Samstag, 30. April 2016

America first



Die liberalen Medien sind schuld an Trumps Aufstieg.
Das ist ausnahmsweise nicht nur das übliche Gejammere der ganz rechten GOPer, sondern auch die Klage seriöser Politikwissenschaftler und Medienbeobachter.
Die amerikanischen Journalisten hätten Trump längst inhaltlich stellen müssen und ihn knallhart auf seine ständigen Widersprüche festnageln sollen.
„Go after him“ heißt das im Medien-Englisch.

Stattdessen freuten sich die Sender und Zeitungen von links bis rechts über die Aufmerksamkeit und Quoten, die Trump ihnen bescherte.
In aller Ausführlichkeit wurde jede noch so sinnlose Tat von ihm weiterverbreitet, medial multipliziert.
Hunderte Reden, tausende Statements und über ein Dutzend offizielle Fernsehdebatten bestritt Trump ohne jemals konkret zu werden. Er muß sich noch nicht mal Mühe geben seine Unwissenheit zu kaschieren, sondern wirbelt mit Füllstanzen wie „and many more“, „and so many other things“ um sich, wenn es darum geht, was er eigentlich tun würde als Präsident.
Devot ließ sich die gesamte Journaille über ein halbes Jahr damit abspeisen, er werde später mal eine außenpolitische Rede halten.
Als seine außenpolitische Grundsatzrede im Washingtoner Mayflower-Hotel endlich, diese Woche gehalten wurde und sich als die erwartete Karikatur aus vollkommen undurchführbaren und paradoxen Absichten herausstellte, kümmerte es immer noch niemand.

Klar, im Ausland gibt es schon mal einen Journalisten, der wenigstens versucht aus Trumps wirren Hetzreden Konkretes abzuleiten.

So! Oder so! Oder anders!
[….] Trump wirft Obama vor, alte Verbündete verprellt zu haben und droht dann damit, die Nato-Partner der USA zu einem stärkeren finanziellen Engagement zu zwingen. Er sagt, er wolle "raus aus dem Business", anderen Staaten die Demokratie beizubringen, um ein paar Sätze später zu betonen, wie wichtig es sei, in der Welt "für die Erfolge der westlichen Zivilisation" zu werben. Er meint, Amerika müsse wieder "unberechenbarer" werden, aber verspricht den Freunden der USA, künftig wieder ein verlässlicher Partner zu sein.
Trump will das Verhältnis zu den Chinesen verbessern, aber auch einen Handelskrieg mit ihnen anfangen. Er ist gegen Interventionismus, und wirft Obama vor, dabei zuzuschauen, wie der "Islamische Staat" Christen abschlachte. Er beklagt, die USA hätten "jahrzehntelang in das Militär investiert, um Europa und Asien zu verteidigen" und spricht wenig später von der Notwendigkeit, "das Militär neu aufzubauen".[….][….]

Im Spektakel-Amerika des Jahres 2016 bedeuten aber massive Fehltritte und Lügen keine Konsequenzen mehr.
Immerhin in diesem Punkt hatte Trump recht: Er könnte vermutlich wirklich jemand auf der Straße in Manhattan erschießen, ohne daß es ihm schadete.

Teebeutlertum und flächendeckend verboulevardisierter Journalismus haben eine solche Wähler-Indolenz bewirkt, daß Skandale, verbale Ausfälle, größtdenkbare „insults“ ohne Konsequenzen bleiben.

Man wundert sich kaum noch, wenn konservative, fromme Parteifreunde übereinander herfallen.
So abartig Trump auch sein mag; sein Konkurrent Ted Cruz ist schlimmer und wird in weiten Teilen seiner eigenen Partei noch mehr gehasst, als die Beleidigungsmaschine Trump.

„Ich habe demokratische Freunde und republikanische Freunde. Ich komme mit fast jedem aus, aber ich habe niemals mit einem schlimmeren Hurensohn zusammengearbeitet.“
So redet der Republikaner und ehemalige Sprecher des amerikanischen Repräsentantenhauses, John Boehner, über den Republikaner und Präsidentschaftskandidaten Ted Cruz. Cruz sei „der leibhaftige Teufel“ („Lucifer in the flesh“), und für alle, die es bis dahin nicht verstanden hatten, fügte der 66-Jährige am Mittwoch in Kalifornien hinzu: „Nur über meine Leiche wird er Präsident werden.“

Ein interessantes Niveau, welches die moralischen, bibeltreuen Republikaner an den Tag legen.


Wie Donald Trump selbst sein Credo „Make America Great Again“ auslegt, kann man unter anderem in den „Panama Papers“ nachlesen.
Ein Großskandal. Der vor zehn oder 20 Jahren das sofortige Aus im Rennen um die US-Präsidentschaft bedeutet hätte.
Aber heute ist das egal.

