Freitag, 5. Oktober 2018

Daumen drücken für

Bewaffnete Konflikte, die inzwischen meistens asymmetrisch verlaufen haben oft keinen klaren Aggressor und eindeutigen Verteidiger. Oft schaukeln sich Bürgerkriege sehr langfristig hoch und ziehen immer mehr Nachbarn mit hinein, bis ein unübersichtliches Konglomerat in häufig wechselnden Koalitionen auf alle einschlägt.
Das machte den Syrienkonflikt so unerfreulich und ließ den Westen über Jahre achselzuckend und tatenlos zusehen: Wem hätte man auch helfen sollen? Assad? Dem Iran? Dem IS? Der Al-Nusra-Front? Russischen Expeditionscorps? US-Drohnenkriegern? Etwa Erdoğan? Die einzig halbwegs sympathischen Typen sind die Irakischen Peschmerga und die Syrischen Volksverteidigungseinheiten YPG (kurdisch Yekîneyên Parastina Gel). Aber wenn man sie mit Waffen unterstützt, sticht man in ein Wespennest, weil die Amerikaner womöglich sauer werden und ganz sicher Erdoğan solche Wutanfälle bekommt, daß er sogleich Öl ins Feuer gießt.
Wie soll man schon Partei ergreifen, wenn sich Assads Regierungstruppen und Al Baghdadis Kalifat gegenüberstehen? Die einen setzen Giftgas gegen unschuldige Zivilisten ein, die anderen köpfen jeden in ihren Augen Ungläubigen.

Ich glaube, der Syrienkonflikt wurde und wird deswegen verhältnismäßig wenig in den Medien analysiert, weil man nicht weiß auf wessen Seite man sich schlagen soll.

Selbst wenn es nur zweieinhalb Konfliktparteien gibt wie in Gaza oder dem Westjordanland können sich Deutsche nicht recht entscheiden in welcher Fankurve sie sitzen wollen. Rechte unterstützen traditionell eher die Starken und Offiziellen, also die Israelis, während Linke lieber auf Seiten der Unterdrückten und Schwächeren stehen, also den Palästinensern.
Deutschlands ganz Rechte sind aber eher antisemitisch, also gegen Israel, während die Altlinken schon aus Scham für den zweiten Weltkrieg judenfreundlich denken, also für Israel sind. Die wirklich rechtsextremen Deutschen wie Pipi-Blogger David Berger und seine Kumpanen des Schlages Höcke und Poggenburg ticken aber so radikal islamophob, daß sie sich schon deswegen besonders Israelfreundlich zeigen, weil radikale Araber oft Israel hassen.

In Wahrheit kann man sich auch gar nicht für eine Seite entscheiden, weil selbst Konflikte wie der in Palästina, also mit zwei Parteien und das auf sehr kleinem Raum, viel zu komplex sind.

Meine Sympathien gehören Palästinensern, weil sie unterdrückt sind und Israelis aus grundsätzlichen Erwägungen.
Aber wer sind eigentlich Israelis? Dazu gehören ultraultraorthodoxe Spinner in Jerusalem, die ein Leben in extremer Intoleranz führen, aber andererseits auch konsequent den Dienst an der Waffe verweigern.
Israelische Soldaten hingegen verrichten ihren Dienst nicht freiwillig und sind zu bedauern, wenn sie auf irgendeiner winzigen Exklave im Westjordanland dazu eingesetzt werden drei radikal religiöse Siedlerfamilien aus den USA zu schützen.
Ich mag natürlich lieber die säkularen liberalen sexuell völlig frei lebenden Israelis in Tel Aviv, die sich als Denker und Kulturschaffende bestätigen.
Aber kann man es einem Siedlerkind verübeln, wenn es radikale Ansichten entwickelt nachdem es völlig abgeschottet von anderen Informationen stramm religiös erzogen wird und in einem ärmlichen Haus mit Panikraum groß wird, weil man ja von allen arabischen Nachbarn gehasst wird und ständig die Scheiben eingeworfen bekommt?

In einem Krieg Partei zu ergreifen, ist eine moralische Unmöglichkeit, weil auch klassische Armeen aus Individuen bestehen.
Die Millionen Deutschen und Franzosen, die vor 100 Jahren in den gewaltigen Materialschlachten von Verdun eingegraben im Dreck lagen haben das mutmaßlich alle nicht gern getan. Und der Prozentsatz von Arschlöchern und Sadisten dürfte bei Deutschen und Franzosen einigermaßen gleich gewesen sein.

Für das Publikum sind Kriege wie der in Vietnam der 1960er angenehmer. Da gab es einen eindeutigen Aggressor, nämlich die USA. Die Amis hatten da nichts zu suchen, waren 10.000 Kilometer von ihrer Heimat entfernt und gewaltig überlegen, während die Vietnamesen in ihrem eigenen Land überfallen wurden und sich mit vergleichsweise primitiven Mitteln verteidigten. Da die Amerikaner keinerlei Skrupel kannten, 35 Millionen Tonnen des Entlaubungsgifts Agent Orange versprühten kamen mindestens 2 Millionen Zivilisten und 1,5 Millionen Soldaten ums Leben. Die Amis verloren 58.000 G.I.s
Welcher Mensch mit einem Funken Moral würde sich nicht auf die Seite der Vietnamesen stellen und die Amerikaner in Grund und Boden verdammen?

