Samstag, 5. April 2014

Der deutsche Michel verdummt.



Das innenpolitische Grundübel dieser Jahre, beschreibe ich immer wieder:
Merkel entzieht sich dem Diskurs, hält jede Zumutung vom Wähler fern, geht dadurch unverantwortlich fahrlässig mit der Zukunft der Menschen um und wird dafür belohnt vom Wähler.
Heute war CDU-Europawahlparteitag.  Auch das wurde unter der Regie der Kanzlerin mal wieder eine so unterbelichtete Veranstaltung, daß die Parteiführung dafür ausgepeitscht gehörte.
Es ist ein demokratiezerstörendes Armutszeugnis jede inhaltliche Diskussion von der Gesellschaft fernzuhalten.
Thorsten Denkler findet dafür heute eine treffende Formulierung:

„Angela Merkel unterfordert jeden politisch denkenden Menschen.“

Diese systematische Unterforderung bleibt bedauerlicherweise nicht ohne Wirkung.
Es ist wie bei einem TV-Konsumenten, der nur SAT1- und RTL-Daily-Soaps guckt.
Nach einigen Jahren sind dann so viele Hirnzellen abgestorben, daß die geistige Leistung, welche erbracht werden muß, um eine hochqualitative Dramaserie mit intelligenten Dialogen und komplexen Handlungssträngen zu genießen, nicht mehr abrufbar ist.
Das deutsche Privatfernsehen hat die Zuschauer so nachhaltig in die Verdummung gesendet, daß sie „House of Cards“ oder die „Sopranos“ gar nicht mehr sehen wollen. Sie sind auf „Unter Uns“ und „Rote Rosen“ geprägt.

Annähernd eine Dekade IQ-Reduktionspolitik bleibt nicht ohne Folgen.
Der deutsche Michel ist ein Gewöhnungstier.
Wenn nun andere politische Kräfte mit Tatendrang und Plänen auf sich aufmerksam machen möchten, verschreckt das den Urnenpöbel. Um nichts in der Welt möchte er aus seiner selbstgewählten geistigen Lethargie gerissen werden.
Mitzudenken oder Konzeptionen abzuwägen, wird als dreiste Zumutung empfunden.

Auf der Wohlfühlinsel der Wellness-Kanzlerin
Angela Merkel unterfordert jeden politisch denkenden Menschen. Auch auf dem Europaparteitag der CDU geht ihr Konsens über alles. Klare Haltungen vermeidet sie wo es geht. Das Dumme ist: Sie hat damit Erfolg.
Es ist schon erstaunlich, mit wie wenig sich diese CDU zufrieden gibt. Zwei mittelmäßige Reden genügen und Peter Tauber wird mit über 97 Prozent zum Generalsekretär und David McAllister mit mehr als 98 Prozent in das CDU-Präsidium gewählt. […]  Es ist Angela Merkel, die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende, die es seit Jahren genau so vormacht. Ihre Rede vor den Delegierten in der Messehalle 20 ist eine Blaupause dafür: Nahezu frei von Inhalten frühstückt Merkel Allgemeinplatz um Allgemeinplatz ab.
[…]  Merkel positioniert sich nur da, wo sie sicher sein kann, dass es einen großen Konsens gibt. Das Recht des Stärkeren darf nicht über dem Recht stehen, sagt sie etwa. Merkel meint Putins Annektierung der Krim. Der Satz ist so wahr, dass er in Stein gemeißelt werden könnte.
Aber wie weit würde sie gehen, um diesen Satz zu verteidigen? Was gedenkt sie konkret gegen Russland zu unternehmen? Oder hat sie die Annektierung nicht längst akzeptiert, hingenommen wie einen Platzregen mitten im Sommer?
Merkel hütet sich, eine eigene Haltung zu komplizierten Fragen einzunehmen. […]  Auch ihr Umgang mit Jean-Claude Juncker spricht Bände. Der ist Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie in Europa, also auch der CDU. Juncker will Präsident der EU-Kommission werden. Er hat das auf dem Parteitag in einer eindrucksvollen Rede nochmal unterstrichen.
Von Merkel kommt kein Satz dazu. Warum? Eine Festlegung auf Juncker birgt die Gefahr, dass seine mögliche Niederlage am Ende ihr zugeschrieben wird.
[…]  Die Wähler wollen Ruhe - Merkel gibt sie ihnen
Doch der Partei reicht das. Am Ende gibt es großen Applaus für praktisch nichts. Hauptsache Merkel sitzt im Kanzleramt. Einen Aufstand gibt es nicht. Gerade mal ein Redner hat sich deutlich gegen die Rente mit 63 gestellt. Einer. Eine nennenswerte innerparteiliche Opposition gegen Merkel ist nicht existent. […]  

