Dienstag, 31. Januar 2012

Ungetäuftigkeit

Es gibt über zwei Milliarden Christen auf der Erde, die sich in ein weit verzweigtes Wirrwarr aus sich teilweise heftig bekämpfenden Sekten verteilen.

Pfingstkirchler, Born-again-Christen und Evangelikale praktizieren ihren Glauben so, daß kaum noch Gemeinsamkeiten zum Katholizismus zu erkennen sind.
Dennoch würden sie die europäisch geprägten Römisch-Katholischen immer als Christen ansehen, während die phänotypisch ähnlicheren uramerikanischen Anhänger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage oft als keine „richtigen“ Christen betrachtet werden.
Viele der Südstaaten-Evangelikalen haben sich im US-Wahlkampf 2012 für den Katholiken Rick Santorum ausgesprochen - er ist so überzeugend homophob.

Dabei wage ich zu bezweifeln, ob Santorums Chef in Rom so zufrieden mit den Gottesdiensten wäre, wenn beispielsweise mit Giftschlangen* getanzt wird.

Dies wiederum kritisieren auch die Zeugen Jehovas*, die zwar als ausgesprochen fromm und konservativ gelten, aber schon deswegen von den Nazi-freundlichen Katholiken verachtet wurden, weil sie sich konsequent dem Kriegsdienst verweigerten und das KZ dem „Dienst“ in Hitlers Armee vorzogen.

Sie verweigerten sich also dem „Rückgrat des großdeutschen Reichs“, das wiederum vom Oberkatholiken Papst Pius XII bejubelt wurde.

Ich wünsche dem Führer nichts sehnlicher als einen Sieg.

(Papst Pius XII. Seligsprechung geplant von Joseph Ratzinger)

'Ich liebe Deutschland jetzt noch mehr.'

(Papst Pius XII, nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch deutsche Einheiten)

Der große Tag X ist nahe, der Tag des Einmarsches in die Sowjetunion.
(Papst Pius XII.)

Es ist also schwierig alle Christen unter einen Hut zu bekommen.

Gemeinsam ist ihnen allerdings die Taufe, die in allen Christlichen Konfessionen als zentral angesehen wird.

Durch das Sakrament der Taufe wird ein Mensch zum Kind Gottes und somit Teil der Glaubensgemeinschaft der Christen: der Kirche.
Das Eintauchen in Wasser – oder auch das Übergießen des Kopfes mit Wasser – versinnbildlicht den Tod, die Reinigung sowie die Wiedergeburt und Erneuerung.
Durch die Taufe werden die Erbsünde und alle persönlichen Sünden vergeben. Ein neues Leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus und mit allen, die an ihn glauben, beginnt.
Die Taufe ist Voraussetzung, um weitere Sakramente empfangen zu können. Sie zählt neben Eucharistie und Firmung zu den Einführungssakramenten.

(Bistum Würzburg)

Unnötig an dieser Stelle zu wiederholen, daß ich es ausgesprochen mies und verantwortungslos finde Menschen zu taufen, bevor sie selbst entscheiden können, ob sie das überhaupt wollen.
Diesbezüglich sind die Amish People vorbildlich. Sie leben ihren Kindern ihr streng konservatives und entbehrungsreiches Leben vor und lassen sie dann mit 18 oder 19 Jahren für bis zu ein Jahr „herumhüpfen.“
In dieser Zeit können sie sich gehen lassen, Erfahrungen sammeln und anschließend ganz bewußt und selbstständig entscheiden, ob sie sich taufen lassen wollen und damit zu einem Mitglied der Amish-Gemeinde zu werden.

(Seit Jahren versuche ich immer wieder zu recherchieren, wie frei diese Entscheidung wirklich ist und ob das „Herumhüpfen“ irgendwie reglementiert wird.
Offenbar entscheiden sich aber je nach Gegend tatsächlich zwischen 10 % und 40 % der Amish-Jugendlichen gegen den Eintritt in ihre Gemeinden.)

Es hat durchaus seine Vorteile sich NICHT taufen zu lassen, dann mit dem Eintritt in die „Gemeinschaft mit Jesus Christus“ ist es so wie mit der Jungfräulichkeit; es gibt keinen Weg zurück.

(Oder doch?)

Ist die Ungetäuftigkeit einmal weg, bekommt man sie nie wieder zurück!


Die Taufe eines Kindes kann nicht annulliert werden, wie soeben höchstrichterlich festgestellt wurde.

Ein Vater wollte die Taufe seiner Tochter rückgängig machen. Dazu hatte der
Mann gegen die katholische Kirchengemeinde geklagt. Hintergrund war, dass die geschiedene Frau die damals dreijährige Tochter im Jahr 2010 taufen ließ, ohne den Vater zu fragen. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) wies die Klage jedoch ab (Beschluss v. 16.1.2012, Az.7 ZB 11.1569).

(dpa/cla/LTO-Redaktion 30.01.2012)

Die Ungetäuftigkeit zu behalten ist sogar schwieriger als Jungfrau zu bleiben.

Letzteres ist endgültig geschafft mit dem eigenen Tod. Man kann dann mit einem großen Pfund bei Petrus wuchern und ist dem Himmel einen großen Schritt näher.

Hat man aber sein Leben als Ungetaufter ausgehaucht, ist der Drops immer noch nicht gelutscht. Manchmal wird die Taufe sogar noch anschließend vollzogen - also wieder, ohne daß man sich wehren könnte.

