Nun ist es ohnehin die Nemesis der deutschen Politik, daß gelbe, braune und schwarze Politiker käuflich sind und daher eher die Positionen der am besten zahlenden Lobbyisten umsetzen, statt das zu tun, was für Deutschland optimal wäre.
Der Bundestag wird dabei nicht etwa nur von 900 Lobbyisten mit Hausausweisen unterwandert, sondern regelrecht überrannt. Rund 25.000 Personen sind im Lobbyregister eingetragen, mehrere hundert Lobbyverbände mit Millionen-Budgets im Bundestag akkreditiert, um Einfluss zu kaufen.
[….] Für den Deutschen Bundestag haben mehr Lobbyisten einen Hausausweis als das Parlament Abgeordnete hat. Doch deren Arbeit läuft nicht sehr transparent ab. Dafür wurde das Lobbyregister geschaffen. Regelverstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet.
Egal ob Finanzbranche, Wirtschaft oder Autoindustrie: Sie alle versuchen mit Millionenaufwand und Hunderten Lobbyisten, Einfluss auf Gesetze im Bundestag zu nehmen. Das ist nicht illegal, war aber lange sehr intransparent. Immer wieder forderten deshalb nicht nur Korruptionsexpertinnen und -experten, sondern auch Politikerinnen und Politiker strengere Vorgaben für Lobbiysten.
Dass es eines Lobbyregisters bedarf, zeigte beispielsweise im März 2021 die Maskenaffäre der beiden Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) sowie des bayerischen Landtagsabgeordneten und ehemaligen bayerischen Justizministers Alfred Sauter (CSU). Sie sollen sich während der Corona-Pandemie bei der Beschaffung von Masken persönlich bereichert haben, indem sie Ankäufe vermittelt und dafür Provisionen erhalten haben. Der Bundesgerichtshof sah den Vorwurf der Bestechlichkeit bei Nüßlein und Sauter nicht erfüllt. Auch Löbel durfte seine Provision behalten.
Den entscheidenden Schub für die Schaffung eines Lobbyregisters lieferte aber bereits 2020 die Causa Philipp Amthor. Der CDU-Politiker hatte für das US-Unternehmen „Augustus Intelligence“ lobbyiert und im Gegenzug Aktienoptionen erhalten. Seit dem 1. Januar 2022 ist nun das Lobbyregister in Kraft. [….]
Besonders effektiv sind die Lobbyisten mit den richtigen Adressbüchern. Daher werden vorzugsweise Ex-Politiker gekauft; ganz unabhängig von ihrer Kompetenz. Das Paradebeispiel dafür ist Friedrich Merz, der kaum die ökonomischen Grundbegriffe begreift, aber Millionen bei Blackrock verdiente, weil er als Ex-Fraktionschef die Türen zu allen CDUCSU-Ministerien öffnen konnte.
[…] Lobbyregister zeigt: Jeder neunte Abgeordnete ist jetzt Lobbyist
[…] Vom Vertreter des Volkes zum Vertreter von Lobby-Interessen: ZDF-Recherchen zeigen erstmals, wie viele Bundestagsabgeordnete und ihre Mitarbeitenden von ihrer politischen Tätigkeit in den Lobbyismus gewechselt sind. […] Erfasst sind auch Mitarbeitende von Fraktionen und Ministerien sowie Mitarbeitende in der Bundesverwaltung wie Botschafter oder Abteilungsleiter in Ministerien, die in den vergangenen fünf Jahren zu Lobbyisten wurden. Es geht den Recherchen zufolge um insgesamt 565 Personen, darunter 73 Bundestagsabgeordnete. […] "Die früheren Abgeordneten, das waren Parteikollegen, das heißt, da ist eine große Vertrauensebene da", sagt Sarah Schönewolf, Sprecherin der Organisation Abgeordnetenwatch.
Das machten sich Lobbyverbände zunutze, sagt sie: "Diese Vertrautheit macht den Zugang für Unternehmen sehr viel einfacher."
Deswegen kaufen sich diese Unternehmen eben die ehemaligen Abgeordneten, um diese Vertrautheit zu haben.
Sarah Schönewolf, Abgeordnetenwatch
[…] Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) war bis einen Tag vor ihrer Vereidigung selbst im Lobbyregister eingetragen, für eine Tochtergesellschaft des Energiekonzerns E.ON. Digitalminister Karsten Wildberger hingegen ist noch heute eingetragen, für den CDU-nahen Lobbyverband Wirtschaftsrat der CDU.
Damit gehört Wildberger zu einer Gruppe von mindestens 68 Abgeordneten und Mitarbeitenden, die trotz aktueller politischer Tätigkeit zugleich im Register als Lobbyisten eingetragen sind. […] Fast 40 Millionen Euro gebe die Finanzlobby für Einfluss auf die Politik aus, so Frank Bethmann (ZDF). […] Nicht alle Lobby-Organisationen sind für das Ringen um politische Aufmerksamkeit gleich ausgestattet: Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) etwa hat in seinem letzten Geschäftsjahr 15,3 Millionen Euro für Lobbyarbeit im Bundestag bezahlt und liegt so mit großem Abstand auf Platz eins. […] Mit viel Geld lassen sich auch viele Lobbyisten bezahlen: Schließt man auch diejenigen ohne Drehtüreffekt ein, hat der Digitalverband Bitkom mit 210 Personen am meisten im Repertoire. Für den Fahrgastverband Pro Bahn zum Beispiel sind es fünf Personen. […] (ZDF, 15.07.2025)
Wer kein Geld hat, um sich einen Lobbyverband zu leisten – Pflegebedürftige, Migranten, Kranke – wird auch nicht gehört in Berlin.