Eine derart ins Koma regierte Wählerschaft färbt auch auf die Klasse der politischen Journalisten ab.
Mit den Jahren sind ihre Zähne komplett abgeschliffen.
Mit müdem Wohlwollen wird die Nicht-Politik der Kanzlerin bedacht, während man sich das pingelige Kritisieren ausschließlich für Rote und Grüne aufspart.

In einem politisch-apathischen Klima mit Gefälligkeitsjournalismus kann es dann zu unerträgliche BLÖDEN Nazivergleichen des Bundesfinanzministers kommen, die ernsthafte diplomatische Spannungen auslösen, die Schäuble anschließend mit der Feststellung vom Tisch wischt, er sei nicht blöd.

Schäuble sieht sich wegen der Äußerungen zu Unrecht am Pranger. Er habe niemanden mit Adolf Hitler verglichen, sagte er in der ARD-Sendung "Beckmann". "Ich bin doch nicht so blöd, dass ich Hitler mit jemandem vergleiche."

DOCH Schäuble, genau das ist das Problem! Du bist so blöd! Es ist ja auch nicht Dein erster Hitlervergleich. Du bist so blöd, daß Du auch noch ein Wiederholungstäter bist.

Hätten wir eine einigermaßen funktionierende Presse, würde sie jetzt nicht locker lassen und Schäuble hart kritisieren.
Aber NICHTS. Im Gegenteil. Devot nimmt es ein Großteil der Presse hin, daß Schäuble ihnen dummdreist auch noch den Schwarzen Peter zuschiebt.

Der Fehler [sei] nicht bei ihm zu suchen, sondern bei den Medien, die ihn verkürzt und deshalb falsch dargestellt hätten: „Deswegen finde ich, dass diese Art von medialer Aufregung unerträglich ist. Denn sie zerstört jede Spontaneität von Unterhaltung.“ Hätte er einen Fehler gemacht – auch er sage mal was Falsches – dann würde er sich auch entschuldigen. Aber das sei in dem Fall nicht nötig.

Wie BLÖD sind eigentlich Wähler und Medien, daß sie so mit sich umgehen lassen und dann einen solchen Politiker für einen der fünf Besten halten.
Schäuble, der auch noch seine eigentliche Arbeit verweigert – Mehrwertsteuerreform oder eine generelle Einkommenssteuerreform, die endlich Schluß damit macht, daß Einkommen aus Erwerbstätigkeit doppelt hoch besteuert wird, wie Zins- und Kapitalerträge, die man fürs Nichtstun erhält – fasst Schäuble nicht an.

Es gibt natürlich einige Journalisten, die nicht auf den Kopf gefallen sind und Dinge beschreiben wie sie sind.

Dem Minister kam es dabei nicht etwa in den Sinn, Fehler einzuräumen. Er schimpfte vielmehr über die Medien, weil die ihn unvollständig zitiert hätten.
[…] Der Minister hat Hitler und Putin praktisch in einem Atemzug genannt – und damit selbstverständlich eine Parallele gezogen.
Dass es nun Ärger gibt bis nach Moskau, schiebt er dennoch den Medien in die Schuhe. Wieder einmal, muss man sagen, denn es ist schon mehrfach vorgekommen, dass Schäuble etwas sagte, was er anschließend so nicht gesagt haben wollte. Immerhin ahnt man diesmal, warum es ihm offenkundig so schwerfällt einzuräumen, mit einer Formulierung einmal danebengelegen zu haben: Es passt nicht zu seinem Selbstbild. […]
(SZ vom 05.04.2014)

Schäuble ist aber offenbar zu blöd, um zu begreifen was er angerichtet hat.
Daher noch einmal zum Mitschreiben die Analyse eines Historikers:

