Freitag, 7. März 2014

Harte Schale, weicher Keks.


Nach all den Jahren Internetdiskussionen über Kirche und Religion, bin ich es gewöhnt mit Tiefgläubigen und schweren Religioten umzugehen.

Nach so langer Zeit kristallisieren sich durchaus Unterschiede der Religiotie in verschiedenen Ländern heraus.
So kenne ich aus Amerika einen Typ Christ, der zwar felsenfest von seinem „We do things right“ überzeugt ist und sich entsprechend intensiv in seiner Kirchengemeinde engagiert, sogar regelmäßig mehr an die Kirche spendet, als er es sich eigentlich erlauben kann und dennoch völlig tolerant gegenüber anderen Konfessionen, Glaubensbekenntnissen oder eben Atheisten auftritt.
Dieser Typ Religiot nimmt zwar die Regeln seiner Kirche ungeheuer ernst und leidet regelrecht, wenn er sich in Detailfragen nicht genau an die Anweisungen des priests halten kann, aber er bleibt stets freundlich, hilfsbereit und sogar selbstironisch.
Amerikaner können ja sehr witzig sein und man muß es bewundern wie sie soziale Hilfe privat praktizieren – ohne, daß ihnen automatisch Kirchensteuer abgezogen wird.

Diese Kaste der selbstüberzeugten sozialen Christen, die gegenüber Nichtgläubigen nie unangenehm auffallen, scheint in Deutschland fast nicht zu existieren.
Entweder es handelt sich um bösartige religiotische Fanatiker (die es in den USA natürlich auch massenhaft gibt), oder aber sie sind deswegen tolerant gegenüber Ungläubigen/Schwulen/Moslems/… weil sie selbst nur Karteileichen ihrer Kirche sind. Sie gehen zwar Weihnachten zum Gottesdienst, bezahlen brav die „Kirchensteuern“ und geben ihre Brut gern in kirchliche Kindergärten, aber in Wahrheit nehmen sie die Pfaffen gar nicht mehr richtig ernst.

Ich vermute diese Unterschiede zwischen Deutschland und den USA bestehen deswegen, weil das Christentum mit gerade mal zwei Konfessionen in Europa über Jahrhunderte Monopolist war.
In Amerika gibt es viel mehr verschiedene Kirchen, die auch weniger zentral organisiert sind.
Konfessionshopping ist völlig normal. Wenn einem die presbyterianische Kirche zwei Straßen weiter besser gefällt, als die Methodistenkirche, bei der man bisher immer betete, geht man eben zu dem Pfaff und schließt sich seiner Gemeinde an. In Deutschland ist es schwierig zu konvertieren und ohnehin unüblich.

In der Praxis bedeutet dieses starrere Konfessionsmodell in Europa, daß die Kirchen kaum untereinander in Konkurrenz treten.
Wenn ein Pfaff wie eine Klinikpackung Valium predigt, Messdienerchen anfasst oder sonst irgendwie negativ in Erscheinung tritt, entfremdet sich der Gläubige von ihm und geht in die innere Emigration.
Er zahlt zwar in der Regel weiterhin, kümmert sich aber einfach nicht um das Gemeindeleben.
Die Pfaffen sind nicht nur ohnehin so selten, daß sich beide deutschen Großkirchen gar nicht leisten könnten bei ihrer Anstellung wählerisch zu sein, sondern sie leben auch noch mit tumben lebenslang-Gemeindemitgliedern.
Sie schmoren in ihrem eigenen Saft und interessieren sich gar nicht dafür wie die Kollegen der anderen Kirchen ihre Predigten gestalten.

Die wirklich überzeugten Evangelischen in Deutschland haben es auch so leicht.

Sie sind ohnehin in allen Gremien vertreten, bekommen jede Menge kostenlose Sendezeit im überregionalen Fernsehen, sind in der Politik extrem überrepräsentiert und werden zudem auch noch vom Steuerzahler jedes Jahr mit vielen Milliarden Euro überhäuft.
In dieser extrem privilegierten Situation muß man auch nicht selbst besser werden, muß sich nicht um das Wohl seiner Kunden kümmern. Selbstbeweihräucherung ist völlig ausreichend.
 Konkurrenzlosigkeit schläfert das Geschäft ein.
Während sich die Topp-Protestanten rund um die Uhr gegenseitig großartig finden, wundern sie sich, daß in ihrem Laden in Wahrheit nichts mehr los ist und die Ratten das sinkenden Schiff EKD schneller verlassen als den Pädo-Kahn der RKK.

Die frommen Frauen  der Evangelischen Kirche rätseln.
Dieser besondere Typus Mensch mit den „lila Genen“. Also die leicht aus der Zeit gefallenden, Porzellanmalerei betreibenden, Fingerherz-formenden, intellektuell mittelschwer behinderten,  Bernsteinschmuck-tragenden Profi-Synodalen.

Petra Bahr, Kathrin Göring-Kirchentag und Margot Käßmann haben große Fangemeinden und werden von ihresgleichen stets umjubelt.
Ihre Bücher verkaufen sich gut und bei den TV-Plapperrunden-Redakteuren sind sie auf Kurzwahl gespeichert.
Daß auch ihnen die Schäfchen weglaufen, können sie nicht verstehen.
Bei ihnen gehen die Uhren anders.
Sie treffen einfach nicht mehr den Nerv der Zeit.
Sie mischen sich zwar intensiv und im höchsten Maße rechthaberisch in aktuelle Diskussionen (Sterbehilfe, Pflegekatastrophe,..) ein, aber dabei bewegen sie sich vorzugsweise unter ihresgleichen.
Kirchentage und Synoden, ihre Kirchengemeinden und frömmelnden Freunde halten sie für repräsentativ.
Eine Mehrheit der Menschen schreckt ihre debil-naive Sprache allerdings ab.
Und wer nach ernsthaften Inhalten, nach Antworten sucht, ist ohnehin ganz falsch bei den Synodalen des 21.Jahrhunderts.

