Die 1.182 Todesopfer am 07.10.2023 bei dem Terrorangriff auf Israel, waren der größte Massenmord an Juden seit dem Holocaust.
Mehr als 5.000 Verletzte und 250 in den Gaza-Streifen verschleppte Geiseln gehen ebenfalls ganz klar auf das Konto der Hamas.
Das weltweite Entsetzen war gewaltig und auch sehr ehrlich. Es waren keine Krokodilstränen, die da flossen. Israel bekam jede Solidarität. Die wichtigsten westlichen Staatslenker, an ihrer Spitze der durchaus Netanyahu-kritische Joe Biden, flogen persönlich nach Jerusalem, um sich unmissverständlich an die Seite der Opfer zu stellen. Auch die arabische Welt war entsetzt, bot Hilfe an.
Die Weltöffentlichkeit bot ein selten homogenes Bild. Niemand stellte auch nur eine Mikrosekunde die knallharte Reaktion der Israelischen Regierung in Frage. Jerusalem musste Stärke und Entschlossenheit zeigen; schon allein um jeden Nachahmer abzuschrecken. Es gab schließlich genügend Feinde in der Umgebung, die über die enorme Verwundbarkeit des hochgerüsteten Staates staunten. Die Israelische Terrorabwehr, die Geheimdienste, die Armee, die Sicherheitsbehörden haben einen Ruf wie Donnerhall. Wenn irgendjemand sein Volk schützen könnte, dann sie. So war auch nach dem ersten Schock des Terrorangriffs an sich, die Blamage des Netanyahu-Apparates die prägende Erkenntnis. Natürlich musste er die Scharte wettmachen. Im dritten Schritt überlegte man, was die weiteren Pläne der Hamas gewesen sein mögen. Mutmaßlich war sie von ihrem „Erfolg“ selbst überrascht und hatte nicht angenommen, auf so wenig Widerstand zu stoßen und so viele Leichen zu hinterlassen. Sicher eingepreist war aber die harte Reaktion. So wie es schon Osama bin Laden am 11. September 2001 gezeigt hatte. Das eigentliche Ziel waren nicht die 3.000 Toten am World Trade Center, sondern die Provokation einer so martialischen Antwort der USA, daß sich „die muslimische Welt“ gegen „die Kreuzzügler“ erheben würde.
22 Jahre später sollte nach genau dem gleichen Muster, das so perfekt bei George W. Bush funktioniert hatte, auch Bibi zu Untaten provoziert werden und in ein ähnliches Desaster, wie den Kriegen in Afghanistan, dem Irak und Syrien gezogen werden. Ein „islamischer Staat“, aka „das Kalifat“ entstand. Wie von bin Laden und seinen Fans erwünscht.
Die Absicht der Terroristen war also bekannt. Es war bekannt, wie fatal blindwütige militärische Rache enden kann. Es war bekannt, welche enormen Kosten an Geld, Reputation und Menschenleben für die USA entstanden. Bekannterweise war Netanyahu skrupellos und korrupt, aber sicher nicht so dumm, wie GWB. Ihm muss bekannt gewesen sein, wozu er provoziert werden sollte.
Militärische Reaktion Israels – ja. Blindwütiger Aktionismus – nein. Das waren die bangen Erwartungen des Westens in den Tagen nach dem schwarzen Schabbat. Netanyahu könne militärisch gar nicht „all in „ gehen, da ihm durch die 250 Geiseln die Hände gebunden waren; so viel galt als sicher. Das war die erste und dringendste Forderung der Israelis an ihre Regierung: Die 250 Geiseln lebend zurück zu bringen. Das Volk würde seinem Ministerpräsidenten niemals verzeihen, die Geiseln zu opfern.
Unvorstellbar, einfach unfassbar, wie sich die Perspektive kaum zwei Jahre später gewandelt hat.
Die Israelischen Opfer spielen in den Medien kaum noch eine Rolle. Die globale Solidarität mit Jerusalem ist nicht nur geschwunden, sondern wurde in ihr Gegenteil verkehrt. Bibi Netanyahu mutierte zum Paria der Weltgemeinschaft, wird mit internationalen Haftbefehl gesucht. Unser Mitgefühl gilt nun den Menschen in Gaza.
