Dienstag, 21. Oktober 2014

Familie



Konservative amerikanische Lobbyorganisationen sind professionell.
Als besonders effektiv erachte ich ihre Begriffswahl.
„Pro Life“ oder „Family Values“. Das ist genial. Damit wird ein allgemein als positiv erachteter Terminus okkupiert und diejenigen, die sich politisch anders aufstellen, werden gleich in eine negativ konnotierte Ecke gestellt.
Es wird eine Scheindebatte aufgezwängt. Als ob irgendjemand GEGEN das Leben oder GEGEN die Familie wäre.

In Deutschland benutzen die radikalen Abtreibungsgegner zwar formal den gleichen Begriff, nämlich „Lebensschützer“, aber das funktioniert nicht ganz so gut, weil „Schützer“ ungebräuchlicher als das simple „pro“ ist und weil die gesellschaftspolitischen Gewichte hier anders verteilt sind.
Die Typen, die beim jährlichen Berliner „Marsch für das Leben“ ihre Holzkreuzchen spazieren führen, werden von einer überwältigenden Mehrheit der Bürger nicht ernst genommen.


Erfolgreicher sind die Homohasser, die genau wie in Amerika den Begriff „Familie“ okkupieren. Damit unterstellen sie allen Vertretern einer liberaleren Linie einen Antagonismus zur Familie. Gebetsmühlenhaft wird auf das Grundgesetz, welches die Familie schützt, verwiesen, so daß LGBT-Rechtler auch noch in die Ecke der Verfassungsfeinde gerückt werden.

Artikel 6 GG

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Sachlich ist es natürlich völlig falsch, daß eine gleichgeschlechtliche Ehe einer gegengeschlechtlichen Ehe irgendetwas wegnähme.
Art. 6 wird davon überhaupt nicht berührt.
Dennoch verwenden Rechte von Ratzi bis Lucke immer wieder dieses grotesk falsche Bild.

 […] Papst Benedikt XVI. hat erneut eine Verwässerung des klassischen Familienbildes kritisiert - und damit indirekt gleichgeschlechtliche Beziehungen. Ohne die Homo-Ehe ausdrücklich zu erwähnen, warnte der Pontifex bei einem Weihnachtsempfang für die Kurie im Vatikan vor einem "Angriff auf die wahre Gestalt der Familie aus Vater, Mutter, Kind".
In den vergangenen Monaten waren international immer wieder Debatten über gleichgeschlechtliche Partnerschaften und das Adoptionsrecht homosexueller Paare aufgeflammt. Benedikt sprach von einer "Krise der Familie". In einigen Ländern, so die Nachrichtenagentur Reuters, gehe die katholische Kirche auf lokaler Ebene deshalb Allianzen mit Juden, Muslimen und Vertretern anderer Religionen ein, um gegen eine Legalisierung der Homo-Ehe vorzugehen.
Der Papst beklagte die "tiefe Unwahrheit" moderner Theorien über die sexuelle Identität, wonach das Geschlecht eine persönliche Entscheidung sei. Als Grundlage zitierte er dafür die Worte der französischen Schriftstellerin, Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir: "Man wird nicht als Frau geboren, sondern man wird dazu." […]


[…] Diskriminierung muss nicht als grobe Beschimpfung daherkommen. Oft verbirgt sie sich in subtilen Sticheleien, oder im überschwänglichen Lob einer Lebensform, wenn in Wahrheit die andere herabgewürdigt werden soll. Ein anschauliches Beispiel bot der Parteitag der Alternative für Deutschland im hessischen Gießen. Parteichef Bernd Lucke sprach vor dem zerstrittenen Landesverband über Ex-Fußballer Thomas Hitzlsperger, der sich kurz zuvor zu seiner Homosexualität bekannt hatte.
Solche Beichten erforderten heutzutage doch keinen großen Mut mehr, dozierte VWL-Professor Lucke. Mutig wäre es gewesen, wenn der Sportler die "Verfallserscheinungen" von Ehe und Familie gegeißelt hätte, wenn er sich dazu bekannt hätte, dass diese Lebensformen "für unsere Gesellschaft konstitutiv sind".
Luckes Botschaft war klar: Unter Ausgrenzung leiden in Deutschland nicht etwa homosexuelle Paare, bedroht sind klassische Beziehungen - Vater, Mutter, Kind. Das Statement des AfD-Vorsitzenden hat Kalkül: Seit ihrer Gründung sendet die AfD mehr oder weniger subtile Lockrufe an erzkonservative, bibeltreue und homophobe Wähler aus. […] Beatrix von Storch, designierte Europawahl-Kandidatin des Berliner Landesverbands, [wettert] offen gegen die Macht der "Schwulen-Lobby". Die AfD Bayern klagt auf Facebook, dass im Fernsehen Homosexualität "beworben" werde. Und die AfD Baden-Württemberg hat sich der Petition angeschlossen gegen den Plan der grün-roten Landesregierung, das Thema Homosexualität im Unterricht zu besprechen: Die Regierung plane eine "pädagogische, moralische und ideologische Umerziehungskampagne" schimpft Landessprecher Bernd Kölmel. Die Wortwahl ist noch gemessen, verglichen mit den Schmähungen, die sich AfD-Aktivisten auf lokaler Ebene und im Internet leisten. Dort werden Schwule von AfDlern auch mal als "Pädophile" und "Perverse" geschmäht. […]