Gerade kommen neue Zahlen rein.

Von Generation zu Generation verliert die evangelische Kirche an Bedeutung – selbst bei den eigenen Mitgliedern. Wie aus einer am Donnerstag in Berlin vorgestellten Untersuchung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hervorgeht, sinkt nicht nur die Zahl der Kirchenmitglieder kontinuierlich. Es wächst auch die Gruppe derjenigen Menschen, die zwar der Kirche angehören, sich ihr aber kaum oder gar nicht verbunden fühlen.
Nach den Ergebnissen der 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung fühlen sich 32 Prozent der Protestanten in Deutschland der Kirche allenfalls sehr schwach verbunden. 15 Prozent gaben an, der evangelischen Kirche sehr verbunden zu sein. Bei der Mitgliedschaftsuntersuchung von 1992 hatten sich lediglich 27 Prozent als kaum oder gar nicht verbunden eingeschätzt. [….]
Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider äußerte sich bei der Vorstellung der Ergebnisse besorgt: "Wir müssen ganz nüchtern konstatieren, dass es eine zunehmende Indifferenz bei Kirchenmitgliedern gibt." Das müsse Anlass sein, sich ernsthaft mit der Situation auseinanderzusetzen.
[….] Als Grund für das Wachsen der Gruppe der kirchenfernen Mitglieder nennt die Studie, dass eine religiöse Erziehung auch in protestantischen Familien nicht mehr die Regel ist. Von den Evangelischen ab 60 Jahren wurden nach eigenen Angaben etwa 83 Prozent religiös erzogen.
Von den Kirchenmitgliedern unter 30 Jahren sagen das nur noch 55 Prozent. "Religiöse Sozialisation erfolgt in der Familie. Doch die Weitergabe des Glaubens von Generation zu Generation ist keine Selbstverständlichkeit mehr", sagte Gerhard Wegner, Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD.
[….] Ende 2012 gehörten 23,4 Millionen Menschen den evangelischen Landeskirchen an. 24,3 Millionen Einwohner waren Katholiken. Fünf Jahre zuvor waren noch 24,8 Millionen Mitglied der evangelischen, 25,5 Millionen der römisch-katholischen Kirche.

Ich bin begeistert.
Die Topkleriker kommen also gar nicht auf die Idee die Fragwürdigkeit ihrer sadistischen Lehren, ihre Bigotterie, die Raffgier und die Weltfremdheit, bzw die intellektuelle Unterentwicklung ihrer Führungsfiguren als Ursache des Mitgliederschwunds in Betracht zu ziehen.
Zusammengefasst: Glaubwürdigkeit fehlt!

Stattdessen wird beklagt, daß nicht mehr genügend Kinder braingewashed werden.

Für Atheisten sind das großartige Nachrichten.
Es besteht keinerlei Gefahr, daß evangelischen Kirchen demnächst attraktiver werden könnten und nicht mehr Hunderttausende jedes Jahr aus ihren Reihen treiben.
Aber auch der fromme Franzi-Fan und überzeugte Katholik Matthias Drobinski, der für die SZ alles Kirchliche beackert, kann sich leise Häme zwischen den Zeilen nicht verkneifen. Da brüskiert seine RKK die Welt mit Müller, TVE und Kinderfickern auf der ganzen Welt und dennoch rennen den lahmen Protestanten die Mitglieder noch schneller weg. Ätsch.

Alle zehn Jahre befragt die evangelische Kirche ihre Mitglieder, und die haben zum Dank diese Kirche um einige Selbsttäuschungen ärmer gemacht. Die Leute, so hatten die Kirchenvertreter immer gesagt, mögen der Institution fernstehen – aber sie bleiben ihr in dieser Distanz treu verbunden. Stimmt nicht, sagt nun die Studie: Es wächst die Zahl der Gleichgültigen, denen es egal ist, ob sie Kirchenmitglied bleiben oder nicht. Die nächste Legende: Wer aus der Kirche austritt, bleibt dennoch ein Sinnsucher, der Ja sagt zu Jesus und Nein zur Kirchensteuer. Doch wer gegangen ist, sucht meist nichts mehr jenseits der weltlichen Verheißungen von Glück, Gesundheit, Wohlstand.
Die mittlerweile fünfte Mitgliederstudie der evangelischen Kirche offenbart, welch dramatischer Traditionsabbruch in Deutschland gerade geschieht, wie grundlegend sich die religiöse Landschaft der Republik wandelt – die katholischen Milieus mögen stabiler sein, aber auch dort gehen die Prozesse nicht grundsätzlich anders. Von Generation zu Generation beten immer weniger Eltern mit ihren Kindern, feiern jenseits von Weihnachten Kirchenfeste, lesen mit ihnen in der Bibel. Es bleibt ein stabiler Kern überzeugter und bewusst engagierter Christen, eine positive Sozialauswahl von überdurchschnittlich lebenszufriedenen und hilfsbereiten Menschen. Es sind und bleiben einige Millionen, auch das gehört zu den Ergebnissen der Befragung. Insgesamt aber ist das Christentum in Deutschland auf dem Weg in die Minderheit. […]

GOTT sei Dank.