Donnerstag, 4. Oktober 2012

Dirk Bach ist tot.




Das Leben ist eine durch Geschlechtsverkehr 
übertragene Krankheit mit 100% Mortalität.


Das mit dem Tod ist eine erstaunliche Sache. 
Er ist die einzige absolute Gewissheit unseres Seins und gleichzeitig geben wir kleinen Homo Sapiens-Ameisen uns solche Mühe das Thema zu verdrängen.
Ich finde es immer wieder faszinierend die Reaktionen zu erleben, wenn ich von meinen vertraglich fixierten Vorbereitungen für den Fall meines Todes erzähle.
90% der Leute sind entsetzt und begreifen nicht, wie man sich damit beschäftigen kann. 

Wie ich unpraktischerweise in den letzten Jahren unmittelbar erfahren habe, kann der Sterbeprozess sehr unerfreulich und unerquicklich verlaufen. 
Selten ist das keineswegs. Der weit überwiegende Teil der Deutschen stirbt im Krankenhaus an Strippen hängend - also genauso so, wie es ebenfalls die meisten ablehnen.

Mit dem Tod hat der Sterbende es hinter sich.
 Für die Hinterbliebenen wird es dann noch mal richtig beschissen. 
So ist der Mensch: Auch wenn man es vorher wußte, den Tod erwartete oder gar herbeisehnte, ist es doch ein Schocker, wenn es so weit ist.

Für den Toten ist es nach meiner tiefsten Überzeugung ein echtes Glück, wenn es plötzlich kommt. Ohne Vorwarnung.
Und zwar möglichst lange bevor man in die malade Phase des Lebens eintritt.
Wer tot ist, hat es hinter sich.
 Glückwunsch.

Unglücklicherweise kollidiert die Idealvorstellung eines frühen überraschenden Todes mit den Interessen derjenigen, die emotional mit dem Toten verbunden waren.
Sie können schwer getroffen werden und sich unter Umständen nie mehr erholen.

Nun ist Dirk Bach tot und mir scheint die Trauer um ihn ehrlich zu sein. 
Abgesehen von den üblich-dümmlichen Kommentaren à la Oliver Pocher („ mein herzliches Beileid“) gibt es eine große Menge Stellungnahmen von Personen, die ganz offensichtlich mehr als das übliche Blabla ablassen, weil sie ernsthaft emotional angegriffen sind. 

Viele scheinen Bach persönlich gemocht zu haben.
Das kann ich nicht beurteilen, weil ich ihn natürlich nicht persönlich kannte.

Darüber hinaus wird er als „Komiker“, bzw „Comedian“  geschätzt.
Das kann ich schon gar nicht beurteilen, weil ich das Genre generell ablehne und niemals (deutsche) Comedy-Sendungen sehe.

Ich habe lediglich am Rande mitbekommen, daß Bach politisch aktiv war, für die Grünen arbeitete und sich für allerlei bürgerrechtliche Belange einsetzte.
 Dabei war Bach im Gegensatz zur übergroßen Mehrheit seiner Kollegen recht gut informiert und hielt sich mit seinen Meinungen nicht zurück.
Das finde ich gut.

Aber, er hat es hinter sich.

Was anlässlich des überraschenden Todes eines sehr prominenten Schwulen zu erwarten war, passierte natürlich auch:
Im Internet gibt es Häme und unappetitliches Nachtreten auf Seiten der Ultrareligiösen verschiedener Religionen. 
Also genau den Leuten, vor denen weite Teile des Bundestagsparteienspektrums nun beim Beschneidungsgesetz mit einem „kläglichen Gesetzentwurf“ (Prof. Reinhard Merkel) einen Kotau machen.

Bei den strammen Islamisten freut man sich („die fette Schwuchtel ist verreckt!“) und so sicher wie das Amen in der Kirche feuerte auch Hakenkreuznet seine homophobe Hetze ab.

Stilistisch greifen die Ultrakatholiken erwartungsgemäß in so tiefe Kellergeschosse, daß dagegen noch die Salafisten höflich wirken. 


„Bach ist am 1. Oktober zur Hölle gefahren.“


Was ich an  Kreuznet so schätze:

1.)      Die absolut wertneutrale, sachliche Ausdrucksweise:
(„seine niederträchtige Kotstecherei“)

2.)      Die fundierte Recherche, welche nur die seriösesten Quellen berücksichtig:
(„geht aus einem Artikel hervor, der gestern in der deutschen Dreckzeitung ‘bild.de’ publiziert wurde“)

3.)      Das scharfsinnige Herstellen von Zusammenhängen:
(„Um seine Gewissenlosigkeit zu vertuschen wurde er Tierschützer.“)

4.)      Die von Liebe erfüllte Achtung, die den Nächsten gegenüber praktiziert wird.
(„Dirk Bach (51) war in vieler Hinsicht verkommen.  Bach starb am 1. Oktober den einsamen Tod eines reuelosen und deshalb gottverlassenen Homo-Gestörten.“)