Die Horrorzahlen vom 07.10.2023 - 1.182 Tote, 5.000 Verletzte, 250 Geiseln – wirken auf groteske Art klein. Inzwischen tötete und verletzte die Israelische Armee hundert Mal so viele Palästinenser.
[…] „Gaza brennt“. Mit diesen Worten kommentierte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz den jüngsten Vorstoß im Gazastreifen. Das Ziel der Soldaten: Die Stadt Gaza. Die US-Nachrichtenseite Axios zitierte israelische Beamte, denen zufolge es sich um den Beginn der Gaza-Offensive handele. Katz schrieb weiter: „Wir werden nicht nachlassen und nicht zurückweichen – bis die Mission abgeschlossen ist.“ […] Israels Armee hatte in der Nacht zum 16. September laut der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa ununterbrochen heftige Attacken auf Gaza geflogen. Begleitet von Artilleriebeschuss. Palästinensischen Medienberichten zufolge drangen danach Panzer in die Stadt ein, in der sich vermutlich noch Hunderttausende Palästinenser aufhalten. Israel hatte zuvor zu Evakuierungen aufgerufen. Erwartet wird dennoch, dass die Zahl der Toten und Verletzten steigen werden. Die Opfer würden sich in die Reihen der bisherigen einreihen. „Dies ist kein sanfter Krieg“, sagte der ehemalige Chef des israelischen Militärs, Herzi Halevi. Vergangene Woche, also mehrere Tage vor der jetzigen Gaza-Offensive, sagte er im Süden Israels: „In Gaza leben 2,2 Millionen Menschen. Mehr als 10 % der Menschen, also über 200.000, wurden getötet oder verletzt.“ [….]
Hunderttausende Tote, über zwei Millionen Menschen sollen vertrieben, Gaza vollständig zerstört werden. Bis in den Untergrund. Kanalisationen, Keller, Leitungssysteme – es ist nichts mehr da, das man wiederaufbauen könnte. Nur noch Trümmerberge.
Auch die UN spricht inzwischen von Völkermord. Was für eine aberwitzige Perversion der Weltgeschichte – ausgerechnet die Nachfahren des größten Genozids aller Zeiten, begehen einen Genozid.
[….] Israel begeht nach Auffassung der unabhängigen Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats im Gazastreifen Genozid. Vier der fünf in der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 erwähnten Tatbestände seien erfüllt, befindet die dreiköpfige Kommission.
Die Kommission nennt als Tatbestände: Tötung, schwere körperliche oder seelische Schädigung, vorsätzliche Schaffung von Lebensbedingungen, die auf die vollständige oder teilweise Zerstörung der palästinensischen Bevölkerung abzielen, und Maßnahmen zur Verhinderung von Geburten. Zivilisten würden getötet, humanitäre Hilfe blockiert, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen systematisch zerstört und religiöse Einrichtungen angegriffen. […]
Immerhin eine Einschätzung von vor zwei Jahren bleibt richtig: Die Israelis werden ihrem Regierungschef die Aufgabe der Geiseln nicht verzeihen. 75% des eigenen Volkes stellen sich inzwischen gegen Bibi, fordern ein Ende des Krieges in Gaza.
Allein, es interessiert das rechtsradikale Kriegstreiberkabinett nicht.
Nun ist auch Netanyahu mitverantwortlich für den Tod der Geiseln. Er kann so handeln, weil Trump ihn lässt.
[…] In Israel gibt es sehr, sehr viel Kritik gegenüber der Regierung. Zum einen aus der Gesellschaft, von Menschen, die sich vor allem um die Geiseln sorgen. Das ist ein Riesenthema in Israel. Und es gibt auch militärische Kritik bis hin in den Generalstab, von Menschen, die dieser Offensive aus militärischer Perspektive sehr kritisch gegenüberstehen.
Es müsste international darum gehen, auch einen Blick darauf zu lenken und anzuerkennen, dass es in Israel zahlreiche politische und auch militärische Kräfte gibt, die durchaus einen anderen Kurs wollen.