[….] Der mögliche US-Präsidentschaftskandidat taucht in den Panama Papers auf. Er verdient Millionen mit einem Luxus-Hochhaus, in das sehr viel Geld aus Briefkastenfirmen fließt.
[….][….] Trump, vor allem wegen seiner Hochhäuser in Manhattan bekannt, entdeckte gerade Mittelamerika. Panama kannte er, weil er dort ein paar Jahre zuvor seinen Schönheitswettbewerb "Miss Universe" ausgerichtet hatte. Nun war die Zeit reif für ein größeres Projekt, also für ein Bauprojekt: Trump Ocean Club International Hotel and Tower, 70 Stockwerke, 500 Wohnungen, 370 Hotelzimmer. Ein Symbol des aufstrebenden Lateinamerika. [….] Trumps Verbindungen zu den Klienten Mossack Fonsecas sind allenfalls indirekt, aber sein Projekt Ocean Club war unter diesen Klienten durchaus begehrt.
Wie begehrt, zeigen die Panama Papers: Mossack Fonseca hat etlichen Interessenten dabei geholfen, Wohnungen im Trump Ocean Club zu kaufen und damit selbst eine Menge Geld verdient. Die Juristen in Panama-Stadt kümmerten sich um die Formalitäten, forderten Unterlagen an und besichtigten im Auftrag ihrer weltweit verstreuten Klienten die Immobilien. [….][….] In mancher Hinsicht erinnert der Turm in Panama zudem an die politische Karriere Donald Trumps, der sich dieser Tage um die Nominierung der Republikanischen Partei für das Weiße Haus bewirbt. Es geht darum, mit einem großen Namen Aufmerksamkeit zu erregen und sich großen Ertrag zu sichern, ohne aber ein allzu großes Risiko einzugehen. Und sollte die Unternehmung am Ende schiefgehen, stehen genügend Partner oder Sündenböcke bereit, um die Kosten und die Schuld zu tragen. In Wirtschaft wie Politik kann es ein Erfolgsrezept sein, dass man einerseits wie die Überfigur wirkt, sich andererseits aber nicht zu sehr verstricken lässt.
[….] [….][….][….]

Freitag, 29. April 2016

Die Grube weiter ausheben



Die drei Landtagswahlen vom 13.03.2016 waren eine Katastrophe für die SPD.
Statt heulend in der Ecke zu sitzen, wurden die heftigen Arschtritte des Wählers aber flugs umgedeutet.
Gabriels Narrativ:
Da wo wir die Regierung anführten, haben wir uns stark behauptet. So war es in Mainz mit Frau Dreyer.
Die Niederlagen in Magdeburg und Stuttgart waren hingegen unverschuldet, weil wir nur den Juniorpartner stellten und der jeweilige MP alle Aufmerksamkeit auf sich zog.

Wenn also Landesregierungen von SPD-Politikern geführt werden, muß deren enormer Amtsbonus auch zu Wahlerfolgen führen.
Zum Glück stellt die SPD derzeit eine Menge Ministerpräsidenten und Bürgermeister. Vermutlich wird also bald alles gut. Oder nicht?

Berliner SPD sackt auf Zehnjahrestief
[….] Rund fünf Monate vor den Wahlen verliert die SPD in Berlin bei der Bevölkerung offenbar an Rückhalt. Bei einer Umfrage des Instituts dimap für die "Berliner Morgenpost" und die RBB-"Abendschau" fiel die Partei um den Regierenden Bürgermeister Michael Müller auf 23 Prozent - das ist der schlechteste Wert der SPD in der Hauptstadt seit zehn Jahren.
[….] Auch in Mecklenburg-Vorpommern schwächelt die dort ebenfalls regierende SPD. Gut vier Monate vor der Wahl verloren die Genossen ihre Position als stärkste Partei an die CDU. Wenn bereits an diesem Sonntag gewählt würde, zöge die AfD als drittstärkste Kraft in den Landtag ein, ergab eine Infratest-dimap-Umfrage im Auftrag des NDR. [….]

Ooopsi?
Wie konnte das jetzt passieren?

Vielleicht mag es eben doch nicht jeder SPD-Anhänger so gern, wenn Arbeitsministerin Andrea Seehofer AfD-Politik imitiert und Ausländer lediglich als Problemmasse ansieht, die mit Zwang und Schikane behandelt werden muß.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles will die Sozialleistungen für Zuwanderer aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union deutlich beschränken. Künftig sollen EU-Bürger, die nicht in Deutschland arbeiten und nicht in die deutsche Sozialversicherung eingezahlt haben, erst nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Anspruch auf Sozialhilfe und Hartz IV erhalten. Gleichzeitig soll eine "Nothilfe" eingeführt werden, die EU-Bürger ohne Anspruch auf Sozialleistungen einmalig beantragen können. Sie soll für höchstens vier Wochen den unmittelbaren Bedarf für Essen, Unterkunft, Körperpflege und medizinische Versorgung abdecken. Danach sollen die Betroffenen ein Darlehen erhalten können, das ihnen die Reise zurück in ihr Heimatland finanziert.