Zu welcher schrillen Hysterie die selbsternannten Verteidiger der “Familienwerte”, erkennt man daran, daß ihnen hauptsächlich in satirischer Form geantwortet wird.

Seit der Legalisierung der Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in Frankreich scheinen sich die schlimmsten Befürchtungen der Gegner zu bewahrheiten: Statistiken zufolge dürften bereits knapp 2 Millionen Familien seit Inkrafttreten des Gesetzes zerstört worden sein.
Cécile B. musste die Zerstörung ihrer vierköpfigen Nachbarsfamilie miterleben: „Es war grauenhaft. Keine zwei Stunden, nachdem das Gesetz im Parlament beschlossen war, hörte ich plötzlich einen schmerzerfüllten Schrei.“ Sie rannte hinüber in die Wohnung ihrer Nachbarn, doch es war bereits zu spät: „Sie lösten sich einfach in einem grellen Lichtblitz auf. Alle vier! Alles, was übrig blieb, war ein Haufen Asche.“
Doch diese Familie war bei weitem nicht die einzige, die der Homo-Ehe zum Opfer fiel. In ganz Frankreich kam es zu spontanen Familienzerstörungen. […]

Je mehr ich christliche Fundamentalisten und gemäßigte Religioten um den Begriff „Familie“ herumeiern sehe, desto intensiver frage ich mich, was das eigentlich sein soll; die Familie?

Um nicht die vielen alleinerziehenden Mütter auch verbal auszugrenzen (finanziell sind sie es ohnehin, weil ihnen keine Steuergelder via „Ehegattensplitting“ zu fließen), sprechen Linke den Satz „Familie ist da wo Kinder sind.“

Aber auch das erscheint mir viel zu kurz gegriffen.
Denn jeder ist das Kind von irgendjemand.
Verliert man diese erste automatische Familienanbindung, weil beispielsweise beide Eltern bei einem Autounfall sterben, rutscht das Kind üblicherweise zu einem Verwandten weiter – älterer Bruder, Tante oder Opa – und bildet eine neue engere Familie.
Und selbst im schlimmsten Fall, wenn das Kind zur Adoption „freigegeben“ wird, bilden sich automatisch neue Familienbande zu den Co-Waisen oder den Adoptiveltern. Später sucht es sich Partner, bekommt vielleicht selbst Kinder.
Familien können auch nachwachsen und nur extrem wenige Menschen sind tatsächlich ganz ohne irgendeine familiäre Bindung.

Auch der kinderlose, hedonistische, sexuell breit agierende Klischee-Schwule, den ein schaudernder Ratzinger möglicherweise vor Augen hat, wird üblicherweise Eltern, Geschwister, Neffen, Cousins, Tanten und Opas haben.
Auch das ist selbstverständlich Familie.

Wissenschaftler finden übrigens eine höhere Wahrscheinlichkeit schwul zu sein, je mehr ältere Brüder man hat. Die genauen genetischen Ursachen sind nicht vollkommen geklärt, aber so macht Homosexualität auch evolutionär einen Sinn.
Wenn ein Elternpaar viele Kinder hat, muß der ererbte Acker möglicherweise in so kleine Teile aufgespalten werden, daß die Enkel kaum noch davon leben können. Sind schwule Onkel dabei entspannt sich die Lage, weil sie nicht durch eigene Kinder den Kampf um Ressourcen verschärfen und nach ihrem Tod ihren Erbteil wieder an ihre Neffen weitergeben. Das Prinzip funktioniert auch, wenn der jüngste Sohn Pastor wird – wobei schwul und Pastor sich offensichtlich nicht gerade einander ausschließt.