Wie jetzt bekannt wurde, hat die Familie von Mitt Romney, eine der Präsidentschaftskandidatenbewerber in den USA, den verstorbenen atheistischen Vater seiner Ehefrau posthum, ein Jahr nach dessen Tod, als Mormone taufen lassen.
Edward Roderick Davis war Ann Romneys Vater, der 1992 starb, und der sein Leben lang als standhafter Atheist gelebt hatte. Ein Jahr nach einem Tod wurde er in einer kirchlichen Zeremonie in die Kirche der Heiligen der letzten Tage aufgenommen.

(Daily mail 30.01.12)

Jungfrau zu bleiben ist leichter, da posthumes Poppen kirchlich nicht vorgesehen ist.

Bevor jetzt der ein oder andere einwendet “ist mir doch egal, ob ich getauft wurde - ich bin eh ausgetreten” ist es wichtig auf unser künftiges Leben im Jenseits zu verweisen.

Hölle ist nämlich nicht gleich Hölle!

Da gibt es Abstufungen. Man kann in Satans Belle Etage die Ewigkeit  verbringen, während man auf die übliche Weise geschmort wird.
Aber für besondere üble Typen gibt es auch noch den Höllen-internen Darkroom mit besonders schlimmen Foltermethoden.

Das hat der weiseste aller weisen Fernsehpfarrer, Pfarrer Buschor, die Ikone von K-TV klar definiert
Hochwürden Hans Buschor (79), emeritierter Professor im Kollegium Maria Hilf, Schwyz ist der geistliche Leiter des am 11. September 1999 gestarteten St. Gallener Senders.

Die Taufe zwingt niemand Gott und die Menschen zu lieben. Die Taufe ermöglicht nur. Ein Mensch kann die Taufgnade nur zerstören, wenn er die Gnade bekommen hat. Die Gnade von sich werfen, will sie nicht, sondern er will Gott nicht lieben, der Mensch hat die Freiheit Gott zu lieben. Und deshalb also: Die Taufe ermöglicht eine ganz besonders innige Liebe zu Gott.
ABER wenn ein Getaufter zu einem Atheisten wird, ist seine Verantwortung auch noch viel größer, weil er eine große Einladung Gottes, ein großes Gnadengeschenk Gottes verworfen hat und als Getaufter hat der es dann in der Hölle sehr viel schlimmer, als wenn er nicht getauft wäre. Das ist eine Tatsache.

(K-TV im Januar 2012, watch 3:55 - 4:50)

Zum Glück bin ich nicht getauft.
Aber ich weine mit den armen Atheisten, die als Babies gegen ihren Willen getauft wurden. Sie müssen die Ewigkeit in einem noch viel schlimmeren Höllenfeuer verbringen, als die Schon-immer-Atheisten!
Ich schmore später mal nur in der "Hölle-light", weil ich es quasi nicht besser wußte. Aber die, die einst die Gnade Gottes bei der Taufe erfuhren und sich dann ABGEWENDET haben, werden für diesen Frevel noch viel mehr gefoltert als Normal-Heiden wie ich!







*Im Südosten der Vereinigten Staaten wird in einigen charismatischen Kirchen beim Gottesdienst mit Giftschlangen hantiert. Manche legen sich so eine Schlange um die Schultern, andere nehmen gleich mehrere auf einmal in die Hand. Die Schlangen können dadurch aufgeschreckt werden und beißen dann auch schon einmal zu. Deswegen gab es im Lauf der Jahre bereits etliche Todesopfer.
Begründet wird das Schlangenritual mit Markus 16:17, 18, wo unter anderem steht: „Mit ihren Händen werden sie Schlangen aufheben.“ In der King James Version wie auch in manchen älteren deutschen Bibeln wird der Anschein erweckt, als ob diese Verse so im Originaltext gestanden hätten.

(Wachturm 2010)

Montag, 30. Januar 2012

Parlamentarismus.

In unserer Demokratie soll das Parlament bekanntlich die Regierung „kontrollieren.“
Das Parlament verabschiedet Gesetze, die nicht etwa von den Ministern „erlassen“ werden.
In der Theorie sollte das jedenfalls so sein.

In der echten Welt sind die Parlamentarier oft hoffnungslos von der komplizierten Materie überfordert und haben schon aus Zeitgründen keine Möglichkeit sich durch meterdicke Aktenberge zu wühlen, die erst eine Minute vor Knopf mit dem Hinweis „alternativlos“ vorgelegt werden.

Für Parteien wie die FDP ist die Zustimmung dann oft tatsächlich „alternativlos“. Nicht aus sachlichen Gründen, sondern wegen der parteipolitischen Konstellation.
Brächte SchwarzGelb keine eigene Mehrheit zustande, zerbräche die Koalition. Das würde zu Neuwahlen führen und die FDP in die außerparlamentarische Opposition schleudern. Das monierte Gesetz träte aber dennoch in Kraft, weil andere Parteien als Mehrheitsbeschaffer einsprängen und ein seriöser und autarker Bundespräsident, der die Unterschrift verweigern KÖNNTE, derzeit nicht vorhanden ist.

Um dennoch ein bißchen echte Demokratie zu spielen, bleiben den einzelnen Abgeordneten unter anderem die „parlamentarischen Anfragen“.
Sie können sich mit Sachfragen an zuständige Minister oder auch bei komplexeren Fragen an den Regierungschef wenden.
In Abhängigkeit von der jeweiligen Geschäftsordnung muß dann das zuständige Ministerium innerhalb einer bestimmten Frist antworten.

Fleißige Abgeordnete können mit Detail- und Hintergrundfragen die Regierung durchaus ins Schwitzen bringen, indem die Minister dazu gezwungen werden ihr Tun preiszugeben.
Nicht vorgesehen in bei Parlamentarischen Anfragen ist hingegen die Methode einfach zu lügen, wenn die Regierung gewisse Dinge nicht publik machen möchte.

