklicherweise sind die USA kein irrelevanter Zwergstaat, sondern beeinflusst außenpolitisch das Weltgeschehen. Die Zeichen stehen nun noch mehr auf Konfrontation mit dem Iran, mit Russland und Palästina.

Der gefesselte Präsident
[…] Die bittere Niederlage der Demokraten bei den Midterm-Wahlen in Washington engt seinen außenpolitischen Handlungsspielraum drastisch ein. Der Präsident hat es nun mit einem Kongress zu tun, der in der Iran-Frage kaum zu einem Kompromiss bereit sein dürfte.
[…] Für die Aufhebung der Sanktionen bräuchte Obama aber die Zustimmung des Kongresses - was "extrem schwierig werden könnte", glaubt James M. Lindsay, Direktor des Rats für Auswärtige Angelegenheiten.
"Ein solches Abkommen macht einen nuklearen Iran wahrscheinlicher", schäumte der Republikaner Marco Rubio im Sommer. Der Kongress müsse die Sanktionen eher noch verschärfen, um Iran zur Aufgabe zu zwingen. Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte: "Der Kongress sollte darauf bestehen, in jede Art von nuklearem Deal mit Iran eingebunden zu werden."
[…] Die wohl größte Gefahr für Obamas Außenpolitik der kommenden zwei Jahre ist allerdings der Hass vieler erzkonservativer Republikaner auf einen Präsidenten, den sie als Versager und Weichei abgestempelt haben - und den sie nun nach allen Regeln der politischen Kunst vorführen wollen. "Für den Kongress ist es sehr viel einfacher, Präsidenten außenpolitisch zu fesseln als selber zu handeln", sagt James Lindsay vom Rat für Auswärtige Angelegenheiten.[…]

Gibt es auch positive Nachrichten?

Ja, wenn man unbedingt will, findet sich etwas:

1.)

Allerdings müssen sich die Demokraten nicht zu sehr grämen: 2016 haben sie gute Chancen, den Senat zurückzuerobern: Dann müssen nämlich die Republikaner 24 der 34 zur Abstimmung stehenden Sitze verteidigen. Zudem wird die Beteiligung in einem Präsidentschaftswahljahr höher liegen, wovon die Demokraten profitieren. Außerdem sprechen die demografischen Veränderungen (mehr Latinos, mehr Städter, weniger Ehen) in den USA für sie.



2.)

Die Wähler in Alaska und in Oregon stimmten für die Legalisierung von Marihuana. Danach dürfen Bürger ab 21 Jahren in Oregon das Rauschmittel besitzen und bei sich zu Hause vier Cannabis-Pflanzen anbauen, in Alaska sind es maximal sechs Pflanzen. Das regulierte Geschäft mit der Droge als legales Genussmittel wollen die Bundesstaaten nach dem Vorbild von Colorado und Washington besteuern.
Auch in der Hauptstadt Washington D.C. soll Kiffen nun legal werden. 65 Prozent der Bürger stimmten für die Maßnahme und 28 Prozent dagegen. Nach Bundesgesetzen ist Marihuana aber weiter eine illegale Droge. 

Verständlich, sehr verständlich, daß gerade die Washingtoner meinen die Politik in ihrer Stadt nur noch bekifft ertragen zu können.


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