Auf die heutige Zeit übertragen bedeutet ein schwuler Onkel oder eine lesbische Tante ebenfalls einen großen Vorteil. Homosexuelle sind als „Dinks“ in der Regel wohlhabender und gebildeter. So können sie ihren Neffen und Nichten helfen – sowohl durch Zuneigung, als auch finanziell. Ein Kind mit Homo-Onkel/Tanten hat quasi Co-Eltern, die einen Vorteil gegenüber Kindern mit bloß normalen Eltern darstellen.
Dafür gibt es im Tierreich viele Beispiele. Eine Blässhenne hält sich für ihre großes Gelege gern ein paar weitere nicht sexuell aktive Blässhähne, die dann eifrig dabei helfen Futter für die Küken zu suchen. So überleben mehr Blässhühner.

Homosexualität fördert also Familien.

Der neue Papst ist aber ähnlich ewig gestrig wie der Alte und behauptet freundlich lächelnd das Gegenteil der Wahrheit.

Papst Franziskus hat sich wenig erfreut gezeigt über einen Vorstoß des römischen Bürgermeisters Ignazio Marino zugunsten der Homo-Ehe. Vor der in Rom tagenden weltweiten Bischofssynode zum Thema Familie hat sich der Papst am Samstagvormittag in einem kurzen Redebeitrag kritisch darüber geäußert, dass Marino am selben Tag mehrere schwule und lesbische Paare, die in anderen Ländern eine Ehe eingegangen sind, im römischen Rathaus amtlich registrieren wollte. […]  Mit welchen Worten der Papst das Vorpreschen des zur linken Partei der Demokraten gehörenden Bürgermeisters kommentierte, teilte der Vatikan zunächst nicht mit. Teilnehmer der Synode berichteten, Franziskus, der zugleich auch Bischof von Rom ist, habe seine Kritik unzweideutig zum Ausdruck gebracht.  Zuvor hatte bereits die italienische Bischofskonferenz CEI den Akt verurteilt. «Dass diese willkürliche Anmaßung gerade in diesen Tagen in Rom inszeniert wird, ist unannehmbar», heißt es in einer offiziellen Stellungnahme der CEI. […]

Kollege Schönborn, Bischof von Wien, denkt genauso, versucht sich aber dialektisch zu winden.

Zurück von der außerordentlichen Familiensynode in Rom hat Kardinal Christoph Schönborn den Medien am Montag einen thematischen Tunnelblick vorgeworfen. In einer Pressekonferenz in Wien kritisierte er den Fokus auf Wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Im Mittelpunkt sollte aus seiner Sicht aber der Rückgang des institutionellen Heiratens an sich stehen.
"Das große Thema dieser Synode war nicht die Homoehe, pardon", sagte der Wiener Erzbischof. "Das große Thema ist, dass überhaupt nicht geheiratet wird, und zwar weltweit." Stattdessen täten sich die Menschen zusammen und blieben beieinander […]

Hier gelangt ein Kirchenfürst endgültig ins schlimme Schwafelwasser.
Nein, man habe nichts gegen Schwule und wolle auch gar nichts dazu sagen, aber es ist schon irgendwie von Übel, wenn Menschen ohne kirchlichen Trauschein zusammen leben.
Geht es noch?

Der im Vergleich zu Schönborn noch liberale evangelische Chefbischof Schneider kann auch nicht sagen, was Familie ist und weswegen einige keine Familie sein sollen, obwohl sie es doch offensichtlich sind.
Wie seine Vorgängerin Käßmann tut Schneider etwas eigenartiges, wenn er nichts inhaltlich zum Thema beizutragen hat: Er gibt Interviews und breitet sich mit vielen nichtssagenden Waberworten à la Merkel aus.
So erschien der SPIEGEL gestern mit einem Interview des Chefs von 23 Millionen deutschen Christen und druckte drei Seiten lang Belanglosigkeiten ab.