Damals Hitler, heute Putin? Die Analogie ist historisch falsch – und trifft den russischen Präsidenten sehr persönlich. [….]
Betrachtet man diese historische Situation, erschöpfen sich die Parallelen zwischen der Sudeten- und der aktuellen Krimkrise schnell. Erstere war das Vorspiel eines geplanten Kriegs und der Auftakt zum Zweiten Weltkrieg. Die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation ist dagegen die Folge des Scheiterns der politisch-ökonomischen Einfluss-Strategie Moskaus in der Ukraine. Russland hat ein ziemlich autoritäres Regime, aber es ist keine totalitäre Diktatur – man stelle sich Massendemonstrationen, wie es sie in Moskau gab, im Hitler-Staat vor. [….] Und wenn der Vergleich nun einmal in der Welt ist, muss man wohl auch noch die Persönlichkeiten Putin und Hitler nebeneinander stellen: Putin ist ein rücksichtslos, aber letztlich rational agierender Revisionspolitiker, der etwas von der verlorenen Macht Moskaus zurückgewinnen möchte; Hitler war ein von einer irrationalen Ideologie getriebener Welteroberer und Massenmörder. Man kann die Revisionspolitik Putins für falsch und gefährlich halten, man sollte aber doch zwischen Putin und Hitler unterscheiden können – nicht zuletzt, um in der gegenwärtigen Spannungssituation keine verfehlten Schlüsse zu ziehen.
Und man sollte sich bewusst sein, dass NS-Vergleiche nicht im erfahrungsfreien Raum stattfinden. Wladimir Putin stammt aus Leningrad, der Stadt, die Hitler von 1941 bis 1944 totzuhungern versuchte. Eine Million Bewohner fielen dem zum Opfer. Anlässlich des 70. Jahrestages des Endes der Blockade am 27. Januar 2014 hat der 95-jährige russische Kriegsveteran und Schriftsteller Daniil Granin im Deutschen Bundestag die Erfahrung der Blockade eindrucksvoll beschrieben. Wie Granin hat auch Putins Vater an der Leningrader Front gekämpft. Seine Mutter war eine „Blokadniza“. Sie hat in Leningrad überlebt, nicht aber ihr kleiner Sohn Viktor, Putins großer Bruder, den er nie gesehen hat. Er starb als Kleinkind 1942 an Diphtherie und ist zusammen mit einer halben Million anderer Blockade-Opfer auf dem Piskarjowskoje-Friedhof beerdigt. Auch für eingefleischte Putin-Nichtversteher sollte nachvollziehbar sein, dass der Hitler-Vergleich unter diesen Voraussetzungen besonders kränkend ist. [….]
(Prof Jürgen Zarusky via SZ vom 05.04.2014)

Das alles weiß Schäuble entweder nicht, oder hat es nicht bedacht.
Echt blöd.

Alte Junge



Blogger kritisieren.
Und das ist auch gut so.
Schließlich erlebt man immer wieder Situationen, bei denen die herkömmliche VERöffentlichte Meinung aus Print und Fernsehen eine einseitige Sicht vertritt.
Das war beispielsweise 2001/2002/2003 so, als SPIEGEL, STERN, FAZ und WELT ununterscheidbar voneinander eine klar antisozialstaatliche Politik herbeizuschreiben versuchten und das Lied des Neoliberalismus sangen.
Einen ähnlichen Gleichklang erleben wir jetzt in der Verdammung Wladimir Putins. Das funktionierte lange Zeit auch auf Landesebene im Hinblick auf Olympiaden und Weltmeisterschaften. Wann immer sich eine Stadt dafür bewarb so ein Megaereignis auszurichten, waren alle Lokaljournalisten Feuer und Flamme, bejubelten diese Pläne. Daß jemand gegen Olympia in der eigenen Stadt sein kann, wird erst seit kurzer Zeit von der „normalen“ Presse registriert.

Da ist es angebracht in der Bloggossphäre auch andere Meinungen zu vernehmen. Es läuft so gewaltig viel schief in der Politik, daß man wahrlich genug Grund hat zu kritisieren.

Andererseits ist Kritisieren immer viel leichter als eine konstruktive Lösung vorzuschlagen. Wer nicht im Amt ist, hat es leicht dem Amtsträger Vorwürfe zu machen. Blogger neigen dazu wünschbare Dinge als Zielvorgaben zu formulieren, die aber in der Realität nicht passieren werden.