So weit, so bekannt.
Neu sind aber die Schamlosigkeit und Konsequenzenlosigkeit.
Unfassbarerweise amtieren Kulturstaatsminister Weimer, Mauschelministerin Reiche und sogar Multimillionär Jens Spahn immer noch, mussten nicht zurücktreten, obwohl sie ungeniert ihren politischen Einfluss meistbietend verkaufen.
Es gibt keinerlei Scham mehr. Im Gegenteil; einer der einflussreichsten EU-Politiker brüstet sich vor TV-Kameras damit, die Lobbywünsche „eins zu eins“ umzusetzen.
[….] Der EVP-Vorsitzende und stellvertretende Parteivorsitzende der CSU, Manfred Weber, appelliert am Rande des CSU-Parteitages im Interview mit dem Fernsehsender phoenix an die Sozialdemokaten im EU-Parlament, dem offenbar neuen Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung des Verbrenner-Aus zuzustimmen: "Lasst uns das bitte gemeinsam abschließen, in der Mitte Mehrheiten finden." Den neuen Gesetzesentwurf würde die EU-Kommission am Dienstag verkünden, so Weber. Angesprochen auf die Kritik von CSU-Chef Söder, dass eine Zulassung von zehn Prozent Verbrennern nach 2035 nicht weit genug ginge, erwidert Weber, dass man mit dem neuen Vorschlag "eins zu eins die Position der deutschen Autoindustrie" umsetzen wolle. Dies decke sich mit der Forderung des Verbandes der Automobilindustrie, so der EVP-Chef. "Wenn die deutsche Autoindustrie zufrieden ist, dann sollte auch Politik zufrieden sein." [….]
Das sollte an sich schon ein Grund für Weber sein, sofort zurück zu treten; sich in Schimpf und Schande aus der Politik zu verabschieden.
Noch übler wird es aber, weil sich der korrupte Bayer an Natur und Zukunft versündigt, indem er sich ausgerechnet in den Dienst der größten Versager-Lobbyorganisation VDA stellt, die erwiesenermaßen durch massive Fehleinschätzungen und Managerversagen, die deutsche Autoindustrie ruiniert. Einen winzigen Hoffnungsschimmer gibt es aber: Der VDA, an den sich Weber intensiv klammert, ist so offensichtlich verblödet, daß nicht nur alle Experten die Daumen senken, sondern sein internationaler Einfluss, trotz der willigen CSU-Lobbyhuren rapide sinkt.
[…] Die Abkehr vom Verbrenner-Aus ist schlecht fürs Klima. Aber der Kompromiss zeigt: Die deutsche Autolobby hat nicht mehr viel Macht in Brüssel. […] In diesen turbulenten Zeiten ist es beruhigend, sich auf eine Konstante verlassen zu können: Die deutsche Autoindustrie kann weitgehend die Position der Bundesregierung bestimmen. Kanzler Friedrich Merz (CDU) und sein Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) setzten sich in Brüssel dafür ein, das Verbot für Neuzulassungen von Verbrennern ab 2035 zu kippen. Damit waren sie erfolgreich: Die EU-Kommission schlug am Dienstag vor, dass die Autohersteller den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotten nur um 90 statt 100 Prozent reduzieren müssen. Das ist eine schlechte Nachricht für den Klimaschutz, aber es gibt auch eine gute: In Berlin kann die deutsche Autolobby zwar weiter die Muskeln spielen lassen – aber in Brüssel wird ihr langer Arm zunehmend kraftlos.
Denn Spanien, Frankreich, Skandinavien, die Niederlande sowie ihre heimischen Lobbygruppen sind gegen Rückschritte. Ihre Unternehmen sind auf dem Weg Richtung Elektromobilität weiter, bauen kleinere, billigere Autos und sind weniger auf den Export angewiesen. Gelockerte Klimavorgaben würden sie für zukunftsgerichtetes Denken bestrafen: Weltweit wächst der Anteil der verkauften E-Autos, sie sind effizienter und machen unabhängig von Ölimporten. […]
An den sinkenden Gewinnen der Autokonzerne war nie das Verbrenner-Aus schuld. Es sind die chinesischen Hersteller, die den deutschen Platzhirschen in China und weltweit den Rang ablaufen. Ihre Batterien sind besser, ihre Preise niedriger. Indem die deutsche Autoindustrie noch die letzten Profite aus ihrem Verbrennergeschäft pressen will, verbaut sie sich und ihren Beschäftigten die Zukunft.
In den meisten EU-Ländern weiß man das, auch die IG Metall begrüßt den Vorschlag der Kommission. Klartext aus Berlin würde den Vorständen in München, Stuttgart und Wolfsburg guttun. […]







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