Im Hannoveranischen Sumpf der CDU-Regenten Wulff und McAllister werden anfragenden Oppositionspolitikern durchaus statt der schnöden Realität gewulffte Versionen vorgetragen.
Der Bundespräsident ist bekanntlich von einer schwerwiegenden Faktenphobie befallen. Er hat ein pathologisches Verhältnis zur Wahrheit. Zu ehrlichen Antworten ist er körperlich unfähig.
Bei so einem schweren Grad der Pinicchiotitis verweigert der Patient auch die korrekte Angabe der Uhrzeit oder die Bestimmung des eigenen Geschlechts.

Die seit sechs Wochen köchelnde Raffke-Affäre des Staatsoberhauptes begann mit der Frage nach dem Kreditgeber seines bundesweit bekannten und außergewöhnlich hässlichen Hauses in Großburgwedel.
Inzwischen sind so viele Vorwürfe hinzu gekommen und so viele Präsidiale Lügen enttarnt worden, daß der ein oder andere vergessen haben mag, wie alles begann.
Zwischen Egon Geerkens und Ministerpräsident Christian Wulff habe es in den "letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben", erklärte die niedersächsische Landesregierung am 28. Februar 2010 in einer Fragestunde des Landtags.
Die parlamentarische Anfrage nach Geschäftskontakten zu Egon Geerkens verneinte der damalige MP Niedersachsens ausdrücklich und redete sich später, als das Gegenteil bekannt wurde, damit heraus, Edith Geerkens habe ihm die halbe Million gegeben.
Ein Spitzfindigkeit zumindest. Es spricht inzwischen aber alles dafür, daß das Geld tatsächlich von Egon kam.
Nachdem der Mann im Schloss Bellevue nun viele Wochen Zeit hatte sich zu korrigieren ist heute, wieder einmal, eine seiner Lügen geplatzt, die er eben NICHT selbst aufgeklärt hat, wie es fälschlicherweise CDU und FDP immer wieder behaupten.

Wulff hatte auch abgesehen von dem 500.000-Euro-Kredit durchaus Kontakte zu Geerkens.

Nach Informationen von tagesschau.de hat Wulff allerdings neben einem Kredit von Geerkens Ehefrau Edith weitere Verflechtungen mit Egon Geerkens verschwiegen. Denn der "väterliche Freund" war über Jahre Mandant der Osnabrücker Anwaltskanzlei Funk, Tenfelde und Partner. In dieser Kanzlei war Wulff über mehr als 15 Jahre tätig. Dies belegen zahlreiche Anwaltsschreiben, auf denen Wulff im Briefkopf geführt wurde: Noch im Oktober 2004 vertrat die Kanzlei Geerkens. Hinzu kommt: Der Unternehmer war bis 2007 sogar Vermieter der Kanzleiräume. Für den hannoverschen Staatsrechtler Jörg-Detlef Kühne steht fest: Der Bundespräsident hat das Auskunftsrecht des Landtages missachtet: "Christian Wulff hätte diese Beziehungen offenlegen müssen. Mit seinem Verschweigen hat er ein weiteres Mal gegen die Landesverfassung verstoßen." Denn Artikel 24 Absatz 1 der Niedersächsischen Verfassung schreibt der Landesregierung vor, Anfragen "vollständig zu beantworten".
(Tagesschau 30.01.12)

Auch für Parlamentarier ist nicht viel über die eigene Regierung zu erfahren, da in Niedersachsen das Wort „Transparenz“ unbekannt ist.

"Das Verhalten von David McAllister in der Wulff-Affäre ist eine Provokation. Immer mehr – angeblich nicht vorhandene - Akten dokumentieren bisher für undenkbar gehaltene Zustände in der niedersächsischen Staatskanzlei. Immer offensichtlicher wird, wie maßgeblich das Land und Unternehmen, die das Land als wirtschaftlich Berechtigter kontrolliert, an der Edelsause im Flughafen beteiligt waren. Auch angesichts der Durchsuchungen von Privaträumen, Diensträumen und beschlagnahmten Computern durch Polizei und Staatsanwaltschaft, bleibt der Ministerpräsident McAllister auf Tauchstation. Mit Wulff, den ehemaligen Staatssekretären Glaeseker und Hagebölling und dem amtierenden Finanzminister Möllring stehen mittlerweile vier seiner engen Weggefährten und politischen Freunde im Verdacht, nicht die Wahrheit gesagt zu haben. McAllister schweigt dazu. Er ist aber nicht nur der Kronprinz von Wulff, sondern er war als langjähriger Fraktionsvorsitzender der größten Regierungspartei auch sehr eng mit den Geschäften in der Staatskanzlei verbunden. Ein Regierungschef ist kein stiller Teilhaber. Eine politische Bewertung der Vorgänge und eine mehr als deutliche Distanzierung durch McAllister sind unerlässlich, wenn er sich nicht den Vorwurf der Vertuschung einhandeln will.
Aus der Affäre Wulff ist längst ein Skandal der amtierenden Landesregierung geworden. Seit in dieser Angelegenheit auch wegen des Verdachts der Bestechung und der Korruption ermittelt wird, kann sogar Regierungskriminalität nicht ausgeschlossen werden. Wir erwarten, dass der Ministerpräsident die Aufklärung der Affäre zur Chefsache macht und sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzt, dass alle Fakten auf den Tisch kommen."

(Der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Stefan Wenzel 29.01.12)

Herr Wenzel beklagt sich allerdings noch auf vergleichsweise hohem Niveau.

Seine Landesregierung ist zwar nicht gerade ehrlich, aber immerhin gibt sie überhaupt irgendwelche Erklärungen ab. Erfundene zwar, aber wer wird denn so pingelig sein?