Als Herr Cameron einst so etwas forderte, war die SPD noch empört.

Vielleicht ist auch nicht jeder SPD-Sympathisant begeistert davon wie Wirtschaftsminister Gabriel die milliardenschwere Auto-Industrie pampert und mit Steuergeldsegen überschüttet.

Vielleicht wundert sich auch der ein oder andere Sozi-Fan über das Verhalten des Fraktionschefs Oppermann.

[….] Eins wissen die Genossen am Ende dieser Sitzungswoche mit Gewissheit: Als Autor für die Neuauflage des Bestsellers "Wie man Freunde gewinnt" kommt der SPD-Fraktionschef im Bundestag nicht infrage.
"Völlig daneben" sei der Auftritt von Thomas Oppermann, 62, gewesen, raunen sozialdemokratische Abgeordnete. Es fallen Sätze wie: "Das war schon eine krasse Fraktionssitzung." Oder: "Er hat die Lage völlig falsch eingeschätzt und die Leute verprellt."
[….] Statt eine Lösung [….] vorzuschlagen, beschimpfte er seine Kollegen jedoch. Einen nannte der Fraktionschef "hasenfüßig", eine bayerische Genossin raunzte er an: "Du hast wohl Angst, dass du deinen Wahlkreis verlierst."
Angesichts zahlreicher Zwischenrufe wollte sich Oppermann anschließend entschuldigen. Doch er machte alles nur noch schlimmer. Gegenüber der bayerischen Kollegin klang das dann so: "Ich hatte vergessen, dass ihr in Bayern ja gar keine Wahlkreise direkt gewinnt."
[….]  Das Grummeln unter den Abgeordneten über Oppermann währt schon länger - und das hat nichts mit seiner Rolle in der Edathy-Affäre zu tun. "Er schafft es nicht, Stimmungen, Schwingungen oder Ängste aufzunehmen", sagt einer aus der Führungsriege. [….]

Donnerstag, 28. April 2016

Klarstellung zu Volker Beck



Das ist schon eine bizarre Geschichte mit Becks mutmaßlichem Crystal-Meth-Konsum.
Klar, insgeheim vermute ich auch, daß der Grüne Top-Religiot nicht das allererste mal das Zeug kaufte, als er dabei erwischt wurde.
Ob er drogenabhängig ist, ein Süchtiger, Junkie, weiß „die Öffentlichkeit“ aber nicht.
Sicher weiß ich nur, daß er einmal Meth kaufte, angeblich noch nicht mal für sich selbst. Es kann viel schlimmer sein, es kann aber auch ganz harmlos sein. Neben den zig Millionen Säufern in Deutschland gibt es selbstverständlich auch Millionen Menschen, die gelegentlich andere Drogen konsumieren und deswegen noch lange nicht unzurechnungsfähig sind oder mit einem Bein im Grab stehen.
Auf diese Verschwörungstheorie-Pfade sollte man sich nicht begeben, wenn man ernst genommen werden will!
Ob und welche Drogen Beck möglicherweise einnimmt, ist irrelevant-
Seit Jahren kritisiere ich Volker Beck immer wieder sehr hart, weil ich seine demonstrativen Standing Ovations für Papst Ratzinger, sein Eintreten für Kirchenprivilegien und insbesondere seine überheblich-euphemistische Haltung zu Eingriffen in die kindliche Unversehrtheit als katastrophal erachte.

Es kommt ein weniger wichtiger Aspekt hinzu, der sich aber auch schon persönlich auf mich auswirkte.

Beck greift in der persönlichen Auseinandersetzung zu perfiden Methoden.
Ich habe das selbst erlebt, als er mich auf Facebook auf widerlichste Art angriff.
So ein Verhalten mir gegenüber würde ich nicht zum generellen Kriterium gegen einen Politiker machen, aber in dem Fall ging Beck anschließend vor die Presse und an das Rednerpult des Bundestags um in unerträglicher Larmoyanz zu beklagen wie gemein alle zu ihm im Netz wären, obwohl er derjenige war, der so austeilte, daß ich fassungslos um einen Shitstorm gegen ihn bitten mußte.