SPIEGEL: Kaum etwas hat die Evangelische Kirche in Deutschland so umgetrieben wie die familienpolitische Orientierungshilfe, die in ihrer Amtszeit veröffentlicht worden ist. Viele ihrer Kirchenmitglieder haben das Papier so verstanden, als gebe die EKD die Institution der Ehe auf. Wie konnte es so weit kommen?

 Schneider: Natürlich wollten wir nie die Ehe aufgeben, das ist Unsinn. Richtig ist auch: Das Papier hat eine sozialpolitische Ausrichtung. Aber manche Kritik an dem Papier ist berechtigt. Die theologische Grundlegung ist zu kurz geraten – insbesondere mit Blick auf die Institution der Ehe.

SPIEGEL: Vielleicht lag ein Fehler auch darin, in die Kommission, die das Familienbild der EKD prägen soll, eine Soziologin zu berufen, die die Ehe schon als „Erblast im Geschlechterverhältnis“ bezeichnet hat. Besondere Euphorie für die klassische Familie ist da kaum zu erwarten.

Schneider: Es ist gut evangelisch, dass solche Kommissionen mit Menschen besetzt werden, die verschiedene Meinungen innerhalb unserer Kirche abbilden. Die in der Debatte um das Familienpapier angestoßenen Grundsatzfragen arbeiten wir derzeit mit der Kammer für Theologie auf.

SPIEGEL: Noch vor Kurzem hieß es, die EKD wolle auch ein Papier zur Sexualethik vorlegen. Was ist daraus geworden?

Schneider: Es gibt Vorarbeiten, aber noch kein fertiges Papier. Wir haben uns darauf verständigt, dass wir zunächst die Grundsatzarbeit zum Thema Familie abschließen, bevor wir uns mit Fragen der Sexualethik auseinandersetzen.

SPIEGEL: Hängen die Themen nicht miteinander zusammen?

 Schneider: Ja, aber das ist ein sehr komplexes Thema. Sexualität außerhalb der Ehe ist für manche eine heikle Frage. Und wir wollen auch Antworten finden etwa für Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen, für Transgender und Transsexuelle.
(DER SPIEGEL 20.10.14, s.38)


Im Ernst?
Wem ist damit geholfen?
Sex ist ein „kompliziertes Thema“ und eine „heikle Frage“?
Na gut, ich denke auch, daß Sex kompliziert sein KANN (außer für mich natürlich, da ich im strengen Zölibat lebe), aber ein Aspekt ist ganz einfach: Nämlich was dazu irgendwelche Geronten im Kleid denken.
Wen interessiert es ob die Kammer der Theologie dazu irgendwann ein neues Diskussionspapier entwirft?
Schämt sich Schneider gar nicht dafür mit solchen Nicht-Aussagen an die Öffentlichkeit zu gehen?

Ich kann einfach nicht verstehen worin die Relevanz der Definition einer „Ehe“ durch verschiedene Religioten besteht.
Sind wir nicht ein freiheitlicher Staat, in dem das jeder selbst entscheiden darf?
Die sogenannte „klassische Ehe“ bedeutete über viele Jahrhunderte vor allem Unfreiheit.
Die Väter unseres Grundgesetzes, auf dessen Art. 6 sich nun die Ehebewahrer so vehement beziehen, sahen auch noch vor, daß eine Ehefrau die Erlaubnis ihres Mannes brauchte, wenn sie einem Beruf nachgeht.
Daß sie straffrei in der Ehe vergewaltigt werden durfte und daß man seine Kinder schlug – mit großer Verve von den christlichen Kirchen an Hunderttausenden Heimkindern vorgemacht.
Kinder wurden übrigens zu Heimkindern und damit grausamster physischer und psychischer und oft auch sexueller Qualen ausgesetzt, wenn sie „Bastarde“, also unehelich waren. Dieses hunderttausendfache Megaverbrechen war Folge der starren Normen der klassischen Ehe, nach der sich Herr Ratzinger so sehnt.

Natürlich „hält“ die klassische Ehe länger, wenn einer der Ehepartner weitgehend entrechtet ist, sozial geächtet wird, wenn er sich der Ehe entzieht und auch finanziell ins Bodenlose fällt.
Erst der mühsame Kampf für die Anerkennung von Heimkindern als echte Menschen und Ex-Ehefrauen, die sich ihrer Ehe entzogen, machte es möglich, daß man überhaupt Alternativen zur de facto Zwangsehe hatte. Man denke an all die Menschen, die Hals über Kopf in eine unglückliche Ehe gezwungen wurden, weil sie einmal beim Umgang mit Empfängnisverhütung patzten.