Das Problem liegt ja auch ein wenig im Weißen Haus. Denn so wie es aussieht, haben die Vereinigten Staaten keine Stoppschilder aufgestellt. Und deswegen wären Europa und auch die mächtigen arabischen Staaten wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu aufgerufen, hier auch nach Washington zu argumentieren. […]
(Stephan Stetter, 16.09.2025 lehrt internationale Politik und Konfliktforschung an der Universität der Bundeswehr München.)
Die Zeit des Zauderns ist vorbei. Merz und Wadephul müssen endlich ihren Widerstand gegen Israel-Sanktionen aufgeben. Denn anders als der Iran und Russland, die EU-Sanktionen weitgehend aussitzen können, weil sie genügend andere Handelspartner haben, ist der Israelische Handel und technologische Austausch extrem von der EU abhängig. Zudem gibt es breite kulturelle Verbindungen, so daß EU-Maßnahmen gegen Israel sehr gezielt Netanyahu-Regierungsmitglieder beispielsweise mit Einreiseverboten treffen könnten, während man die Israelische Opposition, Bildungseinrichtungen uns Kulturschaffende weiter demonstrativ stärken könnte.
Deutschland muss sich unmissverständlich an die Seite der Geiseln stellen und darf nicht Bibi entschuldigen.
[…] Die Mutter eines verschleppten Mannes sagte Medien zufolge, ihr Sohn werde in Gaza als menschlicher Schutzschild missbraucht.
Im Gazastreifen sollen sich noch 48 Geiseln befinden. Davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben. Viele von ihnen befänden sich jetzt in der Stadt Gaza, hieß es in der Erklärung des Forums der Angehörigen. Israels Ministerpräsident Netanyahu trage die persönliche Verantwortung für das Schicksal der Geiseln. »Das israelische Volk wird die Opferung der Geiseln und Soldaten nicht verzeihen«, hieß es weiter.
Die israelische Armee hatte in den vergangenen Tagen ihre Luftangriffe in und um die Stadt herum schrittweise ausgeweitet und zuletzt begonnen, zahlreiche Hochhäuser in der Stadt zu zerstören. Sie wirft der Hamas vor, dort Beobachtungsposten eingerichtet und Sprengsätze platziert zu haben. In der Nacht zitierte die israelische Nachrichtenseite »ynet« palästinensische Berichte, wonach nun Panzer gesichtet worden seien. [….]
Die Israelische Regierung ist völlig außer Kontrolle.
Rechte bis rechtsextreme Deutsche, die wie Söder, Merz, Dobrindt und Wadephul, die immer noch ihre Hand über Netanyahu halten, machen sich mitschuldig.
[…] Begleitet von massiven Luftangriffen hat Israels Militär in der Nacht auf Dienstag laut eigenen Angaben den Einmarsch nach Gaza-Stadt begonnen. Dort halten sich nach Schätzungen noch immer rund eine halbe Million Menschen auf. […] Die Armee setzt nach eigenen Angaben zwei Divisionen ein. Das umfasst mindestens 20.000 Soldaten. Eine dritte Division soll in den kommenden Tagen hinzukommen. Die Mehrheit der Soldaten sind Wehrdienstleistende. 60.000 Reservisten wurden in den vergangenen Tagen einberufen, zusätzlich zu 70.000 bereits aktiven. […] Flüchtende berichten von langem Suchen nach einem Stück Land, nur um ein Zelt aufzustellen. „Es gibt weder ausreichend Essen, Wasser noch andere Hilfsgüter“, sagt die Sprecherin des UN-Nothilfebüros OCHA, Olga Cherevko. Generalstabschef Eyal Zamir soll sich laut der Zeitung Haaretz über die Einschätzung der obersten Militäranwältin hinweggesetzt haben, die die Evakuierung ohne die notwendigen humanitären Vorbereitungen als illegal einschätzt. […] Trotz seiner Kritik setzt Zamir den Regierungskurs nicht nur um, das Militär geht dabei auch äußerst zerstörerisch vor: In den vergangenen Tagen wurden zahlreiche Hochhäuser bei Luftangriffen dem Erdboden gleichgemacht. […]
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Feedback an Tammox