Wenzels Kollegen im südöstlichen Nachbarland Thüringen können davon nur träumen.
In der ungleich größeren „Affäre“ um die Zwickauer Terrorzelle NSU sagt die CDU-Ministerpräsidentin Christiane Lieberknecht, die von den buckelnden Sozialdemokraten trotz rot-roter Mehrheit im Landtag zur Regierungschefin gewählt wurde, grundsätzlich gar nichts.
Die dortige Untersuchungsausschussvorsitzende Dorothea Marx von der SPD beißt auf Granit.
Dort hat man längst erheblich schwerere Geschütze als Parlamentarische Anfragen aufgefahren. Zu dem Thüringer Verfassungsschutzsumpf tagt auch die Parlamentarische Kontrollkommission, ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss und eine Arbeitsgruppe des Innenministeriums unter Vorsitz des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer.
„'Die kann nur in Augenschein nehmen, was sie von der Landesregierung vorgelegt bekommt', sagte die Sozialdemokratin Marx.“
Ergebnisse sind also nicht bekannt.

„Die Abgeordneten hatten immer wieder beklagt, dass die Landesregierung sie nur mangelhaft informiere. Dies hatte Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) mit Vorgaben von Bundesbehörden begründet, die auch er kritisierte. So habe der Generalbundesanwalt praktisch sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zu Bestandteilen des aktuellen Ermittlungsverfahrens gemacht. Die Thüringer Landesregierung sei angewiesen worden, hierüber keine Informationen herauszugeben. Bei einem Untersuchungsausschuss dürfte das nun anders sein, sagte die Juristin Marx: 'Wir werden parallel unsere eigenen Untersuchungen führen und notfalls die Informationen auch einklagen.' Hierbei werde man alle Möglichkeiten ausschöpfen, die dem Untersuchungsausschuss gegeben seien.“
(SZ, 27.01.12)

Willkommen in der Demokratie 2012.0!

Sonntag, 29. Januar 2012

Feed the Zeitgeist.

Eine der besseren Entscheidungen zu Beginn der Amtszeit Obamas war seine etwas vernünftigere Haltung gegenüber der israelischen Regierung.
Die neue Mannschaft im Weißen Haus hatte offensichtlich analysiert welches die größten Hindernisse für einen theoretischen Frieden in Nahost wären und
setzte den fortgesetzten Siedlungsbau Israelischer Fundamentalisten auf Palästinensischem Land ganz oben auf die Agenda.

Was für eine Absurdität, daß so eine kleine radikale religiöse Minderheit in einem ebenfalls kleinen Land eine ganze Region nachhaltig destabilisiert.

Den Israelis signalisierte ein für jeden Zionisten unverdächtiger Stabschef Rahm Emanuel
, daß Bibi gefälligst das Maul halten solle und den Siedlungsbau zu stoppen hätte. Er watschte Delegationen aus Jerusalem ab, daß ihnen Hören und Sehen verging. Im Weißen Haus so angebrüllt zu werden, hatte der Israelische Regierungschef sich nicht träumen lassen.

Das konnte sich Obams Stabschef aber nur leisten, weil er über einen Persil-Schein verfügt.
Er ist nämlich selbst Jude, engagiert sich in seiner orthodoxen Gemeinde und diente er als ziviler Sar-El-Freiwilliger auf einer Basis der Israelischen Streitkräfte!

Wer nicht über diese untrüglichen Pro-Israel-Insignien verfügt, muß öffentlich an die Israelische Regierung heran robben und möglichst tief in den Hintern von MP Netanjahu eintauchen.

Ich war durchaus positiv gespannt darauf wie Israels rechte Regierung auf die neuen Töne aus Washington reagieren würde.

Da konnte ich allerdings lange warten. Man reagierte so gut wie gar nicht; war ein paar Wochen verwundert und baute dann weiter illegale Siedlungen.
Der Ball lag wieder im Weißen Haus bei dem Mann, der über alle Mittel verfügt Israel unter Druck zu setzen.
Ohne finanzielle, politische und militärische Hilfe läuft nämlich gar nichts im Heiligen Land.
Welche Daumenschraube würde Obama, der mächtige Oberbefehlshaber der Supermacht Amerika also anziehen, nachdem ihm Netanjahu aus dem Mikrostaat Israel vor der ganzen Welt auf der Nase umher getanzt war?
Diplomatische Isolation im UN-Sicherheitsrat? Einfrieren der Militärhilfe? Anerkennung Palästinas? Reduktion der Finanzhilfen?

Tatsächlich kam nur ein kleinlautes „na gut“. Pieps, pieps.
Obama knickte jämmerlich ein und befand er werde zukünftig doch nicht mehr auf dem Stopp des Siedlungsbaus bestehen.

Warum tat er das?

Jeder linke Blogger hat eigentlich sofort die Antwort zur Hand: Die nahezu allmächtige „jüdische Lobby“ in Amerika.

Ich glaube allerdings nicht daran, daß der Druck aus der Ecke wirklich so mächtig ist.
Hat sich schon mal jemand wirklich mit denen angelegt? Was würde passieren, wenn sich eine amerikanische Regierung demonstrativ mit den jüdischen Lobbygruppen träfe, die den Siedlungsbau und die Militärpolitik Netanjahus ebenfalls scharf ablehnen?
Keineswegs sind die Amerikaner jüdischen Glaubens allesamt orthodoxe Rechte.
Hier gibt es ebenfalls eine große liberalere Fraktion, die das Säbelrasseln dringend beenden will.
Könnten Demokraten in Amerika sich nicht auf die Seite des J Street Political Action Committee und des europäischen Pendants JCall stellen?