Bewegt man sich in den sozialen Netzwerken – selbst ich Fossil habe seit drei Tagen einen Twitter-Account, auch wenn ich noch nicht begriffen habe was ein Heschtegg ist – und kritisiert den prominenten Beck, generiert man schnell Applaus von der falschen Seite.
Höcke-Fans, Storch-Verehrer, Homophobe, Ultrakonservative stehen mit ihrem sprungbereiten Hass in den Startlöchern, um ihre negative Konnotations-Kanonade abzufeuern. Der Kinderschänder, der Drogenabhängige, die Schwuchtel lädt ein zum gebasht werden.
Claudia Roth, die Volker Beck stets eine treue Freundin war und auch jetzt loyal zu ihm steht, ist in den Augen der Markus Frohnmaiers dieser Welt dann nur noch „Aische Roth“, jene frustrierte Lesbe, die sich natürlich nur deswegen für Flüchtlinge einsetzt, weil sie insgeheim darauf hofft auch endlich mal vergewaltigt zu werden – ein guter deutscher Mann würde es schließlich nicht freiwillig mit ihr tun.

Da tun sich Abgründe des Hasses in der rechten Szene auf. Schwul und grün, bzw. Feministin und grün sind offensichtlich hochwirksame Trigger, um bei Teilen der Bevölkerung maximale Abscheu auszulösen. Wenn auch noch der Super-Trigger Drogen in dem Zusammenhang aufleuchtet, gibt es kein Halten mehr.
Von jedem, der so denkt, möchte ich mich nachdrücklich distanzieren.
Für mich sind das Eintreten für Frauenrechte, für LGBTI-Belange, Umweltschutz und liberale Drogenpolitik immer noch sehr unterstützendwerte Taten!
Wer Politikerinnen wegen ihrer Frisuren oder Garderoben* ablehnt, wer Politiker wegen ihrer sexuellen Orientierung angreift, hat sich vollkommen diskreditiert.

Bei den Grünen bieten sich so viele Kritikpunkte an, daß es schon wegen dieser Fülle absurd ist darauf zurückzugreifen was einige ihrer Spitzenvertreter im Schlafzimmer tun.
Was ist überhaupt los mit diesen AfD-Typen, daß die Sexualität Roths oder Becks so ein Faszinosum für sie darstellt?
Das muß eine spezielle rechts-konservative Angelegenheit sein, die mit ihrer eigenen verdrängten und verklemmten Sexualität zusammenhängt, daß sie sich so brennend dafür interessieren, was in anderen Betten vorgeht.
Man kennt das von Kreuznet, den Piusbrüdern und anderen Rechtskatholiken, die offensichtlich den lieben langen Tag nichts anderes tun als über andere Leute beim Analverkehr zu sinnieren.
Es wäre mir neu, daß Liberale, Atheisten oder Linke umgekehrt mit derselben Faszination konservative Politiker beim Vaginalverkehr vorstellen.

Grüne Politik des Jahres 2016 ist aber bestimmt vom extrem kirchenfreundlichen Kurs der strenggläubigen Fraktionsvorsitzenden Kathrin Göring-Kirchentag, welche die verfassungswidrigen Kirchenprivilegien garantiert.
Diese Woche lachte mich die grüne Hamburger Bürgermeisterin Fegebank aus der Christenzeitungsbeilage „Himmel und Elbe“ an und jubilierte wie wichtig ihr der christliche Glaube sei.

„Alles in der Welt ist vergänglich - nur die Liebe ist ewig, denn sie tritt mit jedem neugeborenen Menschen wieder in die Welt. Das verbinde ich mit meinem christlichen Glauben.“
(Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin Hamburg, April 2016)

Grüne Politik bedeutet heute geräuschloses Harmonieren mit Roland Kochs Hessen-CDU, sukzessive Abschaffung des Asylrechts, Einführung „sicherer Drittstaaten“, Umarmung der konservativen BW-CDU, Koalitionen der Hamburger und Saarländischen CDU.
Grüne Politik 2016 bedeutet, daß die letzten strategischen und konzeptionellen Denker wie Jürgen Trittin kalt gestellt werden und dafür die Tagespolitik an den jeweiligen Wünschen der konservativeren und saturierteren Wählerschaft ausgerichtet werden.

Wie wenig frühere grüne Konsequenz noch zählt, wie wenig man bereit ist für Überzeugungen einzustehen, zeigt die geräuschlose schnelle Wiederaufnahme Volker Becks in die Bundestagsfraktion.
Nachdem sich die Jüdische Gemeinde für ihn stark gemacht hat, bekam er diese Woche alle seine Funktionen zurück.
Offensichtlich zahlt es sich aus, daß er so klar gegen Kinder Politik gemacht hat.
Die einen können ihre Säuglinge verstümmeln und dafür darf sich Beck auch mal ein Meth-Pfeifchen reinziehen.
Läuft das jetzt so bei den Grünen?
Man feiert sich so sehr selbst, weil man so liberal ist dem gefallenen reuigen Drogensünder zu verzeihen, daß gar nicht erst daran gedacht wird wie Volker Beck die UN-Kinderrechtskonvention zu Gunsten archaischer Blutrituale mit Füßen tritt.