Betrachtet man die Amerikaner einzeln, stellt das schon wieder ganz anders dar. Die richtigen Arschlöcher wie George W. Bush oder Donald Trump drücken sich natürlich um den Dienst in Vietnam. Eingezogen wurden überwiegend die ärmsten und ungebildeten Amerikaner. Deren Durchschnittsalter war 19 Jahre und kaum einer wußte was er dort überhaupt verloren hatte. Die Mehrzahl kehrte schwer traumatisiert zurück und war nicht etwa Soldat, um ein sadistisches Bedürfnis zu stillen.
Ich habe keinen Anlass einen dieser 18 oder 19-Jährigen meist schwarzen Amerikaner aus der Provinz als grundsätzlich schlechteren Menschen zu betrachten, wenn ich ihn mit irgendeinem Altersgenossen in Vietnam vergleiche.

Die Fußsoldaten waren immer die Leidtragenden.
Steht man aber tausende Kilometer ohnmächtig als Zuschauer vor dem Fernseher vor solchen Bildern, hilft es psychologisch weiter sich ein Schwarzweißbild zu zeichnen, in dem die einen die Guten und die anderen die Bösen sind.

Wir kennen das doch aus vielen hervorragenden Tierdokumentationen, in denen ausführlich die Strapazen einer hungernden Leoparden- oder Löwenfamilie gezeigt werden. Wie sie unter Verletzungen leiden, fürchterlich abmagern, Durst leiden und dann hilflos miterleben müssen wie ihre Jungen eins nach dem anderen krepieren.
Gelingt es dann endlich eine Impala zu erlegen, geht einem das Herz auf; so freut man sich, wenn die Löwenbabys endlich was zu fressen bekommen und nicht sterben müssen.
Sieht man aber eine einstündige professionelle TV-Dokumentation über das strapaziöse Leben einer Impala-Familie, die stets auf der Flucht ist und unglaubliche Mühen und Entbehrungen auf sich nimmt für das Junge und erlebt dann denselben Vorfall, wie nämlich das Kind von einer Raubkatze gekillt und zerrissen wird, ist man entsetzt. Man freut sich über jeden Jagdfehlversuch, bei dem der die Impalas der Löwin entwischen konnten.
Solche Situationen taugen nicht, um sie mit menschlicher Moral zu bewerten.

Natürlich möchte man eher zum Gejagten, zum Schwächeren halten.
Aber wenn die überleben, leidet ein anderer.

Ukraine gegen Russland ist ein Konflikt, bei dem schon a priori nahezu einhellig die gesamte Mainstreampresse, sowie alle halbwegs moderaten Parteien auf der Seite der Ukraine standen. Die armen Kleinen im Kampf gegen das große übermächtige Russland.
Wer darauf hinwies, daß bei der Maidan-Revolution viele Ukrainische Faschisten und radikale Antisemiten marschierten und daß die Krim tatsächlich fast immer russisch war, bekam gleich das Schmäh-Etikett „Russlandversteher“ verpasst.
Zum ersten mal zeigte sich eine echte Querfront-Bewegung: Ganz Linke und ganz Rechte vereint auf der Seite Putins.
Wer will schon „Putinist“ sein? Und so wurden differenzierte Stimmen wie die von Gabriele Krone-Schmalz aussortiert.

In den vergangenen drei Jahren wurde Putin zum großen Trump-Förderer und bediente sich immer abstoßenderer politischer Methoden. Gut für die Ukraine, denn so kann sie sich als Opfer darstellen und auf Europas Hilfe hoffen.

Aber dennoch bleibt auch die Poroschenko-Regierung ein zutiefst korrupter Oligarchenverein, der nicht nur Faschisten fördert, sondern ungeniert an Nazi-Traditionen aus dem zweiten Weltkrieg anknüpft. Schon damals waren viele Ukrainer fest verbündet mit Hitlers antibolschewistischer NSDAP.

[….]  Das ukrainische Parlament hat die geschichtlich umstrittene nationalistische Grußformel "Ruhm der Ukraine - Den Helden Ruhm" verpflichtend für Armee und Polizei eingeführt. Das Parlament in Kiew stimmte mit großer Mehrheit für die Änderung.
Den Gruß brachten Nationalisten während der gewaltsamen Proteste in der Ukraine im Winter 2013/14 wieder in Umlauf. Ursprünglich stammt er aus dem Zweiten Weltkrieg von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (UON) um Stepan Bandera. Der Politiker hatte zwischen den Weltkriegen für eine von Sowjetrussland unabhängige Ukraine gekämpft - und dazu zeitweise auch mit Hitlers Wehrmacht kollaboriert.
Die Führung in Kiew will sich mit dem neuen Gesetz in die Tradition der OUN und der umstrittenen antisowjetischen Partisanen der Ukrainischen Aufstandsarmee (UPA) stellen, die 1943 für ethnische Säuberungen in der heutigen Westukraine verantwortlich war. In Russland sind beide Organisationen geächtet. […..]

Und diese Ukraine unterstützt die Bundesregierung nun.