Wir sind europäische Bürger jüdischer Herkunft, die aktiv in das politische und gesellschaftliche Leben unserer jeweiligen Länder involviert sind. Was immer auch unsere persönliche Agenda sein mag, ist die Verbindung mit dem Staat Israel Teil unserer Identität. Die Zukunft und Sicherheit dieses Staates, mit dem wir unverbrüchlich verbunden sind, besorgt uns sehr.
Wir stellen fest, dass die Existenz Israels erneut gefährdet ist. Die Gefährdung von außen ist nicht zu unterschätzen, doch ist diese nicht die einzige Gefahr. Eine Gefährdung liegt auch in der Besatzung und in dem Auf- und Ausbau der Siedlungen im Westjordanland und in den arabischen Vierteln Ost-Jerusalems, die ein moralischer Fehler und ein politischer Irrtum sind und die u. a. zu dem inakzeptablen Vorgang der Delegitimierung Israels als Staat führen.
Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, uns basierend auf folgender Grundlage zu engagieren:

1.) Die Zukunft Israels bedingt notwendigerweise die Schaffung des Friedens mit dem palästinensischen Volk und die Gründung eines palästinensischen Staates gemäß dem Prinzip „zwei Staaten für zwei Völker“. Wir alle sind uns dessen bewusst, dass dieses Anliegen dringend ist. Bald wird Israel sich mit zwei katastrophalen Alternativen konfrontiert sehen: Entweder werden die Juden eine Minderheit in ihrem eigenen Land sein oder es wird im Lande ein Regime entstehen, das Israel beschämen und die Gefahr eines Bürgerkrieges heraufbeschwören wird.

2.) Es ist daher von größter Wichtigkeit, dass die Europäische Union gemeinsam mit den Vereinigten Staaten von Amerika Druck auf beide Parteien ausübt und ihnen hilft, eine vernünftige und schnelle Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts zu erreichen. Trägt doch Europa angesichts seiner Geschichte die Verantwortung für diese Weltregion.

3.) Die endgültige Entscheidung liegt bei den Israelis, dennoch soll die Solidarität der Juden weltweit die Israelis dazu ermutigen, die richtige Entscheidung zu treffen. Die systematische Identifizierung mit der Politik der israelischen Regierung ist gefährlich, weil sie im Gegensatz zu den echten Interessen des Staates Israel stehen kann.

4.) Wir möchten eine europäische Bewegung gründen, die die Stimme der Vernunft zum Ausdruck bringt. Diese Bewegung möchte über den traditionellen Meinungsverschiedenheiten stehen und setzt sich die Zukunft Israels und seine Koexistenz mit einem souveränen und lebensfähigen palästinensischen Staat zum Ziel.
(jcall.eu)

Nach meinen Eindruck ist das gebetsmühlenhafte Betonen der unerschütterlichen Solidarität mit Israel zu einem Ritual jeder Sonntagsrede verkommen.
Verstanden wird diese Solidarität nämlich als bedingungslose Unterstützung der politischen Rechten in Jerusalem, in Begeisterung für militärische Methoden und in anti-Palästinenser-Rhetorik. Unterstützung Israels bedeutet in Amerika blind-zionistischer Extremismus à la Gingrich, Perry und Palin.

Ich behaupte aber, daß so eine Politik in Wahrheit sehr schädlich für Israel ist, daß man dem kleinen Land viel mehr hülfe, wenn man es sanft auf den Weg des Friedens schubste, wenn man die dortigen Friedens-orientierten Bewegungen unterstützt.

According to The Hill, some GOP candidates feel that the president is being too hard on Israel and not tough enough on its enemies.

"This president appears more generous to our enemies than he is to our friends," Romney said at the Republican Jewish Coalition forum in December.

Former presidential candidate Michele Bachmann (R-Minn.) also claimed that "Obama has confused engagement with appeasement, and it has inspired Israel's enemies."

Despite the criticism from GOP hopefuls and the rhetoric of local spectators, Obama seems to be holding up well in his popularity within the Jewish community, a voting populace that is considered imperative to his re-election.
(HuffPo 20.01.12)

Im amerikanischen Politgeschäft ist aber bei jeder großen Rede das „ich stehe bedingungslos zu Israel“ unverzichtbarer Bestandteil; ein todsicherer Applaus-Bringer über alle Parteigrenzen hinweg.
Dabei sagt so ein „Bekenntnis“ in Wirklichkeit sehr wenig aus.
Es ist nämlich eine Selbstverständlichkeit und würde nur auffallen, wenn es versehentlich einmal ausgelassen würde.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem pathetischen Soldatenlob, welches in jeder deutschen Rede zur Außenpolitik enthalten ist, seit die Bundeswehr im Kriegseinsätzen ist.
Niemand, auch nicht Grüne oder Linke, versäumt es darauf hinzuweisen, daß die einfachen Soldaten am Hindukusch besonders „tapfer“ wären, einen „sehr wichtigen Job“ machten.
Der außerordentliche Mut der Soldaten wird bei jedem Gedenktag, bei jedem Gelöbnis bei jeder Beisetzung von politischer Seite betont.
Ich nenne das redundant.
Als ob es überhaupt möglich wäre, daß ein europäischer oder amerikanischer Politiker sich NICHT so äußern würde!

Hat schon einmal ein Minister eines OECD-Staats erklärt die eigenen Soldaten wären unterdurchschnittlich mutig? Kann man sich einen Gates oder Guttenberg oder Rumsfeld mit folgendem Satz vorstellen?

An dieser Stelle möchte ich unseren Soldaten danken, die ein bißchen feige sind und lieber anderen Nationen den Vortritt lassen, wenn es gefährlich wird! Aber wir mögen sie trotzdem.