5.)    Die medizinische Aufklärung.
(„Beobachter gehen davon aus, daß Bachs Gesundheit durch die Einnahme sogenannter Poppers gelitten hat.  Es handelt sich um flüssige und kurzzeitig wirksame Drogen, die fast immer von Homo-Gestörten genommen werden, um ihr entartetes Verhalten erträglich zu machen.   Diesen Rauschgiften werden schmerzhemmende Wirkungen zugeschrieben, weshalb sie Homos vor der Sodomisierung verwenden.    In Zusammenhang mit der gleichzeitigen Verwendung blutdrucksenkender Mittel können Poppers einen lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks bewirken.  Es ist bekannt, daß der schwer übergewichtige Bach an Bluthochdruck litt.“)

[Anmerkung: Inzwischen sind drei Bach-verhetzende Artikel auf Kreuznet erschienen. 
Ich verlinke die absichtlich nicht. Wer das selbst lesen will, wird keine Mühe haben sie zu finden. Hakenkreuznetseite aufrufen und dann "Dirk Bach" ins Suchfenster eingeben.]

Für Kreuznet-Kenner ist das bestenfalls das Übliche. 
Die Katholiban hetzen und lügen schließlich jeden Tag in so abartiger Weise, daß dagegen Fred Phelps von der Westboro Baptist Church wie ein echter Philanthrop wirkt.

Das Erstaunliche ist nun, daß ausgerechnet der Tod eines Comedians scheinbar das Fass zum Überlaufen bringt.

Was die Kreuznet-Hetze gegen Frauen, Atheisten, Protestanten, Juden, Israel, Grüne, Linke, SPD, CDU, Freimaurer, Homosexuelle generell, David Berger, Volker Beck, Claudia Roth, Stoiber, Merkel und Obama nicht bewirkt hat, gelingt bei Dirk Bach.

Die Menschen werden offenbar so wütend, daß sie massiv wie nie gegen Kreuznet vorgehen. 
Der Druck auf die Deutsche Bischofskonferenz war so enorm, daß die mit zwei Millionen Euro finanzierte Seite „Katholisch.de“ nach acht Jahren Kreuznet-Rassismus endlich eine scharfe Distanzierung veröffentlicht.


Die Deutsche Bischofskonferenz stellt sich gegen das Internetportal kreuz.net. […] "Der Begriff des Katholischen wird von dieser Internetseite grob missbraucht", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, gegenüber katholisch.de. Die Deutsche Bischofskonferenz habe sich schon immer deutlich von kreuz.net distanziert, so Kopp weiter.
[…] Vor allem in den sozialen Netzwerken hatte der Artikel über Dirk Bach zahlreiche und teils heftige Reaktionen hervorgerufen. Viele Menschen brachten beispielsweise über Facebook und Twitter ihre Verachtung für die Macher von kreuz.net zum Ausdruck. Zugleich forderten andere die katholische Kirche in Deutschland auf, gegen die Seite und die dort verbreiteten Aussagen vorzugehen.
[…] Dem Verfassungsschutz zufolge zeichnet sich kreuz.net "durch homophobe, muslimfeindliche und antisemitische Äußerungen" aus. Etliche Beiträge seien nicht vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und überschritten "die Grenzen zur Strafbarkeit".
Jenseits eines möglichen juristischen Vorgehens gegen die Seite stellt DBK-Pressesprecher Matthias Kopp fest: "Die Seite hat mit der katholischen Kirche in Deutschland nichts zu tun."


In der Tat, als Administrator einer gar frommen „Kreuznet-Fanseite“ auf Facebook, kann ich bestätigen, daß uns heute plötzlich die Leute die Tür einrennen. 
So viel Interesse an Hakenkreuznet war nie. An keinem anderen Tag bekamen wir so viele neue Anträge auf Gruppenmitgliedschaft.
Allein drei „Neue“ haben den Satirischen Charakter gar nicht erst verstanden und in ihrer Wut auf Kreuz.net die Administratoren denunziert.

Das klingt dann zum Beispiel so:
……dabei ist mir aufgefallen, dass ihre ideologische Verblendung derart ausgeartet zu sein scheint, dass Ihnen nicht mehr bewusst ist, dass Sie sich strafbar machen, mit dem, was Sie hier posten und kommentieren.
Sie machen sich gemäß §§ 130, 166, 185, 186 StGB strafbar!
Ich verlange nun von Ihnen, dass Sie sich öffentlich bei allen Sozialgruppierungen, die Sie auf Facebook beleidigt haben, entschuldigen. Sollte dies nicht der Fall sein, werde ich Sie umgehend anzeigen…..

Das monierte Marcel Reich-Ranicki schon vor 20 Jahren im „Literarischen Quartett“: 
Ironie wird in Deutschland in der geschriebenen Form nicht verstanden...
Er hatte sogar angeregt "Ironiezeichen; ähnlich wie Gänsefüßchen" einzuführen.

Inzwischen ziehen auch die großen „herkömmlichen“ Medien nach.