A propos mit Füßen treten.
So mancher Grüner nimmt die gestrige Entscheidung zum Anlass aus der Partei auszutreten.

Nach 15-jähriger Mitgliedschaft bei Bündnis 90 / Die Grünen bin ich heute aus der Partei ausgetreten.
[…] "Der Umgang der Bundestagsfraktion und Parteiführung mit der Causa Volker Beck ist schon lange untragbar. Ich erinnere an Becks unrichtige Aussagen zu den Zitaten, in denen er sich für eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ausgesprochen hatte, mit denen er uns Grünen im letzten Bundestagswahlkampf massiv geschadet hat. Dies zog nach der Wahl keine grundsätzlichen Konsequenzen nach sich, stattdessen galt wohl eine "Schwamm-drüber-Taktik". Unerträglich, besonders für viele Betroffene von Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung im Kindes- und Jugendalter, blieb auch sein permanentes Eintreten für die Entrechtung von Jungen gegen nichttherapeutische Vorhautamputationen und ein Verhalten, das oft mit aggressiver Diffamierung von Menschen verbunden war, die diesbezüglich eine andere Meinung vertraten als er.
Nun, nachdem Volker Beck nach einem erneuten Skandal (aus dem ja gerade auch aus der Partei heraus Sorgen um seinen Gesundheitszustand geäußert wurden) von sich aus Konsequenzen gezogen hatte und von seinen Ämtern zurückgetreten war, hievt ihn die Fraktion ohne jede Not nach nur acht Wochen (!) zurück in Fraktionsämter.
Ich kann das nur als Signal deuten, dass unteilbare Kinderrechte und Geschlechtergerechtigkeit in der Parteispitze auch weiterhin als zweitrangig angesehen werden. Die Fraktion bzw. diejenigen, die sich dort durchgesetzt haben, trafen mit dieser personellen Entscheidung auch eine Richtungsentscheidung. […][…]

Mögen Schiering viele weitere Grüne folgen; auch wenn das ein gefährliches Spiel ist.
Wie man in den USA und anderen Europäischen Ländern sieht, sind die Rechten nämlich keineswegs so zimperlich.
Ihnen ist Wahrheit und Integrität ihrer politischen Vertreter offenbar weit weniger wichtig; ihnen geht es darum „den anderen“, den Gutmenschen, den Linken, den „Flüchtlingsklatschern“ zu schaden.
Und je mehr Ex-Sozis, Ex-Linke und Ex-Grüne schmollend zu Hause sitzen und gar nicht mehr wählen, desto leichter haben es die Seehofers, Petrys und Merkels dieser Welt.
Im Grunde darf also ein Volker Beck kein Grund sein aus der Partei auszutreten, so wie Nahles und Gabriel kein Grund für mich sind die SPD zu verlassen.
Aber eine Parteimitgliedschaft lässt sich nicht rein rational begründen.
Es gibt auch eine emotionale Ebene und diese kann nicht unendlich viele Kränkungen ertragen.


*
Off Topic: 
Angela Merkels Figur, ihre vermeintliche Attraktivität hat mich nie bewußt beeinflusst, darf auch gar kein Thema bei der Beurteilung ihrer Politik sein. Ich finde es eher sympathisch, daß sie offensichtlich unprätentiös veranlagt ist und sich nicht sonderlich für Mode interessiert.
Rätselhaft bleibt aber für mich, wie ihre Berater es zulassen können, daß immer mal wieder ihre Fingernägel so ungepflegt aussehend auf Pressefotos erscheinen.
Für mich gehört eine ordentliche Maniküre in so einem extrem exponierten Beruf zur Dienstkleidung. Und wenn ich schon über Kleidung spreche; Merkels Kleidungsstil werde ich nicht beurteilen; das ist irrelevant, aber wieso trägt sie so oft Jacken, die zwei Nummern zu klein und zu kurz sind? Kann ihre Schneiderin das nicht in der richtigen Größe anfertigen?





Mittwoch, 27. April 2016

Größte-Haufen-Scheißer

Börsennotierte Unternehmen sind manchmal so gierig, daß sie für die Dividendenausschüttung ihre Existenz riskieren.
Im Kostensenkungswahn wird so viel „Humankapital freigesetzt“, daß Toll-collect Jahre in Verzug geriet, weil die Gründerfirmen Daimler und Telekom in den Jahren zuvor zum Entzücken ihrer Aktionäre Myriaden Techniker und Ingenieure gefeuert hatten.
Auf seinen Lorbeeren ausruhen, die Gewinne verprassen und keinen Gedanken an Morgen zu verschwenden, ist aber offenbar kein besonders taugliches Wirtschaftskonzept.