Es muß endlich Schluß damit sein Scheidungen als großes Unglück oder als Scheitern anzusehen.
Mal ganz angesehen von der erbärmlichen katholischen Definition als Todsünde.
(Verstoß gegen des Heilige Sakrament der Ehe)
Die Möglichkeit zur Scheidung ist generell etwas sehr Gutes.
Meine Eltern blieben bis zu ihrem Lebensende engste Freunde und Vertraute. Das gelang in ihrem Fall sicher nur deswegen, weil sie sich 40 Jahre zuvor scheiden ließen. Natürlich ist das kein typischer Fall, aber es gibt mehr und mehr Familienkonstellationen, in denen große Harmonie mit Ex-Ehepartnern herrscht.
Die „klassische Ehe“ von Herrn Lucke und Herrn Ratzinger ist weder schlechter noch besser als alle anderen Formen des Zusammenlebens oder Nichtzusammenlebens.
Erst wenn man als Mutter die echte Option hat den Mann zu verlassen und nicht angefeindet eine lesbische Beziehung einzugehen, kann man von „glücklicher Familie“ sprechen.
Das Zusammenleben zwischen Menschen ist schon aus soziologischen und psychologischen Gründen extrem heikel. Daher wählen inzwischen auch viele ganz bewußt die Option eines nicht sexuellen Lebens, oder noch weit häufiger, die Option eines Lebens in einem Singlehaushalt mit nicht näher definierten sexuellen Aktivitäten.
Was wir dabei überhaupt nicht brauchen, sind staatlich und kirchlich vorgegebene Gerüste und Leitbilder, nach denen Ehen immer möglichst hetero, möglichst monogam und vor allem möglichst langlebig sein müssen.
Es ist ja schön, wenn jemand 70 Jahre glücklich mit einem Partner zusammen ist.
Deswegen ist es aber kein Jota weniger wertvoll, wenn man in 70 Jahren vier Ehen hatte.
Oder aber eine Phase mit täglichen Onenightstands und weiteren zehn Jahren in einer Dreierbeziehung.
Das sollen doch bitte die Menschen selbst entscheiden, wie es ihnen am liebsten ist.
Zum Glück ist das „gemeine Volk“ ohnehin weiter, als CDU-Familienpolitiker und AfD-Prinzessinnen.

Die Tendenz ist seit Jahren eindeutig: Auch in Deutschland verliert das gerne als klassische Familie gekennzeichnete Lebensmodell an Popularität. Nur 49 Prozent der Bürger leben laut der aktuellen Umfrage des Statistischen Bundesamts heute noch in einer Familie mit Kindern. 1996 waren es noch 57 Prozent. Diese Zahlen ergeben sich aus dem Mikrozensus 2013, der größten jährlichen Haushaltsbefragung in Deutschland und in Europa. […] Waren 1996 nach Darstellung der Statistiker noch 81 Prozent der insgesamt knapp 8,1 Millionen Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind Ehepaare, so sind es 2013 nur noch 70 Prozent.
Über die kommenden Jahre wird es nun interessant sein zu beobachten, ob und wie sich beispielsweise der wachsende Anteil der alleinerziehenden Mütter und Väter (1996: 14 Prozent, 2013: 20 Prozent) oder nicht-ehelicher oder gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften (1996: fünf Prozent, 2013: zehn Prozent) auf die Gesellschaft auswirken wird. […]  Berlin ist übrigens eine Art Hauptstadt der Alleinerziehenden: Dort sind knapp ein Drittel (32Prozent) der Familien Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern. In Baden-Württemberg gilt dies nur für rund jede sechste Familie (16 Prozent).
[…] Nach Auffassung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) lehnen derzeit 35 Prozent der Deutschen zwischen 20 und 39 Jahren die Ehe als überholte Einrichtung ab. […]
(Martin Zips, SZ vom 21.10.2014)

Gute Entwicklung.
Was Herr Schneiders Ehepapier dazu eines Tages sagen wird, ist irrelevant.

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