Das sind Dekorationsfloskeln, wie die Suche nach Vermissten, die immer FIEBERHAFT verläuft und Selbstmordanschläge, die immer FEIGE sind.

Überhöhung und grenzenlose verbale Bewunderung der Soldaten gehört zu Status Quo. Am Schönsten zeigt das für mein Gefühl die Windsor-Familie, deren Mitglieder allesamt Ehrenoberste irgendwelcher Spezial-Regimenter sind und ihr Leben lang bei allen offiziellen Anlässen ihre Regimenter lobpreisen.

Daß es sich bei diesem offiziellen Statements oft um reine Lippenbekenntnisse handelt und die Soldaten in der Realität mit eklatanten Versorgungsmängeln und Materialknappheit zu tun haben, steht auf einem anderen Blatt.

Ich halte es mit dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. von Preußen (Regierungszeit: 25.2.1713 - 31.5.1740), der das Militär so sehr liebte, daß er es aus Angst man könnte seine stolzen Jungs zerbeulen nie in einen Krieg führte.

Die Liebe zum Militär, wie sie den Amerikanern im Allgemeinen und den Republikanern im Besonderen attestiert wird, hat für die Militärangehörigen den Nachteil, daß sie zu Tausenden gekillt und zu Myriaden verwundet werden.

Ich befürchte, daß es sich mit der Israel-Liebe ähnlich verhalten könnte.

Vielleicht sollte ein smarter Präsident wie Obama sich trauen seinen Wählern klar zu machen, daß er gerade mit Opposition zum Bibi-Kurs Gutes für Israel bewirkt.

Dem steht freilich die groteske FOX-generierte Verblödung vieler Wähler entgegen.

Außerdem gibt es tatsächlich fanatische Lobbyisten mit viel Macht und Geld.

Der stockkonservative Casino-Milliardär Sheldon Adelson, der seinem Busenfreund Newt Gingrich schon 20 Millionen Dollar zukommen lassen hat gehört dazu.

Der greise Mogul ist der finanzstarke Geldgeber hinter dem Aufstieg des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Newt Gingrich, mit dem ihn gemeinsame Ideologien verbinden. Vor allem, was die Nahostfrage betrifft: Gingrich wie Adelson, ein Sohn jüdischer Immigranten aus der Ukraine, sind Verfechter einer dezidiert pro-israelischen Politik.

Adelson steckte kürzlich fünf Millionen Dollar in eine Lobbygruppe, die Gingrich unterstützt, und machte den Underdog damit überhaupt erst konkurrenzfähig. Die Kampagnen dieses Super-PACs (PAC steht für Political Action Committee) mit dem euphemistischen Namen "Winning Our Future" ermöglichten dem Ex-Sprecher des Repräsentantenhauses, dessen Kandidatur zuvor geschwächelt hatte, den Sieg bei den Vorwahlen in South Carolina. Adelsons aus Israel stammende Ehefrau Miriam spendete "Winning Our Future" nach diesem Sieg ebenfalls fünf Millionen Dollar.
[…] Gingrich und Adelson hatten sich 1995 kennengelernt, auf dem Flur des US-Kapitols. Aus gemeinsamen Ansichten erwuchs eine enge Freundschaft.

Beide Männer lehnen einen palästinensischen Staat ab, beide sind Fürsprecher des konservativen Ministerpräsidenten Israels, Benjamin Netanjahu. Gingrich half Adelson in seinem Kampf gegen die Gewerkschaften. Adelson revanchierte sich mit Wahlspenden - und indem er Gingrich seine Jets nutzen ließ
(Marc Pitzke 26.01.12)

Ein echtes Schätzchen ist auch der Kolumnist Herausgeber der "Atlanta Jewish Times", Andrew Adler, der recht unumwunden die Ermordung Obamas empfahl.

Adler hatte in seinem Artikel vom 13. Januar geschrieben, es gebe drei mögliche Antworten Israels auf die Bestrebungen Irans, zu einer Nuklearwaffe zu kommen: erstens einen Präventivschlag gegen Hamas und Hizbollah, die durch einen nuklear bewaffneten Iran gestärkt würden, zweitens einen direkten Schlag gegen Iran oder «drittens einen Einsatz von Mossad-Agenten in den USA, um einen Präsidenten zu entfernen, der gegenüber Israel als unfreundlich gilt, um den gegenwärtigen Vizepräsidenten an seine Stelle zu befördern und mit Nachdruck zu diktieren, dass die Politik der USA einschliesst, dass sie dem jüdischen Staat bei der Beseitigung seiner Feinde hilft.

As reported by Gawker, Adler's article, written earlier this month, describes the urgency in protecting the Israeli people from threats such as Hamas and Hezbollah and argues that there are essentially only three options available to Israel: 1. attack Hezbollah and Hamas; 2. "order the destruction of Iran's nuclear facilities at all costs;" 3. assassinate Obama.
(HuffPo 20.01.12)

Aber schadet sich die ultrarechte Israelische Lobby nicht mehr selbst mit solchen Aktionen, als daß sie einer vernünftigen Israel-Politik im Weg steht?

Ob die Amis es so sehr mögen, wenn jemand dazu aufruft ihren Präsidenten zu töten, wage ich zu bezweifeln.

Abs und Abs.


Bei kleinen Parteien läutet sich das Totenglöcklein leicht.

Und tatsächlich; auf Landesebene entstandene Gruppen wie die Hamburger „Schill-Partei“ und „Statt-Partei“ oder die „Bürger für Bremen“ gerieten schnell wieder in Vergessenheit.
Haben sich aber Parteien einmal auf Bundesebene festgesetzt und sind in das Bewußtsein Gesamtdeutschlands eingedrungen, lösen sie sich nicht so schnell wieder auf.

