Freitag, 11. Juli 2014

Zeit der Spindoktoren



Es ist immer noch spannend die Kommentare in der amerikanischen und deutschen Presse über den gestrigen Rauswurf des Berliner CIA-station-chiefs zu lesen.
Während Obama sich auf „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts“ zurückzieht, versuchen Journalisten und Parteipolitiker der Angelegenheit den richtigen Spin zu geben.

Während die (links)-liberale ZEIT sich über die Wirkungslosigkeit der Merkel-Aktion mokiert……

[….] Der Elefant NSA steht mitten in den bundesdeutschen Wohn- und Schlafzimmern, und niemand in der Bundesregierung will darüber reden.
Die NSA betreibt seit Jahrzehnten Horchposten in ganz Deutschland, sie hört Telefonate, Faxe, E-Mails, SMS und jede andere elektronische Kommunikation flächendeckend ab und deutsche Geheimdienste helfen ihr sogar noch dabei. Als Konsequenz wird ein CIA-Vertreter deswegen zur Ausreise aufgefordert. Ein Diplomat. Dabei sollten Hunderte NSA-Mitarbeiter des Landes verwiesen werden. Gibt es deswegen wenigstens wütende Telefonate? Oder sonst irgendeine Konsequenz?
Nein, im Gegenteil. Die Arbeit des dafür zuständigen parlamentarischen Untersuchungsausschusses wird von der Bundesregierung behindert, wo es nur geht. Den wichtigsten Zeugen will sie nicht ins Land lassen, die Akten liefert sie spät und stark geschwärzt.
[….] Die Ausweisung des für Geheimdienste zuständigen Botschaftsmitarbeiters ist angesichts der Größe des Skandals geradezu niedlich. [….] Die Bundesregierung klebt ein Pflaster auf die aufgeschürften Knie des Patienten. Dabei ist die Wunde ganz woanders. Offensichtlich hat die Regierung kein Interesse daran, dem Patienten zu helfen.[….]

…schreibt der ebenfalls (links)-liberale SPIEGEL voller Bewunderung über das harte Durchgreifen der Bundesregierung, das nun auch ganz Washington aufschrecke.

[…] Dass die Bundesregierung den obersten CIA-Vertreter in Berlin mit einem Rausschmiss erster Klasse bedenken würde, das war so in Washington nicht erwartet worden. Natürlich, man hatte auch ein solches Szenario durchgespielt. Doch würden die Deutschen das auch tatsächlich durchziehen?
Sie haben es getan. Sie haben den wichtigsten Verbündeten wie einen Paria-Staat behandelt: Iran, Nordkorea, diese Kategorie. Kalt erwischt. In der US-Hauptstadt herrscht am Donnerstag auf Regierungsebene eine geradezu unheimliche Stille, wenn die Rede auf den neuerlichen Stress mit Germany kommt. Die Amerikaner scheinen überrascht zu sein, perplex, verschnupft. Von allem ein bisschen was.
[…] Im Allgemeinen aber äußert sich der Ärger in Washington nicht unbedingt wegen der Tatsache, dass man in Deutschland spionieren lässt - eine Beschäftigung, die Angela Merkel als "Vergeudung von Kraft" definiert hat -, sondern weil man sich beim Spionieren hat erwischen lassen: Wenn man befreundete Nationen ausspioniert, heißt es, dann müsse man schon besonders auf der Hut sein. "Alle machen das. Aber wenn du das machst, dann musst du auch erfolgreich sein", zitiert der TV-Sender ABC den früheren CIA-Chef Michael Hayden. […] James Lewis vom Center for Strategic and International Studies (CSIS), einer Washingtoner Denkfabrik, sagt, im Falle des mutmaßlichen BND-Spitzels überwiege der politische Schaden den Ertrag. Doch generell gelte: "Ein gewisser Grad an Spionage gegen Deutschland ist gerechtfertigt." […]

In Wahrheit hat Merkel gehandelt wie eine echte Merkel – sie wendet sich mit besorgter Miene an die Weltöffentlichkeit, generiert größtmögliche Aufmerksamkeit und hinterlässt nur Verwirrung.
Sobald sich der Wortfetzennebel lichtet, dämmert es der Journaille langsam, daß sie mal wieder gar nichts gesagt hat.


Nach meinem Eindruck stimmt Sahra Wagenknechts Analyse, nach der die Ausweisung des US-Spions nur ein (geglücktes) Ablenkungsmanöver ist.

Wer weiterhin Snowden nicht anhören will, hunderte US-Spione im Land läßt und TTIP streng geheim awickelt, will in Wahrheit eben NICHTS gegen Amerika unternehmen und es klaglos akzeptieren, daß 80 Millionen Deutsche von unseren US-Freunden ausgeforscht werden.

"Die Reaktionen von Regierungsmitgliedern in der sogenannten Spionageaffäre haben von hilflos-naiver Rhetorik zu peinlicher Symbolpolitik gewechselt. Das Herausbitten des CIA-Vertreters mit Glaceehandschuhen ist nicht nur reine Kosmetik, sondern auch ein Ablenkungsmanöver der Bundesregierung", kommentiert Sahra Wagenknecht die Reaktionen der Bundesregierung auf die jüngsten Spionagevorwürfe  gegen US-Geheimdienste. Die Erste Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE weiter:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel will mit ihrem wirkungslosen Aktionismus in der sogenannten Spionageaffäre vom wirklichen Skandal ablenken: Die Bundesregierung sieht tatenlos zu, wie die US-Geheimdienste anhaltend mit Unterstützung der deutschen Geheimdienste massenhaft die Menschen in Deutschland ausspionieren und deren persönliche Daten speichern. Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung zu feige oder unwillig ist, Edward Snowden dazu in Deutschland zu befragen. Die Symbiose von US-amerikanischen und deutschen Geheimdiensten ist der Bundesregierung offensichtlich viel wichtiger als der Schutz der Bürgerrechte."

So deutlich drückt sich freilich kein einziger Politiker unserer famosen Koalition aus. Nicht auszudenken, wenn Russland auch nur 1% der US-amerikanischen Spionage-Dreistigkeit an den Tag läge. Dann gliche Berlin einem Hornissennest, das als Piñata verwendet würde.

Aber Merkel kommt offenbar schon wieder mit ihrer Nichtpolitik durch.
Sie hat sich Bellizisten-Opa Gauck geschnappt und fliegt erst mal für zwei Tage zum Fußball.


Sollen sich noch ein paar Comedians an am US-Spygate abarbeiten.
Merkel sitzt es aus und absorbiert bei der 90%-Fußballeinschaltquote die nationale Euphorie für ihre persönliche Beliebtheit. Ist ja auch so viel einfacher als die lästige Politik.


1 Kommentar:

  1. Man wird am Ring in der Nase herumgeführt und gleichzeitig unternimmt man nichts, was die USA verärgern würde. Die verhalten sich wie dressierte Tanzbären. Die Aufforderung zur Ausreise des Geheimdienstlers ist geradezu lächerlich. Dann kommt eben der Nächste. Blubb. Morgen empfängt man die guten Freunde wieder mit offenen Armen.

    Überboten wird die Peinlichkeit nur vom Verhalten Steinmeiers, der schon unterwürfigst bei den Amerikanern für die Erneuerung der Freundsachaft wirbt. Was für ein Arschkriecher...

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