Das bedingungslose Grundeinkommen als Alternative zu Hartz IV vorzuschlagen, ist eine schöne Idee. Meiner Ansicht nach, sogar eine richtige Idee.
Aber damit das Thema als abgeschlossen zu behandeln ist lächerlich, weil es so ein Gesetz in absehbarer Zeit nun einmal nicht geben wird.
Dafür gibt es keine Mehrheiten und die sind auch nicht ansatzweise in Aussicht.

Ich versuche also demonstrativ immer wieder mit dem was wir nun mal haben und was auch machbar ist zu arbeiten.
Welche Regierung ist die bestmögliche, wenn man dafür die Abgeordneten zur Verfügung hat, die nun einmal jetzt im Bundestag sitzen.
Darauf zu beharren, daß man die alle nicht mag und lieber eine Piraten- und PBC-Mannschaft im Kabinett sehe, ist eine extrem ärgerliche Realitätsverleugnung.

Politik besteht nun einmal nicht nur aus Programmatik und Ideen, sondern wird wesentlich von den handelnden Personen geprägt.

Deswegen war es auch hochgradig unehrlich von Sigmar Gabriel die SPD-Basis über die Koalition abstimmen zu lassen BEVOR ein einziger Ministername genannt wurde. Es kommt eben NICHT auf die Inhalte an, wie die Parteispitze behauptete – wider besseren Wissens. Denn wenn es tatsächlich nur um Inhalte ginge, hätte sie ja auch die dazu gehörigen Ministerkandidaten nennen können. Aber sie befürchtete natürlich, das könnte den Anteil der Ja-Stimmen erheblich schrumpfen lassen.

Ich kann mir keinen idealen Kanzlerkandidaten backen. Ich habe auch nicht die freie Wahl wer in Hamburg Bürgermeister werden könnte.
Ich kann nur mit den Legosteinchen spielen, die vor mir liegen.

Dies vorausgesetzt lobe ich immer wieder einzelne Politiker, da ich allgemeines Politikerbashing („die lügen doch alle“…) für fahrlässig und dumm halte.
Tatsächlich gibt es auch allerlei Menschen in den wichtigen Parteien, über die man allerlei Lobendes sagen kann. Und das tue ich dann auch. Immer mal wieder hebe ich einzelne Politiker verschiedener Generationen und verschiedener Parteien lobend hervor.

Egon Bahr, Helmut Schmidt, Hildegard Hamm-Brücher, Henning Voscherau, Jürgen Trittin, Joscha Fischer, Gregor Gysi, Jan van Aken, Heiko Maas, Gerd Schröder, Ingrid Matthäus-Maier, Peter Struck, Peer Steinbrück, etc. Es gibt also auch GUTE!

Sollte ich aber in zwei Worten zusammenfassen was wirklich sehr schlecht in der Politik ist, könnte ich es so ausdrücken:

Philipp Mißfelder!

Mißfelder, seit 12 Jahren JU-Vorsitzender, ist der Prototyp des Apparatschicks, der noch nie in seinem Leben irgendetwas anderes getan hat, als CDU-Parteifunktionären in den Hintern zu kriechen und jüngere CDU’ler in seinem Hintern kriechend genoss.

Es sind besondere Typen, die es in die CDU-Ochsentour zieht.

Wenn ein junger politischer Kopf nicht von diesem sozialdemokratischen Änderungs- und Gerechtigkeitsdrang erfüllt ist, sondern eigentlich gar keine Visionen hat, weil ihm das konzeptionelle Denken schwerfällt, wenn der Satus Quo und die Ablehnung alles Neuen/Fremden/Bunten sein Trachten bestimmt, geht er in die CDU.
Das ist eine völlig andere Parteikultur.
Jeder, der das Glück hatte in seiner Schulzeit aktive JU’ler zu beobachten, weiß wie sich diese schon in ihrer Kleidung und ihrem Habitus frühestmöglich an die Erwachsenen und die bestehenden Verhältnisse anpassen.
Wer in JU oder RCDS organisiert ist, fällt durch Anpassung auf.
So geht das immer weiter.
Auch ein politisch Desinteressierter, der eine Bundestagsdebatte auf Phoenix ohne Ton verfolgt, kann oft sofort erraten zu welcher Partei ein Redner gehört.
Die typischen CDU-Gestalten wie von Klaeden, Altmaier, Kauder, Gröhe, Mappus, Wulff, Koch, Bouffier, Kohl, Schavan oder Merkel sind eben phänotypisch in der SPD-Fraktion kaum vorhanden.
Solche Typen meckern nicht, sondern nicken ab.
Sie ballen die Faust nur in der Tasche und wagen niemals Widerspruch gegen ihre eigene Führung. Kanzlerwahlverein, Programm und Politik irrelevant.
„Jung, männlich, dröge“ nennt denn auch Niko Fried den Jungen (jünger als 44) in der CDU, die etwas grummeln ob des vagen und zukunftsgefährdenden Koalitionsvertrages.