1990 erreichten bei der Bundestagswahl die Grünen in Westdeutschland katastrophale 3,85 % und erhielten keinen einzigen Sitz. Bis 1994 vertraten nur acht Ost-Abgeordnete von Bündnis 90 die Grünen im Bundestag, da durch eine Sonderregelung im „Beitrittsgebiet“ die 5%-Hürde deaktiviert war.
Viele Konservative frohlockten, der Grüne Spuk sei bald erledigt.

Bei der Bundestagswahl 2002, mittlerweile galt die gesamtdeutsche 5%-Hürde für alle, rutschte die PDS auf 4,3% weg und konnte lediglich zwei Direktkandidaten in den Bundestag schicken. Drei wären notwendig gewesen, um auch den Rest der Liste ins Parlament zu hieven.
Petra Pau (Berlin-Marzahn-Hellersdorf) und Gesine Lötzsch (Berlin-Lichtenberg-Hohenschönhausen) galten als die letzten demokratischen Sozialisten, die der Bundestag sehen würde.

Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.

Im derzeitigen Bundestag sind beide Parteien zweistellig. 68 Grüne und 76 Linke bilden jetzt wieder stabile arbeitsfähige Fraktionen.

Für die 93 Freidemokraten hingegen könnte das Totenglöcklein, welches eher als Killer-Gong zu bezeichnen ist, tatsächlich geschlagen haben.

Die „Liberalen“ sind personell verwaist, thematisch ausgeblutet und taktisch überflüssig.

Als der letzte Vorsitzenden Westerwelle seine Spaßparteiphase hatte und im quietschegelben „Guidomobil“ umherfuhr, bei BigBrother auftrat und mit der aufgemalten „18“ unter den Schuhsohlen bei Sabine Christiansen saß, war man noch einigermaßen schockiert über den Umgang mit einer eben noch als seriös geltenden Partei.

Westerwelle regte auf, drängte die letzte echte Liberale, Hildegard Hamm-Brücher, aus der Partei und sein Strategie-Intimus Möllemann griff zum letzten Fallschirm.

Man war ehrlich beunruhigt über die Richtung, die die FDP einschlug.
Erst nachdem Möllemann aufschlug ließ Guido den gröbsten Unfug, bevor seine ganze Partei hinschlug.

Beim gegenwärtigen Parteichef Fipsi Rösler hat sich die öffentliche Wahrnehmung fundamental verändert. Die FDP wurde zunächst mit Ärger betrachtet, der dann in Häme und alsbald in Mitleid überging.

Diese Emotionen sind aber inzwischen vorbei; die FDP interessiert ganz einfach niemanden mehr, ihr wird niemand hinterher trauern.

Meldet sich ein FDP-Politiker zu Wort, weiß man ohnehin, daß nun großer Unsinn folgen wird, der keiner Replik würdig ist, weil der liberale Diskutant im Sterben liegt.

Die FDP taugt nur noch für die Satireseiten.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther ruft seine Fraktionskollegen zum Medienboykott auf und glaubt offenbar ernsthaft, daß es seiner Partei hülfe, wenn er wie ein kleines Kind vor der Realität die Augen verschlösse.
Die Medien wären „Hetzer“ und betrieben nur noch „linksgrüne Hysterie“, man solle sie bestrafen, indem man Zeitungen abbestelle und den TV auslasse.

Die Medien mit linksgrüner Hysterie-Berichterstattung werden immer mehr zur 1. Gewalt im Staat. Sie konnten uns vorübergehend suggerieren, dass man in Deutschland nicht einmal mehr einen neuen, modernen Bahnhof bauen darf.
[….] Wer stoppt diesen Kampagnen-Wahnsinn? Solange wir als Zeitungsleser, Radiohörer und Fernsehzuschauer uns weiter so an der Nase herumführen lassen, wird sich nichts ändern. […] Nun kann man unmoralische und unfähige Journalisten nicht einfach zum Rücktritt auffordern. Wohl aber kann man Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nicht mehr einschalten. Ich bin sicher, dann würde sich einiges ändern im medialen Bereich.
(Offener Brief von Joachim Günther 11.01.12)

Ich bin mir sicher, daß Spiegel und BILD schon schlottern vor Angst bei der Vorstellung die verbliebenen dreieinhalb FDP-Fans würden ihre Blätter nicht mehr lesen.

FDP-Stimmen zum Medien-Boykott.

Der Kategorie Günther gehört auch der Bayerische Ex-FDP-Landtagsabgeordnete Dietrich von Gumppenberg an, der seine Bestimmung darin sieht RTL wegen des Dschungelcamps zu verklagen. Moderator Dirk Bach ist wenig beeindruckt.

SPIEGEL ONLINE: Anlässlich der Dschungelcamp-Premiere protestierte nur noch der "Bund gegen Missbrauch der Tiere" wegen der Behandlung der Kakerlaken und Mehlwürmer, und ein FDP-Politiker zeigte RTL wegen "dringenden Tatverdachts der vollendeten Körperverletzung" an.

Bach: Die FDP hat sich inzwischen ja fast selbst erledigt. Und wenn jemand die Menschenrechte verteidigen will, soll er Mitglied bei Amnesty International werden.
(Spon 22.01.2012)

Auf mehr Interesse dürfte da schon die Klage der SPD gegen den FDP-Entwicklungshilfeminister stoßen.