Es gibt ausführliche Studien, die zu dem frappierenden Schluß kommen, daß kleinere Familienunternehmen innovativer und gesünder sind als Aktiengesellschaften.
Erstaunlich, daß es dafür den geballten Sachverstand studierter Ökonomen bedarf.
Kann sich das nicht auch Klein Fritzchen an fünf Fingern ausrechnen, daß es einer Firma besser bekommt, wenn nicht laufend die Gewinne abgeschöpft und an Aktionärsparasiten verteilt werden?
Wenn nicht kurzfristige Aktienkursausschläge Unternehmenspolitik sind, sondern der langfristige Erhalt der Firma? Wenn Gewinne in das Unternehmen investiert werden und damit Fachkräfte ausgebildet und eingestellt werden?

Nach den weltdreisten Abgas-Manipulationen bei Volkswagen sollte den Größtaktionären Porsche-Piech die Dividende auf 17 Millionen Euro gekürzt werden.
Der Groß-Clan, der auf etwa 20 Milliarden Euro Vermögen sitzt, konnte das aber nicht akzeptieren und setzte über den von ihm dominierten Aufsichtsrat durch, daß der angeschlagene Konzern 300 Millionen Euro an Porsche ausschüttet.

„Nur ein paar Millionen soll es dieses Jahr für uns geben, werden sie sich erbost gegenseitig zugerufen haben. Das geht so gar nicht! Es gilt doch Haus, Jacht und Pferd zu versorgen! Wir brauchen mehr Geld, noch mehr Geld!
[….] Der Porsche SE-Vorstand hatte am Freitag unter Leitung von Hans Dieter Pötsch vorgeschlagen in Anbetracht der hohen Millionenverluste bei VW nur eine Mini-Dividende von gut 20 Cent auszuschütten. Wolfsburg überweist in diesem Krisenjahr schließlich nur noch 17 Millionen Euro zu Porsche, nach 719 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Menschen von zurückhaltendem Charakter könnten angesichts diese Umstände vielleicht sagen: Lass uns doch auch auf die Mini-Dividende verzichten! Gürtel enger schnallen, das klappt schon, wir werden schon nicht verhungern.
Aber offensichtlich ist das nicht die Mehrheitsmeinung im Aufsichtsrat, der von den Familien dominiert wird, mit Wolfgang Porsche an der Spitze. [….] 308 Millionen Euro soll die PSE nun ausschütten. [….]

Wenn die finanzielle Gier die Großkonzerne regiert, bleiben Innovationen aus.
Sie trauen sich nicht mehr Weichen in die Zukunft zu stellen, die Shareholder-Value-Ideologie blockiert langfristiges und nachhaltiges Denken.
Nach uns die Sintflut.

Gerade die deutsche Automobilindustrie muß zu ihrem Glück gezwungen werden. Von allein werden die Karren immer nur größer, schwerer und stinkiger.

Die Bankenlobbyisten Angela Merkel tut gern das, was ihr einstiger Ministerkollege aus Kohls Kabinett Matthias Wissmann von ihr möchte.
Als mächtigster Auto-Lobbyist Europas gibt er Anweisungen und Berlin folgt.
Verblüffenderweise weiß Wissmann anscheinend nicht was gut für seine Industrie ist. Er kann nicht weiter als bis zur Nasenspitze denken und ist besessen von kurzfristigen Profiten.
Dabei können politische Vorgaben der zunächst widerwilligen Industrie eine große Hilfe sein.
Ich erinnere mich noch gut an das Geschrei, als bleifreies Benzin eingeführt wurde, weil politisch eine Katalysatorpflicht durchgesetzt wurde.
Da war was los. Von verzerrenden Wettbewerbsnachteilen und technischen Unmöglichkeiten war die Rede. Außerdem wären Autos mit Katalysator langsam und lahm.
In Wahrheit wollten die raffgierigen deutschen Autokonzerne einfach nicht investieren, weil sie um ihre aktuellen Profite fürchteten.
In Wahrheit war dieser politische Zwang aber ein Segen für die BMW, VW und Co.
Sie behielten dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Anderenfalls hätten sie kaum noch exportieren können, weil zum Beispiel die USA schon lange Katalysatoren verlangte.