Wenn in der SPD der Nachwuchs aufbegehrt, dann streitet er mit dem Parteichef über die große Koalition. Wenn in der CDU der Nachwuchs aufbegehrt, dann schreibt er ein Papier. [….] Die jungen Unionisten wollen 2017 irgendwas. Man muss den Juso-Enthusiasmus für eine linke Mehrheit nicht teilen. Aber er kommt wenigstens nicht so dröge daher wie das CDU-Papier. Keiner der 54 Erstunterzeichner einer Erklärung junger CDU-Politiker (unter ihnen nur vier Frauen) ist älter als 44. Umso frappierender ist es, dass sie mit einem Koalitionsvertrag nicht schärfer ins Gericht gehen, der jener Generation, die sie vertreten wollen, gewaltige zusätzliche Lasten auferlegt. Da wird gegen die abschlagsfreie Rente mit 63 gemosert, weil sie von der SPD kommt. Aber kein offenes Wort dazu, dass allein die Kosten für die von der Union gewollte Mütterrente höher liegen als der geplante Aufwuchs für Ausgaben in Bildung und Forschung. [….] Die Verdruckstheit dieses Papiers weckt den Verdacht, dass der entscheidende Satz nicht da zu finden ist, wo es um politische Inhalte geht. Sondern da, wo um Posten für die Jungen in Partei und Fraktion gebettelt wird.
(SZ 09.12.13)

Fried schrieb diese Zeilen VOR dem CDU-Parteitag, der heute zum Koalitionsvertrag zusammenkam.
Die 54 Verdrucksten sind allesamt eingeknickt. Ebenso die CDU-Mittelstandsvereinigung, die noch am Wochenende lautstark gegen das 185-Konvolut stritt.
Dem Vertrag wurde heute beim „kleinen Parteitag“ der CDU in Berlin zugestimmt. Es gab lediglich zwei Enthaltungen und keine einzige Nein-Stimme!

Die langweiligste Partei Deutschlands
Die CDU hat den Koalitionsvertrag ohne Gegenstimmen abgesegnet. Das ist kein gutes Zeichen. Unter Angela Merkel gleicht die größte Volkspartei einem Abnickverein, in dem Kontroversen nur in Maßen gewünscht sind.
[….] Die Jugend von heute ist sogar den Älteren zu brav.
Das glaubt man sofort, betrachtet man den christdemokratischen Nachwuchs. Der ist traditionell so rebellisch wie eine Teppichfliese. "Ich bedauere, dass wir den Rentenkompromiss eingegangen sind", sagte der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, an diesem Montag auf dem kleinen Parteitag. So klingen Kontroversen in der CDU. Am Ende wurde der Koalitionsvertrag natürlich abgenickt. [….] Klare Kritik, womöglich spontan und im öffentlichen Raum geäußert, ist der CDU weitgehend fremd. [….]  Immer dann, wenn das Mitmachen nicht mehr vollständig kontrollierbar ist, wird das Sicherheitsnetz aufgespannt. In Merkels sogenanntem Bürgerdialog wurden die Teilnehmer vorher in Workshops geschult. Im Wahlkampf waren Mitglieder und Unterstützer aufgerufen, am Regierungsprogramm mitzuschreiben. Verfasst wurde es dann doch wieder von den Spitzen und per Post an die Vorstandsmitglieder verschickt.