In einem Beitrag auf der Website kreuz.net wird der verstorbene Komiker Dirk Bach als "pervers" und "gestört" beschimpft. Das Portal sorgt seit Jahren mit antisemitischen und homophoben Beiträgen für Aufregung - jetzt könnte das Maß allerdings voll sein.   […] Jetzt sorgt ein Schmäh-Beitrag auf der Internetseite kreuz.net, die sich einen katholischen Anstrich gibt, für Empörung. Darin wird der bekennende Homosexuelle postum als "pervers" und "gestört" beschimpft. "Es ist davon auszugehen, daß [sic!] seine Unzucht ihn so früh ins Grab bracht", heißt es in dem anonymen Artikel weiter.
"Es ist empörend, dass die Hetzer von kreuz.net selbst angesichts des Todes jeglichen menschlichen Respekt vermissen lassen", teilt Günter Dworek, Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes dazu mit. Auch auf Twitter zeigen sich viele Nutzer angesichts des Beitrags entsetzt. "Wie kann der Verfasser dieses Textes eigentlich noch ruhig schlafen?", fragt ein User. Mehrere geben an, bereits Strafanzeige gegen kreuz.net gestellt zu haben. Die Betreiber der Seite haben auf Nachfrage von Süddeutsche.de bislang nicht reagiert.
  […] Die erneute Entgleisung könnte jetzt ein juristisches Nachspiel für die Betreiber haben. Diese "Schmährede auf einen gerade Verstorbenen" sei "selten heftig", sagt Rechtsanwalt Udo Vetter. Damit seien die Kriterien der "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" erfüllt, eine Verurteilung kann bis zu zwei Jahren Gefängnis nach sich ziehen. Die Tatsache, dass der Server nicht in Deutschland steht, sollte die Ermittlungen seiner Meinung nach nicht hindern: "Das ist normale Polizeiarbeit, den Betreiber eines Servers ausfindig zu machen", sagt Vetter. "Da gibt es Experten, die knacken das."

Das wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn ausgerechnet Dirk Bach mit seinem Tod Kreuznet zu Fall brächte.

Mit der Schmähung Bachs solle „das Maß voll sein“?

So, so - und die bisherigen täglichen schwer rechtsextremen, revisionistischen, holocaustleugnenden, rassistischen, antisemitischen, homophoben, misogynen Attacken gingen wohl gerade noch so, oder wie?

4 Kommentare:

  1. "Die Tatsache, dass der Server nicht in Deutschland steht, sollte die Ermittlungen seiner Meinung nach nicht hindern: "Das ist normale Polizeiarbeit, den Betreiber eines Servers ausfindig zu machen", sagt Vetter. "Da gibt es Experten, die knacken das."

    Ach ploetzlich??
    Seit Jahren bis zum heutigen Tag wird doch die meistgebrauchte Ausrede fuer das verbleiben von Portalen wie zB. Hakenkreuznet & PI mit der Unantastbarkeit durch auslaendische Server verschwurbelt ...

    Ja ja ..

    Gruss
    Jake

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  2. GENAU DAS dachte ich auch:

    "Jetzt plötzlich!"
    Nachdem über Jahre, die es schon Anzeigen hagelte, immer von den Staatsanwaltschaften hieß, das ginge nicht...

    Immerhin schlägt das Thema größere Wellen.
    Ob die Hakenkreuznetten jetzt Angst haben?
    Kann ich mir kaum vorstellen.

    Siehe auch:


    www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kreuz-net-hetzt-gegen-schwule-muslime-und-protestanten-a-859698.html


    LGT

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  3. Es ist mir zutiefst eklig, wie sich Ultrareligiöse Unfälle, Krankheiten und Todesfälle argumentativ herrichten. Schwappt eine Flutwelle über New Orleans, sind die Schwulen Schuld, rutscht in Oberösterreich ein bebauter Hang ab, hat der Herrgott ein Prüfung geschickt. Dagegen hülfe das Bauen einer weiteren Marienkapelle im Areal, und die Drainage des geologisch überaus unsicheren Gebiets kann nur gelingen, wenn die Betroffenen = AnrainerInnen, GeologInnen und Bauteam, zur Bittmesse in die Stadtkirche wappeln und das Lokalfernsehen ausführlich darüber berichtet. (Sorry, Themenabweichung.)
    Ich war selber in der Familie mit einem Fall von plötzlichem Herztod konfrontiert, das ist für die Angehörigen natürlich hart zu verarbeiten, die Risikofaktoren Übergewicht und Stress waren leider vorhanden, aber noch viel schwieriger war ein anderes, ebenfalls familiär sehr nahes Sterbeprozedere: Alzheimer, jahrelang. Nie wieder werde ich mir einreden lassen, dass rasches, unbemerktes Sterben ein Strafe sein könnte.

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  4. @ Anonym, danke für den Kommentar.

    Ich spreche leider auch aus Erfahrung.

    Schön ist das nicht was man so erlebt, wenn man auf Intensivstationen ein- und ausgeht.
    Immerhin kann ich definitiv sagen, daß mich auch die Konfrontation mit den "finalen Dingen" kein Stück religiös gemacht hat.
    Im Gegenteil.

    LGT

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