Bei willfährigen Regierungen wie der jetzigen bleiben politische Vorgaben für Wirtschaft und Industrie aus.
Ideal ist das nicht, denn ohne politischen Zwang haben deutsche Konzerne beispielsweise die Entwicklung eines Rußpartikelfilters oder eines Hybridantriebes lange Zeit verschlafen.
Das betrifft vor Allem aber die fehlenden gesetzlichen Regelungen für weniger Benzinverbrauch („Dreiliterauto“) und Abgasreduzierung.
Nun stehen die deutschen Hersteller mit dem größten CO2-Flottenausstoß da.
Merkel bewahrt die Hersteller vor unmittelbaren Folgen auf den Märkten.
Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß auf längere Sicht Autos deutlich weniger verbrauchen MÜSSEN; weil die Ressource Erdöl nun mal endlich ist.
Dann werden Toyota und FIAT große Vorteile haben. (….)

Inzwischen ist Merkels Staatsminister von Klaeden auch offiziell und hauptberuflich Auto-Lobbyist geworden. Auch Rösler ist wie alle anderen (lebenden) FDP-Exminister Wirtschaftslobbyist.

Stattdessen sitzt nun Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Wirtschaftsminister an Merkels Tisch.
Auch der SPD-Chef verfährt gern nach dem Grundsatz auf den größten Haufen zu scheißen.
Die versagende deutsche Autoindustrie möchte er gern mit zusätzlichen Steuermillionen pampern.
Man weiß ja, die Konzerne sind so arm und bedürftig.

Der Autobauer BMW zahlt seinen Anteilseignern nach den Rekordergebnissen 2014 erneut eine Rekorddividende und schlägt den Aktionären vor, je Stammaktie 2,90 Euro und je Vorzugsaktie 2,92 Euro auszuschütten. [….]
Allein die drei Großaktionäre Johanna Quandt, Stefan Quandt und Susanne Klatten halten zusammen 46,7 Prozent der Stammaktien und werden damit gemeinsam gut 815 Millionen Euro kassieren.

Da den Quandts die 815 Mios einfach so in den Schoß fielen und sie nicht umständlich dafür arbeiten mußten, brauchen sie auch nur 25% Steuern, statt 46% wie normale Menschen, zu bezahlen.
Für 2015 wird die Dividende noch einmal deutlich auf mindestens 3,20 Euro erhöht.
Susanne Klatten und ihr Bruder Stefan Quandt, die inzwischen die Anteile ihrer Mutter dazu geerbt haben, werden dann über eine Milliarde Euro für’s Däumchendrehen einstreichen.

Einer so darbenden Familie muß geholfen werden, denkt sich Sigmar Gabriel und legt aus dem Steuersäckel noch mal € 4.000,00 für jedes verkaufte Elektroauto drauf. Und Gabriel wundert sich wieso seine SPD auf unter 20% sackt.

Angela Merkel, die ohnehin noch in ihrer an Obama und Erdogan demonstrierten tiefgebückten Haltung auf dem Boden rutscht, steuert zielsicher den Mastdarm der Auto-Lobbyisten an.

[….] Beim Gipfel im Kanzleramt will Angela Merkel den Chefs der Autokonzerne ihre Unterstützung anbieten.
[….] Für Merkel wäre das Treffen die große Chance, den Managern endlich das Offensichtliche ins Gesicht zu sagen: Ihr habt versagt, ihr habt betrogen und geschummelt. Und vor allem habt ihr euch von der Konkurrenz abhängen lassen.
Denn das Auto der Zukunft entsteht womöglich nicht in Deutschland. In den Vereinigten Staaten ist ein Hype um die Elektroautos von Tesla entstanden. Apple und Google konzipieren eigene Fahrzeuge. In Japan baut Toyota die saubere Hybridtechnik aus und darf sich zusammen mit Hyundai aus Korea als Vorreiter bei Wasserstoffautos bezeichnen.
[….] Merkel könnte also fragen: Was habt ihr, die Chefs von Volkswagen, BMW und Daimler, in den vergangenen Jahren eigentlich gemacht? [….] Denn die Kanzlerin persönlich trägt einen erheblichen Teil der Verantwortung für das deutsche Autodesaster.
In all den Jahren ihrer Regentschaft hat sie den Managern nach dem Mund geredet, anstatt die Konzernpolitik wirksam zu hinterfragen. So unterstützte Merkel bestenfalls den Status quo und die Bonuszahlungen der Konzernlenker, anstatt von der Branche hartnäckig zukunftsfähige Fahrzeuge einzufordern und den Autostandort Deutschland auf diese Weise langfristig zu stärken.
Deshalb ist Merkel nicht die Auto-Kanzlerin. Sie ist die Anti-Auto-Kanzlerin. Sie trägt eine erhebliche Mitschuld an der aktuellen Krise.
Ob Abwrackprämie, CO2-Ausstoß oder Abgasregeln- stets brachte die Mauschelei Ergebnisse, die der Industrie gefielen. [….] Ein weiteres Indiz für das politisch geduldete Versagen der Autoindustrie war vor gut drei Wochen rund um den Globus zu beobachten: Da standen Tausende Schlange für ein noch nicht gebautes Auto des kalifornischen Start-up-Unternehmens Tesla. Inzwischen sind 400.000 Reservierungen für das Model 3 eingegangen.
Der Wagen ist das ansprechend designte Versprechen auf eine saubere Zukunft - verkörpert also auch eine gesellschaftliche Vision. Dass kurzfristig denkende Manager für so etwas blind sein können, haben sie selbst immer wieder demonstriert. Doch als Kanzlerin hätte Angela Merkel alle Freiheiten gehabt, diese Vision mit Härte einzufordern. [….][….]