Schon Helmut Kohl hatte Diskussionen in seiner CDU wo immer möglich unterbunden.
Aber unter Merkel ist wird systematisch jeder Ansatz einer Meinungsverschiedenheit im Keim erstickt. Man ist dröge, lethargisch und widerspricht nie.
Ein Erfolgskonzept.
So mag es der Urnenpöbel und belohnt die CDU mit Rekordzustimmung!
In einem Land, in dem Duckmäusertum und Hasenherzigkeit so sehr zu Tugenden hochstilisiert werden, muß man sich nicht über die Regierungsmannschaft wundern, die wir haben und die wir mutmaßlich bekommen werden.

Mißfelder, 34, leicht untersetzt, schon im Anzug geboren, mit 14 in die JU eingetreten und schon als Student im Bundestag, hat nie einen Beruf gelernt, nie irgendwo anders als in der Politik Geld verdient.
Seinen Aufstieg verdankt er nicht Sachkompetenz, sondern ausschließlich seinen Vernetzungen und Verbindungen.
Er redet über HartzIV’ler und Rentner, die sich keine Hüft-OP leisten können.
Die Objekte seiner Redeschwalle hat er aber nie von Angesicht zu Angesicht kennengelernt. Ein Mißfelder ist in der echten Realität völlig hilflos.
Dennoch ist der fromme Katholik, verheiratet, zwei Kinder, der schon mit 28 in den Bundestag einzog über Parteistiftungen so gut mit der Außenwelt in Kontakt, daß er diversen dubiosen Tätigkeiten Einkünfte der Stufe 8, entsprechend jährlich 100.001 bis 150.000 Euro als Nebenverdienst einstreicht.

Zu Beginn der Großen Koalition wurde dieses Halbwesen, das nur aus Parteiapparat besteht zum Amerika-Beauftragten der Bundesregierung ernannt.
Das war ihm allerdings zu wenig. Von Merkel hätte er sich einen prestigeträchtigeren Posten für seine Sitzerei in den vielen CDU-Gremien erhofft.

Heute warf er den Job hin. Nicht aus Frust, sondern weil dieser Posten wenig als Sprungbrett für den weiteren Aufstieg taugt. Daß es einem wie ihn UM DIE SACHE, also die Beziehungen zu Amerika gehen könne (und das ist derzeit wahrlich kein uninteressantes Thema!!), wäre ein absurder Gedanke.
Er will weiter kommen. Und dazu wird er lieber erst mal Schatzmeister des mächtigen NRW-Landesverbandes. Denn Mißfelder muß bald den JU-Vorsitz aus Altersgründen abgeben. Dann braucht er unbedingt eine neue Hausmacht, um seinen Bundestagssitz abzusichern. Seiner Karriere hilft er also mehr, wenn er sich um den Bezirksvorsitz der Ruhr-CDU bemüht und nicht indem er zwischen Berlin und Washington hin und her jettet!

Wie stolz er auf das Amt war, konnte man bereits am ersten Tag nach seiner Berufung erkennen. Die größte deutsche Boulevard-Zeitung hatte ihn an diesem 30.Januar zum „Gewinner des Tages“ erklärt. Philipp Mißfelder schnitt die Meldung aus, fotografierte sie – und twitterte das Bild mit der Bemerkung: „Transatlantik-Koordinator: Eine spannende neue Aufgabe, die ich gerne übernehme!“ Die Bundesregierung hatte ihn am Vortag zu ihrem „Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit“ ernannt – zuständig für die Kontakte in die USA und nach Kanada. [….]
Der 34-Jährige hat eine selbst für Apparatschicks beeindruckende Funktionärskarriere hinter sich. […]  In der Partei gibt es in seiner Alterskohorte vermutlich niemanden, der über ein besseres Netzwerk verfügt. Böse Zungen in der Union sagen auch, es gebe keinen, der das Kungeln so gut beherrsche.
[…]  Warum der Rücktritt als US-Koordinator? Er sehe einen möglichen Interessenskonflikt zwischen den beiden Ämtern, sagt Mißfelder. In der vergangenen Woche hat er mehrere Gespräche mit Parteifreunden geführt, bei denen ihm offenbar klar wurde, dass sich die Ämter nicht gefahrlos gleichzeitig ausüben lassen. Was würde zum Beispiel passieren, wenn Mißfelder als Koordinator der Bundesregierung bei den Gesprächen über das Freihandelsabkommen mit den USA eine Position vertritt, die Thyssen hilft – und der Konzern zufällig später Geld an die CDU spendet? […]