Der SPD-Abgeordnete Sascha Raabe hat den Liberalen wegen des Verdachts der Untreue angezeigt. Hintergrund ist eine umstrittene Stellenbesetzung. Die FDP spricht von einer Hetzkampagne.
[….] Niebel eckt vor allem mit Personalbesetzungen und dem Neuzuschnitt seines einst von einer sozialdemokratischen Ministerin geführten Ressorts an. [….]
Nun gewinnt der Streit zwischen Niebel und seinem Hauptgegner Raabe an Schärfe. Der SPD-Politiker griff zu einem ungewöhnlichen Mittel, am Donnerstag stellte Raabe bei der Berliner Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen den Bundesminister. Per Einschreiben ging ein vierseitiges Schreiben an die Behörde heraus. Der Vorwurf an die Adresse Niebels: "Verdacht auf Untreue."
Konkret geht es um die jüngst erfolgte Besetzung der Servicestelle "Engagement Global" im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
(Severin Weiland 26.01.12)

„Hetzkampagne“ gegen die FDP? Niebel geht d’Accord mit Joachim Günther.

Immerhin hat Günther überhaupt mal wieder für eine Schlagzeile gesorgt.
Wenn es sein Parteichef versucht - womöglich sogar mit politischen Themen - wird es einfach nur albern.

Röslers Anti-Solarenergie-Attacke nennt die gediegene „ZEIT“ euphemistisch „nicht intelligent“

Rösler macht Krawall.
Der Wirtschaftsminister kämpft gegen Solar-Subventionen. Wirklich intelligent ist das nicht.
[….] Für Schlagzeilen hat der Chef der ums Überleben kämpfenden FDP damit gesorgt, gesagt hat er allerdings wenig – weniger jedenfalls, als er vor rund zwei Monaten schon einmal zu diesem Thema sagte. Damals machte sich Rösler dafür stark, Solaranlagen nur noch bis zu einer jährlichen Gesamtleistung von 1.000 Megawatt zu fördern; im vergangenen Jahr sind mehr als 7.000 Megawatt gefördert worden. Doch inzwischen antwortet Rösler auf die konkrete Frage, ob er einen Deckel für die Förderung wolle, mit einem klaren »Nein«. Abenteuerlicher könnte die Wende kaum sein. Abstrakt mosern, aber konkret den Streit scheuen, das ist offenbar die Devise des Ministers.
(Fritz Vorholz 22.01.2012)

Röslers neue Obst-Werbekampagne verstehen die Medien allgemein als Beleg dafür, daß sich der Wirtschaftsminister endgültig aus der Realität verabschiedet hat.

Der Parteichef klärt umgehend auf. Die "Stimmung an der Basis ist hervorragend", teilt er freudig mit. "Absolut optimistisch", schiebt er noch hinterher. Was die Frage aufwirft, in welcher heilen Welt der Vizekanzler am Morgen aufgewacht ist. Oder ist das Galgenhumor?
[…] Am Morgen hat der neue Generalsekretär Patrick Döring das erste Wachstums-Plakat vorgestellt. Es zeigt ebenjene junge Frau, verkleidet als Obstverkäuferin. Zerzauste schwarze Haare, beide Hände in die Hüften gestemmt, grüne Schürze, drunter weißes T-Shirt, das Ganze vor einer Kulisse aus Äpfeln, Birnen, Orangen und Limetten. Und natürlich dieses breite Zahnarzttochterlächeln, das Rösler nachzuahmen sucht.
[…] Rösler gefällt das Wachstums-Plakat. Die Sache mit dem Wachstum ist auf seinem Mist gewachsen. "Das Wachstumsthema habe ich gesetzt", verkündet er stolz wie Tom Hanks in dem Film Cast Away, kurz nachdem es diesem gelungen ist, ein Feuer zu entfachen. Da haut er sich mit beiden Fäusten auf die nackte Brust und brüllt: "Jaaa! Seht, was ich getan habe! Ich habe Feuer gemacht!"
(Thorsten Denkler 23.01.12)

Ein Problem mathematischer Art haben die Demoskopen mit Röslers Partei.

Die Situation für die FDP wird immer dramatischer. Die Liberalen sind im aktuellen Politbarometer, das von ZDF und Tagesspiegel erhoben wird, auf ein historisches Tief gefallen. In der politischen Stimmung liegt die Partei demnach nur noch bei einem Prozent. Seit gut anderthalb Jahren rangiert der Koalitionspartner von CDU und CSU nun schon unterhalb der Fünf-Prozent-Marke - so weit drunter war sie bisher aber noch nicht.
(Christian Tretbar 27.01.12)

Das Problem an einer Ein-Prozentpartei ist, daß sie statistisch nicht mehr auswertbar ist in herkömmlichen Umfragen.

Bei durchschnittlich 1000 telefonisch Befragten bedeuten 1% FDP, daß gerade mal zehn Personen für die Partei sprachen.
Fragt man diese dann beispielsweise weiter nach ihrer Meinung Pro oder Contra Rettungsschirm, hat man zu wenige Informationen für ein seriöses Stimmungsbild.

Die wenigen Antworten sind statistisch schlicht nicht mehr sinnvoll interpretierbar.
[…] Jetzt finden sich bei Umfragen nicht einmal mehr genügend FDP-Anhänger, um zu einzelnen Themen ein verlässliches Meinungsbild zu erstellen. "Parteianhänger der FDP wegen zu geringer Fallzahl nicht ausgewiesen", heißt es auf den Schaubildern der Institute.
[….] Teilgruppen, die auf weniger als 30 Interviews basieren, gelten als statistisch nicht mehr sinnvoll interpretierbar, sagt Oliver Sartorius von TNS-Infratest.
(Peter Blechschmidt 27.01.12)

Die Demoskopie hat bei der FDP schon ausgedient.

Will man ein Meinungsbild der Partei erstellen, ruft man am besten jedes Parteimitglied einzeln an.

Das ist ja schnell erledigt.