Wieder einmal eine ökonomisch völlig falsche und kontraproduktive Aktion der Angela Merkel.

Eine absurde Lenkungswirkung wird angestrebt, indem ausgerechnet die steinreichen Autokonzern-Eigner mit Steuergeld zugeschissen werden.

Eine absurde Entscheidung auch bezüglich des Umweltschutzes, denn ein Elektroauto ist nicht sehr umweltfreundlich, wenn der Strom aus Braunkohle gewonnen wurde.

Würde sich Gabriel tatsächlich um die Emissionen sorgen, sollte er die Steuermillionen lieber in den ÖPNV investieren und diesen kostenlos zur Verfügung stellen.

Es ist aber auch eine sozialpolitische Idiotie in Zeiten von Altersarmut, Minijobs und prekären Arbeitsverhältnissen ausgerechnet denen 4.000 Euro hinterher zu werfen, die sich neue Autos für 40.000 bis 60.000 Euro leisten können.

Wer hat, dem wird gegeben.

Die Kaufprämie ist nichts weiter als Stückwerk, selbst Sigmar Gabriel nennt sie inzwischen nur noch eine vertretbare Lösung. Nein, es ist keine vertretbare Lösung, wenn die Allgemeinheit dafür bezahlt. Was richtig wäre: Wenn die Fahrer von großen und teuren Spritschluckern dafür zahlen würden. Wir brauchen dringend eine Reform der Kfz-Steuer, eine Ökologisierung der Kfz-Steuer. Wir sind der Meinung, dass die Fahrer dafür bezahlen müssten, die mit Spritschluckern unterwegs sind, und nicht die Allgemeinheit.
Mit dieser singulären Lösung steht zu befürchten, dass die Autoindustrie immer noch nicht begreift, was die Zeichen der Zeit sind.
(Anton Hofreiter, 27.04.16)

Aber so läuft das eben in der GroKo: Wer richtig viel Geld hat, bekommt noch welches dazu.
Wer ganz wenig hat, dem wird noch etwas abgezogen.
[….] Die Autoindustrie macht in diesen Tagen vor, wie Schwindel und Tricksereien im großen Stil ungestraft funktionieren. Gesetzliche Abgasgrenzwerte, erlassen zum Schutz von Menschen und Umwelt, hielten die Autos von fast zwei Dutzend großen Herstellern im Straßenverkehr nicht ein. Und so rollen Hunderttausende Autos derzeit mit ungesund hohen Abgaswerten über deutsche Straßen.
Davon, dass ihre eigenen Autos Grenzwerte um bis zu 1000 Prozent überschreiten, ahnten die Kunden bis Freitag nichts. Seit die Bundesregierung Ende der Woche die Messergebnisse ihrer Abgaskontrollen veröffentlich hat, schlittert das Land in einen der größten Umwelt-, Verbraucher- und Industrieskandale seit vielen Jahren. Die großen Töne der Industrie entpuppen sich als lautstarke Irreführung. [….] Angesichts hoher Abgaswerte in deutschen Städten und Gesundheitsrisiken durch Stickoxide müsste die Bundesregierung eigentlich durchgreifen. Doch sie tut es nicht. Sie müsste den Managern eindringliche Fragen stellen. Doch es fragt niemand. Die Bundesregierung bleibt erstaunlich zahm. Man freue sich über den freiwilligen Rückruf von 630 000 Autos, sagte etwa Verkehrsminister Alexander Dobrindt am Freitag. Die Botschaft: Die Branche bringt das schon wieder in Ordnung. Strafen? Klärung vor Gerichten, ob die Tricks illegal waren? Entschädigung? Fehlanzeige.  [….] Erfolgreich mahnten Spitzenmanager wie BMW-Chef Harald Krüger nun ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Abgasaffäre auch noch neue Finanzhilfen für die Industrie an. Nun ist die Bundesregierung den Bitten gefolgt und hat ein Milliardenpaket auf den Weg gebracht, das den Umstieg der Deutschen auf Elektroautos fördert. Steuerzahler sollen eine Branche päppeln, die den Staat und seine Bürger für dumm verkauft hat.